Begriff und Bedeutung von Bewertungsforen
Ein Bewertungsforum ist eine internetbasierte Plattform, auf der Nutzerinnen und Nutzer Produkte, Dienstleistungen, Unternehmen, Institutionen oder Einzelpersonen öffentlich bewerten und kommentieren können. Bewertungsforen zählen zu den interaktiven Kommunikationsplattformen und dienen überwiegend dem Erfahrungsaustausch sowie der Orientierungshilfe für andere Konsumentinnen und Konsumenten oder Interessierte. Die rechtliche Betrachtung von Bewertungsforen ist aufgrund ihrer digitalen Reichweite und der Relevanz für Persönlichkeitsrechte sowie gewerbliche Interessen von erheblicher Bedeutung.
Rechtliche Einordnung und Grundsatzfragen
Plattformbetreiber und Verantwortlichkeit
Plattformbetreiber von Bewertungsforen sind nach den gesetzlichen Bestimmungen für die Inhalte auf ihren Webseiten grundsätzlich nicht unmittelbar verantwortlich, solange sie keine Kenntnis von einer rechtswidrigen Bewertung haben. Die zentrale Norm hierfür stellt das Telemediengesetz (TMG), insbesondere § 10 TMG, dar. Danach haften Diensteanbieter für fremde Inhalte erst dann, wenn sie von der Rechtswidrigkeit Kenntnis erlangen und nicht unverzüglich tätig werden, um die Inhalte zu entfernen oder den Zugang zu sperren.
Nutzerbeiträge und Meinungsfreiheit
Die von Nutzerinnen und Nutzern verfassten Beiträge in Bewertungsforen sind häufig Ausdruck der verfassungsrechtlich verankerten Meinungsfreiheit gemäß Artikel 5 Absatz 1 Grundgesetz (GG). Diese Meinungsäußerungen genießen grundsätzlich umfassenden Schutz, finden jedoch ihre Grenzen insbesondere dort, wo die Rechte Dritter, etwa das allgemeine Persönlichkeitsrecht gemäß Artikel 2 Absatz 1 GG in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 GG, berührt werden oder andere Rechtsgüter, wie etwa das Unternehmenspersönlichkeitsrecht sowie das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (§ 823 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB), betroffen sind.
Zulässigkeit und Grenzen von Bewertungen
Sachlich gerechtfertigte Kritik
Die Zulässigkeit von Bewertungen richtet sich danach, ob die Äußerung als Tatsache oder Werturteil (Meinung) zu bewerten ist. Während wahre Tatsachenbehauptungen grundsätzlich zulässig sind, können unwahre Tatsachenbehauptungen untersagt werden. Werturteile sind nur dann unzulässig, wenn sie die Grenze zur Schmähkritik, Beleidigung (§ 185 Strafgesetzbuch – StGB), üblen Nachrede (§ 186 StGB) oder Verleumdung (§ 187 StGB) überschreiten.
Schmähkritik
Schmähkritik liegt vor, wenn die Bewertung nicht mehr der Sachauseinandersetzung dient, sondern ausschließlich darauf abzielt, das bewertete Unternehmen oder die Person herabzuwürdigen. In diesen Fällen kann ein Unterlassungs- oder Löschungsanspruch des Betroffenen bestehen.
Fake-Bewertungen
Bewertungsforen können Zielscheibe von sogenannten Fake-Bewertungen werden. Dabei werden gefälschte oder irreführende Beiträge eingestellt, um Wettbewerber zu schädigen oder die eigene Position am Markt zu verbessern. Das Veröffentlichen solcher Beiträge kann wettbewerbswidrig im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) sein und Wettbewerber, Betroffene oder Verbraucherverbände zu Abmahnungen, Unterlassungs-, Beseitigungs- oder Schadensersatzansprüchen berechtigen.
Haftung im Bewertungsforum
Haftung des Portalbetreibers
Betriebsverantwortliche von Bewertungsforen haften erst dann auf Unterlassung und ggf. Schadensersatz, wenn ihnen eine spezifische Meldung über die Rechtsverletzung vorliegt und sie es unterlassen, die rechtswidrigen Inhalte zu entfernen oder zu sperren. Die Rolle als Vermittler (sog. „neutraler Host-Provider“) hebt jedoch nicht zwangsläufig alle Haftungsrisiken auf.
