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Billigung von Straftaten


Begriff und rechtliche Einordnung der Billigung von Straftaten

Die Billigung von Straftaten bezeichnet im deutschen Strafrecht ein Verhalten, bei dem eine bereits begangene Straftat öffentlich in einer Weise gutgeheißen wird, dass dadurch der öffentliche Frieden gestört werden könnte. Die Norm verfolgt dabei primär den Schutz des öffentlichen Friedens und ergänzt das System strafrechtlicher Sanktionen um die Reaktion auf die nachträgliche Zustimmung zu bestimmten Straftaten. Die Vorschrift stellt nicht die verbreitete Zustimmung zu beliebigen Straftaten unter Strafe, sondern ist an enge gesetzliche Voraussetzungen geknüpft.

Gesetzliche Grundlage

§ 140 Strafgesetzbuch (StGB)

Die Billigung von Straftaten ist in Deutschland in § 140 StGB gesetzlich geregelt. Der Wortlaut des Gesetzes lautet:

„Wer eine im § 138 Abs. 1 bezeichnete rechtswidrige Tat nach deren Begehung öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts billigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören.“

Geschützte Rechtsgüter

Das zentrale Schutzgut der Regelung ist der öffentliche Frieden. Neben dem Interesse an der Ahndung von Straftaten dient die Vorschrift dem Schutz des Vertrauens der Allgemeinheit auf die Ablehnung besonders gefährlicher oder verwerflicher Delikte.

Tatbestandsmerkmale

Tatobjekt

Die Vorschrift bezieht sich ausschließlich auf die in § 138 Abs. 1 StGB genannten Straftaten (sogenannte Katalogtaten). Hierzu zählen unter anderem:

  • Vorbereitung eines Angriffskrieges (§ 80 StGB)
  • Hochverrat, Landesverrat und Gefährdung der demokratischen Ordnung (§§ 81 ff. StGB)
  • Mord, Totschlag, Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und schwere Körperverletzung (§§ 211, 212, 220a, 226 StGB)
  • Brandstiftung mit Todesfolge (§ 306b StGB)
  • Raub, Erpressung unter spezifischen Voraussetzungen (§§ 249, 250, 255 StGB)

Andere Straftaten fallen ausdrücklich nicht unter die Vorschrift.

Tathandlung

Billigung

Unter Billigung versteht man die nachträgliche ausdrückliche oder stillschweigende Gutheißung des begangenen Unrechts. Die Billigung muss sich auf eine konkrete, bereits vollendete Straftat beziehen. Allgemeine Bekundungen, denen es an Tatbezug und Billigungscharakter mangelt, erfüllen den Tatbestand nicht. Nicht erfasst ist das Lob für die geschickte Begehung einer Tat ohne Wertung des Unrechts.

Öffentlichkeit

Die Handlung muss öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts erfolgen:

  • Öffentlichkeit liegt vor, wenn sich die Äußerung an eine unbestimmte Vielzahl (nicht durch persönliche Beziehungen verbundene Personen) richtet.
  • Versammlungen sind Zusammenkünfte einer gewissen Zahl von Menschen mit gemeinschaftlicher Willensbildung.
  • Das Verbreiten eines Inhalts erfasst die Weitergabe schriftlicher, bildlicher oder anderer Darstellungen in einer Art, dass sie einem größeren Personenkreis zugänglich gemacht werden.

Eignung zur Störung des öffentlichen Friedens

Die Billigung muss geeignet sein, den öffentlichen Frieden zu stören. Dies ist dann der Fall, wenn die Äußerung dazu führt, dass das allgemeine Vertrauen in die Rechtssicherheit und den Bestand der Rechtsordnung erschüttert wird. Es genügt die objektive Eignung zur Störung. Eine tatsächliche Friedensstörung ist nicht erforderlich.

Subjektiver Tatbestand

Vorsatz

Erforderlich ist Vorsatz bezüglich aller objektiven Tatbestandsmerkmale. Das bedeutet, der Täter muss wissen, dass die Äußerung eine Straftat im Sinne des § 138 Abs. 1 StGB zum Gegenstand hat, dass die Billigung öffentlich erfolgt und diese zur Friedensstörung geeignet ist.

Abgrenzung zu ähnlichen Straftatbeständen

Öffentliche Aufforderung zu Straftaten (§ 111 StGB)

Im Unterschied zur Billigung von Straftaten ist bei der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten (§ 111 StGB) das Ziel, andere zur Nachahmung oder Begehung der Tat zu verleiten. Die Billigung begnügt sich dagegen mit nachträglicher Zustimmung ohne Anreiz zur Wiederholung.

