Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Gesundheitsrecht»Bundesinstitut für Risikobewertung

Bundesinstitut für Risikobewertung


Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) – rechtliche Einordnung, Struktur und Aufgaben

Rechtsgrundlage und Errichtung

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ist eine Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Die Errichtung und Aufgabenübertragung erfolgte am 1. November 2002 auf der Grundlage des § 2 Abs. 1 des Gesetzes über das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfRG), veröffentlicht im Bundesgesetzblatt. Das Gesetz zur Neuordnung der gesundheitlichen Bewertung von Lebens- und Futtermitteln, das die Errichtung regelte, strukturierte die Risikoanalyse im Bereich des gesundheitlichen Verbraucherschutzes neu, insbesondere durch die Trennung von Risikobewertung und Risikomanagement gemäß internationalen Vorgaben (Codex Alimentarius).

Gesetzliche Grundlagen und Geltungsbereich

Die maßgeblichen gesetzlichen Grundlagen für das BfR sind insbesondere:

  • Gesetz über das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfRG)
  • Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB)
  • Arzneimittelgesetz (AMG)
  • Chemikaliengesetz (ChemG)
  • Produktsicherheitsgesetz (ProdSG)
  • Ergänzende unionsrechtliche Vorgaben, wie die Verordnung (EG) Nr. 178/2002 (General Food Law) und sektorspezifische Verordnungen

Rechtlicher Auftrag und Aufgabenprofil

Das BfR nimmt als unabhängig arbeitende wissenschaftliche Einrichtung zentrale Aufgaben im gesundheitlichen Verbraucherschutz wahr. Zu den wesentlichen Aufgabenbereichen zählen laut § 2 BfRG:

  • Bewertung von Risiken im Zusammenhang mit Lebensmitteln, Futtermitteln, Produkten sowie Chemikalien und biologischen Stoffen
  • Beratung von staatlichen Stellen (Bundesministerien, Länder, EU-Institutionen)
  • Information der Öffentlichkeit über gesundheitliche Risiken und entsprechende Forschungserkenntnisse
  • Forschung, Entwicklung und Normsetzung im Bereich der Risikoabschätzung, einschließlich der Entwicklung von Bewertungsverfahren und Konzepten zur Risikoanalyse

Unabhängigkeit der Risikobewertung

Ein zentrales Element des BfR ist die Unabhängigkeit der Risikobewertung. Gemäß § 2 Abs. 3 BfRG ist das BfR bei der wissenschaftlichen Risikobewertung weisungsunabhängig, insbesondere im Hinblick auf die Auswertung und Veröffentlichung der Ergebnisse. Das BfR ist damit strikt von risikomanagenden Behörden (z. B. Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit – BVL) abzugrenzen, die für die Umsetzung und Verwaltung zuständig sind.

Organisatorischer Aufbau und Rechtsstellung

Das BfR ist als nicht rechtsfähige Anstalt öffentlichen Rechts ausgestaltet (§ 1 Abs. 1 BfRG) und untersteht der Fachaufsicht des BMEL. Die innere Struktur gliedert sich in verschiedene Fachabteilungen, wissenschaftliche Kommissionen und rechtlich vorgesehene Gremien, unter anderem:

  • Präsidium, bestehend aus dem Präsidenten, ggf. Vizepräsidenten und weiteren Leitungspositionen, verantwortlich für die Geschäftsleitung und Vertretung
  • Wissenschaftliche Kommissionen (gemäß § 3 BfRG), besetzt mit unabhängigen Fachleuten zur Beratung in spezifischen Fragen
  • Verwaltungsgremien und interne Ausschüsse, die die Einhaltung gesetzlicher Pflichten und Governance-Standards sicherstellen

Die Aufgabenerfüllung erfolgt im Rahmen der Haushalts- und Personalhoheit des Bundes unter Beachtung haushaltsrechtlicher, datenschutzrechtlicher und verwaltungsverfahrensrechtlicher Bestimmungen.

Rechtsbeziehungen und Schnittstellen zu anderen Behörden

Zusammenarbeit auf nationaler Ebene

Das BfR steht in rechtlich geregelten Kooperationsbeziehungen zu weiteren Bundes- und Landesbehörden, insbesondere zum Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), dem Umweltbundesamt (UBA) sowie Fachbehörden der Bundesländer. Die Zusammenarbeit ist durch gesetzliche Vorgaben und Verwaltungsvereinbarungen geregelt (§ 4 BfRG), um ein effektives Risikomanagement im gesundheitlichen Verbraucherschutz zu gewährleisten.

Internationale Rechtsbezüge

Das BfR ist in diverse internationale Gremien und Arbeitsgruppen eingebunden, zum Beispiel:

  • Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA)
  • Weltgesundheitsorganisation (WHO)
  • Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD)

Die Mitwirkung erfolgt gemäß internationalen Abkommen und unter Berücksichtigung unionsrechtlicher Verpflichtungen Deutschlands.

