Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Strafrecht»Bildung bewaffneter Gruppen

Bildung bewaffneter Gruppen


Begriff und Definition: Bildung bewaffneter Gruppen

Die Bildung bewaffneter Gruppen bezeichnet im rechtlichen Sinne das organisierte Zusammenfinden mehrerer Personen mit dem Ziel, eine Gruppe zu bilden, deren Mitglieder mit Waffen ausgerüstet sind, um strafbare Handlungen zu begehen oder auf andere Weise die öffentliche Sicherheit zu gefährden. Der Begriff ist insbesondere aus dem Strafrecht sowie dem Verfassungsrecht bekannt und bezieht sich sowohl auf geplante als auch auf tatsächlich verwirklichte Zusammenschlüsse.

Wesen und Abgrenzung

Eine bewaffnete Gruppe unterscheidet sich von anderen Zusammenschlüssen durch das Vorhandensein von Waffen, durch die strukturelle Organisation und einen gemeinsamen Zweck, der auf Gewaltanwendung oder deren Androhung ausgerichtet ist. Die Abgrenzung zu friedlichen Vereinen, Demonstrationen oder Interessengemeinschaften erfolgt primär über den Zweck (strafbare Handlung, Umsturz, Störung der öffentlichen Ordnung) sowie über die Bewaffnung und Koordination.

Historische und gesellschaftliche Einordnung

Die rechtliche Diskussion über die Bildung bewaffneter Gruppen ist historisch eng mit Erfahrung von Aufständen, Putschversuchen und terroristischen Aktivitäten verknüpft. Die Vorschriften dienen dem Schutz des Staates und seiner Bevölkerung vor kollektiven Gewaltakten. Gesellschaftlich hat sich das Thema insbesondere durch organisierte Kriminalität, Terrorismus und die sogenannten paramilitärischen Gruppen im Rahmen politischer Konflikte an Bedeutung gewonnen.

Rechtlicher Rahmen in Deutschland

Strafrechtliche Regelungen

§ 127 StGB – Bildung bewaffneter Gruppen

Nach dem deutschen Strafgesetzbuch (StGB) ist die Bildung bewaffneter Gruppen ausdrücklich unter Strafe gestellt. § 127 StGB lautet:

„Wer eine bewaffnete Gruppe bildet oder sich an einer solchen als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft. Eine bewaffnete Gruppe ist ein Zusammenschluss von mehreren Personen, die sich zur Begehung von Straftaten bewaffnet haben.“

Wesentliche Tatbestandsmerkmale sind:

  • Gruppe: Mehrere Personen (mindestens drei), ein loser oder fester Zusammenschluss, also keine feste Organisationsstruktur erforderlich.
  • Bewaffnung: Das Führen von Waffen oder gefährlichen Werkzeugen, um diese bei Bedarf zur Durchsetzung gruppenbezogener Ziele einzusetzen.
  • Zielrichtung: Die gemeinsame Vorbereitung oder Begehung von Straftaten durch den Einsatz von Waffen.

Versuch und Vorbereitung

Nicht nur die tatsächliche Gründung bzw. Teilnahme, sondern bereits die vorbereitenden Handlungen oder der Versuch der Gruppenbildung, können strafbar sein. Damit setzt das Gesetz an einem sehr frühen Zeitpunkt mögliches kriminelles Verhalten an.

Abgrenzung zu anderen Straftatbeständen

Bildung krimineller/terroristischer Vereinigungen (§§ 129, 129a StGB)

Während § 127 StGB speziell auf die Bewaffnung der Gruppe abstellt, erfassen §§ 129 (kriminelle Vereinigung) und 129a (terroristische Vereinigung) StGB allgemein den Zusammenschluss mehrerer Personen zur Begehung von Straftaten. Die Bildung bewaffneter Gruppen überschneidet sich mit diesen Vorschriften, stellt aber eine qualifizierte Form dar, wenn Waffen hinzutreten.

Waffenrechtliche Vorschriften

Ergänzend finden waffenrechtliche Bestimmungen nach dem Waffengesetz (WaffG) Anwendung. Das unbefugte Führen, Überlassen und der Erwerb von Waffen durch Gruppierungen kann eigenständige Straftatbestände verwirklichen.

Verfassungsrechtliche Grundlagen

Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung

Die Bildung bewaffneter Gruppen verstößt grundsätzlich gegen das verfassungsrechtlich geschützte Gut der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (Art. 20 Abs. 2 GG). Das Grundgesetz gewährt zwar das Recht auf Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG) und Vereinigungsfreiheit (Art. 9 GG), diese finden jedoch dort ihre Grenzen, wo Zusammenschlüsse auf die Begehung von Straftaten ausgerichtet sind und eine Gefährdung für das Gemeinwesen bedeuten.

