Begriff und Definition der Bezahlten Karenz
Bezahlte Karenz beschreibt einen Zeitraum, in dem ein Arbeitsverhältnis trotz vorübergehender Arbeitsfreistellung aufgrund bestimmter, gesetzlich oder vertraglich geregelter Umstände fortbesteht und die pflichtgemäße Vergütung weiterhin gezahlt wird. Der Begriff „Karenz“ stammt aus dem Arbeitsrecht und bezeichnet im Allgemeinen eine arbeitsfreie Zeit, in der ein Beschäftigungsverhältnis (mit oder ohne Entgelt) aufrechterhalten bleibt. Im Gegensatz zur unbezahlten Karenz erhält die arbeitnehmende Person während der bezahlten Karenz weiterhin eine Vergütung oder eine sonstige Leistung zum Lohnersatz.
Abgrenzung zu verwandten Begriffen
Bezahlte Karenz ist abzugrenzen von ähnlichen arbeitsrechtlichen Konstruktionen wie Mutterschutz, Elternzeit, Pflegezeit, unbezahlte Freistellung oder unbezahlter Urlaub. Die Besonderheit der bezahlten Karenz liegt in der Verbindung der Arbeitsbefreiung mit dem Anspruch auf Entgeltfortzahlung oder Lohnersatz.
Gesetzliche Grundlagen der bezahlten Karenz in Deutschland
Mutterschutz und Mutterschaftsgeld
Das Mutterschutzgesetz (MuSchG) regelt den Anspruch auf Freistellung werdender und stillender Mütter von der Arbeit (Mutterschutzfristen) und gewährt einen finanziellen Ausgleich durch das Mutterschaftsgeld. Während des Mutterschutzes dürfen Frauen sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt nicht beschäftigt werden. Während dieses Zeitraums erhalten sie Mutterschaftsgeld und einen Arbeitgeberzuschuss, welcher eine Lohnersatzleistung im Rahmen der bezahlten Karenz darstellt.
Elternzeit und Elterngeld
Während der Elternzeit nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Vergütung durch den Arbeitgeber. Bezahlte Karenz ist aber in Form des Elterngeldes – einer staatlichen Lohnersatzleistung – möglich. Auch hier bleibt das Arbeitsverhältnis bestehen, eine Kündigung ist in der Regel ausgeschlossen.
Pflegezeit und Familienpflegezeit
Im Rahmen der Pflegezeit (§ 3 PflegeZG) und der Familienpflegezeit (§ 2 FPfZG) ist unter bestimmten Bedingungen eine teilweise bezahlte Freistellung möglich. Arbeitnehmer können sich zur Pflege naher Angehöriger von der Arbeit freistellen lassen; das Pflegeunterstützungsgeld nach § 44a SGB XI ist hier ein Lohnersatz.
Krankheit und Entgeltfortzahlung
Erkrankt ein Arbeitnehmer, besteht Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) für bis zu sechs Wochen. Die „bezahlte Karenz“ bezieht sich hier auf die Zeit der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit mit weiterlaufender Lohnzahlung. Im Anschluss besteht Anspruch auf Krankengeld, das von der Krankenkasse gezahlt wird.
Bildungsurlaub
In den meisten Bundesländern besteht ein gesetzlicher Anspruch auf Bildungsurlaub. Während dieser Zeit ist der Arbeitnehmer von der Arbeit freigestellt, erhält jedoch weiterhin Gehalt. Der Anspruch umfasst in der Regel fünf Tage pro Jahr und gilt für berufsbezogene Weiterbildungen.
