Legal Lexikon

Cold Call


Begriff und Definition von Cold Call

Der Begriff Cold Call bezeichnet unaufgeforderte telefonische Kontaktaufnahmen zu potenziellen Kunden, Geschäftspartnern oder Privatpersonen mit dem Ziel, Produkte, Dienstleistungen oder Informationen anzubieten. Im deutschen Sprachgebrauch wird der Cold Call oftmals auch als „Kaltakquise“ oder „Kaltanruf“ bezeichnet. Entscheidend ist, dass diese Kontaktaufnahme ohne vorheriges ausdrückliches Einverständnis der angerufenen Person erfolgt. Cold Calls sind insbesondere im Bereich des Direktmarketings von Bedeutung und unterliegen strengen rechtlichen Vorgaben. Die Vorschriften zielen vor allem auf den Schutz der Verbraucher und die Wahrung des Wettbewerbsrechts ab.


Rechtliche Grundlagen in Deutschland

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)

Grundlagen und Zielsetzung

Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) bildet die zentrale rechtliche Grundlage für die Beurteilung der Zulässigkeit von Cold Calls. Das UWG schützt Marktteilnehmer, insbesondere Verbraucher, vor unzumutbaren Belästigungen und unlauteren geschäftlichen Handlungen.

§ 7 UWG – Unzumutbare Belästigung

Nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG stellen Werbeanrufe gegenüber Verbrauchern ohne deren vorherige ausdrückliche Einwilligung stets eine unzumutbare Belästigung dar und sind unzulässig. Auch bei Anrufen von Unternehmen zu Unternehmen (B2B) ist zumindest eine mutmaßliche Einwilligung erforderlich, etwa dann, wenn eine Geschäftsbeziehung besteht oder ein sachlicher Zusammenhang zu bestehenden Interessen angenommen werden kann.

Folgen eines Verstoßes

Verstöße gegen § 7 UWG können von Mitbewerbern, Verbraucherverbänden und Industrie- und Handelskammern mit Abmahnungen verfolgt werden. Neben Unterlassungsansprüchen können auch Schadensersatzforderungen entstehen. Zusätzlich können Behörden Bußgelder verhängen.


Datenschutzrechtliche Einordnung (DSGVO)

Verarbeitung personenbezogener Daten

Cold Calls betreffen regelmäßig auch den Umgang mit personenbezogenen Daten der Angerufenen. Hier gelten die Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Bereits das Speichern oder Verwenden der Telefonnummer einer Privatperson erfordert eine Rechtsgrundlage gemäß Art. 6 DSGVO.

Betroffenenrechte und Informationspflichten

Betroffene müssen klar und verständlich über die Verarbeitung ihrer Daten informiert werden (Art. 13 DSGVO). Sie haben zudem das Recht, einer Kontaktaufnahme jederzeit zu widersprechen (Art. 21 DSGVO). Verstöße gegen die Datenschutzvorschriften können mit erheblichen Bußgeldern geahndet werden.


Telekommunikationsrechtliche Vorschriften

Die Durchführung von Cold Calls unterliegt auch dem Telekommunikationsgesetz (TKG). Dieses regelt insbesondere, wie Telefonnummern zu verwenden sind und welche Informationspflichten bei Werbeanrufen bestehen. Automatische Anrufsysteme, sogenannte Dialer, bedürfen besonderer Rechtfertigung und Einwilligung.


Voraussetzungen für die Zulässigkeit von Cold Calls

Einwilligungserfordernis

Im Regelfall ist für Cold Calls eine ausdrückliche und nachweisbare Einwilligung des Angerufenen erforderlich. Diese kann schriftlich, elektronisch oder (in Ausnahmefällen) mündlich erteilt werden, muss jedoch durch das werbende Unternehmen jederzeit nachgewiesen werden können. Pauschale Einwilligungen etwa in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind nicht ausreichend.

Mutmaßliche Einwilligung im B2B-Bereich

Bei gewerblichen Anrufen ist ausnahmsweise eine sog. mutmaßliche Einwilligung möglich. Sie liegt vor, wenn im Rahmen eines bestehenden oder sich anbahnenden Geschäftskontakts vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass der Angerufene mit dem Anruf einverstanden ist. Dies ist eng auszulegen und im Streitfall muss das Unternehmen den Nachweis führen.

Dokumentations- und Nachweispflichten

Unternehmen, die Cold Calls durchführen, müssen die Einwilligungen dokumentieren und im Falle einer rechtlichen Auseinandersetzung vorlegen. Fehlt ein lückenloser Nachweis, wird regelmäßig zu Lasten des Anrufenden entschieden.


Sanktionen und Rechtsfolgen bei unzulässigen Cold Calls

Abmahnung und Unterlassungsanspruch

Wettbewerbswidrige Cold Calls können Mitbewerber, Verbraucherverbände oder andere befugte Stellen zur Abmahnung berechtigen. Der Betroffene kann einen Unterlassungsanspruch geltend machen und gerichtlich durchsetzen.

