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BGB-Gesellschaft


Begriff und Rechtsgrundlagen der BGB-Gesellschaft

Die BGB-Gesellschaft (Bürgerlich-rechtliche Gesellschaft, kurz GbR) ist eine in den §§ 705 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) geregelte Personengesellschaft, die einen vertraglich vereinbarten gemeinsamen Zweck verfolgt. Diese Gesellschaftsform stellt die einfachste und grundlegendste Ausprägung einer Personengesellschaft im deutschen Zivilrecht dar und wird daher häufig als Grundform der privatrechtlichen Gesellschaft angesehen.

Gründung und Gesellschaftsvertrag

Zustandekommen der BGB-Gesellschaft

Eine BGB-Gesellschaft wird durch den Abschluss eines Gesellschaftsvertrags gegründet. Dieser Vertrag ist formfrei, was bedeutet, dass die Gründung grundsätzlich mündlich, schriftlich oder sogar durch schlüssiges (konkludentes) Verhalten erfolgen kann. Ausnahmen bestehen, wenn das Gesellschaftsziel eine Formvorschrift erfordert (beispielsweise ein Grundstückskauf, § 311b BGB).

Gesellschaftszweck und Gestaltungsfreiheit

Der Gesellschaftszweck kann sowohl auf Erwerb als auch auf ideelle Ziele gerichtet sein. Die Gesellschaft ist zur Verfolgung jedes gesetzlich zulässigen Zwecks befugt, solange dieser nicht den Betrieb eines Handelsgewerbes zum Gegenstand hat. Liegt letzteres vor, wird nach §§ 105 ff. HGB eine offene Handelsgesellschaft (OHG) angenommen.

Rechte und Pflichten der Gesellschafter

Beiträge und Haftung

Jeder Gesellschafter ist verpflichtet, zum vereinbarten Zweck einen Beitrag zu leisten. Beiträge können in Geld, Sachen, Rechten oder Dienstleistungen bestehen. Für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haften die Gesellschafter gemäß § 421 BGB (Gesamtschuldner) grundsätzlich persönlich, unbeschränkt und unmittelbar.

Innen- und Außenverhältnis

Im Innenverhältnis bestimmen die Gesellschafter grundsätzlich frei die Regelungen zur Geschäftsführung und Vertretung. Im Regelfall sind alle Gesellschafter gemeinschaftlich geschäftsführungsbefugt (§ 709 BGB). Im Außenverhältnis haften die Gesellschafter spätestens seit der grundlegenden BGH-Entscheidung von 2001 (BGHZ 146, 341) als Gesamtschuldner auch Dritten gegenüber unmittelbar.

Geschäftsführung und Vertretung

Die Geschäftsführung umfasst alle Handlungen zur Förderung des Gesellschaftszwecks und kann durch Gesellschaftsvertrag beliebig geregelt oder einem einzelnen Gesellschafter zugewiesen werden. Fehlt eine abweichende Regelung, gilt das Prinzip der Gesamtgeschäftsführung (§ 709 BGB). Auch die Vertretung nach außen folgt grundsätzlich dieser Regel.

Rechtsfähigkeit und Gesellschaftsvermögen

Teilrechtsfähigkeit der BGB-Gesellschaft

Die BGB-Gesellschaft ist als teilrechtsfähige Personengesellschaft anerkannt. Sie kann eigene Rechte erwerben, Verbindlichkeiten eingehen und als Partei vor Gericht auftreten. Das Gesellschaftsvermögen ist gemeinschaftliches Vermögen (Gesamthandsvermögen) der Gesellschafter (§ 718 BGB).

Gesellschaftsvermögen

Zum Gesellschaftsvermögen zählen alle in das Gemeinschaftsunternehmen eingebrachten und während des Bestehens erworbenen Gegenstände, die dem Zweck der Gesellschaft dienen. Über diese Vermögenswerte können die Gesellschafter nur gemeinschaftlich verfügen.

