Begriff und Einordnung des BPatG
Die Abkürzung BPatG wird im deutschen Recht in zwei Bedeutungen verwendet. Zum einen steht sie für das Bundespatentgericht, ein spezialisiertes Bundesgericht mit Sitz in München. Zum anderen bezeichnet BPatG das Gesetz über das Bundespatentgericht, das die Einrichtung, Organisation und wesentliche Verfahrensgrundlagen dieses Gerichts regelt. Der jeweilige Kontext macht erkennbar, ob das Gericht oder das Gesetz gemeint ist.
Das Bundespatentgericht ist Teil der deutschen Gerichtsbarkeit für gewerbliche Schutzrechte. Es entscheidet vor allem über den Bestand von Patenten, Marken, Designs und weiteren Schutzrechten sowie über Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA). Das Gesetz über das Bundespatentgericht bildet die rechtliche Grundlage dieser Tätigkeit.
Aufgaben und Zuständigkeiten
Das Bundespatentgericht als Gericht
Das Bundespatentgericht prüft die Schutzrechtslage in Deutschland und trifft Entscheidungen in mehreren zentralen Bereichen:
- Rechtmittel gegen Entscheidungen des Deutschen Patent- und Markenamts, insbesondere in Patent-, Marken-, Design- und Gebrauchsmustersachen sowie bei ergänzenden Schutzzertifikaten und Halbleitertopographien.
- Erstinstanzliche Entscheidungen über die Nichtigkeit von deutschen Patenten und von in Deutschland wirksamen europäischen Patenten (soweit die nationale Zuständigkeit eröffnet ist).
- Erstinstanzliche Entscheidungen in Verfahren über die Erteilung von Zwangslizenzen an Patenten.
Das Gericht entscheidet nicht über Schutzrechtsverletzungen (z. B. Unterlassung, Schadensersatz). Solche Streitigkeiten werden vor ordentlichen Zivilgerichten verhandelt. Damit besteht eine bewusste Trennung zwischen Fragen des Schutzrechtsbestands (Bundespatentgericht) und der Schutzrechtsdurchsetzung (Zivilgerichte).
Das Gesetz über das Bundespatentgericht
Das Gesetz über das Bundespatentgericht regelt die Stellung des Gerichts im Gefüge der deutschen Gerichte, die Einrichtung einzelner Senate, die Anforderungen an die Besetzung mit rechtlich und technisch qualifizierten Richterinnen und Richtern sowie Grundzüge der Verfahrensarten. Es bestimmt insbesondere, in welchen Konstellationen das Bundespatentgericht entscheidet, welche Entscheidungstypen es gibt und wie sich der Instanzenzug gestaltet.
Verfahrensarten vor dem Bundespatentgericht
Beschwerdeverfahren gegen Entscheidungen des DPMA
Gegen bestimmte Entscheidungen des Deutschen Patent- und Markenamts, etwa zur Eintragung, Zurückweisung oder Löschung von Patenten, Marken, Designs und Gebrauchsmustern, kann Beschwerde zum Bundespatentgericht eingelegt werden. Das Gericht überprüft, ob die amtliche Entscheidung dem materiellen und formellen Recht entspricht und kann diese bestätigen, abändern oder zurückverweisen.
Nichtigkeitsverfahren in Patentsachen
Patente können im Nichtigkeitsverfahren vollständig oder teilweise für unwirksam erklärt werden, etwa wenn sie die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllen. Das Bundespatentgericht ist hierfür regelmäßig die erste Instanz. Die Entscheidung wirkt mit Bindung für alle, da sie den Schutzrechtsbestand betrifft.
Zwangslizenzverfahren
In besonderen Ausnahmefällen kann das Bundespatentgericht die Benutzung einer patentgeschützten Erfindung gegen Zahlung einer angemessenen Vergütung gestatten. Diese Verfahren dienen dem Ausgleich zwischen Ausschließlichkeitsrechten und überwiegenden öffentlichen Interessen.
