Bodenverwertungs- und -verwaltungsgesellschaft (BVVG)
Die Bodenverwertungs- und -verwaltungsgesellschaft mbH (BVVG) stellt eine bedeutende privatrechtlich organisierte Institution in Deutschland dar, deren Aufgabenfeld und rechtliche Grundlagen in engem Zusammenhang mit der Privatisierung und Verwaltung ehemals volkseigener land- und forstwirtschaftlicher Flächen der ehemaligen DDR stehen. Die Gesellschaft ist insbesondere für die Verwertung, Verwaltung sowie (Rück-)Übertragung von Grundstücken an Berechtigte im Zuge der Wiedervereinigung Deutschlands verantwortlich.
Entstehung, Rechtsgrundlagen und Zweck
Historischer Hintergrund
Die BVVG wurde im Zuge der deutschen Wiedervereinigung gegründet. Ziel war die geordnete Verwaltung sowie die Verwertung der land- und forstwirtschaftlichen Flächen, die bis 1990 im staatlichen Eigentum der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) standen. Mit Wirkung vom 1. Juli 1992 wurde die Gesellschaft unter der Firmierung „Bodenverwertungs- und -verwaltungsgesellschaft mbH“ (BVVG) in das Handelsregister eingetragen.
Gesellschaftsrechtliche Struktur
Die BVVG ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach deutschem Recht (GmbH). Gesellschafterin ist die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium der Finanzen (BMF). Die Tätigkeit erfolgt im Rahmen eines privatrechtlichen Unternehmens, jedoch im Auftrag des Bundes und unter Beachtung spezieller gesetzlicher Vorgaben.
Gesetzliche Grundlagen
Die zentrale Rechtsgrundlage für die Aufgabenübertragung auf die BVVG ist das Treuhandgesetz vom 17. Juni 1990 in Verbindung mit den Regelungen des Vermögensgesetzes (VermG), des Ausgleichsleistungsgesetzes (AusglLeistG) und der Flächenerwerbsverordnung (FlErwV). Weiterhin maßgeblich sind spezifische Durchführungsverordnungen und Verwaltungsvorschriften.
Zweck der Gesellschaft
Der Hauptzweck der BVVG besteht in der geordneten Privatisierung, Verwaltung und Verwertung (Verkauf, Verpachtung) ehemals volkseigener land- und forstwirtschaftlicher Flächen in den neuen Bundesländern sowie der Durchführung von Rückübertragungen nach den Vorgaben des Vermögens- und Entschädigungsrechts.
Aufgaben und Funktionen der BVVG
Privatisierung von Flächen
Die Privatisierung umfasst, nach ausdrücklicher gesetzlicher Vorgabe, sowohl den Verkauf als auch die langfristige Verpachtung von Grundstücken. Rechtliche Grundlage bilden § 3 TreuhG in Verbindung mit spezifischen Verordnungen wie der FlErwV. Die BVVG verkauft im Auftrag des Bundes land- und forstwirtschaftliche Flächen insbesondere an Landwirte, öffentliche Einrichtungen und an Berechtigte im Rahmen von Wiedergutmachungs- und Restitutionsverfahren.
Verwaltung, Verwertung und Verpachtung
Im Rahmen der Liegenschaftsverwaltung ist die BVVG für die wirtschaftliche Bewirtschaftung der Flächen verantwortlich. Hierzu gehört auch die Erzielung von Einnahmen durch Veräußerung, Verpachtung oder durch sonstiges treuhänderisches Management.
Rückübertragung und Entschädigung
Eine wesentliche Rolle spielt die BVVG bei der Durchführung von Rückübertragungsverfahren nach dem VermG. Die Gesellschaft verwaltet die Flächen treuhänderisch, bis eine bestandskräftige Entscheidung über die Rückübertragungs- oder Entschädigungsansprüche gefallen ist.
