Legal Lexikon

Bezirksstadtrat


Begriff und rechtliche Einordnung des Bezirksstadtrats

Der Bezirksstadtrat ist ein kommunalrechtliches Organ im politischen System der deutschen Hauptstadt Berlin. Im Rahmen der Berliner Verfassung nimmt der Bezirksstadtrat eine bedeutende Stellung in der bezirklichen Verwaltungsebene ein. Der Bezirksstadtrat ist Teil des Bezirksamts, welches die Verwaltungsbehörde des jeweiligen Berliner Bezirks bildet.

Systematik und Abgrenzung

Anders als der Begriff „Stadtrat“ in anderen deutschen Ländern, dessen Bedeutung und Aufgaben sich teilweise unterscheiden, ist der Bezirksstadtrat eine spezifisch Berliner Institution. Er ist kein Mitglied eines kommunalen Parlaments (wie etwa dem Stadtrat in anderen Städten), sondern ein Mitglied der Exekutive auf Bezirksebene.

Im Gegensatz dazu begegnet man in anderen Bundesländern auf kommunaler Ebene häufig der Bezeichnung „Stadtrat“ für die Mitglieder der Stadtverordnetenversammlung oder des Gemeinderats. Die Berliner Bezirksstadträte hingegen sind Teil des Verwaltungsorgans und nicht der Legislative.

Rechtsgrundlagen des Bezirksstadtrats in Berlin

Verfassung von Berlin

Die Verfassung von Berlin (Verf. BE) enthält in Artikel 68ff. die grundlegenden Regelungen zur Verfassung der Bezirke und des Bezirksamts. Die Bestellung, Aufgaben und die Rechtsstellung des Bezirksstadtrats leiten sich hieraus und aus dem Berliner Bezirksverwaltungsgesetz (BezVG) ab.

Bezirksverwaltungsgesetz (BezVG)

Das Bezirksverwaltungsgesetz (BezVG) regelt detailliert die Kompetenzen, Zuständigkeiten und das Verfahren zur Bildung des Bezirksamts sowie die Rechtsstellung der Bezirksstadträte.

Zusammensetzung des Bezirksamts

Das Bezirksamt besteht aus dem Bezirksbürgermeister und bis zu fünf Bezirksstadträten (§ 35 BezVG). Die genaue Zahl der Stadträte wird durch die Bezirksverordnetenversammlung bestimmt.

Wahl und Amtszeit

Die Bezirksstadträte werden durch die Bezirksverordnetenversammlung in einem besonderen Wahlverfahren gewählt (§ 36 BezVG). Die Wahl erfolgt für die Dauer der Wahlperiode der Bezirksverordnetenversammlung, in der Regel fünf Jahre. Stimmberechtigt in der Wahl sind die Mitglieder der Bezirksverordnetenversammlung.

Anstellung und Rechtsstellung

Die Bezirksstadträte sind hauptamtliche Wahlbeamte auf Zeit. Sie haben den Status eines kommunalen Beamten auf Zeit, genießen daraus resultierende beamtenrechtliche Rechte und Pflichten wie zum Beispiel Amtsverschwiegenheit, Neutralität und Unabhängigkeit in der Vornahme ihrer Dienstgeschäfte.

Abberufung und Amtsniederlegung

Bezirksstadträte können durch die Bezirksverordnetenversammlung abberufen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt (zum Beispiel grobe Pflichtverletzung oder Vertrauensverlust). Eine Abberufung erfordert eine qualifizierte Mehrheit. Ebenso ist die Amtsniederlegung durch den Bezirksstadtrat möglich.

Aufgaben und Zuständigkeiten der Bezirksstadträte

Aufgabenverteilung im Bezirksamt

Die Bezirksstadträte leiten gemäß § 36a BezVG jeweils eigenverantwortlich einen bestimmten Verwaltungsfachbereich, der ihnen durch Beschluss des Bezirksamts zugewiesen wird. Typische Ressorts sind Jugend und Familie, Schule, Gesundheit, Stadtentwicklung, Soziales, Bürgerdienste oder Umwelt.

