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Bundesamt für Soziale Sicherung


Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS)

Das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) ist eine obere Bundesbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit mit Sitz in Bonn, die zentrale Aufgaben im Bereich der sozialen Sicherung in der Bundesrepublik Deutschland wahrnimmt. Das BAS ist ein bedeutsames Organ des Verwaltungsrechts und erfüllt eine Vielzahl an regulatorischen sowie aufsichtsrechtlichen Funktionen im System der Sozialversicherung. Seine rechtlichen Grundlagen, Kompetenzen und Aufgaben sind detailliert im deutschen Sozialrecht geregelt.


Rechtliche Grundlagen des Bundesamts für Soziale Sicherung

Gesetzliche Verankerung

Das Bundesamt für Soziale Sicherung ist auf Grundlage von § 94 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) sowie durch spezialgesetzliche Regelungen, insbesondere im Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV), institutionell verankert. Seine Rechtsstellung, Zuständigkeiten und Aufgaben werden außerdem durch das Gesetz zur Errichtung eines Bundesamts für Soziale Sicherung (BASG) detailliert geregelt.

Dienst- und Fachaufsicht

Das BAS untersteht der Aufsicht des Bundesministeriums für Gesundheit. Als obere Bundesbehörde besitzt es eine koordinierende und überwachende Rolle, insbesondere in Bezug auf nationale und länderübergreifende Sozialversicherungsträger.


Aufgaben und Zuständigkeiten

Aufsicht über Sozialversicherungsträger

Eine der zentralen Aufgaben des Bundesamtes ist die Rechtsaufsicht einschließlich Haushaltsaufsicht über die bundesunmittelbaren Sozialversicherungsträger. Hierzu zählen insbesondere die:

  • gesetzlichen Krankenkassen (GKV, soweit bundesunmittelbar)
  • Träger der Deutschen Rentenversicherung (bundesunmittelbar)
  • Pflegekassen
  • Unfallversicherungsträger (einschließlich der landwirtschaftlichen Sozialversicherung, sofern bundesunmittelbar)

Das BAS überprüft die Rechtmäßigkeit der Tätigkeit dieser Träger, achtet auf die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften, prüft Wirtschaftlichkeit und ordnungsgemäße Haushaltsführung sowie die Umsetzung politisch-administrativer Vorgaben.

Verwaltungsrechtliche Funktion

Im Rahmen seiner Aufgaben kommt dem BAS insbesondere eine administrative Aufsichtsfunktion nach dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG) zu. Das Amt erteilt zu bestimmten Angelegenheiten Verwaltungsanweisungen, kann aufsichtsrechtliche Maßnahmen verfügen (z. B. Beanstandungen, Weisungen), informiert das zuständige Bundesministerium über besonders bedeutsame Sachverhalte und kann im Rahmen der Haushaltsaufsicht über die Verwendung von Finanzmitteln wachen.

Besondere Aufgabenfelder

Unter die Sonderaufgaben des BAS fallen beispielsweise die Verwaltung und Steuerung von Ausgleichsfonds, wie des Gesundheitsfonds der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 271 SGB V), des Strukturfonds für die gesetzlichen Krankenkassen und des Vorsorgefonds der Sozialen Pflegeversicherung. Darüber hinaus koordiniert das BAS Aufgaben im Rahmen des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs (Morbi-RSA).

Durchführung von Schiedsverfahren

Das BAS ist nach § 94 Abs. 3 SGB IV zudem berufen, Schiedsverfahren im Geltungsbereich des Sozialrechts zwischen Sozialversicherungsträgern sowie zwischen Trägern und Leistungserbringern durchzuführen. Hierdurch hat das Amt eine bedeutende Rolle als neutraler Vermittler in sozialrechtlichen Konflikten.

Internationale Aufgaben und Zusammenarbeit

Das BAS ist Ansprechpartner für grenzüberschreitende und internationale Angelegenheiten im Bereich der sozialen Sicherung. Es wirkt bei der Umsetzung und Überwachung von europa- und völkerrechtlichen Vereinbarungen zur Sozialversicherung mit und arbeitet eng mit Institutionen wie der Europäischen Kommission, dem Bundesministerium für Gesundheit und weiteren nationalen sowie internationalen Behörden zusammen.