Pflichten, Rechte und Haftungsfragen

Veröffentlichungs- und Transparenzpflichten

Gemäß § 5 BfRG ist das BfR verpflichtet, seine Bewertungen, Empfehlungen und wissenschaftlichen Ergebnisse in angemessener Weise zu veröffentlichen. Eine Veröffentlichung kann eingeschränkt werden, falls gesetzliche Geheimhaltungspflichten – beispielsweise Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse – oder Datenschutzinteressen Dritter dem entgegenstehen.

Datenschutz und Informationszugang

Das BfR unterliegt den datenschutzrechtlichen Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG). Die Rechte auf Zugang zu amtlichen Informationen richten sich nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG), wobei Ausnahmetatbestände (z. B. Schutz geistigen Eigentums oder personenbezogener Daten) zu beachten sind.

Haftung und Rechtsmittel

Für Amtshandlungen des BfR gelten die allgemeinen Grundsätze der Staatshaftung nach Maßgabe des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) und des Grundgesetzes (GG). Bei behaupteten Rechtsverletzungen stehen Verwaltungsrechtswege offen, insbesondere zur Überprüfung von Bewertungsentscheidungen mit Außenwirkung gegenüber Dritten (§ 40, § 42 VwGO).

Ausblick und Bedeutung für den gesundheitlichen Verbraucherschutz

Das BfR hat eine zentrale steuernde und koordinierende Funktion im System des gesundheitlichen Verbraucherschutzes und Lebensmittelsicherheit auf Bundesebene. Die institutionalisierte Unabhängigkeit sowie die umfangreichen gesetzlichen Schutzmechanismen dienen der objektiven, wissenschaftsbasierten Risikobewertung und stärken das Vertrauen der Bevölkerung in die staatlichen Mechanismen zur Gefahrenabwehr und Prävention.


Literaturverweise und Weblinks

  • Gesetz über das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfRG)
  • Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft: www.bmel.de
  • Bundesinstitut für Risikobewertung: www.bfr.bund.de
  • Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB)

Dieser Artikel enthält eine umfassende und rechtlich fundierte Übersicht über die Errichtung, Aufgaben und rechtlichen Besonderheiten des Bundesinstituts für Risikobewertung.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Grundlagen regeln die Arbeit des Bundesinstituts für Risikobewertung?

Die Arbeit des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) wird im Wesentlichen durch das Gesetz über die Errichtung eines Bundesinstituts für Risikobewertung (BfRG) vom 6. November 2002 geregelt. Dieses Bundesgesetz definiert Ziele, Aufgaben, Organisation und Finanzierung des Instituts. Ferner ist das BfR Teil der Bundesverwaltung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), was weitere verwaltungsrechtliche Vorschriften mit sich bringt. Zusätzlich unterliegt das BfR insbesondere europäischen Verordnungen wie der Lebensmittelbasisverordnung (VO (EG) Nr. 178/2002), die die Unabhängigkeit wissenschaftlicher Risikobewertung im Lebensmittelrecht vorschreibt. Nationale Verordnungen, wie die Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB), sowie sektorspezifische Regelungen (z. B. im Chemikalienrecht oder Produktsicherheitsrecht) wirken ebenfalls unmittelbar auf die tägliche Arbeit und Berichterstattung des BfR ein. Das BfR muss bei seiner Tätigkeit die Vorgaben zur Amtshilfe, Amtsermittlung und zur Transparenz der Verwaltung berücksichtigen, wie sie u.a. im Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) niedergelegt sind.

Welche rechtlichen Vorgaben bestehen hinsichtlich der Unabhängigkeit des BfR?

Die Unabhängigkeit des Bundesinstituts für Risikobewertung ist durch verschiedene rechtliche Bestimmungen garantiert. Besonders die EU-Verordnung (EG) Nr. 178/2002 verlangt unabhängige wissenschaftliche Gutachten zu gesundheitlichen Risiken, wodurch eine direkte Einflussnahme politischer oder wirtschaftlicher Akteure verhindert werden soll. Gemäß § 2 des BfRG ist das BfR nicht weisungsgebunden bei der Durchführung seiner fachlichen Beurteilungen. Personelle und finanzielle Unabhängigkeit werden ebenfalls durch das Errichtungsgesetz (BfRG) und das Haushaltsrecht gewährleistet: Die Leitung des BfR wird auf Vorschlag des BMEL ernannt, ist jedoch in der Gutachtenerstattung unabhängig. Darüber hinaus ist die Unabhängigkeit auch durch Compliance-Regelungen, wie etwa den Umgang mit Interessenkonflikten bei Gutachtern, rechtlich normiert und durch die Geschäftsordnung präzisiert.

In welcher Weise ist die Beteiligung des BfR an Gesetzgebungsverfahren rechtlich geregelt?