Beleidigung, Verleumdung und Ehrdelikte (§§ 185 ff. StGB)

Auch von Ehrdelikten ist die Billigung von Straftaten abzugrenzen, weil sie keine Herabsetzung einer anderen Person beinhaltet, sondern die Gutheißung einer Tat betrifft.

Volksverhetzung (§ 130 StGB)

Die Volksverhetzung überschneidet sich nur dann mit der Billigung von Straftaten, wenn durch die Billigung Hass gegen Teile der Bevölkerung geschürt oder zu Gewalt aufgerufen wird.

Strafzumessung und Rechtsfolgen

Strafandrohung

Der Gesetzgeber sieht als Rechtsfolge für die Billigung von Straftaten eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder Geldstrafe vor. Besondere Strafzumessungsregeln bestehen nicht.

Versuch und Teilnahme

Da es sich um ein reines Tätigkeitsdelikt handelt, ist der Versuch dieser Straftat nicht möglich. Eine Teilnahme durch Anstiftung oder Beihilfe zu diesem Delikt ist grundsätzlich denkbar, sofern die allgemeinen Voraussetzungen vorliegen.

Persönlicher Strafausschluss

Personen, die selbst durch die Straftat, deren Billigung verfolgt wird, verletzt wurden, sind nach allgemeiner Auffassung nicht strafbar, wenn ihre Äußerung Ausfluss ihrer Betroffenheit bzw. Verarbeitung ist.

Praxisrelevanz und Fallbeispiele

Die Vorschrift wird vor allem im Zusammenhang mit politischen Straftaten relevant, insbesondere wenn Einzelpersonen oder Gruppen Anschläge, Morde, terroristische Akte oder ähnlich gravierende Katalogtaten öffentlich rechtfertigen oder gutheißen. In der strafrechtlichen Praxis wird die Grenze zwischen zulässiger Meinungsäußerung und strafbarer Billigung in jedem Einzelfall unter Berücksichtigung der Umstände beurteilt.

Beispiel: Veröffentlicht eine Person nach einem terroristischen Anschlag Beiträge, in denen sie die Durchführung der Tat ausdrücklich begrüßt und als Vorbild bezeichnet, kann dies eine strafbare Billigung darstellen.

Schutzbereich und grundrechtliche Bezüge

Die Anwendung des § 140 StGB steht im Spannungsfeld zwischen Strafverfolgung und Grundrechten, vor allem mit Bezug auf die Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 GG. Die Rechtsprechung legt deshalb die Vorschrift eng aus, um unverhältnismäßige Grundrechtseinschränkungen zu vermeiden.

Internationale Bezüge und Vergleich

Vergleichbare Regelungen finden sich in anderen europäischen Rechtsordnungen mit dem Ziel, nachträglicher Zustimmung zu bestimmten schwerwiegenden Straftaten entgegenzuwirken. Im internationalen Kontext stehen diese Vorschriften regelmäßig zur Diskussion im Hinblick auf die Wahrung der Meinungsfreiheit und die Bekämpfung von Hasskriminalität.

Zusammenfassung

Die Billigung von Straftaten ist ein Straftatbestand, der in Deutschland dazu dient, das öffentliche Interesse an der Distanzierung von besonders schweren Straftaten zu sichern und den öffentlichen Frieden zu schützen. Die Vorschrift ist an enge tatbestandliche Voraussetzungen gebunden, betrifft nur bestimmte Straftaten und steht im Konfliktfeld zwischen effektiver Strafverfolgung und grundrechtlich geschützter Meinungsäußerung. Die Auslegung und Anwendung erfolgen unter strikter Berücksichtigung der Einzelfallumstände und der geschützten Grundrechte.

Häufig gestellte Fragen

Wann liegt eine Billigung von Straftaten im rechtlichen Sinne vor?

Eine Billigung von Straftaten im rechtlichen Sinne liegt insbesondere dann vor, wenn ein Täter öffentlich, in einer Versammlung oder durch das Verbreiten von Schriften zustimmende Äußerungen zu einer konkreten, bereits begangenen rechtswidrigen Tat äußert, sodass dies geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören. Dies ist in § 140 Strafgesetzbuch (StGB) geregelt und setzt voraus, dass die Straftat tatsächlich begangen wurde und nach deutschem Recht strafbar ist. Die Billigung kann sich sowohl auf die Tat selbst als auch auf die Person des Täters beziehen. Die Kundgabe der Billigung muss so erfolgen, dass Dritte sie wahrnehmen können – eine rein private Zustimmung reicht nach der Rechtsprechung nicht aus. Besonders relevant wird dies zum Beispiel im Zusammenhang mit der öffentlichen Rechtfertigung extremistischer oder terroristischer Handlungen. Maßgeblich ist stets der Schutz des öffentlichen Friedens, weshalb eine konkrete Eignung zur Friedensstörung erforderlich ist.