Vereinsverbot nach Art. 9 Abs. 2 GG

Vereinigungen, deren Zwecke oder Tätigkeiten den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richten, können gemäß Art. 9 Abs. 2 GG verboten werden. Das gilt insbesondere für bewaffnete Gruppierungen.

Internationale Rechtslage

Völkerrecht und internationale Übereinkommen

Auf internationaler Ebene werden bewaffnete Gruppen insbesondere im Zusammenhang mit Terrorismusbekämpfung und gewaltsamen Konflikten behandelt. Internationale Übereinkommen wie die Terrorismuskonventionen der Vereinten Nationen oder die Europäische Konvention zur Bekämpfung des Terrorismus verpflichten die Mitgliedsstaaten zur strafrechtlichen Sanktionierung der Bildung bewaffneter Gruppen.

Beispielhafte Regelungen anderer Staaten

Viele europäische und außereuropäische Rechtsordnungen kennen vergleichbare Delikte zur Bildung bewaffneter Gruppen. In den Vereinigten Staaten etwa finden sich entsprechende Bestimmungen in Anti-Terrorismus-Gesetzen und in Bezug auf paramilitärische Aktivitäten.

Strafmaß und Rechtsfolgen

Strafandrohung

Das Strafmaß bei Bildung bewaffneter Gruppen nach deutschem Recht ist hoch: Die Mindeststrafe beträgt ein Jahr Freiheitsstrafe, das Höchstmaß zehn Jahre. Besonders schwere Fälle, wie die Vorbereitung besonders schwerer Gewalttaten oder terroristischer Zwecke, können mit noch höheren Strafen belegt werden.

Weitere Konsequenzen

Neben der eigentlichen Freiheitsstrafe drohen Mitgliedern und Unterstützern zudem Einziehung von Waffen, Durchsuchungsmaßnahmen, Vereinsverbote, Ausweisungen (bei ausländischen Beteiligten), Verbote der Teilnahme an Versammlungen und Einträge ins polizeiliche Führungszeugnis.

Praxisbeispiele und Anwendung in der Rechtsprechung

In der Rechtsprechung finden sich zahlreiche Beispiele, bei denen die Bildung bewaffneter Gruppen Gegenstand von Ermittlungen und Gerichtsverfahren war, etwa im Zusammenhang mit militanten Demonstrationen, politisch motivierten Gruppen oder Gruppierungen im Bereich der organisierten Kriminalität. Die Gerichte prüfen jeweils die Gruppengröße, den Bewaffnungsgrad und die Zielrichtung, um den Tatbestand zu bejahen oder abzulehnen.

Zusammenfassung

Die Bildung bewaffneter Gruppen ist ein zentraler Straftatbestand zum Schutz der öffentlichen Sicherheit. Die Bewertung erfolgt unter Berücksichtigung von Gruppenstruktur, Bewaffnung, Zielrichtung und Auswirkungen auf das Gemeinwesen. Neben nationalen Straf- und Verfassungsnormen existieren auch internationale Regelungen zur Prävention und Bekämpfung derartigen Gruppenbildungen. Das umfassende Regelungsregime spiegelt die erhebliche Gefahr wider, die von bewaffneten Kollektiven für Staat und Gesellschaft ausgeht.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist im rechtlichen Sinne berechtigt, bewaffnete Gruppen zu bilden?

Im deutschen Recht ist die Bildung bewaffneter Gruppen grundsätzlich nicht erlaubt. Gemäß § 127 Strafgesetzbuch (StGB) ist es jedermann untersagt, ohne staatliche Befugnis eine bewaffnete Gruppe oder Vereinigung zu bilden oder sich an einer solchen zu beteiligen. Die Berechtigung, bewaffnete Verbände aufzustellen, ist dem Staat, konkret den staatlich anerkannten Institutionen wie der Bundeswehr, der Polizei oder anderen Sicherheitsbehörden, vorbehalten. Ausnahmen bestehen allenfalls für private Sicherheitsunternehmen, diese unterliegen jedoch strengen gesetzlichen Vorgaben und dürfen keine paramilitärischen Strukturen aufweisen oder über Kriegswaffen verfügen. Die Gründung privater Milizen oder Bürgerwehren, die mit Waffen ausgestattet sind, ist nach deutschem Recht verboten und wird strafrechtlich verfolgt.

Welche rechtlichen Grenzen und Verbote bestehen bei der Organisation bewaffneter Gruppen?

