Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Vertragsrecht»BGB-Informationspflichten-Verordnung

BGB-Informationspflichten-Verordnung


BGB-Informationspflichten-Verordnung: Überblick, Inhalt und Bedeutung

Die BGB-Informationspflichten-Verordnung (BGB-InfoV), offiziell Verordnung über Informations- und Nachweispflichten nach bürgerlichem Recht, stellt ein zentralregulatorisches Element des deutschen Verbraucherprivatrechts dar. Sie konkretisiert die im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) festgelegten Informationspflichten für Unternehmer, insbesondere im Zusammenhang mit Verbraucherverträgen, und trägt somit maßgeblich zur Stärkung des Verbraucherschutzes bei.

Rechtliche Grundlage und Entwicklung

Entstehungshintergrund

Die BGB-Informationspflichten-Verordnung wurde als Folgeverordnung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts sowie im Rahmen der Umsetzung europäischer Verbraucherschutzrichtlinien erlassen. Sie war notwendig, um die Vorgaben, insbesondere der Fernabsatzrichtlinie (Richtlinie 97/7/EG) und der Haustürgeschäfterichtlinie (Richtlinie 85/577/EWG), ins deutsche Recht zu implementieren. Ziel war die Schaffung einheitlicher, transparenter Vorgaben für Unternehmer bezüglich der Informationen, die sie Verbraucherinnen und Verbrauchern vor und nach Vertragsschluss bereitstellen müssen.

Gesetzgeberischer Werdegang

Die BGB-Informationpflichten-Verordnung trat am 1. Januar 2002 in Kraft (BGBl. I S. 837). Sie wurde im Verlauf mehrfach geändert, unter anderem im Zuge der Anpassung an weitere europäische Richtlinien und infolge der Umsetzung des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung. Durch das Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie (VRRL) zum 13. Juni 2014 und der Neufassung vieler Vorschriften im BGB wurde die BGB-InfoV weitgehend außer Kraft gesetzt; dennoch bleiben einige ihrer Regelungen, insbesondere zu Altverträgen sowie in Spezialmaterien, weiterhin relevant.

Inhalt und Anwendungsbereich

Anwendungsbereich

Die BGB-Informationspflichten-Verordnung regelt die Informations- und Nachweispflichten von Unternehmern gegenüber Verbrauchern in verschiedenen Vertragskonstellationen. Sie findet insbesondere Anwendung auf:

  • Fernabsatzverträge: Verträge, bei denen Unternehmer und Verbraucher ausschließlich unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln (z.B. Internet, Telefon) kommunizieren (§ 312b BGB a.F.).
  • Haustürgeschäfte: Verträge, die außerhalb von Geschäftsräumen des Unternehmers zustande kommen (§ 312 BGB a.F.).
  • Zeitarbeitsverträge und andere Vertragsarten: Einzelne Regelungen betreffen zudem besondere Vertragsverhältnisse, etwa im Bereich Zeitarbeit.

Struktur der Verordnung

Die BGB-Informationspflichten-Verordnung gliederte sich in mehrere Abschnitte, die folgende Regelungsbereiche abdecken:

Informationspflichten bei Fernabsatzverträgen

Unternehmer mussten dem Verbraucher vor Vertragsschluss unter anderem folgende Informationen bereitstellen:

  • Wesentliche Merkmale der Ware oder Dienstleistung
  • Name und Anschrift des Unternehmers
  • Gesamtpreis der Ware oder Dienstleistung einschließlich Steuern und Nebenkosten
  • Einzelheiten zur Zahlung, Lieferung und Vertragserfüllung
  • Bestehen eines Widerrufs- oder Rückgaberechts, einschließlich entsprechender Belehrung
Informationspflichten bei Haustürgeschäften

Auch bei Haustürgeschäften bestand eine Pflicht zur umfassenden Verbraucherinformation, zum Beispiel über:

  • die Identität des Unternehmers,
  • die wesentlichen Eigenschaften der angebotenen Leistung,
  • das Widerrufsrecht sowie dazugehörige Bedingungen und Fristen.
Informationspflichten bei weiteren Vertragstypen

Teils enthielt die Verordnung auch Regelungen zu schriftlichen Nachweispflichten und spezifischen Informationspflichten bei besonderen Vertragsarten, etwa im Arbeitsrecht.

Rechtsfolgen bei Verstößen

Unvollständige oder fehlende Informationen

Ein Verstoß gegen die Pflichten aus der BGB-Informationspflichten-Verordnung hatte erhebliche Rechtsfolgen. Insbesondere war das Widerrufsrecht des Verbrauchers solange nicht befristet, bis die erforderliche Information in Textform nachgeholt wurde (§ 355 BGB a.F.). Dies führte in der Praxis zu einer erheblichen Verlängerung von Widerrufsfristen, wenn Unternehmer ihren Pflichten nicht ordnungsgemäß nachkamen.

Auswirkungen auf die Vertragswirksamkeit

Die Missachtung der Informationspflichten konnte je nach Fall auch Auswirkungen auf die Wirksamkeit einzelner Vertragsbestimmungen oder des gesamten Vertrages haben. Zudem drohten wettbewerbsrechtliche Abmahnungen nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG).