Sonderaufgaben
Zu den durch gesetzliche und vertragliche Regelungen übertragenen Aufgaben zählen ferner die Durchführung von Umlegungs-, Flurneuordnungs- und Infrastrukturmaßnahmen im Zusammenhang mit der nachhaltigen Entwicklung des ländlichen Raums in den neuen Bundesländern.
Rechtscharakter und rechtliche Stellung der BVVG
Privatrechtsgesellschaft mit hoheitlicher Aufgabe
Obwohl die BVVG als Gesellschaft mit beschränkter Haftung privatrechtlich organisiert ist, erfüllt sie zentrale öffentliche Aufgaben im Auftrag des Bundes. Die Umsetzung erfolgt jedoch grundsätzlich nach den Regeln des privaten Rechts, es sei denn, es handelt sich um die Durchführung hoheitlicher Akte im Rahmen enteignungsrechtlicher oder restitutionsrechtlicher Verfahren.
Verhältnis zu Behörden und Gerichten
Die BVVG tritt insbesondere im Bereich der Rückübertragung als Beteiligte in Verwaltungsverfahren vor Ämtern, Behörden und Gerichten auf, soweit dies zur Umsetzung der übertragenen Aufgaben erforderlich ist. Das Unternehmen ist zur Mitwirkung in grundbuchrechtlichen, vermögensrechtlichen und verwaltungsrechtlichen Verfahren verpflichtet.
Rechtliche Rahmenbedingungen – Detailblick
Grundstücksveräußerung und Vergabeverfahren
Die Veräußerung der Flächen erfolgt in einem geregelten Bieterverfahren, das nach Maßgabe bundesrechtlicher und europarechtlicher Vorgaben (z. B. Beihilferecht, Wettbewerbsrecht) ausgestaltet ist. Kaufinteressenten müssen nicht nur den Kaufpreis, sondern auch weitere Auflagen und Bedingungen (z. B. ökologische Auflagen, landwirtschaftliche Nutzung) erfüllen.
Rückgabeverfahren nach VermG
Flächen, die Restitutions- oder Entschädigungsansprüchen ehemaliger Eigentümer unterliegen, werden treuhänderisch durch die BVVG verwaltet, bis ein rechtskräftiger Rückgabe- oder Entschädigungsbescheid ergeht. Die rechtliche Abwicklung basiert auf § 6 VermG und den dazugehörigen Richtlinien.
Zuständigkeit und Haftung
Die Aufgabenübertragung auf die BVVG ist an strenge Regeln gebunden. Insbesondere ist die Gesellschaft verpflichtet, den wirtschaftlichen Interessen des Bundes zu dienen (§ 3 TreuhG). Haftungsrechtlich agiert die BVVG im Rahmen der zivilrechtlichen Bestimmungen für GmbHs; staatshaftungsrechtliche Besonderheiten sind im Hinblick auf spezifische Restitutionsaufgaben von Bedeutung.
Bedeutung für die Rechtsordnung und Praxis
Die Tätigkeit der BVVG ist von zentralem Interesse für die Entwicklung der ländlichen Räume in den neuen Bundesländern, die Wiedergutmachung und Rückgabe von Vermögenswerten sowie die Abwicklung von Schadensersatz- und Entschädigungsansprüchen. Sie stellt einen wesentlichen Bestandteil der Umsetzung der Vermögensgesetzgebung im Rahmen der Deutschen Einheit dar.
Literaturhinweise und weiterführende Quellen
- Treuhandgesetz (TreuhG)
- Vermögensgesetz (VermG)
- Ausgleichsleistungsgesetz (AusglLeistG)
- Flächenerwerbsverordnung (FlErwV)
- Bundesministerium der Finanzen: Informationen zur Privatisierung und Verwaltung der BVVG
- Webseite der BVVG mbH
Dieser Artikel bietet eine detaillierte und umfassende rechtliche Darstellung der Bodenverwertungs- und -verwaltungsgesellschaft (BVVG) in Deutschland, mit besonderem Fokus auf die historischen, gesellschaftsrechtlichen und gesetzlichen Rahmenbedingungen, Aufgabenfelder und Abläufe.