Geschäftsverteilung und Entscheidungsfindung

Innerhalb ihrer Ressorts üben Bezirksstadträte die Dienst- und Fachaufsicht aus. Grundlegende oder ressortübergreifende Angelegenheiten werden im Kollegium des Bezirksamts entschieden. In strittigen Fällen entscheidet das Kollegium mit Stimmenmehrheit. Der Bezirksbürgermeister führt den Vorsitz.

Kontrolle durch die Bezirksverordnetenversammlung

Die Bezirksverordnetenversammlung hat ein umfassendes Fragerecht und Kontrollinstrumente gegenüber den Bezirksstadträten. Bezirksstadträte sind verpflichtet, der Bezirksverordnetenversammlung regelmäßig Bericht zu erstatten und Auskünfte zu geben.

Rechtsstellung und rechtliche Besonderheiten

Beamtenstatus und Aufgabenwahrnehmung

Bezirksstadträte werden als Beamte auf Zeit ernannt und erhalten eine entsprechende Besoldung. Ihnen obliegen die allgemeinen beamtenrechtlichen Grundpflichten. Verstöße gegen diese können sowohl disziplinarrechtliche als auch politische Folgen haben.

Unvereinbarkeiten und Befangenheiten

Bestimmte Tätigkeiten sind mit dem Amt des Bezirksstadtrats gesetzlich unvereinbar – so dürfen sie während der Amtszeit keine gewerblichen Tätigkeiten im Aufsichtsbereich ihres Ressorts ausüben oder Mandate bekleiden, die zu Interessenkonflikten führen könnten.

Verantwortlichkeit und Haftung

Bezirksstadträte haften, wie andere kommunale Beamte, für vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzungen der ihnen obliegenden Dienstpflichten. Darüber hinaus ist geregelt, dass auch das Bezirksamt als Kollegialorgan für rechtswidrige Verwaltungsakte einzustehen hat.

Bedeutung in der Berliner Verwaltungsgliederung

Der Bezirksstadtrat ist ein herausgehobenes Element der Berliner Bezirksverwaltung. Im Unterschied zu den meisten Bundesländern, in denen die kommunale Selbstverwaltung unmittelbar durch gewählte Bürgermeister und Gemeinderäte ausgeübt wird, besteht in Berlin eine Mischform aus zentraler und dezentraler Verwaltung. Die Aufgaben der Bezirksstadträte fügen sich in dieses System als Exekutivorgane der bezirklichen Verwaltung ein.

Übersicht: Wichtige Rechtsvorschriften zum Bezirksstadtrat

  • Verfassung von Berlin (insbesondere Art. 68-73)
  • Bezirksverwaltungsgesetz Berlin (BezVG)
  • Landesbeamtengesetz Berlin
  • Weitere relevante Vorschriften, etwa zur Kommunalverfassung, zu Haushalts- und Verwaltungsrecht

Fazit

Der Begriff Bezirksstadtrat beschreibt ein auf die Berliner Verwaltung zugeschnittenes Amt. Die gesetzlichen Regelungen ordnen dem Bezirksstadtrat eine verantwortungsvolle und rechtlich klar umrissene Rolle innerhalb des Verwaltungsorgans des Bezirksamts zu. Die Kombination aus eigenständiger Ressortverantwortung, kollegialer Entscheidungsfindung und umfassender Kontrolle durch die Bezirksverordnetenversammlung macht den Bezirksstadtrat zu einer zentralen Figur in der Berliner Bezirksverwaltung.


Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für die Wahl eines Bezirksstadtrats erfüllt sein?

Um als Bezirksstadtrat gewählt werden zu können, müssen bestimmte rechtliche Voraussetzungen gemäß den jeweiligen Landesgesetzen – insbesondere dem Bezirksverwaltungsgesetz (BezVG) und dem Berliner Landeswahlgesetz – erfüllt werden. Hierzu zählt in der Regel, dass die zu wählende Person die deutsche Staatsangehörigkeit oder – seit der Reform 2021 in Berlin – auch die eines anderen EU-Mitgliedstaates besitzt. Weiterhin ist ein Mindestalter von 18 Jahren vorausgesetzt sowie die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter und uneingeschränkte Wählbarkeit. Die Kandidatin oder der Kandidat muss darüber hinaus in einem rechtlichen Verhältnis zu dem jeweiligen Bezirk oder zumindest zum Bundesland Berlin stehen, welches meist in Form eines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts nachgewiesen wird. Des Weiteren dürfen keine rechtlichen Hinderungsgründe, etwa durch laufende Strafverfahren oder bestimmte Vorstrafen, gegen die Kandidatur bestehen.