Verhältnis zur aktuellen Rechtslage

Außerkrafttreten und Fortgeltung

Die BGB-Informationspflichten-Verordnung wurde im Wesentlichen durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie im Jahr 2014 abgelöst. Die maßgeblichen Informationspflichten finden sich seither direkt im BGB (§§ 312 ff.), insbesondere in Verbindung mit der BGB-Informationspflichten-Verordnung in der Fassung vom 5. August 2002, oder in Spezialgesetzen (z.B. EGBGB, PAngV).

Bedeutung für Altfälle und Spezialbereiche

Für bestimmte Altverträge und in einigen besonderen Spezialbereichen finden die früheren Regelungen der BGB-InfoV weiterhin Anwendung. Gerade bei der Nachbearbeitung von Altfällen oder in Gerichtsverfahren zu historischen Sachverhalten bleibt daher die Kenntnis über die Verordnung notwendig.

Bedeutung für Verbraucher und Unternehmer

Verbraucherschutz

Die BGB-Informationspflichten-Verordnung stellte einen bedeutenden Schritt zur Stärkung des Verbraucherschutzes dar, indem sie Transparenz und Rechtssicherheit bei Vertragsabschlüssen schuf und das Informationsgefälle zwischen Unternehmer und Verbraucher ausglich.

Unternehmerische Pflichten

Unternehmer wurden durch die Verordnung verpflichtet, standardisierte und umfassende Verbraucherinformationen zur Verfügung zu stellen und diese sowohl rechtzeitig als auch dauerhaft zugänglich zu machen. Die Anforderungen prägten die Geschäftspraxis maßgeblich, insbesondere im Onlinehandel und bei Haustürgeschäften.

Praxisrelevanz und Fazit

Die BGB-Informationspflichten-Verordnung war ein zentraler Baustein im System des deutschen Verbrauchervertragsrechts. Sie hat maßgeblich dazu beigetragen, die Pflichten von Unternehmern und die Rechte der Verbraucher transparent und verständlich zu regeln. Trotz ihrer weitgehenden Ablösung im Jahr 2014 bleibt sie für die Behandlung von Altverträgen sowie als Grundlagenwissen im Verbraucherrechtschutz von Bedeutung.

Weiterführende Rechtsnormen und Verweise

  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), insbesondere §§ 312 ff.
  • Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB)
  • Preisangabenverordnung (PAngV)
  • Gesetz über den unlauteren Wettbewerb (UWG)
  • Europäische Richtlinien zum Verbraucherschutz

Durch die Einhaltung und Umsetzung der BGB-Informationspflichten-Verordnung wurde der deutsche Rechtsrahmen im Verbraucherschutz gestärkt und den Anforderungen des europäischen Verbrauchervertragsrechts nachhaltig Rechnung getragen.

Häufig gestellte Fragen

Wann finden die Regelungen der BGB-Informationspflichten-Verordnung Anwendung?

Die BGB-Informationspflichten-Verordnung (BGB-InfoV) findet Anwendung auf eine Vielzahl von Verbraucherverträgen, insbesondere im Fernabsatz und bei Haustürgeschäften. Dies betrifft unter anderem Verträge, die über das Internet, per Telefon oder mittels Katalog abgeschlossen werden, sowie Verträge, die außerhalb von Geschäftsräumen des Unternehmers zustande kommen. Die Verordnung dient der Umsetzung der im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) vorgeschriebenen Informationspflichten und konkretisiert deren Inhalt und Umfang. Sie verpflichtet Unternehmer dazu, Verbrauchern bestimmte, wesentliche Informationen vor Vertragsschluss klar und verständlich mitzuteilen. Die Vorschriften der BGB-InfoV sind zwingend und dürfen nicht zum Nachteil des Verbrauchers abbedungen werden. Maßgeblich für die Anwendung ist in der Regel das Vorliegen eines Verbrauchervertrags nach §§ 312 ff. BGB i.V.m. § 1 BGB-InfoV.

Welche Informationspflichten müssen Unternehmer gemäß BGB-Informationspflichten-Verordnung erfüllen?

Die BGB-Informationspflichten-Verordnung verpflichtet Unternehmer dazu, Verbraucher vor Vertragsschluss umfassend über wesentliche Vertragsinhalte zu informieren. Dazu gehören insbesondere Angaben über die Identität und die ladungsfähige Anschrift des Unternehmers, die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung, den Gesamtpreis einschließlich aller Steuern und Kosten, Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen, das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufs- oder Rückgaberechts sowie die Bedingungen, Einzelheiten der Ausübung, Fristen und das Verfahren für die Ausübung dieses Rechts. Darüber hinaus müssen Informationen über die Gültigkeitsdauer von befristeten Angeboten, über Kundendienst und geltende Gewährleistungsbedingungen sowie gegebenenfalls über bestehende Funktionen der Waren in Bezug auf digitale Inhalte oder deren Interoperabilität bereitgestellt werden. Die Informationen müssen klar, verständlich und in einer dem eingesetzten Fernkommunikationsmittel angemessenen Weise erfolgen.

