Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) – Rechtliche Grundlagen, Zuständigkeiten und Aufgaben
Rechtlicher Status und Rechtsgrundlagen
Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) ist eine deutsche Bundesoberbehörde mit Sitz in Hamburg und Rostock. Seine Errichtung erfolgt auf Basis von § 1 des Gesetzes über das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSHG). Das BSH untersteht dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV). Es handelt sich um eine dem Ressortprinzip folgende, eigenständige Behörde, der besondere hoheitliche Aufgaben im Bereich der Seeschifffahrt und der Meereskunde bzw. Hydrographie zugewiesen sind.
Die maßgeblichen Rechtsgrundlagen für die Tätigkeit des BSH sind vor allem:
- Gesetz über das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSHG)
- Seeschifffahrtsstraßen-Ordnung (SeeSchStrO)
- Seeaufgabengesetz (SeeAufgG)
- Schiffsicherheitsgesetz (SchSG)
- Seemannsgesetz (SeeArbG)
- Umweltrechtliche Vorschriften, darunter das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) und das Wasserhaushaltsgesetz (WHG)
- Internationale Abkommen und EU-Recht
Aufgaben und Zuständigkeiten des BSH
Das BSH nimmt eine Vielzahl von gesetzlichen Aufgaben wahr, die sowohl nationale als auch internationale Bedeutung besitzen. Seine Hauptbereiche gliedern sich wie folgt:
Seeschifffahrt
Zu den gesetzlich bestimmten Aufgaben im Bereich der Seeschifffahrt zählen insbesondere:
- Sicherheit und Ordnungsfunktionen: Festlegung und Überwachung von Fahrwasser- und Schifffahrtswegen, Erteilung von Schifffahrtsgenehmigungen gemäß SeeSchStrO
- Schiffszulassung und -register: Führung des Schiffsregisters auf Grundlage von § 6 BSHG, Erfassung und Dokumentation von Seeschiffen unter deutscher Flagge
- Schiffssicherheitsprüfungen: Durchführung von Bau-, Ausrüstungs- und Sicherheitsüberprüfungen an Seeschiffen gemäß SchSG
- Zertifizierung der Besatzung: Ausstellung und Kontrolle von Befähigungsnachweisen und Seefahrtsbüchern nach den Vorgaben des SeeArbG
Meeresumweltschutz und hydrographische Aufgaben
Das BSH erfüllt bedeutende umweltrechtliche Funktionen, darunter:
- Genehmigung von Offshore-Anlagen: Prüfung und Erteilung von Genehmigungen für die Errichtung und den Betrieb von Offshore-Windparks und anderen Infrastrukturvorhaben in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) auf Grundlage des Seeaufgabengesetzes (§§ 2 ff. SeeAufgG) und des BSHG
- Umweltüberwachung und -berichterstattung: Durchführung hydrographischer Messungen, Überwachung von Meeresumweltzuständen, Berichterstattung gemäß Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL, RL 2008/56/EG) der EU
- Nationale und internationale Zusammenarbeit: Erfüllung der Berichtspflichten Deutschlands gegenüber internationalen Organisationen (zuverlässige Umsetzung völkervertraglicher Verpflichtungen, u. a. MARPOL, OSPAR)
Nautische Aufgaben und Gefahrenabwehr
Das BSH ist verantwortlich für:
- Kartografie und Veröffentlichung von Seekarten: Herstellung und Herausgabe offiziell anerkannter See-, Spezial- und Kartenmaterialien, die für die Navigation gesetzlich vorgeschrieben sind (vgl. § 3 Abs. 2 BSHG)
- Warn- und Informationsdienste: Betrieb von Wetter- und Sturmwarndiensten für die Schifffahrt, Koordination mit anderen Bundesbehörden für den Schutz von Leben und Eigentum auf See
- Veröffentlichung nautischer Informationen: Herausgabe nautischer Veröffentlichungen, Nachrichten für Seefahrer (NfS) und amtlicher Erlasse
Aufbau und Organisation
Das BSH gliedert sich in verschiedene Fachbereiche, die Aufgaben nach funktionalen und thematischen Gesichtspunkten wahrnehmen. Es untersteht der Aufsicht des BMDV und handelt gemäß § 7 BSHG weisungsabhängig innerhalb seines gesetzlichen Aufgabenspektrums. Im Rahmen seiner hoheitlichen Befugnisse erlassen die zuständigen Sachbereiche Verwaltungsakte und verfügen über Befugnisse zur Gefahrenabwehr in den ihnen zugewiesenen Aufgabenfeldern.