Organisation und Aufbau der Behörde

Leitungsstruktur

Der Präsident bzw. die Präsidentin des Bundesamtes für Soziale Sicherung steht an der Spitze der Behörde. Die Aufgaben werden durch mehrere Abteilungen mit jeweiligen Fachreferaten erfüllt, die für bestimmte Zweige der Sozialversicherung zuständig sind. Das BAS gliedert sich organisatorisch in Referate und Dezernate, die die operativen und administrativen Aufgaben wahrnehmen.

Beschäftigtenstruktur und Standort

Das BAS beschäftigt Dienstkräfte unterschiedlicher Laufbahnen, insbesondere im gehobenen und höheren Verwaltungsdienst. Der Hauptsitz ist Bonn; weitere Standorte bestehen im Bundesgebiet nicht.


Rechtliche Kontroll- und Überprüfungsmöglichkeiten

Rechtsaufsichtliche Instrumente

Zu den wichtigsten rechtlichen Instrumenten des BAS gehören die Beanstandung von rechtswidrigen Beschlüssen, die Weisungserlassung zur Rechts- und Zweckmäßigkeit und im Falle schwerwiegender Verstöße die Einsetzung eines Beauftragten zur Wahrnehmung der Aufgaben eines Strägers für die Dauer der Mängelbeseitigung. Die Handlungsgrundlagen ergeben sich überwiegend aus dem SGB IV und aus spezialgesetzlichen Regelungen für einzelne Zweige der Sozialversicherung.

Rechtsmittel und Rechtsschutz

Die Entscheidungen und Maßnahmen des Bundesamtes für Soziale Sicherung sind der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterworfen. Sozialversicherungsträger können gegen aufsichtsrechtliche Maßnahmen des BAS den Verwaltungsrechtsweg beschreiten. Die Zuständigkeit liegt bei den Sozialgerichten.


Geschichte und Entwicklung

Historische Entwicklung

Das Bundesamt für Soziale Sicherung wurde am 1. Januar 2020 als Nachfolgeeinrichtung des Bundesversicherungsamts (BVA) errichtet. Die Rechtsgrundlage bildet das Gesetz zur Errichtung des Bundesamts für Soziale Sicherung vom 8. November 2019. Ziel dieser organisatorischen und strukturellen Reform war die Stärkung und Modernisierung der Aufsichts- und Steuerungsinstrumente im Bereich der Sozialversicherung.


Bedeutung des Bundesamts für Soziale Sicherung im deutschen Sozialrecht

Das BAS nimmt eine Schlüsselstellung im System der sozialen Sicherung in Deutschland ein. Die rechtsstaatliche Kontrolle, Steuerung und Überwachung der bundesunmittelbaren Sozialversicherungsträger gewährleistet Rechtssicherheit und Transparenz im Sozialrechtsverkehr. Durch seine vielfältigen Aufgaben trägt das BAS zur finanziellen Stabilität, ordnungsgemäßen Führung und Weiterentwicklung der gesetzlichen Sozialversicherung bei und sichert die Umsetzung des sozialstaatlichen Auftrags gemäß Artikel 20 und Artikel 28 Grundgesetz.


Einzelnachweise

  1. Gesetz zur Errichtung eines Bundesamts für Soziale Sicherung (BASG)
  2. Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I), § 94
  3. Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV)
  4. Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V)
  5. Gesetz über die soziale Pflegeversicherung (SGB XI)
  6. Webseite des Bundesamts für Soziale Sicherung: www.bundesamtsozialesicherung.de

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Aufgaben nimmt das Bundesamt für Soziale Sicherung wahr?