Welche Straftaten können nach § 140 StGB gebilligt werden?

Der Anwendungsbereich des § 140 StGB ist abschließend auf bestimmte Delikte begrenzt. Hierzu zählen insbesondere schwere Straftaten wie Mord, Totschlag, Raub, schwere Brandstiftung, Sprengstoffverbrechen, Geiselnahme, erpresserischer Menschenraub, Angriff auf den Luft- oder Schiffsverkehr, Völkermord und bestimmte staatsgefährdende Delikte. Die genaue Aufzählung findet sich im Gesetz selbst. Bagatelldelikte fallen nicht unter diese Norm. Umfasst sind also nur rechtswidrige und schuldhaft begangene Taten, deren Bewertung als besonders verwerflich auch einen erhöhten Schutz des öffentlichen Friedens erforderlich macht.

Welche Handlungen fallen unter den Begriff der „Billigung“?

Unter den Begriff der „Billigung“ fallen nach der herrschenden Meinung sowohl ausdrückliche als auch konkludente (also schlüssige) Zustimmungen zu einer genannten Tat. Beispiele hierfür sind öffentliche Aussagen wie etwa: „Das war richtig, was der Täter gemacht hat“ oder „Ich unterstütze die Tat“. Auch Beifallsbekundungen wie Applaus in Bezug auf die Tat oder entsprechende Gesten können ausreichen, sofern sie unzweideutig eine Zustimmung zur Tat erkennen lassen. Entscheidend ist immer der Kontext und die objektive Deutung der Äußerung aus der Sicht eines unvoreingenommenen Dritten.

Spielt der Zeitpunkt der Billigung im Verhältnis zur Straftat eine Rolle?

Ja, der Zeitpunkt spielt eine entscheidende Rolle. Die Billigung muss sich auf eine bereits begangene und rechtlich relevante Straftat beziehen. Billigungen noch nicht beendeter oder erst geplanter Taten werden von § 140 StGB nicht erfasst – hier können allerdings andere Straftatbestände wie die öffentliche Aufforderung zu Straftaten einschlägig sein. Eine Billigung kann auch noch längere Zeit nach der Tat erfolgen, sofern die Tat und deren nähere Umstände noch als „aktuell“ wahrgenommen werden und die Kundgabe weiterhin geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören.

Muss ein konkreter Schadenseintritt für die Strafbarkeit vorliegen?

Nein, für die Strafbarkeit nach § 140 StGB ist kein tatsächlicher Schadenseintritt, wie zum Beispiel eine tatsächliche Störung des öffentlichen Friedens, erforderlich. Es genügt nach ständiger Rechtsprechung bereits die Eignung der Billigungsäußerung, den öffentlichen Frieden zu stören. Das bedeutet, es muss eine ernstliche Gefahr dafür bestehen, dass das Rechtsempfinden der Allgemeinheit empfindlich gestört wird oder es zu einer Nachahmungstat kommen könnte. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls und wie die Äußerung im gesellschaftlichen Umfeld aufgenommen werden kann.

In welchem Verhältnis steht die Billigung von Straftaten zur Meinungsfreiheit?

Die Meinungsfreiheit gemäß Artikel 5 Grundgesetz gilt grundsätzlich weit, ist allerdings nicht schrankenlos. Die öffentliche Billigung von Straftaten gemäß § 140 StGB stellt eine spezialgesetzliche Schranke dar. Das bedeutet, Billigungen rechtswidriger Taten greifen dann in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit ein, werden aber durch das Schutzgut des öffentlichen Friedens, das § 140 StGB verfolgt, eingeschränkt. Im Einzelfall erfolgt eine Abwägung zwischen dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und dem Interesse der Allgemeinheit am Schutz vor Rechtsgutverletzungen und der Wahrung des öffentlichen Friedens.

Wie wird die Billigung von Straftaten strafrechtlich verfolgt?

Die Billigung von Straftaten wird als Offizialdelikt verfolgt, das heißt, die Strafverfolgungsbehörden müssen – bei Vorliegen eines hinreichenden Anfangsverdachts – von Amts wegen ermitteln. Es besteht kein Erfordernis eines Strafantrags durch etwaige Betroffene. Die Tat wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Die Strafzumessung richtet sich unter anderem nach der Schwere der billigten Tat, dem konkreten Ausmaß der Kundgabe und dem Grad der möglichen Störung des öffentlichen Friedens.