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Convertible


Begriffserklärung: Convertible

Der Begriff Convertible stammt aus dem Englischen und bedeutet „wandelbar“. Im rechtlichen Kontext beschreibt ein Convertible ein Finanzinstrument, das dem Inhaber das Recht einräumt, dieses in eine andere Rechtsposition umzuwandeln. Die gängigste Ausprägung in der Rechtspraxis ist das sogenannte Wandeldarlehen (engl. „Convertible Loan“ oder „Convertible Bond“), welches insbesondere in der Finanzierung von Unternehmen, etwa bei Start-ups, von erheblicher Bedeutung ist.


Rechtliche Einordnung des Convertible

Allgemeiner Überblick

Ein Convertible stellt ein Hybrid-Finanzierungsinstrument dar, das typische Eigenschaften sowohl von Eigen- als auch von Fremdkapital aufweist. Es handelt sich zumeist um ein Darlehen, das nach Maßgabe einer Vereinbarung in Anteile (beispielsweise Aktien oder Geschäftsanteile) eines Unternehmens umgewandelt werden kann. Diese Wandelbarkeit ist das prägende Merkmal eines Convertible und unterscheidet es von klassischen Darlehensformen.

Wandeldarlehen nach deutschem Recht

Das Wandeldarlehen ist rechtlich als zivilrechtlicher Darlehensvertrag (§§ 488 ff. BGB) ausgestaltet, der eine Option oder sogar Verpflichtung zur Umwandlung der Darlehensforderung in Gesellschaftsanteile vorsieht. Die Details der Umwandlung werden regelmäßig in einer gesonderten Wandlungsvereinbarung geregelt.

Zivilrechtliche Grundlage

Die zivilrechtliche Ausgestaltung des Convertible basiert, soweit es um Fremdkapitalkomponente handelt, auf den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zum Darlehensrecht. Der Wandlungsmechanismus hingegen wird regelmäßig als vertragliche Option ausgestaltet, wobei sowohl die Bedingungen als auch der Wandlungskurs oder Bewertungsmethoden frei vereinbart werden können, solange sie nicht gegen zwingendes Recht oder etwaige gesellschaftsrechtliche Regelungen verstoßen.

Gesellschaftsrechtliche Aspekte

Bei Ausübung der Wandlungsoption wird der Darlehensgeber zum Anteilseigner. Dies kann nach deutschem Recht – je nach Gesellschaftsform – unterschiedlichen Regeln unterliegen:

  • GmbH: Die Ausgabe neuer Geschäftsanteile setzt notariell beurkundete Gesellschafterbeschlüsse und eine Handelsregistereintragung voraus (§ 55 Abs. 1 GmbHG).
  • AG: Die Ausgabe von Aktien im Rahmen einer Wandlung ist häufig mit einem Genehmigten Kapital (§ 202 ff. AktG) oder bedingtem Kapital (§ 192 ff. AktG) verbunden. Die Hauptversammlung muss die dafür erforderlichen Beschlüsse fassen.

Die Gestaltung des Wandlungsmechanismus wird dabei durch das Gesellschaftsrecht, insbesondere hinsichtlich Mitverwaltungsrechten, Bezugsrechten bestehender Gesellschafter und Kapitalerhaltungsgrundsätzen, beeinflusst.

Steuerliche Aspekte

Für die steuerliche Behandlung von Convertible-Instrumenten ist zwischen dem Darlehen und dem Equity-Anteil zu differenzieren. Die Zinserträge aus dem Convertible werden während der Darlehenslaufzeit als Einkünfte aus Kapitalvermögen bzw. Betriebseinnahmen behandelt. Bei der Wandlung spielt die Bewertung der Anteile eine zentrale Rolle – sowohl was den gewerbesteuerlichen wie auch ertragsteuerlichen Einlagewert betrifft. Die Besteuerung etwaiger Veräußerungsgewinne nach der Umwandlung richtet sich nach den allgemeinen Regeln über die Besteuerung von Anteilsveräußerungen.