Die wesentliche rechtliche Grenze für die Organisation bewaffneter Gruppen ergibt sich aus § 129a StGB (Bildung terroristischer Vereinigungen), § 128 StGB (Bildung bewaffneter Gruppen), sowie aus dem Waffengesetz (WaffG) und dem Vereinsgesetz (VereinsG). Jegliche Vereinigung, deren Zweck oder Tätigkeit sich darauf richtet, unter Mitführung von Waffen oder anderen gefährlichen Werkzeugen Gewalt anzuwenden oder anzudrohen, ist nach diesen Vorschriften verboten. Bereits das Säubern, Überlassen, Erwerben oder Vermitteln von Waffen für eine Gruppe kann den Tatbestand erfüllen. Das Vereinsgesetz eröffnet zudem die Möglichkeit, solche Vereinigungen zu verbieten, ihr Vermögen einzuziehen und Sonderermittlungsbefugnisse zu gewähren. Diese Vorschriften dienen dem Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und verhindern das Entstehen privater, bewaffneter Machtstrukturen neben dem Staat.

Wie wird der Begriff „bewaffnete Gruppe“ im rechtlichen Kontext abgegrenzt?

Im rechtlichen Kontext versteht sich unter einer „bewaffneten Gruppe“ eine auf Dauer angelegte Organisation von mindestens drei Personen, die sich zusammengeschlossen haben, um gemeinsam rechtswidrige Taten zu begehen, bei denen Waffen zum Einsatz kommen sollen. Der Begriff umfasst dabei sowohl konventionelle Schusswaffen als auch andere gefährliche Werkzeuge, wenn diese zur Anwendung von Gewalt geeignet und bestimmt sind. Entscheidend ist nicht, ob die Waffen bereits beschafft wurden, sondern ob es im Zweck der Gruppe liegt, solche zu beschaffen oder einzusetzen. Auch lose Zusammenschlüsse, die nicht förmlich organisiert sind, können den Tatbestand erfüllen, sofern der bewaffnete Zweck im Vordergrund steht.

Welche Rolle spielt das Vereinsrecht bei der Beurteilung bewaffneter Gruppen?

Das Vereinsrecht, insbesondere § 3 VereinsG, untersagt Vereinigungen, deren Zwecke oder Tätigkeiten den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richten. Eine Vereinigung, die als bewaffnete Gruppe auftritt, kann nach §§ 129, 129a StGB und § 3 VereinsG als verboten erklärt und aufgelöst werden. Das Vereinsverbot kann Innenministerien von Bund und Ländern aussprechen, was zur Beschlagnahme und Einziehung des Gruppeneigentums führt. Auch das Betreiben, Unterstützen oder Werben für eine solche Vereinigung ist strafbar (§ 20 VereinsG). So wird sichergestellt, dass keine Organisation mit bewaffneten Strukturen in Deutschland legal agieren kann.

Was sind die strafrechtlichen Konsequenzen bei der Gründung oder Beteiligung an bewaffneten Gruppen?

Die Gründung, Leitung oder Mitgliedschaft in bewaffneten Gruppen kann nach deutschem Recht mit empfindlichen Strafen geahndet werden. Nach § 128 StGB drohen Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren, bei besonders schweren Fällen bis zu zehn Jahren (§ 129a StGB bei terroristischer Zielsetzung). Darüber hinaus können auch Unterstützungsleistungen, die Beschaffung von Waffen, logistische oder finanzielle Hilfe strafbar sein. In Fällen mit politischem oder terroristischem Hintergrund greifen meist verschärfte Strafrahmen, und Untersuchungshaft wird oftmals frühzeitig angeordnet. Das Strafrecht sieht ferner Maßnahmen wie Telekommunikationsüberwachung, Wohnungsdurchsuchungen und Vermögensabschöpfung vor.

Unterliegen bewaffnete Gruppen besonderen Überwachungs- und Ermittlungsmaßnahmen?

Ja, bewaffnete Gruppen werden verstärkt durch die Sicherheitsbehörden überwacht. Der Verfassungsschutz und die Polizei dürfen bei Verdacht auf Bildung oder Unterstützung solcher Gruppen erweiterte Ermittlungs- und Überwachungsmaßnahmen einsetzen. Dazu gehören Observation, Einsatz von V-Leuten, Telefon- und Internetüberwachung sowie das Abhören von Räumlichkeiten nach Maßgabe der Strafprozessordnung und des G-10-Gesetzes. Ziel der Maßnahmen ist die frühzeitige Identifikation und Verhinderung der Gefahren, die von solchen Gruppen ausgehen, sowie die Sammlung von Beweismitteln für spätere Strafverfahren.