Weitere Verfahren
Das Bundespatentgericht entscheidet auch über registerbezogene Streitfragen mit Bezug zu Schutzrechten, soweit diese im Beschwerdeweg an das Gericht gelangen. Dazu zählen beispielsweise Auseinandersetzungen über Markenwidersprüche, Designnichtigkeit oder die Löschung von Gebrauchsmustern, sofern diese zuvor vom DPMA entschieden wurden.
Aufbau und Organisation
Senate und Besetzung
Das Bundespatentgericht ist in Senate gegliedert. Deren Besetzung folgt der jeweiligen Materie:
- Technische Beschwerdesenate (vor allem in Patentsachen) sind mit rechtlich und technisch qualifizierten Richterinnen und Richtern besetzt.
- Marken- und Designsenate sind in der Regel mit rechtlich qualifizierten Richterinnen und Richtern besetzt.
- Nichtigkeitssenate in Patentsachen entscheiden typischerweise in größerer Besetzung mit einer Kombination aus rechtlich und technisch qualifizierten Mitgliedern.
Die gemischte Besetzung gewährleistet sowohl die rechtliche als auch die technische Beurteilung komplexer Sachverhalte.
Sitz, Sprache und Öffentlichkeit
Das Bundespatentgericht hat seinen Sitz in München. Verfahrenssprache ist grundsätzlich Deutsch. Mündliche Verhandlungen sind in der Regel öffentlich; zum Schutz von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen sind Ausnahmen möglich.
Geschäftsstelle und Verwaltung
Die Geschäftsstellen der Senate unterstützen die gerichtliche Arbeit organisatorisch, etwa bei der Aktenführung, der Terminierung und der Zustellung von Entscheidungen. Die richterliche Unabhängigkeit bleibt hiervon unberührt.
Verfahrensablauf in Grundzügen
Einleitung und Schriftsätze
Verfahren beginnen mit einem Rechtsbehelf oder einer Klage, aus der sich der Streitgegenstand ergibt. Die Beteiligten tragen ihren Standpunkt schriftlich vor und reichen Beweismittel ein. In Beschwerdesachen wird regelmäßig die amtliche Akte des DPMA beigezogen.
Beweisaufnahme und mündliche Verhandlung
Technische und rechtliche Fragen werden im Rahmen der Aktenlage und gegebenenfalls durch Beweisaufnahme (z. B. Sachverständigenanhörung) geklärt. Häufig findet eine mündliche Verhandlung statt, in der der Senat mit den Beteiligten die entscheidungserheblichen Punkte erörtert.
Entscheidungstypen
In Beschwerdeverfahren ergeht in der Regel ein Beschluss; in Nichtigkeits- und Zwangslizenzsachen ein Urteil. Entscheidungen enthalten neben dem Tenor eine Begründung sowie regelmäßig eine Kostenentscheidung.
Rechtsmittel und Instanzenzug
Rechtsbeschwerde in Beschwerdesachen
Gegen Beschlüsse des Bundespatentgerichts in Beschwerdeverfahren ist unter bestimmten Voraussetzungen die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof möglich. Sie betrifft Fragen der Rechtsanwendung und setzt in der Regel eine Zulassung voraus.
Berufung in Nichtigkeits- und Zwangslizenzsachen
Gegen Urteile in Patentnichtigkeits- und Zwangslizenzverfahren ist die Berufung zum Bundesgerichtshof eröffnet. Dieser überprüft sowohl die rechtliche Würdigung als auch, in festgelegtem Rahmen, die Tatsachenfeststellungen.
Wirkung der Rechtsmittel
Die Rechtskraft einer Entscheidung tritt erst nach Abschluss des Rechtsmittelzugs ein. Entscheidungen über den Bestand eines Schutzrechts entfalten Wirkungen, die über den Einzelfall hinausreichen, da sie den Schutzumfang und die Gültigkeit des Rechts allgemein betreffen.