Insolvenzspezifische Einordnung

Im Insolvenzfall ist zu klären, ob das Convertible als Fremd- oder Eigenkapital einzuordnen ist. Während der Darlehensphase steht dem Gläubiger ein Rückzahlungsanspruch zu, der im Insolvenzfall zur Tabelle angemeldet werden kann. Nach erfolgter Wandlung zu Anteilen partizipiert der ehemalige Darlehensgeber am Gesellschaftsvermögen lediglich als Gesellschafter nachrangig.


Regelungsinhalte und typische Vertragsklauseln

Wandlungsbedingungen

Verträge über Convertible-Instrumente beinhalten regelmäßig folgende Regelungsgegenstände:

  • Wandlungszeitpunkt: Bestimmung, zu welchem Zeitpunkt oder bei Eintritt welcher Ereignisse eine Wandlung erfolgen kann oder soll (z.B. nächste Finanzierungsrunde, bestimmter Stichtag, Exit-Ereignis).
  • Wandlungsquote bzw. Wandlungskurs: Festlegung, zu welchen Bedingungen (Bewertung des Unternehmens, etwa Discount gegenüber Investoren der Folgefinanzierungsrunde) die Darlehenssumme in Anteile umgewandelt wird.
  • Mitwirkungspflichten: Regelungen über die Mitwirkung der Gesellschaft und anderer Gesellschafter an der Durchführung der Wandlung.
  • Verzicht auf Rückzahlungsanspruch: Teilweise wird vereinbart, dass nach erfolgter Wandlung der Rückzahlungsanspruch des Anlegers gegenüber der Gesellschaft entfällt.

Weitere Vertragsbestimmungen

  • Zinsvereinbarungen: Festlegung eines Zinssatzes für die Laufzeit bis zur Wandlung.
  • Nachrangigkeit: Bestimmungen zur Rangstellung im Insolvenzfall.
  • Verbot der vorzeitigen Rückzahlung: Regelungen, dass eine vorzeitige Tilgung oder Rückführung nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen möglich ist.
  • Verwässerungsschutzklauseln: Absicherung des Wandelgläubigers gegen wirtschaftliche Nachteile im Fall spätere Kapitalmaßnahmen („Anti-Dilution-Protection“).

Anwendungsbereiche und Funktionen von Convertibles

Unternehmensfinanzierung

Convertibles werden vorrangig zur Finanzausstattung junger Unternehmen (Start-ups) eingesetzt, um frühzeitig Kapital zur Verfügung zu stellen, ohne eine sofortige Unternehmensbewertung festzulegen. Meist wird die Bewertung aufgeschoben und erfolgt im Rahmen der nächstfolgenden Finanzierungsrunde.

Börsennotierte Anleihen

Wandelanleihen (Convertible Bonds) stellen eine an Börsen gehandelte Form des Convertible dar. Sie sind nach den Vorgaben des Börsen- und Wertpapierhandelsrechts strukturiert und umfassen regelmäßig spezifische Regelungen zum Anlegerschutz, zur Prospektpflicht sowie zu Offenlegungspflichten nach den maßgeblichen Finanzmarktregeln.


Internationale rechtliche Rahmenbedingungen

Auch international sind Convertibles weit verbreitet. In vielen Rechtsordnungen gelten vergleichbare Regelungen hinsichtlich des Wandlungsvorgangs und der gesellschaftsrechtlichen Einbindung. Unterschiede ergeben sich oftmals hinsichtlich Aktionärsschutz, Offenlegungserfordernissen oder steuerlicher Behandlung.

Europäischer Rechtsrahmen

Innerhalb der Europäischen Union bestehen harmonisierte Regelungen für Prospektpflichten und Marktmissbrauchsvorschriften, die für Convertible Bonds relevant sein können. Auch gesellschaftsrechtliche Vorgaben, insbesondere zum Kapitalschutz, sind EU-seitig geregelt.