Beendigung und Auseinandersetzung

Gründe für die Auflösung

Die BGB-Gesellschaft endet durch die im Gesellschaftsvertrag vereinbarte Zeit, Erreichen oder Unmöglichwerden des Gesellschaftszwecks, Beschluss aller Gesellschafter, Tod eines Gesellschafters (sofern vertraglich nicht anders geregelt) oder durch Kündigung eines Gesellschafters (§ 723 ff. BGB). Die Gesellschaft endet auch bei Insolvenz oder gerichtlicher Entscheidung zur Auflösung.

Auseinandersetzungsverfahren

Mit Ende der Gesellschaft erfolgt die sogenannte Auseinandersetzung. Dabei werden die Gesellschaftsverbindlichkeiten berichtigt, das verbleibende Vermögen unter den Gesellschaftern entsprechend ihrer Beteiligung verteilt und die Gesellschaft abgewickelt.

Abgrenzung zu anderen Gesellschaftsformen

Offene Handelsgesellschaft (OHG) und Partnerschaftsgesellschaft

Die BGB-Gesellschaft ist strikt von der OHG abzugrenzen, deren Gründung voraussetzt, dass ein Handelsgewerbe betrieben wird (§§ 105 ff. HGB). Die Partnerschaftsgesellschaft (§§ 1 ff. PartGG) wiederum stellt eine Sonderform für die Ausübung freier Berufe dar.

Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Steuer- und Arbeitsrecht

Im Steuerrecht wird der Begriff der BGB-Gesellschaft vielfach synonym zur „Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ gebraucht. Im Arbeitsrecht ist die Gründung einer Arbeitnehmergesellschaft in Form einer GbR aus praktischen Erwägungen durchaus relevant.

Typische Anwendungsbereiche

BGB-Gesellschaften werden häufig von Freiberuflern, Projektteams, privaten Zusammenschlüssen (wie Fahrgemeinschaften oder Wohngemeinschaften) sowie von Unternehmen im Rahmen gemeinsamer Unternehmungen genutzt. Besonders aus praktischen Gründen, etwa aufgrund der flexiblen Gestaltungsmöglichkeit und der einfachen Gründung, erfreut sich diese Gesellschaftsform großer Beliebtheit in Deutschland.

Gesetzliche Vorschriften

Die maßgeblichen gesetzlichen Regelungen finden sich in den §§ 705 bis 740 BGB. Ergänzend sind Vorschriften des Handelsgesetzbuchs (HGB), des Bürgerlichen Rechts und diverse Spezialgesetze zu berücksichtigen, sofern der besondere Anwendungsfall dies verlangt.

Fazit

Die BGB-Gesellschaft bildet die Grundlagen des deutschen Gesellschaftsrechts und ist aus dem Wirtschaftsleben und dem privatrechtlichen Bereich nicht wegzudenken. Ihre Flexibilität, einfache Gründung und vielfältige Einsatzmöglichkeiten machen sie zu einer zentralen Rechtsform, deren rechtliche Ausgestaltung und konsequente Abgrenzung besondere Beachtung verlangt.


Literaturhinweis: Für weiterführende Informationen empfehlen sich das Bürgerliche Gesetzbuch mit Kommentierung, aktuelle Rechtsprechung sowie einschlägige Lehr- und Handbücher zum deutschen Gesellschaftsrecht.

Häufig gestellte Fragen

Wie haften die Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft für Verbindlichkeiten der Gesellschaft?

Die Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft (GbR) haften grundsätzlich persönlich, unbeschränkt und gesamtschuldnerisch für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Diese Haftung ist im § 128 HGB analog entsprechend anwendbar, nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) im Jahre 2001 klargestellt hat, dass die GbR als Gesamthandsgesellschaft auch Trägerin von Rechten und Pflichten sein kann. Das bedeutet, dass Gläubiger sowohl die Gesellschaft als solche als auch die einzelnen Gesellschafter unmittelbar und in voller Höhe auf Erfüllung der Verbindlichkeiten in Anspruch nehmen können. Jeder Gesellschafter haftet dabei mit seinem gesamten Privatvermögen, es gibt kein Haftungslimit. Erst wenn alle Verbindlichkeiten beglichen sind, können die Gesellschafter im Innenverhältnis einen Ausgleich untereinander verlangen. Im Übrigen erstreckt sich die Haftung auch auf nachträglich eintretende Gesellschafter für bereits bestehende Schulden der Gesellschaft, es sei denn, die Haftung wurde im Einzelfall vertraglich ausgeschlossen und der Gläubiger stimmt diesem Ausschluss ausdrücklich zu.