Rechtliche Stellung im nationalen und internationalen Kontext
Nationale Bedeutung
Das BSH ist maßgebliche Behörde für eine Vielzahl von Rechtsfragen an den Bundesküsten und auf See, vor allem in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ), dem Eigentum des Bundes (vgl. Art. 87c GG). Es nimmt Bundesaufgaben mit unmittelbar hoheitlicher Wirkung wahr und besitzt eigenständige Einwirkungsmöglichkeiten auf maritime Entwicklungen (präventiv und reaktiv), unter anderem beim Umweltschutz, der Schiffsicherheit und dem Küstenschutz.
Rolle im europäischen und internationalen Seevölkerrecht
Die Tätigkeit des BSH ist eingebettet in umfangreiche völkerrechtliche Verpflichtungen. Besonders hervorzuheben sind:
- Verpflichtungen aus dem Internationalen Seerecht (u. a. Übereinkommen der Vereinten Nationen über das Seerecht, UNCLOS)
- Einhaltung technischer und umweltrechtlicher Vorschriften aus EU-Verordnungen und -Richtlinien (z. B. Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie)
- Mitarbeit in internationalen Organisationen wie der International Maritime Organization (IMO), Internationale Hydrographische Organisation (IHO) und anderen
Das BSH ist bei internationalen technischen Standards und der Umsetzung von Umwelt- und Sicherheitsbestimmungen für die deutschen Meeresgewässer, die deutsche Handelsflotte und die Infrastruktur im maritimen Raum federführend.
Rechtsmittel und Aufsicht
Rechtsakte des BSH unterliegen der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle. Für Widersprüche und Klagen gegen Entscheidungen des BSH gelten die Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) sowie die Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Fachaufsicht führt das Bundesministerium für Digitales und Verkehr, die Rechtsaufsicht bei bestimmten Aufgaben zum Teil andere Ministerien, beispielsweise das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz bei umweltrechtlichen Verfahren.
Zusammenfassung
Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) ist die zentrale deutsche Bundesoberbehörde für alle Fragen der Seeschifffahrt, des Meeresumweltschutzes sowie der hydrographischen und nautischen Dienste. Seine Aufgaben beruhen auf umfangreichen gesetzlichen Regelungen, nehmen Bezug auf völkerrechtliche, europarechtliche und nationale Vorgaben und sichern die Einhaltung und Umsetzung wesentlicher rechtlicher Standards im maritimen Raum der Bundesrepublik Deutschland. Das Amt arbeitet eng mit anderen nationalen und internationalen Institutionen zusammen und gewährleistet die rechtskonforme Wahrnehmung der deutschen Interessen auf See.
Häufig gestellte Fragen
Wann ist das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) verpflichtet, Verwaltungsakte zu erlassen, und auf welcher Rechtsgrundlage geschieht dies?
Das BSH ist insbesondere dann verpflichtet, Verwaltungsakte zu erlassen, wenn dies durch spezialgesetzliche Regelungen oder auf Grundlage des allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) vorgesehen ist. Zu seinen Kernkompetenzen zählen hierbei u.a. die Erteilung von Schiffszertifikaten nach dem Seeaufgabengesetz (SeeAufgG), die Zulassung von Schiffsänderungen sowie die Erteilung von Genehmigungen für Meeresnutzungen, wie sie z.B. durch das Windenergie-auf-See-Gesetz (WindSeeG), das Raumordnungsgesetz (ROG) oder das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVPG) vorgeschrieben sind. Die Rechtsgrundlagen der Tätigkeit des BSH sind entsprechend vielseitig: Neben dem Seeaufgabengesetz und einschlägigen Verordnungen stützt sich das BSH auf EU-Regelungen, internationale Abkommen (etwa SOLAS oder MARPOL) sowie das Verwaltungsverfahrensgesetz, insbesondere hinsichtlich der Anhörung Beteiligter, Fristsetzung und Bekanntgabe. Eine Verpflichtung zur besonders sorgfältigen Prüfung und zur Einhaltung formaler Anforderungen ergibt sich dabei regelmäßig aus dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG) in Verbindung mit dem jeweiligen Fachrecht.
Welche Rechtsmittel stehen Beteiligten gegen Entscheidungen des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie offen?