Schadensersatz und Gewinnabschöpfung

Sofern ein wirtschaftlicher Schaden entsteht, kann dieser im Wege des Schadensersatzes eingefordert werden. In schwerwiegenden Fällen ist auch eine Gewinnabschöpfung möglich (§ 10 UWG).

Bußgeld- und Strafvorschriften

Die Bundesnetzagentur ist befugt, bei wiederholten oder besonders schwerwiegenden Verstößen Bußgelder zu verhängen. Die Bußgelder können nach § 20 UWG und § 228 TKG bis zu 300.000 Euro, bei Datenschutzverletzungen nach DSGVO sogar bis zu mehreren Millionen Euro betragen.


Internationale Rechtslage und Besonderheiten

Europäischer Rechtsrahmen

Auch im europäischen Rechtsraum existieren spezifische Vorgaben. Die E-Privacy-Richtlinie (Richtlinie 2002/58/EG) harmonisiert die Standards für elektronische Direktwerbung, einschließlich Cold Calls. Viele Staaten innerhalb der EU haben vergleichbare oder noch strengere Regelungen als Deutschland.

Unterschiede zu anderen Ländern

In den USA ist Cold Calling grundsätzlich zulässig, unterliegt jedoch der Do-Not-Call List sowie weiteren Regularien der Federal Trade Commission (FTC). In Großbritannien gelten vergleichbare opt-in-Mechanismen und Sanktionsmöglichkeiten.


Ausnahmen und zulässige Formen der Kontaktaufnahme

Bestandskundenprivileg

In bestimmten Fällen sind Anrufe bei bestehenden Kunden auch ohne ausdrückliche Einwilligung zulässig, insbesondere wenn ein sachlicher Zusammenhang zu bereits erworbenen Waren oder Dienstleistungen besteht. Die Schwelle für eine solche Ausnahme ist jedoch hoch und eng auszulegen.

Informations- und Serviceanrufe

Kontaktaufnahmen, die allein der Erfüllung vertraglicher oder gesetzlicher Informationspflichten dienen, sind keine Werbung im Sinne des UWG und unterliegen nicht dem Einwilligungserfordernis.


Praxishinweise und Empfehlungen

Gestaltung von Einwilligungen

Für Unternehmen empfiehlt sich, die Einwilligung zur telefonischen Kontaktaufnahme eindeutig, transparent und getrennt von anderen Erklärungen einzuholen. Die Speicherung von Einwilligungsnachweisen sollte revisionssicher erfolgen.

Umgang mit Beschwerden

Erfolgt eine Beschwerde über einen Cold Call, ist eine sofortige Prüfung und ggf. Korrektur der Abläufe geboten, insbesondere um Rechtsverstöße und hohe Bußgelder zu vermeiden.


Zusammenfassung

Cold Calls sind in Deutschland und der Europäischen Union streng reglementiert. Ohne ausdrückliche oder zumindest mutmaßliche Einwilligung des Angerufenen sind diese grundsätzlich unzulässig und mit erheblichen rechtlichen Risiken verbunden. Zu beachten sind neben dem UWG insbesondere die datenschutzrechtlichen und telekommunikationsrechtlichen Vorgaben. Verstöße können zu Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen, Bußgeldern und weiteren Sanktionen führen. Unternehmen ist dringend zu raten, bei jeglicher Akquise per Telefon die gesetzlichen Vorgaben genau zu prüfen und Maßnahmen zur rechtssicheren Einholung und Dokumentation von Einwilligungen zu etablieren.

Häufig gestellte Fragen

Ist der Cold Call im B2C-Bereich ohne ausdrückliche Einwilligung des Verbrauchers erlaubt?

Im rechtlichen Kontext ist der sogenannte Cold Call im B2C-Bereich, also gegenüber Verbrauchern, grundsätzlich unzulässig, sofern keine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Angerufenen vorliegt. Dies ergibt sich aus § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb). Ein Werbeanruf ohne ausdrückliche und informierte Zustimmung gilt als unzumutbare Belästigung und kann sowohl wettbewerbsrechtliche als auch datenschutzrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Im Rahmen der DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung) ist zudem zu beachten, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten, etwa zur Kontaktaufnahme, nur auf einer entsprechenden Rechtsgrundlage erfolgen darf. Verstöße können Abmahnungen, Unterlassungsansprüche, Bußgelder sowie zivilrechtliche Schadensersatzforderungen nach sich ziehen.

Dürfen Unternehmen im B2B-Bereich Cold Calls ohne vorherige Einwilligung durchführen?