Welche Formvorschriften gelten für die Erfüllung der Informationspflichten nach der BGB-Informationspflichten-Verordnung?

Die Form der Erfüllung der Informationspflichten ist nach der BGB-Informationspflichten-Verordnung an das gewählte Fernkommunikationsmittel angepasst. Grundsätzlich müssen die Informationen dem Verbraucher in Textform zur Verfügung gestellt werden (§ 126b BGB), wobei dies auch elektronisch, zum Beispiel per E-Mail, erfolgen kann. Bei Fernabsatzverträgen ist sicherzustellen, dass der Verbraucher die Informationen auf einem dauerhaften Datenträger erhält, insbesondere dann, wenn ein Vertrag abgeschlossen wird, der dem Verbraucher ein Widerrufsrecht einräumt. Die Informationen müssen so bereitgestellt werden, dass sie für den Verbraucher jederzeit zugänglich sind und er sie speichern oder ausdrucken kann. Bei Vertragsabschlüssen am Telefon kann eine nachträgliche Übersendung in Textform erforderlich sein.

Welche Konsequenzen drohen bei einem Verstoß gegen die BGB-Informationspflichten-Verordnung?

Verstößt ein Unternehmer gegen die in der BGB-Informationspflichten-Verordnung normierten Pflichten, hat dies erhebliche rechtliche Konsequenzen. Ein nicht oder nicht ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht belehrter Verbraucher hat beispielsweise ein unbefristetes Widerrufsrecht, bis die Information nachgeholt wird. Zudem führen fehlende oder fehlerhafte Informationen unter Umständen zur Anfechtbarkeit von Verträgen und können wettbewerbsrechtliche Abmahnungen nach sich ziehen, da Informationspflichten auch als Marktverhaltensregeln im Sinne des § 3a UWG gelten. In gravierenden Fällen drohen Schadensersatzansprüche von Verbrauchern sowie behördliche Sanktionen. Es besteht auch die Gefahr, dass der Vertrag insgesamt unwirksam ist, insbesondere wenn zentrale Informationen verschwiegen wurden und dadurch eine erhebliche Benachteiligung des Verbrauchers eintritt.

Gibt es Ausnahmen von den Pflichten der BGB-Informationspflichten-Verordnung?

Ja, die BGB-Informationspflichten-Verordnung regelt einige Ausnahmen. So gelten bestimmte Informationspflichten nicht, wenn die Art des jeweiligen Fernkommunikationsmittels oder des Vertragsabschlusses eine Mitteilung der Informationen in der vorgeschriebenen Form nicht zulässt, beispielsweise bei sehr begrenztem Platzangebot (zum Beispiel SMS-Vertragsschluss). In diesen Fällen ist der Unternehmer verpflichtet, die wesentlichen Informationen so bald wie möglich nachzuholen. Außerdem gibt es Ausnahmen für bestimmte Vertragstypen, wie beispielsweise bei Verträgen zur Lieferung von Lebensmitteln, Getränken oder anderen Haushaltsgegenständen des täglichen Bedarfs, die vom Unternehmer im Rahmen häufiger und regelmäßiger Fahrten geliefert werden, oder bei bestimmten kurzfristigen Dienstleistungen.

Welche besonderen Pflichten bestehen bei Verträgen über digitale Inhalte oder Dienstleistungen?

Die BGB-Informationspflichten-Verordnung sieht für Verträge über digitale Inhalte oder Dienstleistungen gesonderte Informationspflichten vor. Insbesondere muss der Unternehmer klare Angaben zur Funktionsweise des digitalen Inhalts oder der digitalen Dienstleistung sowie zu den erforderlichen technischen Voraussetzungen, zur Kompatibilität und zur vorhandenen Interoperabilität machen. Bei digitalen Produkten ist zudem über die Bereitstellung von Aktualisierungen und deren Bedingungen zu informieren. Auch Fragen des Datenschutzes und der Datennutzung sind dem Verbraucher offen zu legen. Diese erweiterten Pflichten resultieren aus der Notwendigkeit, die Transparenz und Rechtssicherheit auch im digitalen Geschäftsverkehr sicherzustellen.

Wie wirkt sich die BGB-Informationspflichten-Verordnung auf bestehende Vertragsverhältnisse aus?

Die Informationspflichten nach der BGB-InfoV beziehen sich grundsätzlich auf die Phase vor Vertragsschluss. Werden bestehende Vertragsverhältnisse wesentlich geändert oder verlängert (z.B. bei Abonnementmodellen oder Vertragsverlängerungen), können die Informationspflichten erneut auszulösen sein, insbesondere wenn sich wesentliche Bedingungen ändern oder neue Leistungen angeboten werden. Auch im Falle von Zusatz- oder Erweiterungsverträgen müssen alle relevanten Informationen erneut in transparenter und verständlicher Weise zur Verfügung gestellt werden. Dies soll gewährleisten, dass Verbraucher auch bei fortlaufenden Vertragsbeziehungen stets im Besitz aller notwendigen Informationen sind, die für eine informierte Entscheidung erforderlich sind.