Wie erfolgt die rechtliche Bestellung und Ernennung eines Bezirksstadtrats?

Die Bestellung eines Bezirksstadtrats geschieht nach juristisch normierten Verfahren. Zunächst erfolgt die Wahl in der Bezirksverordnetenversammlung des jeweiligen Berliner Bezirks nach den Vorgaben der Berliner Verfassung und des Bezirksverwaltungsgesetzes. Die Wahl wird in geheimer Abstimmung durchgeführt und erfordert in einer ersten Runde eine absolute Mehrheit der anwesenden Bezirksverordneten. Nach erfolgreicher Wahl wird der oder die Gewählte durch den Bezirksbürgermeister zum Beamten auf Zeit ernannt. Die Ernennung hat unter Beachtung der Beamtenrechtsrahmenbedingungen zu erfolgen, wodurch unter anderem besondere Vorschriften zur Amtseinführung, Eidleistung sowie zur Übernahme von Dienstpflichten greifen. Die Amtszeit beträgt grundsätzlich fünf Jahre, eine erneute Wahl ist zulässig.

Welche rechtlichen Befugnisse und Verantwortlichkeiten hat ein Bezirksstadtrat?

Ein Bezirksstadtrat ist rechtlich mit der Führung eines Dezernats innerhalb der Bezirksverwaltung beauftragt und verfügt über die hierfür erforderlichen Leitungs- und Entscheidungsbefugnisse. Die Zuweisung des konkreten Dezernats ergibt sich aus rechtlichen Vorgaben der Geschäftsverteilung, die entweder per Gesetz geregelt oder innerhalb der Bezirksämter vereinbart wird. Zu den juristisch relevanten Aufgaben zählen die rechtsverbindliche Zeichnung von Verwaltungsakten, Haushaltsführung im zugewiesenen Bereich, die Ausübung des Dienstvorgesetztenrechtes gegenüber unterstellten Beschäftigten sowie die Verantwortung für rechtskonforme Verwaltungsentscheidungen. Die Tätigkeit unterliegt dabei der Kontrolle und rechtlichen Überprüfung durch die Bezirksverordnetenversammlung sowie durch übergeordnete Rechtsaufsichtsbehörden. Verstöße gegen Recht und Gesetz können mit Disziplinarmaßnahmen, Abwahl oder rechtlichen Schritten geahndet werden.

Unterliegt ein Bezirksstadtrat der kommunalrechtlichen Verantwortlichkeit und Kontrolle?

Bezirksstadträte sind ausdrücklich Bestandteil der kommunalen Selbstverwaltung, unterliegen jedoch umfassenden rechtlichen Kontroll- und Verantwortlichkeitsmechanismen. Zu den wichtigsten gehört die Kontrollfunktion der Bezirksverordnetenversammlung, die nicht nur im Rahmen der Wahl, sondern insbesondere durch Auskunfts- und Berichtspflichten, interpellative Verfahren (Anfragen), Akteneinsichtsrechte und Misstrauensanträge ausgeübt wird. Rechtsaufsichtliche Kontrolle durch Landesbehörden kann erfolgen, wenn Bezirksstadträte die gesetzlichen Regelungen übertreten oder ihre Kompetenzen überschreiten. Das Kommunalrecht sieht hierfür abgestufte Interventionsmöglichkeiten bis hin zur Suspendierung oder zur Anrufung der Gerichte vor. Ferner gilt das spezielle Beamtenrecht; Verstöße können disziplinarrechtliche Maßnahmen wie Dienstenthebung zur Folge haben.

Wie ist die rechtliche Stellung eines Bezirksstadtrats im Beamtenrecht geregelt?