Haftung der Nutzerinnen und Nutzer
Nutzerinnen und Nutzer, die rechtswidrige Beiträge einstellen, haften selbst unmittelbar für etwaige Persönlichkeits- oder Unternehmensrechtsverletzungen sowie für Wettbewerbsverstöße. Dies kann sowohl zivilrechtliche als auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Ansprüche und Rechtsfolgen
Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch
Von unzulässigen Bewertungen Betroffene können gem. §§ 1004, 823 BGB i.V.m. dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht oder Unternehmenspersönlichkeitsrecht einen Anspruch auf Unterlassung sowie Beseitigung (sprich Löschung des Beitrags) geltend machen.
Gegendarstellung und Berichtigung
In manchen Fällen besteht das Recht auf Gegendarstellung (§ 56 Rundfunkstaatsvertrag – RStV analog) sowie einen Anspruch auf Berichtigung, insbesondere im Fall unwahrer Tatsachenbehauptungen.
Schadensersatz
Sofern durch Bewertungen ein Schaden entstanden ist, kann ein Betroffener unter bestimmten Voraussetzungen Schadensersatzansprüche gegenüber Urhebern oder Plattformbetreibern geltend machen, sofern diesen nicht nur Fahrlässigkeit, sondern auch Verschulden vorzuwerfen ist.
Datenschutz und datenschutzrechtliche Pflichten
Die Verarbeitung personenbezogener Daten in Bewertungsforen unterliegt der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG). Betreiber sind verpflichtet, Nutzer transparent über die Datenverarbeitung aufzuklären und geeignete technische sowie organisatorische Maßnahmen zum Schutz der Daten zu treffen. Bei rechtswidrigen Bewertungen können Betroffene verlangen, dass personenbezogene Daten (z.B. Name bei unwahren Tatsachenbehauptungen) entfernt werden.
Bewertung von Unternehmen und Einzelpersonen
Unternehmensbewertung
Unternehmen können in Bewertungsforen bewertet werden, sofern keine unwahren oder ehrenrührigen Aussagen gemacht werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind solche Foren grundsätzlich zulässig („Jameda“-Urteile), da die Verbraucherinteressen regelmäßig höher zu werten sind, soweit die Bewertungen sachlich und wahrheitsgemäß erfolgen.
Bewertung von Privatpersonen
Bei der Bewertung von Privatpersonen ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht strenger zu berücksichtigen. Bereits geringfügige Eingriffe können hier unter Umständen einen Löschungsanspruch begründen, insbesondere wenn der Bezug zum Privatleben überwiegt.
Löschungsverfahren und Mitwirkung der Betreiber
Prüfpflichten bei Beschwerden
Nach einer substantiellen Beschwerde über eine Bewertung ist der Betreiber verpflichtet, unverzüglich eine eigenständige Prüfung vorzunehmen. Dieses Verfahren orientiert sich an den Vorgaben nationaler Gerichte (vgl. BGH, Urteil vom 1. März 2016 – VI ZR 34/15).
„Notice-and-take-down“-Verfahren
Das sogenannte Notice-and-take-down-Verfahren verlangt, dass Bewertungsplattformen nach einem Hinweis auf eine potenzielle Persönlichkeitsrechtsverletzung die Bewertung zügig prüfen und im Falle der Rechtswidrigkeit entfernen.
Gewerblicher Rechtsschutz und Wettbewerbsrecht
Schutz gegen unlauteren Wettbewerb
Bewertungsforen sind nach dem UWG verpflichtet, irreführenden oder wettbewerbswidrigen Bewertungen entgegenzuwirken. Dies betrifft insbesondere das sogenannte Astroturfing, bei dem Unternehmen oder deren Beauftragte Bewertungen fingieren, um den Wettbewerb zu beeinflussen.
Markenrechtliche Aspekte
Auch das Markenrecht findet Anwendung: Bewertungen dürfen nicht den Eindruck vermitteln, sie seien vom betroffenen Unternehmen selbst oder aus einer offiziellen Quelle, wenn dies nicht zutrifft (§ 14 MarkenG).
Prozessuale Besonderheiten
Eilrechtsschutz
Im Falle gravierender Rechtsverletzungen kann ein Antrag auf einstweilige Verfügung beim zuständigen Zivilgericht gestellt werden, um kurzfristig die Entfernung einer Bewertung zu erwirken.
