Definition und rechtliche Grundlagen des Bundeszentralregisters
Das Bundeszentralregister (BZR) ist ein zentrales amtliches Register der Bundesrepublik Deutschland, das besondere persönliche Daten im Zusammenhang mit strafrechtlichen und gerichtlichen Verurteilungen, bestimmten Entscheidungen der Verwaltungsbehörden sowie weiteren gesetzlich bestimmten Vorgängen enthält. Es dient vorrangig der Erfassung und Speicherung von Informationen über gerichtliche Entscheidungen und bestimmte Maßnahmen, welche die Rechtsstellung natürlicher und juristischer Personen betreffen. Das Bundeszentralregister wird beim Bundesamt für Justiz geführt und verwaltet.
Die rechtlichen Grundlagen des Bundeszentralregisters finden sich insbesondere im Bundeszentralregistergesetz (BZRG), welches detaillierte Regelungen zum Inhalt, zum Umfang, zur Löschung und zur Auskunftserteilung aus dem Register enthält. Ergänzende Bestimmungen dazu ergeben sich aus Strafgesetzbuch (StGB), Jugendgerichtsgesetz (JGG) und weiteren spezialgesetzlichen Vorschriften.
Aufgaben und Zweck des Bundeszentralregisters
Im Bundeszentralregister werden bestimmte tatbestandsrelevante Daten gesammelt und gespeichert. Der wesentliche Zweck liegt darin, eine zuverlässige und einheitliche Informationsbasis über strafgerichtliche Verurteilungen, Maßregeln der Besserung und Sicherung, bestimmte Entscheidungen von Verwaltungsbehörden und Gerichten sowie sonstige gesetzlich vorgesehene Mitteilungen zu gewährleisten. Das Register dient damit sowohl dem Schutz der Allgemeinheit als auch der Justiz im Rahmen der Rechtsverfolgung und der einschlägigen Rechtsanwendung.
Rechtsgrundlagen der Registerführung
Bundeszentralregistergesetz (BZRG)
Das BZRG regelt umfassend den Aufbau, die Führung, die Speicherung und die Verarbeitung von Daten im Bundeszentralregister sowie deren Löschung und Übermittlung. Es legt fest, welche Behörden und Institutionen zur Übermittlung von Daten verpflichtet sind und welche Eintragungen erfolgen müssen.
Weitere einschlägige Vorschriften
Zusätzlich zum BZRG bestimmen das StGB, das JGG sowie berufsrechtliche Vorschriften, in welchen Fällen Eintragungen im Register erfolgen und wann eine Löschung, Tilgung oder Übertragung zu erfolgen hat.
Inhalt des Bundeszentralregisters
Das Bundeszentralregister führt Eintragungen über:
- Strafrechtliche Verurteilungen deutscher Gerichte
- Maßregeln der Besserung und Sicherung
- Entscheidungen zur Unterbringung in einer psychiatrischen Anstalt, Entziehungsanstalt oder Sicherungsverwahrung
- Berufs- und gewerberechtliche Verbote
- Entscheidungen von Verwaltungsbehörden, soweit gesetzlich vorgeschrieben
- Vermerke über Tilgungen und deren Fristen
Nicht eingetragen werden beispielsweise Geldbußen oder Ordnungswidrigkeiten, sofern hierfür kein Verweis auf eine strafrechtliche Norm erfolgt.
Spezielle Eintragungen
Eintragungen im Bundeszentralregister erfolgen nicht nur für natürliche Personen, sondern auch für juristische Personen und Personenvereinigungen, sofern entsprechende Entscheidungen vorliegen.
Tilgungsfristen und Löschung
Für die Löschung von Eintragungen gelten je nach Straftat und Rechtsfolge unterschiedlich lange Tilgungsfristen, die im § 46 ff. BZRG geregelt sind. Die gängigen Tilgungsfristen betragen 3, 5, 10, 15 oder 20 Jahre. Nach Ablauf der Tilgungsfrist dürfen die betreffenden Registereintragungen grundsätzlich nicht mehr offengelegt oder im Rechtsverkehr verwendet werden. Bestimmte frühere Eintragungen können auch vorzeitig gelöscht werden, etwa bei Jugendstrafen, die zu Bewährung ausgesetzt wurden.