Häufig gestellte Fragen
Welche gesetzlichen Grundlagen regeln die Tätigkeit der Bodenverwertungs- und -verwaltungsgesellschaft (BVVG)?
Die rechtliche Grundlage für die Tätigkeit der Bodenverwertungs- und -verwaltungsgesellschaft (BVVG) bildet in erster Linie das „Gesetz zur Privatisierung und zur Regelung der offenen Vermögensfragen“ (Privatgesetz, kurz: TreuhG) i.V.m. den Bestimmungen des Einigungsvertrages. Daneben findet das Sachenrechtsbereinigungsgesetz (SachenRBerG) Anwendung, insbesondere im Hinblick auf die Klärung und Übertragung von Nutzungs- und Eigentumsverhältnissen an land- und forstwirtschaftlichen Flächen. Die BVVG ist zudem an Vorgaben aus dem Verwaltungsrecht, dem BGB sowie spezialrechtlichen Regelungen, die den landwirtschaftlichen Flächenerwerb und die Vermietung betreffen (u.a. Grundstücksverkehrsgesetz, Landpachtverkehrsgesetz) gebunden. Die Umsetzung europäischer Vorgaben wie Beihilferegelungen und umweltrechtliche Verordnungen kann ebenfalls Berücksichtigung finden. Die Kontrolle der BVVG obliegt neben internen Aufsichtsorganen der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben sowie externen Prüfungsinstanzen wie dem Bundesrechnungshof.
Welche besonderen rechtlichen Regelungen gelten beim Verkauf von BVVG-Flächen an ehemalige Nutzer?
Beim Verkauf von BVVG-Flächen an ehemalige Nutzer gelten besondere Privatisierungsgrundsätze. Besonders hervorzuheben sind hierbei die sogenannten „Verbilligungsregelungen“ nach § 3 Abs. 3 TreuhG und nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz. Dieser Personenkreis, z.B. ehemalige LPG-Mitglieder oder deren Rechtsnachfolger, erhält unter bestimmten Voraussetzungen das Vorkaufsrecht sowie Vergünstigungen beim Erwerb. Die Käufer müssen sich verpflichten, die Flächen dauerhaft land- oder forstwirtschaftlich zu nutzen (Bindungsfristen). Vor Vertragsschluss überprüft die BVVG insbesondere Identität, Nutzungszeitraum sowie wirtschaftliche Verhältnisse, bis hin zur Berechnung etwaiger Rückzahlungsansprüche bei vorzeitigem Weiterverkauf. Im Streitfall entscheiden regelmäßig Zivilgerichte unter Berücksichtigung der einschlägigen Spezialgesetze.
Welche rechtlichen Folgen hat eine Verletzung von Bewirtschaftungsverpflichtungen im Pachtvertrag mit der BVVG?
Wird gegen Bewirtschaftungsverpflichtungen, wie sie typischerweise in BVVG-Pachtverträgen verankert sind (z.B. nachhaltige, ordnungsgemäße landwirtschaftliche oder forstwirtschaftliche Nutzung), verstoßen, kann dies verschiedene rechtliche Folgen nach sich ziehen: Zunächst besteht ein vertragliches Kündigungsrecht der BVVG, das i.d.R. an eine Abmahnpflicht gekoppelt ist. Häufig ist die Möglichkeit vereinbart, vom Vertrag zurückzutreten oder diesen fristlos zu kündigen. Außerdem können Schadenersatzansprüche gegen den Pächter geltend gemacht werden. Unter Umständen muss der Pächter auch Rückbauverpflichtungen erfüllen oder den Ausgleich für nicht fachgerecht bewirtschaftete Flächen leisten. Solche Sanktionen finden ihre Grundlage im Zivilrecht (insbesondere § 280 BGB) sowie in spezifischen Vereinbarungen des Pachtvertrags.
Gibt es besondere Regelungen zur Rückübertragung von Flächen durch die BVVG?
