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Bundesrat

Begriff und Stellung des Bundesrates (Deutschland)

Der Bundesrat ist ein Verfassungsorgan der Bundesrepublik Deutschland. Er vertritt die Länder auf Bundesebene und ist neben dem Bundestag, der Bundesregierung und dem Bundespräsidenten ein zentrales Organ der staatlichen Ordnung. Seine Hauptaufgabe besteht darin, die Mitwirkung der Länder an der Gesetzgebung und Verwaltung des Bundes sowie in Angelegenheiten der Europäischen Union sicherzustellen. Der Bundesrat ist damit ein Kernelement des föderalen Prinzips: Bund und Länder teilen sich staatliche Aufgaben und wirken aneinander mit.

Zusammensetzung und Stimmrecht

Mitglieder und Entsendung

Dem Bundesrat gehören die Regierungen der Länder an. Jedes Land entsendet Mitglieder, in der Regel die Ministerpräsidentin oder der Ministerpräsident sowie Fachministerinnen und -minister. Die Entsendung folgt landesrechtlichen Regelungen. Stellvertretungen sind möglich. Eine eigenständige Wahl der Bundesratsmitglieder durch die Bevölkerung findet nicht statt.

Stimmenzahl und einheitliche Stimmabgabe

Jedes Land verfügt über eine bestimmte Anzahl an Stimmen, die sich nach der Bevölkerungszahl richtet. Die Stimmen eines Landes müssen einheitlich abgegeben werden. Das Stimmrecht wird durch Mitglieder der Landesregierung wahrgenommen; die Stimmabgabe erfolgt im Namen des Landes.

Amtsdauer und Weisungsbindung

Eine feste Amtszeit gibt es nicht. Die Mitgliedschaft im Bundesrat ist an das Amt in der Landesregierung gebunden und endet mit dem Ausscheiden aus dieser. Mitglieder handeln bei der Stimmabgabe nach Weisungen ihres Landes, die durch die jeweilige Landesregierung bestimmt werden.

Aufgaben und Befugnisse

Mitwirkung an der Gesetzgebung

Der Bundesrat kann eigene Gesetzesinitiativen einbringen, indem er Gesetzesvorschläge an den Bundestag übermittelt. Er beteiligt sich ferner am Gesetzgebungsverfahren, indem er über vom Bundestag beschlossene Gesetze berät und hierzu Stellung nimmt. Es gibt Gesetze, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, und solche, bei denen der Bundesrat lediglich Einspruch erheben kann. Zustimmungspflichtige Gesetze betreffen insbesondere Bereiche mit starker Länderbetroffenheit, etwa die Finanzen der Länder oder die Organisation ihrer Verwaltung. Bei Einspruchsgesetzen kann der Bundesrat Einwände erheben; der Bundestag kann diesen Einspruch unter bestimmten Bedingungen zurückweisen. Zur Einigung bei Meinungsverschiedenheiten kann der Vermittlungsausschuss angerufen werden, dem Mitglieder von Bundestag und Bundesrat angehören.

Mitwirkung bei Rechtsverordnungen und Verwaltung

Der Bundesrat wirkt an Rechtsverordnungen mit, soweit diese die Länder in ihrer Ausführung betreffen. Viele Verordnungen der Bundesregierung bedürfen der Zustimmung des Bundesrates, wenn sie in Länderzuständigkeiten eingreifen oder die Länderverwaltung in erheblichem Maße berühren. In der Bundesverwaltung, die von den Ländern im Auftrag des Bundes durchgeführt wird, besitzt der Bundesrat Mitwirkungs- und Kontrollrechte, um eine einheitliche und rechtskonforme Ausführung sicherzustellen.