Auskunftserteilung aus dem Bundeszentralregister
Beteiligte und Berechtigte
Aus dem Bundeszentralregister können verschiedene Formen der Auskunft erteilt werden:
- Behördliche Auskunft: Strafverfolgungsbehörden, Gerichte und bestimmte öffentlich-rechtliche Institutionen erhalten uneingeschränkte Auskünfte im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben.
- Privatführungszeugnis: Privatpersonen können Auskünfte über die zu ihrer Person gespeicherten Daten im Rahmen eines Führungszeugnisses beim Bundesamt für Justiz beantragen (vgl. § 30 BZRG).
- Behördenführungszeugnis: Für bestimmte berufliche Zwecke erhalten auch Behörden Führungszeugnisse (z. B. bei Beschäftigung im öffentlichen Dienst).
Arten von Führungszeugnissen
Das Führungszeugnis ist eine Auskunft aus dem Bundeszentralregister über bestimmte, besonders relevante Registereinträge einer Person, vor allem im Zusammenhang mit Bewerbungsverfahren, Aufenthaltsgenehmigungen, Vereinsgründungen oder behördlichen Überprüfungen.
Es gibt verschiedene Arten von Führungszeugnissen:
- Privatführungszeugnis (§ 30 BZRG): Für private Zwecke.
- Behördenführungszeugnis (§ 30 Abs. 5 BZRG): Für behördliche Zwecke, beispielsweise als Einstellungsvoraussetzung.
- Erweitertes Führungszeugnis (§ 30a BZRG): Speziell für Tätigkeiten mit Kindern und Jugendlichen.
- Europäisches Führungszeugnis (§ 30b BZRG): Enthält relevante Verurteilungen auch aus anderen EU-Mitgliedstaaten.
Umfang der Auskunft
Die Auskunft aus dem Bundeszentralregister enthält meist nur einen Teil der gespeicherten Informationen, abhängig vom jeweiligen Verwendungszweck und von gesetzlichen Geheimhaltungsvorschriften. Bestimmte inhaltliche Details, die nicht für den jeweiligen Zweck maßgeblich sind oder bereits getilgt wurden, werden im Führungszeugnis nicht aufgenommen.
Datenschutz und Schutzrechte
Die im Bundeszentralregister gespeicherten Daten unterliegen umfassenden datenschutzrechtlichen Regelungen. Zugriff, Verwendung und Weitergabe finden nur unter Beachtung der einschlägigen gesetzlichen Schranken und unter Sicherstellung des Schutzes persönlicher Daten statt. Das BZRG enthält Vorschriften zur Datengeheimhaltung, Löschung sowie zu Rechtsbehelfen gegen unrichtige Einträge und zur Berichtigung des Registers.
Übermittlung und internationale Zusammenarbeit
Das Bundeszentralregister kooperiert mit europäischen und internationalen Strafregisterbehörden im Rahmen zwischenstaatlicher Abkommen und europäischer Rechtsakte. Die grenzüberschreitende Übermittlung von Registerdaten erfolgt nach den Bestimmungen der EU-Richtlinien und internationalen Verträgen, insbesondere für Zwecke der Strafverfolgung sowie der Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen.
Bedeutung im rechtlichen Verkehr
Das Bundeszentralregister hat eine herausragende Bedeutung für die Bewährung und Resozialisierung im Strafrecht, bei berufsrechtlichen Bewertungen und Vergabeentscheidungen sowie für verwaltungsrechtliche und staatsbürgerliche Angelegenheiten. Es stellt sicher, dass relevante Vorbelastungen für bestimmte gesetzlich festgelegte Verfahren zuverlässig dokumentiert sind und dabei die Balance zwischen Schutz der Allgemeinheit und Resozialisierungsinteresse des Einzelnen gewahrt wird.