Die Rückübertragung von Flächen durch die BVVG erfolgt unter strikter Beachtung der Vorschriften des § 3 TreuhG sowie des Vermögensgesetzes (VermG). Vorrangig ist hierbei zu prüfen, ob ein Anspruch auf Rückübertragung nach den Grundsätzen der Restitution besteht, insbesondere bei ehemals enteigneten oder unrechtmäßig entzogenen Liegenschaften. Die BVVG nimmt keine Rückübertragung im engeren vermögensrechtlichen Sinne vor, sondern wird tätig, wenn ein rechtskräftiger Bescheid der zuständigen Behörde (Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen bzw. Landesamt für Finanzen) vorliegt. Im Zuge der Rückübertragung sind alle dinglichen und obligatorischen Belastungen zu berücksichtigen. Der Rechtserwerb erfolgt stets durch Auflassung und Eintragung im Grundbuch.
Wie ist die Haftung der BVVG gegenüber Dritten geregelt?
Die Haftung der BVVG gegenüber Dritten, beispielsweise bei Altlasten oder Belastungen unbekannter Art auf den veräußerten Flächen, richtet sich in erster Linie nach allgemeinen zivilrechtlichen Regeln. Die BVVG ist verpflichtet, beim Verkauf vollständige und wahrheitsgemäße Angaben zu den Grundstücken zu machen, trifft jedoch eine generelle Haftungsbeschränkung, insbesondere was nicht erkennbare Belastungen angeht, sofern keine vorsätzliche Täuschung oder grobe Fahrlässigkeit vorliegt. Die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen ist ausgeschlossen oder auf vertraglich genau definierte Fälle beschränkt. Bei erheblichen Altlasten, die nachgewiesen bereits vor Eigentumsübertragung bestanden, kann jedoch unter Umständen eine Haftung nach öffentlichem Umweltrecht (z. B. Bodenschutzgesetz) und den §§ 823 ff. BGB bestehen bleiben.
Unterliegt die BVVG besonderen Vergabe- und Transparenzanforderungen bei der Veräußerung staatlicher Flächen?
Ja, die BVVG ist verpflichtet, bei der Veräußerung von Grundstücken die Vorgaben des öffentlichen Vergaberechts zu beachten, solange es sich um staatliches Eigentum handelt. Insbesondere das Haushaltsrecht des Bundes (BHO) sieht vor, dass Grundstücke grundsätzlich nach dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sowie zu Marktpreisen veräußert werden müssen. Durchführungsbestimmungen, z.B. die Liegenschaftsvergabegrundsätze des Bundes, und spezifische Privatisierungsrichtlinien sorgen für ein Höchstmaß an Transparenz und Nachvollziehbarkeit. Direktverkäufe ohne Ausschreibung dürfen nur in engen Ausnahmefällen und nach vorheriger Genehmigung durch das Bundesministerium der Finanzen erfolgen. Es gelten ferner Vorgaben gegen Korruption und Gläubigerbegünstigung.
Welche Rechtsmittel stehen bei Streitigkeiten mit der BVVG zur Verfügung?
Bei Streitigkeiten mit der BVVG – sei es im Zusammenhang mit Kauf, Pacht, Rückübertragung oder Vertragsdurchführung – stehen Betroffenen die ordentlichen Gerichte des Zivilrechts zur Verfügung. Handelt es sich um öffentlich-rechtliche Fragestellungen, etwa bezüglich der Rückübertragung oder Restitution, ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Im Vorfeld gerichtlicher Verfahren besteht die Möglichkeit der außergerichtlichen Einigung oder Mediation. Gegen behördliche Entscheidungen (z.B. Ablehnung eines Antrags auf Rückübertragung) kann Widerspruch eingelegt und gegebenenfalls Klage erhoben werden. Der Instanzenzug richtet sich nach den allgemeinen Regeln der ZPO bzw. VwGO. In spezifischen Fällen wie Flurbereinigungsangelegenheiten kann zudem eine Anrufung spezialisierter Spruchkörper (Flurbereinigungsgericht) erfolgen.