Gegen Verwaltungsakte des BSH können die Beteiligten grundsätzlich Rechtsmittel nach dem Verwaltungsverfahrens- und Verwaltungsgerichtsrecht einlegen. Dazu gehört primär der Widerspruch gemäß § 68 VwGO, sofern kein Ausschluss besteht; ausschlussbegründende Spezialregelungen sind z.B. im Windenergie-auf-See-Gesetz vorhanden. Wird ein Widerspruch abgelehnt oder nicht innerhalb der gesetzlichen Fristen beschieden, kann Klage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht erhoben werden. Rechtsgrundlage bildet hierbei die Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), wobei die sachliche und örtliche Zuständigkeit sich nach den allgemeinen Regeln richtet. Zudem sind in besonderen Fachgesetzen gegebenenfalls Sofortvollzugsregelungen oder besondere Klagearten, etwa beim Planfeststellungsrecht, zu beachten.
Unterliegt das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie besonderen Aufsichts- oder Kontrollmechanismen im Rahmen seiner rechtlichen Tätigkeit?
Als Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr unterliegt das BSH der Fachaufsicht dieses Ministeriums, § 1 SeeAufgG. Dabei werden die Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit der Amtsausübung kontrolliert. Überdies unterliegt das BSH den Kontrollemechanismen des Bundesrechnungshofes insbesondere im Hinblick auf Haushaltsrecht und Ordnungsmäßigkeit der Mittelverwendung. Im Falle von Planfeststellungsverfahren oder Genehmigungen mit Umweltrelevanz ist zusätzlich die Prüfung und Beteiligung anderer Behörden und Gremien – etwa Umweltbundesamt, Länderbehörden oder auch Öffentlichkeitsbeteiligung – gesetzlich vorgesehen.
Welche datenschutzrechtlichen Anforderungen muss das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie bei der Ausübung seiner Tätigkeiten einhalten?
Das BSH ist als Behörde des Bundes den Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und ergänzend des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) unterworfen. Das bedeutet, dass insbesondere bei der Erhebung, Verarbeitung und Speicherung personenbezogener Daten, etwa im Rahmen von Schiffsregistrierungen oder Genehmigungsverfahren, die Grundsätze der Datenminimierung, Transparenz und Betroffenenrechte zu beachten sind. Für spezielle Datenverarbeitungsvorgänge im Rahmen der maritimen Sicherheit oder im Bereich der Forschung können weitere spezialgesetzliche Vorschriften Anwendung finden. Datenschutzvorfälle sind gemäß den gesetzlichen Vorschriften zu melden; zudem besteht eine Dokumentations- und Rechenschaftspflicht.
Welche Pflichten bestehen für das BSH im Kontext der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) nach deutschem und europäischem Recht?
Das BSH ist nach UVPG in zahlreichen Nutzungsarten der Meeresgewässer als zuständige Behörde für die Durchführung und Überwachung einer Umweltverträglichkeitsprüfung verantwortlich. Danach obliegt ihm die Pflicht, die Umweltauswirkungen bestimmter Vorhaben, insbesondere Offshore-Windparks oder andere Eingriffe in die Meeresumwelt, in einem förmlichen Verfahren zu prüfen und hierbei die Öffentlichkeit sowie betroffene Träger öffentlicher Belange zu beteiligen. Grundlage hierfür sind neben dem nationalen Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVPG) auch die einschlägigen europäischen Richtlinien, insbesondere die UVP-Richtlinie 2011/92/EU, welche in das nationale Recht umgesetzt wurde. Das BSH hat zu dokumentieren, dass alle umweltrelevanten Belange angemessen berücksichtigt sind, bevor eine Entscheidung über das betreffende Vorhaben getroffen wird.
In welchem Umfang ist das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie vor Gericht auskunftspflichtig oder klagebefugt?
Das BSH ist als Träger öffentlicher Verwaltung nach § 61 Nr. 1 VwGO im Sinne der Prozessführungsbefugnis zu eigenem Klage- oder Beklagtenstatus berechtigt. Im Verwaltungsstreitverfahren ist das BSH verpflichtet, dem Gericht vollständige Akten und alle zur Entscheidung notwendigen Unterlagen vorzulegen (Amtsermittlungsgrundsatz, § 86 VwGO). Darüber hinaus ist es verpflichtet, auf Anforderung des Gerichts oder auf Antrag der Beteiligten umfassend Auskünfte zu erteilen, soweit dies zur Aufklärung des Sachverhalts erforderlich ist. Geheimhaltungsinteressen sind nach Abwägung der öffentlichen und privaten Interessen zu berücksichtigen; unterliegt eine Information der Verschwiegenheitspflicht, kann das BSH das Zeugnis verweigern, sofern dadurch schwerwiegende öffentliche Interessen berührt werden (vgl. § 99 VwGO).