Vertragliche und tarifliche Regelungen
Zusätzlich zu den gesetzlichen Bestimmungen können im Arbeitsvertrag, in Betriebsvereinbarungen sowie durch Tarifverträge weitergehende oder abweichende Regelungen zur bezahlten Karenz vereinbart werden. Diese umfassen häufig:
- Sonderurlaub aus besonderen persönlichen Anlässen (z. B. Eheschließung, Geburt eines Kindes, Todesfall in der Familie)
- Freistellung zur Wahrnehmung öffentlicher Ämter
- Freistellung wegen Betreuungs- oder Bereuungspflichten
- Überbrückungskarenzen im Rahmen von betrieblichen Umstrukturierungen
Voraussetzungen und Anspruchsvoraussetzungen
Die Anspruchsvoraussetzungen für eine bezahlte Karenz richten sich jeweils nach der zugrundeliegenden gesetzlichen oder vertraglichen Norm. Maßgebliche Faktoren können u. a. sein:
- Dauer der Betriebszugehörigkeit
- Vorlage bestimmter Nachweise (ärztliches Attest, Geburtsurkunde, Pflegebescheinigung)
- Einhaltung von Fristen zur Anzeige oder Beantragung der Karenz
- Zustimmung des Arbeitgebers, soweit keine zwingende gesetzliche Verpflichtung besteht
Auswirkungen der bezahlten Karenz auf das Arbeitsverhältnis
Fortbestand des Arbeitsverhältnisses
Während der bezahlten Karenz bleibt das Arbeitsverhältnis grundsätzlich bestehen. Es ruht lediglich die Arbeitspflicht, nicht jedoch die weiteren Rechte und Pflichten des Arbeitsverhältnisses. Dies betrifft insbesondere Ansprüche auf Rückkehr an den Arbeitsplatz, Fortzahlung der Sozialversicherungsbeiträge sowie den Bestand des Kündigungsschutzes.
Sozialversicherungsrechtliche Behandlung
Grundsätzlich besteht während der bezahlten Karenz weiterhin Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung, sofern es sich um eine Lohnfortzahlung im engeren Sinne handelt. Wird ein reiner Lohnersatz durch einen Sozialleistungsträger gezahlt (z. B. Elterngeld oder Krankengeld), gelten ggf. Sonderregelungen hinsichtlich der Beitragspflicht.
Dauer und Umfang der bezahlten Karenz
Die Dauer einer bezahlten Karenz ist durch die jeweils anwendbaren gesetzlichen, tariflichen oder vertraglichen Regelungen begrenzt. Gängige Zeiträume sind beispielsweise:
- Mutterschutzfristen: insgesamt 14 Wochen
- Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall: bis zu 6 Wochen je Erkrankung
- Sonderurlaub: i. d. R. 1 bis 5 Tage je Anlass
- Bildungsurlaub: 5 Tage pro Jahr
Die Höhe der während der Karenz empfangenen Leistungen bemisst sich entsprechend dem normalen Arbeitsentgelt oder durch gesetzlich bestimmte Lohnersatzleistungen (z. B. 65 % des Nettoeinkommens beim Elterngeld).
Bezahlte Karenz im internationalen Vergleich
Der Begriff sowie die rechtliche Ausgestaltung der bezahlten Karenz unterscheiden sich international und sind abhängig vom jeweiligen nationalen Arbeits- und Sozialrecht. So bestehen etwa in Österreich und der Schweiz vergleichbare, aber rechtlich abweichend geregelte Modelle. In vielen europäischen Staaten sind zum Teil großzügigere Freistellungs- und Lohnersatzansprüche vorgesehen.
Anspruchsdurchsetzung und Rechtsfolgen bei Verweigerung
Arbeitnehmende können Ansprüche auf bezahlte Karenz durch schriftliche Anzeige, Antrag oder Vorlage erforderlicher Nachweise beim Arbeitgeber geltend machen. Wird eine berechtigte bezahlte Karenz verweigert, bestehen Möglichkeiten zur rechtlichen Durchsetzung im Wege eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens. Die Verweigerung kann zudem Schadensersatzansprüche oder ein Recht zur Selbstbeurlaubung begründen.
Zusammenfassung
Bezahlte Karenz ist ein zentrales Instrument des deutschen Arbeits- und Sozialrechts zur Gewährleistung des sozialen Schutzes von Arbeitnehmern in bestimmten Lebenslagen, in denen eine Arbeitsunterbrechung unvermeidlich ist. Die genaue Ausgestaltung der Voraussetzungen, der Dauer, des Umfangs und der rechtlichen Folgen ist vielschichtig und richtet sich nach diversen gesetzlichen, tariflichen und individuellen Regelungen. Bezahlte Karenz leistet einen wesentlichen Beitrag zu sozialer Sicherheit und zur Vereinbarung von Beruf und Familie.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um Anspruch auf bezahlte Karenz zu haben?