Bezirksstadträte gelten als Beamte auf Zeit im besonderen Dienstverhältnis und unterliegen somit den einschlägigen Regelungen des Landesbeamtenrechts. Dies betrifft neben Ernennung und Entlassung auch Rechte und Pflichten (z. B. Amtsverschwiegenheit, unparteiische Amtsführung, Dienstpflichten). Ihre Besoldung sowie Versorgungsansprüche richten sich nach den Beamtenbesoldungsgesetzen des Landes. Daneben greifen Vorschriften zum Dienstvergehen, die alle in den Disziplinargesetzen der Länder ausgeformt sind. Nach Ablauf der Amtszeit haben Bezirksstadträte unter Umständen Anspruch auf Übergangsgeld und Versorgungsbezüge, sofern die beamtenrechtlichen Voraussetzungen (z.B. Mindestamtszeit) erfüllt werden.

Können Bezirksstadträte rechtlich zur Verantwortung gezogen oder abberufen werden?

Ja, Bezirksstadträte sind sowohl politisch als auch rechtlich zur Verantwortung zu ziehen und können unter bestimmten juristisch definierten Voraussetzungen abberufen werden. Einzelfallbezogen kann die Bezirksverordnetenversammlung einen Misstrauensantrag stellen; bei erfolgreichem Antrag findet eine Abwahl statt, die mit qualifizierter Mehrheit beschlossen werden muss. Disziplinarrechtliche Verfahren können eingeleitet werden, wenn Dienstvergehen gem. Disziplinarrecht nachgewiesen werden. Schwere Verstöße gegen Recht und Gesetz oder dauerhafte Pflichtversäumnisse können auch eine sofortige Suspendierung und Entlassung aus dem Beamtenverhältnis nach sich ziehen. Daneben können Verwaltungs- oder Strafverfahren eingeleitet werden, falls der Bezirksstadtrat gegen geltendes Recht verstoßen hat.

Welche rechtlichen Regelungen gelten im Falle der Verhinderung oder Vakanz eines Bezirksstadtrats?

Bei vorübergehender Verhinderung eines Bezirksstadtrats – etwa wegen Krankheit, Urlaub oder aus anderen gewichtigen Gründen – sieht das Bezirksverwaltungsgesetz sowie die jeweiligen Geschäftsordnungen der Bezirksämter die Vertretung durch ein anderes Mitglied des Bezirksamts vor, das in dessen Aufgabenbereich rechtsverbindlich handeln darf. Wird das Amt dauerhaft vakant, muss unverzüglich eine Neuwahl in der Bezirksverordnetenversammlung erfolgen. Zwischenzeitliche kommissarische Leitung durch ein anderes Bezirksamtsmitglied ist rechtlich gedeckt, kann jedoch keine dauerhafte Bestellung eines neuen Stadtrats ersetzen. Die gesetzlichen Regelungen gewährleisten, dass die Handlungsfähigkeit der bezirklichen Verwaltung durchgängig gesichert und alle Rechtsgeschäfte gültig bleiben.

Welche besonderen rechtlichen Anforderungen bestehen hinsichtlich der Verschwiegenheit und Interessenwahrung für Bezirksstadträte?

Bezirksstadträte sind streng an die Vorgaben zu Amtsverschwiegenheit und an das Verbot der Vorteilsnahme gebunden, wie sie im Beamtenrecht und in besonderen Anti-Korruptionsgesetzen normiert sind. Sie dürfen keine Informationen unbefugt an Dritte weitergeben und müssen Interessenkonflikte, etwa durch Nebentätigkeiten oder eigennützige Beteiligungen, offenlegen und vermeiden. Verletzungen dieser Pflichten werden rechtlich streng sanktioniert; neben Disziplinarmaßnahmen sind auch strafrechtliche Folgen (z.B. wegen Verrats von Dienstgeheimnissen oder Bestechlichkeit) möglich. Compliance-Vorgaben und regelmäßige Belehrungen über Rechte und Pflichten nach dem Landesbeamtengesetz sind für Bezirksstadträte verpflichtend vorgesehen.