Fazit

Der Begriff Convertible umschreibt im rechtlichen Kontext ein gestaltbares, hybrides Finanzierungsinstrument, das wichtige Brückenfunktionen zwischen Fremd- und Eigenkapital übernimmt. Die rechtliche Ausgestaltung erfordert sorgfältige Berücksichtigung gesellschafts-, zivil-, steuer- und insolvenzrechtlicher Vorgaben. Convertibles gewinnen insbesondere in der Unternehmensfinanzierung und im Kapitalmarktrecht zunehmend an Bedeutung und müssen, abhängig von der jeweiligen Gesellschaftsform, mit Blick auf bestehende gesetzliche Regelungen maßgeschneidert ausgestaltet werden.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Anforderungen bestehen an die Ausgestaltung und Dokumentation eines Convertibles?

Bei der Ausgestaltung und Dokumentation eines Convertibles, insbesondere in Deutschland, sind zahlreiche rechtliche Anforderungen zu beachten. Zunächst muss die Vereinbarung zwischen den Parteien in Form eines schriftlichen Convertible Loan Agreements erfolgen, welches die wesentlichen Rechte und Pflichten klar regelt. Dabei sind insbesondere die Konditionen zur Wandlung, die Bewertung bei Konvertierung, Zinsen und Laufzeiten detailliert zu dokumentieren. In bestimmten Fällen, etwa wenn Genussrechte oder Schuldverschreibungen öffentlich angeboten werden, sind zusätzlich Prospektpflichten nach dem Wertpapierprospektgesetz (WpPG) zu prüfen. Die Ausgestaltung der Wandlungsrechte sollte gesellschaftsrechtlich mit der Satzung der Zielgesellschaft abgestimmt sein, da sie Einfluss auf das Kapital und die Gesellschafterstruktur nehmen kann. Ferner sind die Vorgaben aus dem GmbHG (z. B. das Verbot der Unterpariemission, § 9 GmbHG), dem AktG sowie gegebenenfalls dem KWG zu beachten. Die Eintragung der neuen Anteile im Handelsregister kann notarieller Form bedürfen, wenn beispielsweise eine Kapitalmaßnahme ansteht.

Welche Mitbestimmungsrechte stehen Convertible-Inhabern rechtlich zu?

Convertible-Inhaber besitzen solange keine klassischen Gesellschafter- oder Aktionärsrechte, solange das Wandlungsrecht nicht ausgeübt wurde. Sie sind grundsätzlich Gläubiger der Gesellschaft mit vertraglich geregelten Forderungsrechten. Mitbestimmungsrechte, etwa bei Beschlüssen der Gesellschaft, bestehen üblicherweise nicht, es sei denn, diese werden ausdrücklich im Convertible-Vertrag eingeräumt. Erst mit Ausübung des Wandlungsrechts und entsprechender Kapitalmaßnahme (Beitritt zur Gesellschafterliste bzw. Eintragung im Aktienregister) entstehen Rechte etwa auf Mitbestimmung oder Stimmrecht. Es existieren aber häufig gewisse Informationsrechte oder Vetorechte für wesentliche Beschlüsse (so genannte „Investoren-Schutzklauseln“), welche individuell vertraglich geregelt werden können.

Welche aufsichtsrechtlichen Vorgaben sind beim Angebot von Convertibles zu beachten?

Das öffentliche Angebot von Convertibles kann aufsichtsrechtliche Pflichten auslösen, insbesondere nach dem Wertpapierprospektgesetz (WpPG) und der EU-Prospektverordnung. Werden Convertibles an eine Vielzahl von Anlegern ausgegeben, muss geprüft werden, ob eine Prospektpflicht besteht. Ausgenommen sind jedoch oftmals Angebote an weniger als 150 Anleger oder mit einem Gesamtgegenwert unter 8 Millionen Euro innerhalb von zwölf Monaten (§ 3 WpPG). Werden Convertibles in Form von Wertpapieren ausgegeben, sind sie häufig im Anwendungsbereich der MAR (Marktmissbrauchsverordnung) und unterliegen gegebenenfalls Meldepflichten. Im Einzelfall kann auch eine Erlaubnispflicht nach dem Kreditwesengesetz (KWG) bestehen, insbesondere wenn die Konstruktion einer Banktätigkeit nahekommt oder Crowd-Investing-Modelle betroffen sind.

Ist die Ausgabe von Convertibles gesellschaftsrechtlich als Kapitalmaßnahme zu behandeln?