Mitwirkung in Angelegenheiten der Europäischen Union

Der Bundesrat ist an der Willensbildung in EU-Fragen beteiligt, insbesondere wenn ausschließliche Gesetzgebungs- oder Verwaltungszuständigkeiten der Länder betroffen sind. Er kann Stellungnahmen abgeben, auf die die Bundesregierung bei Verhandlungen auf EU-Ebene Rücksicht zu nehmen hat. Zudem kann der Bundesrat im Rahmen der Subsidiaritätskontrolle Bedenken äußern, wenn er eine Zuständigkeitsüberschreitung der EU-Organe sieht.

Verfahren und Organisation

Ausschüsse und Sitzungen

Die inhaltliche Arbeit erfolgt in Fachausschüssen, die die Vorlagen vorbereiten und Empfehlungen für das Plenum erarbeiten. Die Ausschüsse setzen sich aus Vertreterinnen und Vertretern der Länder zusammen. Das Plenum tagt in der Regel monatlich und fasst Beschlüsse, die rechtlich bindend in das Gesetzgebungsverfahren einfließen.

Präsidium und Vorsitz

Der Vorsitz des Bundesrates, traditionell als Präsidentin oder Präsident des Bundesrates bezeichnet, wechselt jährlich zwischen den Ländern in festgelegter Reihenfolge. Die oder der Vorsitzende leitet die Sitzungen, vertritt den Bundesrat nach außen und hat protokollarische Aufgaben. Im Falle einer Verhinderung oder Vakanz des Amtes des Staatsoberhaupts übernimmt die oder der Bundesratsvorsitzende vorübergehend bestimmte Aufgaben der Vertretung auf Bundesebene.

Öffentlichkeit und Transparenz

Die Plenarsitzungen des Bundesrates sind grundsätzlich öffentlich. Unterlagen, Tagesordnungen und Beschlüsse werden verbreitet, um die Nachvollziehbarkeit der Entscheidungen zu gewährleisten. Beratungen in Ausschüssen können nicht-öffentlich stattfinden, um die Arbeitsfähigkeit zu sichern.

Bundesrat im föderalen System

Rolle im Föderalismus und Bund-Länder-Kooperation

Der Bundesrat ist Ausdruck der Beteiligung der Länder an der Bundesstaatlichkeit. Er wirkt als Korrektiv und Koordinationsorgan: Länderinteressen werden frühzeitig eingebracht, bundesweite Regelungen werden mit Blick auf regionale Auswirkungen geprüft, und Konflikte zwischen Bund und Ländern werden institutionell bearbeitet, etwa über den Vermittlungsausschuss.

Unterschiede zu Bundestag und Bundesregierung

Der Bundesrat ist kein Parlament im Sinne einer direkt gewählten Volksvertretung. Anders als der Bundestag repräsentiert er nicht die Bevölkerung, sondern die Landesregierungen. Die Bundesregierung ist die Exekutive des Bundes; der Bundesrat hat hingegen eine Mitwirkungs- und Kontrollfunktion ohne eigenständige Regierungsgewalt auf Bundesebene.

Vergleichende Begriffsverwendung im deutschsprachigen Raum

Deutschland

In Deutschland bezeichnet Bundesrat das Verfassungsorgan der Ländervertretung auf Bundesebene mit Mitwirkung an Gesetzgebung, Verwaltung und EU-Angelegenheiten.

Österreich

In Österreich ist der Bundesrat die zweite Kammer des Parlaments. Er setzt sich aus Vertreterinnen und Vertretern der Länder (Landtage) zusammen und übt überwiegend ein aufschiebendes Mitwirkungsrecht an der Bundesgesetzgebung aus. Seine Stellung unterscheidet sich in Zusammensetzung, Kompetenzen und Verfahren von derjenigen in Deutschland.

Schweiz

In der Schweiz bezeichnet Bundesrat die Landesregierung, bestehend aus sieben Mitgliedern. Der Begriff steht dort nicht für eine Länderkammer, sondern für das oberste Exekutivorgan des Bundes.