Weiterführende Literatur und Quellenangaben
- Bundeszentralregistergesetz (BZRG)
- Bundesamt für Justiz: Informationen zum Bundeszentralregister
- Strafgesetzbuch (StGB)
- Jugendgerichtsgesetz (JGG)
- Webseite des Bundesamts für Justiz
Häufig gestellte Fragen
Wer darf eine Auskunft aus dem Bundeszentralregister beantragen und welche rechtlichen Voraussetzungen gelten?
Eine Auskunft aus dem Bundeszentralregister (BZRG) kann grundsätzlich jede betroffene Person (natürliche Person) über sich selbst beantragen, sogenannte Eigenauskunft. Die rechtlichen Voraussetzungen hierfür sind in § 42 BZRG geregelt. Die Antragsstellung erfordert entweder die persönliche Vorsprache bei einer Meldebehörde, einer Personalausweisbehörde oder die Nutzung des Online-Portals. Es ist legitimationspflichtig, dass heißt, der Antragsteller muss seine Identität nachweisen, beispielsweise durch Vorlage eines Personalausweises oder Reisepasses. Eine Auskunft über Dritte ist grundsätzlich ausgeschlossen, es sei denn, es liegt eine ausdrückliche, schriftliche Vollmacht des Betroffenen oder eine besondere gesetzliche Befugnis vor (z.B. für bestimmte Behörden, Gerichte, Staatsanwaltschaften gemäß § 41 BZRG). Arbeitgeber oder andere Privatpersonen können keine Registerauskunft über Bewerber oder Dritte beantragen; sie dürfen ausschließlich ein vom Bewerber/Beschäftigten vorgelegtes Führungszeugnis verlangen. Behörden haben weitergehende Auskunftsmöglichkeiten, jedoch ausschließlich zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben und im Rahmen der Verhältnismäßigkeit nach §§ 41 ff. BZRG.
Welche Eintragungen werden im Bundeszentralregister geführt und wie lange bleiben sie gespeichert?
Im Bundeszentralregister werden schwerpunktmäßig strafrechtliche Verurteilungen deutscher Gerichte, bestimmte Entscheidungen von Verwaltungsbehörden, gerichtliche Maßnahmen gegen Jugendliche, Heranwachsende und Erwachsene sowie bestimmte berufliche und ehrenamtliche Tätigkeitsverbote, Berufsverbote und Entscheidungen über die Entziehung von Fahrerlaubnissen gespeichert (§ 4 BZRG). Zudem werden Auslieferungsentscheidungen und bestimmte berufsgerichtliche Maßnahmen erfasst. Die Dauer der Speicherung, also die Tilgungsfristen, ist in den §§ 45 ff. BZRG differenziert geregelt. Tilgungsfristen betragen, je nach Schwere des Delikts und Art der Entscheidung, zwischen 3, 5, 10, 15, 20 und 30 Jahren. Nach Ablauf der Tilgungsfrist wird der Eintrag zunächst getilgt (d.h. nicht mehr mitgeteilt), bleibt aber zur Verhinderung von Mehrfachtäterschaften noch bestimmte Zeit gesperrt (§ 51 BZRG).
Welche rechtlichen Unterschiede bestehen zwischen dem Bundeszentralregister und dem Führungszeugnis?
Das Bundeszentralregister selbst ist ein umfassendes behördliches Register aller Eintragungen nach dem BZRG, wohingegen das Führungszeugnis lediglich eine Auskunft aus dem Bundeszentralregister darstellt und für Dritte oder zur Vorlage bei Behörden bestimmt ist (§§ 30 ff. BZRG). Im Führungszeugnis erscheinen nicht alle Eintragungen des Bundeszentralregisters, sondern lediglich solche, die laut § 32 BZRG mitgeteilt werden dürfen. Bestimmte Strafen, etwa Verurteilungen unter 90 Tagessätzen auf Geldstrafe oder 3 Monaten Freiheitsstrafe, erscheinen nicht im privaten Führungszeugnis. Auch getilgte Eintragungen oder solche mit Mitteilungsverbot bleiben im Führungszeugnis unberücksichtigt. Behörden erhalten darüber hinaus ein erweitertes Führungszeugnis, sofern diese gesetzlich hierzu berechtigt sind.