Die Ausgabe eines Convertibles selbst führt noch nicht zu einer Kapitalmaßnahme im zivilrechtlichen bzw. gesellschaftsrechtlichen Sinne, sondern zunächst zu einer Forderung aus einem Wandeldarlehen oder ähnlichem schuldrechtlichen Anspruch. Erst mit der Ausübung des Wandlungsrechts, das regelmäßig mit einer Erhöhung des Stammkapitals (bei der GmbH) bzw. des Grundkapitals (bei der AG) einhergeht und zur Einräumung neuer Geschäftsanteile/Aktien führt, handelt es sich um eine echte Kapitalmaßnahme. Solche Maßnahmen bedürfen gesonderter Gesellschafterbeschlüsse, notarieller Beurkundung und Registrierung im Handelsregister. Die genaue Durchführung und wer dazu berechtigt ist (z. B. bestehende Gesellschafter vs. neue Investoren), sollte im Convertible-Vertrag vorab eindeutig geregelt sein.

Welche steuerlichen Implikationen gilt es bei Convertibles zu beachten?

Rechtlich betrachtet haben Convertibles sowohl auf Gesellschafts- als auch auf Investorenebene steuerliche Relevanz. Während der Laufzeit wird das Convertible als Fremdkapital behandelt, und gezahlte Zinsen sind bei der Gesellschaft als Betriebsausgabe abziehbar, beim Investor als Kapitaleinkünfte zu versteuern. Die Umwandlung in Eigenkapital kann zu einer steuerneutralen Kapitalmaßnahme führen, sofern sie ordnungsgemäß abgewickelt wird. Bei der späteren Veräußerung der bezogenen Anteile/Aktien können gegebenenfalls Spekulationsfristen und Abgeltungsteuersätze greifen. Im internationalen Kontext sind Doppelbesteuerungsabkommen und Quellensteuerthemen zu berücksichtigen, insbesondere bei ausländischen Investoren.

Welche besonderen Risiken und rechtlichen Streitpotenziale bergen Convertibles?

Convertibles bergen verschiedene rechtliche Risiken. Streitpotenzial besteht insbesondere bei der Auslegung der Wandlungsbedingungen, etwa der Bewertung des Unternehmens zum Wandlungszeitpunkt („Valuation Cap“, „Discount“), der Zinsberechnung und den Modalitäten der Kapitalmaßnahme. Auch unklare Regelungen zu Mitwirkungspflichten der Gesellschafter, etwa bei der Kapitalerhöhung, können zu Auseinandersetzungen führen. Ein weiteres Risiko besteht darin, dass nach Wandlung Altgesellschafter ihre Rechte oder Anteile verwässert sehen und gegebenenfalls mit Beschlussanfechtungen reagieren. Schließlich können gesellschaftsvertragliche Vorkaufsrechte oder Zustimmungserfordernisse nicht ordnungsgemäß beachtet worden sein, was Rückabwicklungsforderungen nach sich ziehen kann. Zur Minimierung solcher Risiken ist eine detaillierte, rechtlich fundierte Vertragsgestaltung unerlässlich.

Welche registerrechtlichen Schritte sind nach Ausübung des Wandlungsrechts erforderlich?

Nach Ausübung des Wandlungsrechts eines Convertibles sind registerrechtliche Schritte vorzubereiten. Bei der GmbH ist – nach Beschluss über eine Kapitalerhöhung – die Änderung der Gesellschafterliste einzureichen und von einem Notar zu beglaubigen. Der neue Gesellschafter wird dabei offiziell aufgenommen. Bei einer AG ist die Durchführung der Kapitalerhöhung nebst Satzungsänderung zum Handelsregister anzumelden und die neuen Aktien einzutragen. Erst nach vollständigem Vollzug und Registereintragung erlangt der neue Anteilseigner die Rechte eines Gesellschafters bzw. Aktionärs. Ungenügende oder fehlerhafte Registermitteilungen können die Wirksamkeit der Anteilsübertragung gefährden. Gesellschaftsrechtliche Fristen und Formerfordernisse – etwa notarielle Beurkundung – müssen zwingend eingehalten werden.