Um Anspruch auf bezahlte Karenz zu erhalten, müssen bestimmte gesetzliche Voraussetzungen erfüllt sein, die aus dem Mutterschutzgesetz (MSchG), dem Väter-Karenzgesetz (VKG) sowie dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) resultieren. Grundlegend muss ein aufrechtes Arbeitsverhältnis bestehen, und der Anspruchsteller muss entweder die Mutter, der Vater oder der Adoptiv-/Pflegeelternteil des Kindes sein. Der Anspruch auf bezahlte Karenz setzt in der Regel voraus, dass entsprechende Anträge rechtzeitig gestellt werden, insbesondere bei der Inanspruchnahme von Kinderbetreuungsgeld, das mit der Karenz korreliert. Im österreichischen Recht ist zu beachten, dass während der gesetzlichen Karenz kein reguläres Arbeitsentgelt, sondern Leistungen aus der Sozialversicherung, wie Kinderbetreuungsgeld, bezogen werden können. Ein Rechtsanspruch auf „bezahlte“ Karenz im Sinne der Fortzahlung des Gehalts durch den Dienstgeber besteht jedoch nicht, sondern ist meist nur durch kollektivvertragliche oder betriebliche Sonderregelungen gegeben. Arbeitnehmer/-innen sind verpflichtet, die Karenz spätestens drei Monate vor dem geplanten Beginn dem Arbeitgeber zu melden. Der genaue Umfang der Lohnfortzahlung oder der Ersatzleistungen sowie deren Dauer ergibt sich entweder aus dem individuell geltenden Kollektivvertrag, den Sozialversicherungsgesetzen oder allfälligen Betriebsvereinbarungen, weshalb eine Präzisierung im Einzelfall notwendig ist.
Kann der Arbeitgeber die Inanspruchnahme bezahlter Karenz ablehnen oder einschränken?
Der Arbeitgeber ist grundsätzlich an die gesetzlichen Bestimmungen gebunden und kann die Inanspruchnahme von gesetzlicher Karenz nicht verweigern, wenn die formalen Voraussetzungen eingehalten werden. Einschränkungen oder Ablehnungen durch den Arbeitgeber sind nur möglich, wenn Fristen versäumt werden oder kein rechtlicher Anspruch besteht (z.B. bei fehlender Elternschaft oder Überschreitung der Höchstanspruchsdauer). Bei betrieblichen oder kollektivvertraglichen Zusatzleistungen (wie einer firmenintern bezahlten Karenzverlängerung) kann der Arbeitgeber diese verweigern, sofern kein rechtsverbindlicher Anspruch besteht. Es empfiehlt sich, in jedem Fall alle verbindlichen Fristen sowie die notwendigen Nachweise (z.B. Geburtsurkunde, Antrag) fristgerecht und formgerecht vorzulegen, da andernfalls Rechtsnachteile entstehen könnten.
Welche arbeitsrechtlichen Schutzbestimmungen gelten während der bezahlten Karenz?
Während der gesetzlichen Karenz besteht ein umfassender Kündigungs- und Entlassungsschutz, beginnend spätestens mit der Anmeldung der Karenz bis vier Wochen nach deren Ende. Während dieser Zeit darf das Arbeitsverhältnis nur in besonderen, gesetzlich geregelten Ausnahmefällen aufgelöst werden, etwa bei groben Pflichtverletzungen. Darüber hinaus bleibt der arbeitsrechtliche Status bestehen (Stichwort: ruhendes Arbeitsverhältnis); dies betrifft insbesondere die Anrechnung von Vordienstzeiten, das Weiterlaufen von Versicherungen in der Sozialversicherung sowie die Mitwirkungspflichten, sofern diese anwendbar sind. Eventuelle betriebliche Sonderleistungen während der Karenz können in Betriebsvereinbarungen geregelt sein, sind jedoch rechtlich nicht zwingend vorgegeben. Ein wichtiger Aspekt ist zudem das Recht auf Rückkehr an einen gleichwertigen Arbeitsplatz nach Ende der Karenz.
Wie wirkt sich bezahlte Karenz auf Urlaub und Sonderzahlungen aus?