Wie kann gegen fehlerhafte Eintragungen im Bundeszentralregister vorgegangen werden?
Sollten Eintragungen im Bundeszentralregister nach Ansicht des Betroffenen fehlerhaft oder unrechtmäßig erhoben und gespeichert worden sein, besteht nach § 52 BZRG ein Anspruch auf Berichtigung, Löschung oder Sperrung rechtswidriger Registereintragungen. Die betroffene Person kann einen Antrag auf Überprüfung, Berichtigung oder Löschung an das Bundesamt für Justiz richten. Wird dem Antrag nicht abgeholfen, besteht die Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung durch Beschwerde beim zuständigen Verwaltungsgericht. Ferner sind fehlerhafte Eintragungen unzulässig weiterzuverarbeiten, was auch datenschutzrechtliche Ansprüche nach Art. 16 bis 18 DSGVO begründen kann.
Welche Behörden und Organisationen haben Zugang zu Daten des Bundeszentralregisters und unter welchen Bedingungen?
Der Zugang zu den Daten des Bundeszentralregisters ist gesetzlich strikt reglementiert. Zentrale Vorschrift ist § 41 BZRG, wonach Gerichte, Staatsanwaltschaften und bestimmte Verwaltungsbehörden für dienstliche Zwecke, etwa im Rahmen von Strafverfahren, justizbezogenen Prüfungen oder Unbedenklichkeitsfeststellungen, berechtigt sind, Auskünfte direkt zu beantragen. Polizei, Zoll, Finanzbehörden, Jugendämter und Berufsorganisationen erhalten Registerauskünfte allerdings nur im konkret geregelten Rahmen und nach vorheriger Abwägung des öffentlichen und des privaten Interesses. Privatpersonen und private Organisationen erhalten keine eigenen Auskünfte, sondern allenfalls auf Vorlage eines von der betroffenen Person eingeholten Führungszeugnisses.
Welche Strafen drohen bei unbefugtem Zugriff oder missbräuchlicher Nutzung der Daten aus dem Bundeszentralregister?
Der unbefugte Zugriff auf Daten des Bundeszentralregisters sowie die missbräuchliche Verwendung – etwa durch Weitergabe, Nutzung zu nicht zugelassenen Zwecken oder Verbreitung vertraulicher Informationen – ist nach § 53 BZRG strafbar. Verstöße stellen einen Verstoß gegen das Datengeheimnis dar und können als Ordnungswidrigkeit oder als Straftat (insbesondere nach §§ 203, 353b StGB – Verletzung von Privatgeheimnissen bzw. Geheimnisverrat im Amt) geahndet werden. Je nach Schwere drohen Geldbußen, Disziplinarmaßnahmen oder in schweren Fällen Freiheitsstrafen.
Wie ist das Verhältnis des Bundeszentralregisters zum Europäischen Strafregisterinformationssystem (ECRIS) geregelt?
Das Verhältnis zwischen dem deutschen Bundeszentralregister und dem Europäischen Strafregisterinformationssystem (ECRIS) ist durch EU-Richtlinien und internationale Verträge geregelt. Gemäß § 57 BZRG werden für Zwecke des internationalen Datenaustausches, insbesondere zur gegenseitigen Anerkennung von Vorstrafen und strafrechtlichen Entscheidungen, bestimmte Daten aus dem BZRG über das ECRIS ausgetauscht. Voraussetzung ist, dass eine Anfrage eines anderen EU-Mitgliedstaates vorliegt, oder der Betroffene in Deutschland straffällig geworden ist und dies an das Herkunftsland übermittelt werden soll. Die Übermittlung richtet sich stets nach den datenschutzrechtlichen Vorgaben der DSGVO und der Datenschutzrichtlinie für Polizei und Justiz (Richtlinie (EU) 2016/680). Einträge, die in Deutschland nicht mehr vorhanden oder bereits getilgt sind, dürfen nicht übermittelt werden.