Welche Bedeutung hat der Gesellschaftsvertrag für die Rechte und Pflichten der Gesellschafter?

Der Gesellschaftsvertrag ist das zentrale Regelungsinstrument der GbR und verbindlich für sämtliche Rechte und Pflichten der Gesellschafter untereinander und im Verhältnis zur Gesellschaft. Er kann sowohl schriftlich, mündlich als auch durch schlüssiges Handeln zustande kommen. Im Gesellschaftsvertrag können etwa Kapital- und Sacheinlagen, Gewinn- und Verlustverteilung, Geschäftsführung, Vertretung sowie Regelungen zur Aufnahme neuer Gesellschafter und zum Ausscheiden bestehender Gesellschafter detailliert festgelegt werden. Gesetzliche Regelungen des BGB (§§ 705 ff.) können, sofern sie nicht zwingend sind, durch abweichende Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag modifiziert oder ergänzt werden. Insbesondere die Geschäftsführungsbefugnis, die im Zweifel grundsätzlich allen Gesellschaftern gemeinschaftlich zusteht, lässt sich vertraglich einem oder mehreren Gesellschaftern einzeln übertragen (vgl. § 710 BGB). Auch Regelungen zur Gewinnverteilung, die eigentlich nach Köpfen erfolgt (§ 721 BGB), können individuell gestaltet werden.

Wann und wie endet eine BGB-Gesellschaft und was sind die rechtlichen Folgen?

Die BGB-Gesellschaft endet durch Auflösung, die verschiedene Ursachen haben kann: Erreichen des Gesellschaftszwecks, Zeitablauf bei befristeten Gesellschaften, Beschluss der Gesellschafter, Eintritt eines wichtigen Grundes oder Tod eines Gesellschafters, soweit der Gesellschaftsvertrag nichts anderes regelt. Die Auflösung führt zunächst in die Liquidationsphase, in der die laufenden Geschäfte zu beenden, offene Forderungen einzuziehen, Verbindlichkeiten zu begleichen und das verbleibende Vermögen unter den Gesellschaftern aufzuteilen sind (§ 730 ff. BGB). Die Gesellschaft bleibt während der Liquidation als Abwicklungsgesellschaft bestehen und kann klagen und verklagt werden. Mit Abschluss der Liquidation erlischt die Gesellschaft endgültig. Zu beachten ist, dass die Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft auch nach der Auflösung und Liquidation fortbesteht, solange Verbindlichkeiten oder offene Forderungen gegenüber Dritten bestehen.

Wer vertritt die BGB-Gesellschaft nach außen?

Die Vertretung der BGB-Gesellschaft richtet sich vorrangig nach den Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag. Fehlt eine ausdrückliche Regelung, sind grundsätzlich alle Gesellschafter gemeinschaftlich zur Vertretung berechtigt und verpflichtet (§ 714 BGB). Verträge mit Dritten müssen daher im Zweifel von allen Gesellschaftern unterzeichnet werden, damit sie wirksam für und gegen die Gesellschaft gelten. Die Gesellschafter können jedoch auch durch Gesellschaftsvertrag einem oder mehreren Gesellschaftern Einzel- oder Gesamtvertretungsmacht einräumen. Die Vertretungsvollmacht ist grundsätzlich weit, sie umfasst alle Handlungen, die zur Erreichung des Gesellschaftszwecks erforderlich sind. Im Außenverhältnis ist ein von der gesetzlichen Vertretungsregelung abweichender Ausschluss zu beachten, wenn der Dritte hiervon wusste. Die Gesellschaft selbst ist im Übrigen als solche nicht rechtsfähig, aber parteifähig und kann im eigenen Namen klagen und verklagt werden.