Historische Entwicklung in Deutschland

Historisch geht die Idee einer Ländervertretung auf den Norddeutschen Bund und das Kaiserreich zurück, in denen der Bundesrat eine zentrale Rolle spielte. In der Weimarer Republik trat an seine Stelle der Reichsrat. Nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde der Bundesrat als Organ der föderalen Mitwirkung neu ausgestaltet. Heute hat er seinen Sitz in Berlin und ist fest in das Verfassungssystem eingebunden.

Rechtsstellung und Kontrolle

Rechtsstellung der Mitglieder

Die Mitglieder des Bundesrates handeln als Teil der jeweiligen Landesregierung. Sie sind nicht frei in der Mandatsausübung, sondern an die Beschlüsse ihres Landes gebunden. Immunitäts- und Indemnitätsregelungen richten sich nach den allgemeinen verfassungsrechtlichen Grundsätzen für Organträger und Amtsträger.

Konfliktlösung und Kontrolle

Konflikte zwischen Bund und Ländern oder zwischen den Verfassungsorganen können über verfassungsrechtliche Streitverfahren geklärt werden. Der Vermittlungsausschuss dient der politischen Einigung im Gesetzgebungsverfahren. Die öffentliche Kontrolle wird durch Transparenzanforderungen und die politische Verantwortung der Landesregierungen sichergestellt.

Häufig gestellte Fragen

Wer entsendet die Mitglieder in den Bundesrat und wie erfolgt die Bestellung?

Die Mitglieder werden von den Landesregierungen aus ihrem eigenen Kreis entsandt. Maßgeblich sind die jeweiligen landesrechtlichen Bestimmungen. Eine direkte Wahl durch die Bevölkerung findet nicht statt.

Wie viele Stimmen hat ein Land im Bundesrat und wie werden sie abgegeben?

Die Stimmenzahl richtet sich nach der Bevölkerungsgröße des Landes. Alle Stimmen eines Landes müssen einheitlich abgegeben werden. Die Stimmabgabe erfolgt durch anwesende Mitglieder der Landesregierung im Namen des Landes.

Worin unterscheidet sich der Bundesrat vom Bundestag?

Der Bundestag ist die direkt gewählte Volksvertretung des Bundes und beschließt Gesetze. Der Bundesrat repräsentiert die Landesregierungen und wirkt an der Gesetzgebung sowie Verwaltung des Bundes mit, ohne selbst ein vom Volk gewähltes Parlament zu sein.

Was geschieht, wenn der Bundesrat einem Gesetz nicht zustimmt?

Bei zustimmungsbedürftigen Gesetzen kommt das Gesetz ohne Zustimmung nicht zustande. Bei Einspruchsgesetzen kann der Bundesrat Einspruch erheben; der Bundestag kann diesen Einspruch unter bestimmten Voraussetzungen zurückweisen. Häufig wird zuvor der Vermittlungsausschuss angerufen, um Kompromisse zu erarbeiten.

Welche Rolle spielt der Bundesrat bei Rechtsverordnungen?

Bei Verordnungen mit wesentlicher Länderbetroffenheit ist die Zustimmung des Bundesrates erforderlich. Dadurch wird gewährleistet, dass die Länderinteressen bei der Ausgestaltung von Detailregeln berücksichtigt werden, insbesondere wenn die Länder die Vollzugskompetenz tragen.

Wie beteiligt sich der Bundesrat an EU-Angelegenheiten?

Der Bundesrat kann Stellungnahmen zu EU-Vorhaben abgeben und wirkt an der innerstaatlichen Willensbildung mit, besonders wenn Länderzuständigkeiten berührt sind. Er kann zudem Bedenken im Rahmen der Subsidiaritätskontrolle äußern.

Wer führt den Vorsitz im Bundesrat und welche Aufgaben sind damit verbunden?

Der Vorsitz wechselt jährlich zwischen den Ländern. Die oder der Vorsitzende leitet die Sitzungen, repräsentiert den Bundesrat und übernimmt im Vertretungsfall bestimmte protokollarische Aufgaben auf Bundesebene.