Die Zeit der gesetzlichen Karenz gemäß Mutterschutzgesetz oder Väter-Karenzgesetz gilt grundsätzlich als sogenanntes ruhendes Arbeitsverhältnis. Während dieser Zeit besteht kein Anspruch auf den laufenden Erwerb von Urlaubsansprüchen; der während der Karenz entstandene Urlaubsanspruch wird jedoch nicht verfallen, sondern bleibt bis zum Ende des darauf folgenden Urlaubsjahres erhalten (Fristen sind dabei zu beachten). Auch auf Sonderzahlungen (z.B. Weihnachts- und Urlaubsgeld) besteht während der Karenz normalerweise kein Anspruch, sofern dies nicht durch Kollektivvertrag, Betriebsvereinbarung oder individuellen Dienstvertrag anders geregelt ist. Nach Rückkehr aus der Karenz lebt das Arbeitsverhältnis im ursprünglichen Umfang wieder auf, wodurch der Anspruch auf laufende Urlaubs- und Sonderentgelte erneut entsteht.
Gibt es Unterschiede zwischen Mutterschutz, Elternkarenz und bezahlter Karenz hinsichtlich der gesetzlichen Regelungen?
Rechtlich ergeben sich wesentliche Unterschiede: Mutterschutz bezeichnet die Schutzfrist rund um die Geburt des Kindes, in der ein absolutes Beschäftigungsverbot besteht und die Mutter Anspruch auf Wochengeld aus der Krankenversicherung hat (nicht auf reguläres Gehalt). Die Elternkarenz beginnt im Anschluss an den Mutterschutz bzw. nach Geburt des Kindes und ist unbezahlt; währenddessen kann Kinderbetreuungsgeld aus der Sozialversicherung bezogen werden. Bezahlte Karenz im eigentlichen Sinne existiert im österreichischen Arbeitsrecht nur durch zusätzliche vertragliche oder kollektivvertragliche Vereinbarungen; sie ist kein gesetzlich vorgesehener Regelfall. Die Schutzbestimmungen (Arbeitsplatzsicherheit, Kündigungsschutz, Anrechnung von Vordienstzeiten) gelten während aller Karenzphasen, deren genaue Ausgestaltung ist jedoch vom jeweiligen gesetzlichen Rahmen abhängig.
Wie wird der Antrag auf bezahlte Karenz aus rechtlicher Sicht korrekt gestellt?
Der Antrag auf Karenz ist dem Arbeitgeber schriftlich zu übermitteln und muss spätestens drei Monate vor dem gewünschten Karenzantritt beim Arbeitgeber einlangen, sofern keine anderslautenden Fristen in Sondervereinbarungen festgelegt sind. Die Antragstellung sollte den gewünschten Zeitraum und gegebenenfalls den Hinweis auf eine bezahlte Karenz laut kollektivvertraglicher oder betrieblicher Regelung enthalten. Ein Nachweis über die Geburt des Kindes (z.B. Geburtsurkunde) ist in der Regel beizufügen. Im Falle weiterer kollektiver oder individueller Ansprüche sind ergänzende Nachweise oder Antragsformulare entsprechend den jeweiligen Vorgaben vorzulegen. Die Einhaltung der Formalitäten ist entscheidend, um den Rechtsanspruch nicht zu verlieren oder die Karenz zu verzögern.
Welche Konsequenzen kann ein Verstoß gegen rechtliche Vorschriften im Zusammenhang mit bezahlter Karenz haben?
Wird gegen gesetzliche Bestimmungen rund um die Inanspruchnahme bezahlter oder unbezahlter Karenz verstoßen, kann dies arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Versäumte Fristen führen dazu, dass der Karenzanspruch erlischt bzw. reduziert wird. Eine rechtswidrige Kündigung während des Karenzschutzes kann mittels arbeitsgerichtlicher Klage angefochten werden, wobei die Wiedereinstellung oder Schadenersatz geltend gemacht werden kann. Unberechtigter Bezug von Leistungen (etwa Kinderbetreuungsgeld) löst Rückführungsforderungen der Sozialversicherung aus. Arbeitgeberseitige Verstöße (beispielsweise die Ablehnung berechtigter Karenzansprüche oder Diskriminierung wegen Inanspruchnahme von Karenz) können verwaltungsrechtliche und zivilrechtliche Folgen haben und unterliegen auch dem Schutz durch die Gleichbehandlungsanwaltschaft.