Welche Mitbestimmungsrechte haben die Gesellschafter?

Die Mitbestimmungsrechte der Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft ergeben sich in erster Linie aus ihrem Status als Gesellschafter und sind gesetzlich in §§ 709 ff. BGB geregelt. Grundsätzlich gilt das Prinzip der Gesamtgeschäftsführung und Gesamtvertretung, das heißt, alle Gesellschafter müssen Geschäftsführungs- bzw. Vertretungshandlungen gemeinsam vornehmen. Jedem Gesellschafter steht ein Kontroll- und Einsichtsrecht in die Geschäfte und Unterlagen der Gesellschaft zu (§ 716 BGB). Sämtliche grundlegenden Entscheidungen, die den Bestand oder die Struktur der Gesellschaft betreffen (z.B. Aufnahme/Ausscheiden eines Gesellschafters, Änderung des Gesellschaftsvertrags, Auflösung der Gesellschaft), bedürfen grundsätzlich der Zustimmung aller Gesellschafter (Einstimmigkeitsprinzip). Im Gesellschaftsvertrag kann das Einstimmigkeitsprinzip durch Mehrheitsentscheidungen ersetzt oder modifiziert werden.

Wie ist der Gewinn- und Verlustverteilungsmaßstab einer BGB-Gesellschaft geregelt?

Die Verteilung von Gewinn und Verlust erfolgt bei einer BGB-Gesellschaft, sofern nicht anders vereinbart, nach den gesetzlichen Vorgaben in § 721 BGB. Danach sind Gewinn und Verlust grundsätzlich gleichmäßig nach Köpfen, also unabhängig von Höhe der Einlagen oder Arbeitsleistung, zu verteilen. Abweichende Verteilungsmaßstäbe können jedoch im Gesellschaftsvertrag frei vereinbart werden. So ist es möglich, eine Teilung nach dem Verhältnis der eingebrachten Kapitalanteile, nach Arbeits- oder sonstigem Einsatz oder eine anderweitige Kombination festzulegen. Für den Fall, dass keine Regelung zur Verlustverteilung getroffen wurde, gilt § 722 BGB: Der Verlust ist ebenso wie der Gewinn zu verteilen. Eine Vereinbarung, nach der ein Gesellschafter nur am Gewinn, nicht aber am Verlust beteiligt wird („Teilgewinnberechtigung“), ist grundsätzlich unzulässig.

Was ist bei der Aufnahme und beim Ausscheiden von Gesellschaftern zu beachten?

Die Aufnahme neuer Gesellschafter in eine BGB-Gesellschaft bedarf im Regelfall der Zustimmung aller bisherigen Gesellschafter (§ 706, § 709 BGB). Mit der Aufnahme eines neuen Gesellschafters wird der Gesellschaftsvertrag entsprechend angepasst, und der neue Gesellschafter wird Teil der Gesellschaft mit allen Rechten und Pflichten, insbesondere auch hinsichtlich der Haftung für bereits bestehende Verbindlichkeiten der Gesellschaft, es sei denn, es wird im Einzelfall anderweitig vereinbart und den Gläubigern mitgeteilt sowie von ihnen anerkannt. Beim Ausscheiden eines Gesellschafters werden dessen Rechte und Pflichten grundsätzlich auf die verbleibenden Gesellschafter übertragen, und der Gesellschaftsvertrag ist ggf. anzupassen. Gründe für ein Ausscheiden können sein: Tod, Kündigung, Ausschluss aufgrund wichtigen Grundes oder einvernehmliches Ausscheiden. Mit dem Ausscheiden endet aber nicht ohne Weiteres automatisch die Beteiligung an Vermögen und Gewinn: Es ist ein Auseinandersetzungsguthaben zu erstellen, das dem ausscheidenden Gesellschafter zusteht. Für bereits während seiner Zugehörigkeit eingegangene Verbindlichkeiten haftet er nach, bis diese erfüllt oder verjährt sind.