Das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) fungiert als wichtige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit und erfüllt zentrale Aufgaben der Rechtsaufsicht und insbesondere der Durchführung und Kontrolle der gesetzlichen Sozialversicherungsträger auf Bundesebene. Zu den rechtlichen Aufgaben zählen unter anderem die Überwachung der Einhaltung bundesgesetzlicher Vorschriften durch die Sozialversicherungsträger (z. B. gesetzliche Kranken-, Pflege-, Unfall- und Rentenversicherungsträger), die Genehmigung von Satzungen, wichtigen Beschlüssen und anderen Verwaltungsakten der Versicherungsträger sowie die Prüfung von deren Wirtschaftlichkeit und Rechtmäßigkeit. Darüber hinaus ist das BAS zuständig für die Durchführung von Verwaltungsverfahren nach dem Sozialgesetzbuch, unter anderem nach SGB IV, V und VI, einschließlich etwaiger Anhörungen, Widerspruchsverfahren und Aufsichtsmaßnahmen wie Weisungen oder Beanstandungen. Das Amt ergreift erforderlichenfalls aufsichtsrechtliche Maßnahmen, bis hin zur Bestellung eines Beauftragten, und kann im Falle von Rechtsverstößen auch Sanktionen verhängen. Ferner ist das BAS Adressat von Meldungen über Compliance-Verstöße aus den Sozialversicherungsträgern und führt bei Systemrelevanz eigenständige Rechtsprüfungen oder Ermittlungen durch; im Rahmen von Insolvenzverfahren schützt es die Belange der gesetzlichen Sozialversicherung.

Welches Rechtsmittel steht den Sozialversicherungsträgern gegen Entscheidungen des Bundesamtes für Soziale Sicherung zu?

Gegen Verwaltungsakte des BAS, insbesondere aufsichtsrechtliche Maßnahmen, können sich die betroffenen Sozialversicherungsträger mit den im Verwaltungsverfahrensrecht vorgesehenen Rechtsmitteln zur Wehr setzen. Zunächst ist im Regelfall das Widerspruchsverfahren gemäß Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zu durchlaufen, sofern das Gesetz dies nicht ausdrücklich ausschließt oder ein besonderes Verfahren vorsieht. Der Widerspruch ist beim BAS selbst einzulegen, welches dann eine eigenständige Überprüfung vornimmt. Führt auch der Widerspruch nicht zur Abhilfe, steht grundsätzlich die Klage zum zuständigen Sozialgericht nach § 51 SGG (Sozialgerichtsgesetz) offen. Hierbei handelt es sich meist um Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen gegen Maßnahmen oder Unterlassungen des BAS. In bestimmten Fällen, wie etwa bei der Genehmigung von Satzungen, kommen unmittelbare Klagen in Betracht. Die Entscheidungen des Sozialgerichts können mit Berufung und Revision zu höheren Instanzen angefochten werden. Die Einhaltung von Fristen und Formerfordernissen im jeweiligen Verfahren ist zwingend.

Welche Rolle spielt das Bundesamt für Soziale Sicherung bei der Genehmigung von Satzungen der Sozialversicherungsträger?

Satzungen der Sozialversicherungsträger entfalten ausschließlich dann ihre Rechtswirksamkeit, wenn sie vom BAS genehmigt werden; dies beruht auf den Bestimmungen insbesondere im SGB IV, SGB V, SGB VI und SGB VII. Das BAS prüft bei der Genehmigungspflicht die Vereinbarkeit der Satzungsbestimmungen mit dem geltenden Bundesrecht, insbesondere hinsichtlich ihrer Rechtmäßigkeit, Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit, sowie die Wahrung von Verfahrensvorschriften und ggf. auch die Einhaltung von Vorgaben zur Wirtschaftlichkeit und Transparenz. Bei Feststellung von Rechts- oder Formmängeln ist das BAS berechtigt und verpflichtet, die Genehmigung zu versagen oder Auflagen zu erteilen, um eine rechtskonforme Umsetzung sicherzustellen. Die Genehmigung stellt einen Verwaltungsakt dar, gegen den ebenfalls – wie zuvor erläutert – Rechtsmittel möglich sind.

In welchen Konstellationen übernimmt das Bundesamt für Soziale Sicherung eine Aufsichtsfunktion gegenüber Dritten?