Im B2B-Bereich sind Cold Calls unter sehr engen Voraussetzungen rechtlich zulässig. Erforderlich ist nach der Rechtsprechung, insbesondere des Bundesgerichtshofs, dass mutmaßliches Interesse des angerufenen Unternehmens an dem angebotenen Produkt oder der Dienstleistung besteht. Liegt dieses Interesse nicht vor oder ist es nicht naheliegend belegbar, handelt es sich auch bei Geschäftskunden um eine unzumutbare Belästigung nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG. Unternehmen müssen vor der Kontaktaufnahme sorgfältig prüfen und dokumentieren, ob ein berechtigtes Interesse des Zielunternehmens an der Kontaktaufnahme gegeben ist, um rechtliche Risiken zu vermeiden. Die Datenschutzerfordernisse der DSGVO müssen auch hier berücksichtigt werden.

Welche Sanktionen drohen bei einem Verstoß gegen das Verbot unerlaubter Telefonwerbung?

Verstöße gegen das Verbot unerlaubter Telefonwerbung werden in Deutschland streng geahndet. Gemäß § 20 UWG kann die Bundesnetzagentur Bußgelder von bis zu 300.000 Euro verhängen, wenn Werbeanrufe ohne entsprechende Einwilligung erfolgen. Daneben besteht für Mitbewerber und qualifizierte Verbände die Möglichkeit, Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche geltend zu machen. Einwände von Betroffenen können zudem Schadensersatzansprüche auslösen. Abmahnungen und die Verpflichtung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sind häufige zivilrechtliche Folgen. Verstöße gegen datenschutzrechtliche Vorgaben können zusätzlich eigenständige Bußgelder nach sich ziehen.

Wie muss eine rechtswirksame Einwilligung für Werbeanrufe erfolgen?

Die Einwilligung für Werbeanrufe muss ausdrücklich, informiert und im Vorfeld erteilt worden sein. Einwilligungen durch vorangekreuzte Kästchen, versteckte Hinweise oder implizite Zustimmung (Opt-out-Verfahren) gelten nicht als rechtswirksam. Es ist zudem Pflicht, die Einwilligung klar und separat, etwa von AGB oder anderen Erklärungen, einzuholen. Die Dokumentation der Einwilligung ist essenziell, da die Beweislast bei rechtlichen Auseinandersetzungen beim werbenden Unternehmen liegt. Für den Nachweis empfiehlt es sich, Datum, genaue Formulierung der Einwilligung sowie den Erteilungsweg sorgfältig zu archivieren.

Welche Rolle spielt die DSGVO bei Cold Calls?

Die DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung) regelt die Verarbeitung personenbezogener Daten, die im Rahmen von Cold Calls zwangsläufig erfolgt. Rechtsgrundlagen einer solchen Kontaktaufnahme können entweder eine vorherige Einwilligung (Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO) oder in Ausnahmefällen ein berechtigtes Interesse (Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO) sein. Für Telefonwerbung wird jedoch meist die ausdrückliche Einwilligung erforderlich sein, da die Interessen, Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Personen in der Regel überwiegen. Unternehmen müssen neben der Einholung und Dokumentation der Einwilligung auch Informationspflichten erfüllen (Art. 13 f. DSGVO) und Betroffenenrechte wie Auskunft, Löschung und Widerspruch gewähren können. Nichtbeachtung kann empfindliche Bußgelder nach sich ziehen.

Wie können Betroffene sich gegen unerlaubte Cold Calls wehren?

Betroffene haben mehrere rechtliche Möglichkeiten, um sich gegen unerwünschte Cold Calls zu schützen. Sie können sich bei der Bundesnetzagentur beschweren, die eine behördliche Verfolgung und ggf. Verhängung eines Bußgelds einleiten kann. Zivilrechtlich steht Betroffenen das Recht zu, Unterlassungsansprüche gegen das werbende Unternehmen geltend zu machen. Hierzu kann ein Anwalt oder ein Verbraucherschutzverband eingeschaltet werden. Auch können Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden, insbesondere bei Verstößen gegen Datenschutzbestimmungen gemäß Art. 82 DSGVO. Darüber hinaus können sich Betroffene an die Datenschutzaufsichtsbehörden wenden.

Gibt es Ausnahmen oder Sonderregelungen für bestimmte Branchen oder Non-Profit-Organisationen?

Das Gesetz sieht grundsätzlich keine branchen- oder sektorenspezifischen Ausnahmen für unerlaubte Telefonwerbung vor. Auch Non-Profit-Organisationen, Vereine oder politische Parteien müssen die gesetzlichen Anforderungen, insbesondere die Einholung einer ausdrücklichen Einwilligung, strikt beachten. Die Regelungen des UWG und der DSGVO gelten unabhängig von der Zielsetzung des Anrufers. Lediglich minimale Sonderregelungen können im Einzelfall durch spezifische Verordnungen bestehen, etwa für amtliche Bekanntmachungen oder bestimmte Informations- und Warnsysteme; für klassische Werbeanrufe sind diese jedoch nicht relevant.