Bedeutung im System des Schutzrechts
Trennung von Bestand und Durchsetzung
Das System trennt die Prüfung des Schutzrechtsbestands (Bundespatentgericht, in zweiter Instanz Bundesgerichtshof) von der Durchsetzung in Verletzungsverfahren (Landgerichte und Oberlandesgerichte, in letzter Instanz Bundesgerichtshof). Diese Trennung soll eine fachlich spezialisierte und konsistente Rechtsprechung gewährleisten.
Verhältnis zu DPMA und Bundesgerichtshof
Das Deutsche Patent- und Markenamt ist die Anmelde- und Prüfbehörde. Dessen Entscheidungen können vom Bundespatentgericht überprüft werden. Der Bundesgerichtshof ist Rechtsmittelinstanz und sichert die Einheitlichkeit der Rechtsprechung.
Abgrenzung und internationale Bezüge
Abgrenzung zu europäischen Einrichtungen
Das Europäische Patentamt prüft und erteilt europäische Patente; es ist keine Gerichtsbarkeit für nationale Rechtsbestandsfragen. Das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum ist für Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmuster zuständig. Nationale Fragen zu deutschen Schutzrechten liegen beim DPMA und beim Bundespatentgericht.
Einheitspatent und Einheitliches Patentgericht
Für Einheitspatente ist das Einheitliche Patentgericht zuständig. Bei klassischen europäischen Patenten können Rechtsbestandsfragen – je nach Zuständigkeitsverteilung und Übergangsregelungen – weiterhin vor dem Bundespatentgericht verhandelt werden, soweit die nationale Zuständigkeit eröffnet ist.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wofür steht die Abkürzung BPatG?
BPatG kann das Bundespatentgericht meinen, also das spezialisierte Bundesgericht in München, oder das Gesetz über das Bundespatentgericht, das Aufbau und Verfahren dieses Gerichts regelt. Der Kontext entscheidet über die Bedeutung.
Welche Fälle verhandelt das Bundespatentgericht?
Es entscheidet über Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Deutschen Patent- und Markenamts, über Patentnichtigkeitsklagen, über Zwangslizenzen sowie über registerbezogene Streitfragen zu Marken, Designs und Gebrauchsmustern, soweit diese im Beschwerdeweg an das Gericht gelangen.
Geht es vor dem Bundespatentgericht um Patentverletzungen?
Nein. Das Bundespatentgericht klärt vor allem Fragen des Schutzrechtsbestands. Über Verletzungen (z. B. Unterlassung oder Schadensersatz) entscheiden die ordentlichen Zivilgerichte.
Welche Rechtsmittel gibt es gegen Entscheidungen des Bundespatentgerichts?
Gegen Beschlüsse in Beschwerdesachen ist unter bestimmten Voraussetzungen die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof möglich. Gegen Urteile in Patentnichtigkeits- und Zwangslizenzsachen ist die Berufung zum Bundesgerichtshof eröffnet.
Wie ist das Gericht besetzt?
Die Senate sind je nach Materie mit rechtlich und technisch qualifizierten Richterinnen und Richtern besetzt. Technische Fragen werden so von fachkundigen Mitgliedern mitentschieden; in Nichtigkeitssachen tritt das Gericht typischerweise in größerer, gemischter Besetzung auf.
Welche Rolle spielt das Bundespatentgericht im Verhältnis zum DPMA?
Das Deutsche Patent- und Markenamt prüft und entscheidet als Behörde über Anmeldungen und Registerfragen. Das Bundespatentgericht überprüft diese Entscheidungen im Rechtsmittelverfahren und trifft eigenständige gerichtliche Entscheidungen.
Welche Bedeutung hat das Gericht im europäischen Kontext?
Für europäische und unionsweite Verfahren sind andere Einrichtungen zuständig. Das Bundespatentgericht entscheidet über nationale Fragen zu deutschen Schutzrechten und – soweit vorgesehen – über den deutschen Teil europäischer Patente. Für Einheitspatente ist das Einheitliche Patentgericht zuständig.