Die Aufsicht des BAS erstreckt sich grundsätzlich auf die Träger der gesetzlichen Sozialversicherung auf Bundesebene, also unter anderem die bundesunmittelbaren Krankenkassen, Renten- und Unfallversicherungsträger sowie die kassenärztlichen und kassenzahnärztlichen Bundesvereinigungen. Die aufsichtsrechtliche Kontrolle betrifft die Einhaltung der Sozialgesetzbücher, der zugehörigen Rechtsverordnungen und sonstigen bundesrechtlichen Vorschriften. Das BAS ist befugt, anlassbezogene Prüfungen durchzuführen, aber auch auf Meldungen oder Beschwerden Dritter (z. B. Versicherte, Arbeitgeber, Leistungserbringer) einzugehen und Sachverhalte zu untersuchen, sofern dazu eine rechtliche Grundlage besteht. Zudem kann das Amt im Interesse der Funktionsfähigkeit der sozialen Sicherung auch bei besonderen Ereignissen oder in Krisensituationen handeln, etwa bei Fusionen, Sanierungen oder Liquidationen von Sozialversicherungsträgern.

Welche rechtlichen Auswirkungen hat das Handeln des Bundesamtes für Soziale Sicherung auf die Beitragszahler und Versicherten?

Das BAS agiert grundsätzlich nicht als unmittelbare Verwaltungsstelle für die Versicherten und Beitragszahler, sondern als Aufsichtsbehörde über die Träger der sozialen Sicherung. Indirekte rechtliche Wirkung entfalten seine Entscheidungen und Maßnahmen jedoch dadurch, dass sie die Rahmenbedingungen für die Aufgabenwahrnehmung der Versicherungsträger mitbestimmen. Beispielsweise wirken die durch das BAS genehmigten Satzungen, Haushaltspläne oder Leistungsvorgaben mittelbar auf das Leistungsangebot, die Beitragserhebung oder die Verwaltungskosten der Träger und können so Auswirkungen auf die rechtliche und wirtschaftliche Situation der Versicherten und Arbeitgeber haben. Auch Beanstandungen oder aufsichtsbehördliche Weisungen, die das BAS gegenüber den Trägern erlässt, können zu Änderungen in der Verwaltungspraxis führen, etwa bezüglich Leistungsgewährung, Beitragsbemessung oder Regressverfahren.

Welche gesetzlichen Grundlagen regeln die Arbeit des Bundesamtes für Soziale Sicherung im Detail?

Die rechtliche Grundlage für die Arbeit des BAS bilden im Wesentlichen die Vorschriften des Sozialgesetzbuches, insbesondere SGB IV, SGB V, SGB VI, SGB VII und SGB XI sowie spezialisierte Aufsichtsnormen dieser Bücher (§§ 87 ff. SGB IV, § 94 SGB V, §§ 61, 62 SGB VII, § 68a SGB IX). Weitere gesetzliche Grundlagen finden sich in Einzelgesetzen der sozialen Sicherung (z. B. im Gesetz über das BAS selbst, Fünftes SGB-Änderungsgesetz), in Verordnungen und Verwaltungsvorschriften. Maßgeblich sind darüber hinaus das Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), das Verwaltungszustellungsgesetz (VwZG), die Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) sowie das Sozialgerichtsgesetz (SGG), die das Organisations-, Prozess- und Verfahrensrecht vorgeben. Fachspezifisch einschlägige Bestimmungen, etwa zur Haushalts- und Wirtschaftsführung sowie Compliance, sind ebenfalls einschlägig.

In welchem Umfang kann das Bundesamt für Soziale Sicherung Sanktionen verhängen?

Das BAS hat vielfältige rechtliche Instrumente, um die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben durch die Sozialversicherungsträger sicherzustellen. Hierzu gehören insbesondere Beanstandungen rechtswidriger Handlungen oder Unterlassungen, die Erteilung von Weisungen zur Herstellung rechtmäßiger Zustände, die vorübergehende oder dauerhafte Untersagung einzelner Maßnahmen sowie die Bestellung eines Sonderbeauftragten zur Geschäftsführung. Ferner kann es im Rahmen seiner Zuständigkeit auch finanzielle Mittel zurückbehalten oder die Auszahlung beeinflussen. Bei gravierenden Pflichtverletzungen kann das BAS zudem die Einleitung von Disziplinarverfahren oder – als ultima ratio – ein Auflösungsverfahren gemäß gesetzlicher Vorgaben anregen bzw. durchführen. Alle diese Maßnahmen unterliegen strengen verfahrensrechtlichen Voraussetzungen und gerichtlicher Kontrolle.