Das BfR wird gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 BfRG in Gesetzgebungsverfahren beratend hinzugezogen, sofern es um Fragen der Lebensmittelsicherheit und des Verbraucherschutzes geht. Es erstattet wissenschaftliche Gutachten und Stellungnahmen, die als Entscheidungsgrundlage für Gesetzgeber und Verordnungsgeber dienen. Die Beteiligung geschieht im Rahmen der interministeriellen Anhörung oder auf Anforderung aus dem Parlament. Formal erfolgt die Zuarbeit auf schriftliche Anfrage, meistens durch das BMEL oder andere beteiligte Bundesbehörden. Das BfR kann zudem durch seine Aufgabe zur Veröffentlichung von Gutachten und Stellungnahmen indirekt auf den Gesetzgebungsprozess Einfluss nehmen, indem es Forschungsergebnisse und Risikobewertungen öffentlich macht und damit für den Gesetzgeber zugänglich macht. Rechtlich ist dadurch Transparenz und Nachvollziehbarkeit gesetzgeberischer Entscheidungen gestützt.

Welche datenschutzrechtlichen Anforderungen hat das BfR zu erfüllen?

Als Bundesoberbehörde ist das BfR an die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) gebunden. Besonders relevant sind hierbei die Vorschriften zum Umgang mit personenbezogenen Daten von Beteiligten, Probanden und wissenschaftlichen Partnern. Forschungsvorhaben unterliegen dem Grundsatz der Datenminimierung und Zweckbindung; personenbezogene Daten dürfen nur verarbeitet werden, sofern dies zur Aufgabenerfüllung zwingend erforderlich ist. Für epidemiologische Studien und Risikoanalysen greift zudem das Prinzip der Pseudonymisierung oder Anonymisierung, um die Betroffenenrechte zu wahren. Datenschutz-Folgenabschätzungen und die Bestellung eines behördlichen Datenschutzbeauftragten sind gesetzlich vorgesehen und interne Verfahrensanweisungen verpflichten zur Einhaltung dieser Standards. Bei internationalen Kooperationen, insbesondere mit Drittstaaten, müssen zudem die maßgeblichen Übermittlungsregeln der DSGVO eingehalten werden.

Welche rechtlichen Verpflichtungen bestehen zur Veröffentlichung der Ergebnisse der Risikobewertung des BfR?

Das BfR ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 BfRG verpflichtet, die Öffentlichkeit, Behörden und andere interessierte Kreise schnell und umfassend über Ergebnisse wissenschaftlicher Bewertungen, wissenschaftlich-technischer Verfahren und sonstiger Tätigkeiten zu unterrichten. Dies ist auch in Artikel 10 der EU-Verordnung (EG) Nr. 178/2002 verankert, wonach transparente Kommunikation ein zentrales Element der Risikobewertung bildet. Das BfR veröffentlicht wissenschaftliche Gutachten, Empfehlungen und Warnungen regelmäßig auf seiner Website und in wissenschaftlichen Zeitschriften. Einschränkungen können sich aus dem Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nach dem Informationsfreiheitsrecht (IFG), dem Urheberrecht oder dem Datenschutz ergeben. Dennoch gilt ein Grundsatz der möglichst weitreichenden Transparenz, insbesondere dann, wenn öffentliche Gesundheit und Sicherheit betroffen sind.

In welchem Verhältnis steht das BfR zu anderen Behörden aus juristischer Sicht?

Juristisch gesehen ist das BfR eine selbstständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des BMEL, ohne eigene Rechtspersönlichkeit, aber mit besonderen Aufgaben der Risikobewertung. Es kooperiert mit anderen Behörden wie dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), den Landesbehörden und europäischen Institutionen (z.B. der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit – EFSA). Während das BfR für die wissenschaftliche Bewertung zuständig ist, obliegt die Risikomanagemententscheidung anderen Stellen, etwa den Ministerien. Das Verhältnis ist häufig durch verwaltungsrechtliche Kooperationspflichten (§§ 4, 8 VwVfG), durch ressortübergreifende Arbeitsgruppen und durch konkretisierende Kooperationsvereinbarungen geregelt. Die Trennung von Risikobewertung (BfR) und Risikomanagement (Ministerien, Vollzugsbehörden) ist rechtlich verpflichtend, um Objektivität und Unabhängigkeit zu gewährleisten.

Welche rechtlichen Rahmenbedingungen gelten bei internationalen Kooperationen des BfR?

Bei internationalen Kooperationen unterliegt das BfR einer Vielzahl von Rechtsgrundlagen, darunter europäische Regelungen, bilaterale Abkommen und völkerrechtliche Verträge. Besonders relevant ist die Einbindung in die Tätigkeiten der EFSA, bei denen die Vorgaben der EU-Verordnungen zu Lebensmittelsicherheit und Forschungsaustausch gelten. Internationale Kooperationsprojekte müssen nach den Grundsätzen der Bundeshaushaltsordnung und des Haushaltsrechts genehmigt werden. Bei Forschungsvorhaben mit Partnern aus Drittstaaten prüft das BfR die Einhaltung datenschutzrechtlicher Vorgaben (wie der DSGVO) sowie exportkontrollrechtlicher Beschränkungen. Für administrative Zusammenarbeit bestehen unter Umständen staatsvertragliche Absicherungen – etwa im Rahmen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) oder der FAO -, die Beschränkungen und Aufgaben im Bereich der Hoheitsrechte oder Immunitäten vorgeben.