Internationale Zuständigkeit
Da Bewertungsforen häufig grenzüberschreitend betrieben werden, stellen sich Fragen nach der internationalen Zuständigkeit und dem anwendbaren Recht. Die Brüssel Ia-Verordnung und das Rom-II-Übereinkommen regeln insoweit die internationalen rechtswahlrechtlichen Rahmenbedingungen.
Fazit
Bewertungsforen stellen ein zentrales Element der digitalen Kommunikation dar und ermöglichen Transparenz sowie Austausch. Ihnen kommt hohe gesellschaftliche, wirtschaftliche und rechtliche Bedeutung zu. Die rechtliche Kontrolle von Bewertungsforen bewegt sich im Spannungsfeld zwischen Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsschutz. Betreiber wie Nutzer müssen zahlreichen gesetzlichen Anforderungen gerecht werden, insbesondere im Hinblick auf Persönlichkeitsrecht, Wettbewerbsrecht sowie Datenschutz. Im Streitfall bestehen verschiedene rechtliche Instrumente und Ansprüche, deren Durchsetzung von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängig ist.
Häufig gestellte Fragen
Ist die Betreiberin eines Bewertungsforums für rechtswidrige Inhalte haftbar?
Die Betreiberin eines Bewertungsforums kann grundsätzlich für rechtswidrige Inhalte, die von Dritten eingestellt werden, haftbar gemacht werden. Nach § 10 Telemediengesetz (TMG) gilt zwar eine Haftungsprivilegierung für Host-Provider, wonach die Betreiberin nicht für fremde Informationen verantwortlich ist, sofern sie keine Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung oder des Inhalts hat und diese nach Erlangung der Kenntnis unverzüglich entfernt. Allerdings wird vorausgesetzt, dass die Betreiberin auf entsprechende Hinweise, z.B. durch eine Abmahnung oder eine Beanstandung des Betroffenen, unverzüglich tätig wird und den strittigen Beitrag sperrt oder entfernt. Bleibt ein Hinweis unbeachtet oder erfolgt keine schnelle Löschung, kann die Betreiberin sowohl auf Unterlassung als auch unter Umständen auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden. Es besteht zudem eine Prüfpflicht hinsichtlich wiederholt auffälliger Nutzer oder bei offensichtlicher Rechtswidrigkeit der Inhalte.
Welchen Anspruch haben Bewertete auf Löschung einer Bewertung im Forum?
Bewertete Personen oder Unternehmen, denen eine Bewertung als rechtsverletzend erscheint, haben einen Anspruch auf Entfernung, wenn die Bewertung gegen das Allgemeine Persönlichkeitsrecht, gegen das Unternehmenspersönlichkeitsrecht oder gegen andere Rechte wie das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verstößt. Bei Tatsachenbehauptungen muss eine ausreichende Grundlage (Beweisbarkeit) bestehen; unwahre Tatsachenbehauptungen sind zu löschen. Bei Meinungsäußerungen findet eine Interessenabwägung statt, wobei grobe Beleidigungen, Schmähkritik oder Formalbeleidigungen als unzulässig gelten und ebenfalls zu löschen sind. Grundlage solcher Ansprüche ist regelmäßig § 1004 Abs. 1 BGB analog i.V.m. §§ 823 Abs. 1, 824 BGB bzw. der jeweilige spezialgesetzliche Persönlichkeitsschutz. Die konkrete Rechtsdurchsetzung erfolgt meist im Wege der Abmahnung an die Betreiberin oder gerichtlich per Unterlassungsklage.
Muss ein Bewertungsforum anonyme Bewertungen zulassen?
Die rechtliche Zulässigkeit anonymer Bewertungen ist umstritten, jedoch grundsätzlich erlaubt, solange die Veröffentlichung nicht zu einer Erschwerung der Rechtsverfolgung des Bewerteten führt. Bewertungsforen dürfen daher Bewertungen auch dann veröffentlichen, wenn keine Klarnamenpflicht besteht. Allerdings besteht eine Pflicht der Betreiberin, im Streitfall den hinter der Bewertung stehenden Nutzer zu identifizieren, sofern die Bewertung rechtswidrig und der Offenlegungsanspruch eines Betroffenen nach §§ 14, 15 TMG oder nach den Grundsätzen der Störerhaftung besteht. Die Herausgabe von Daten setzt regelmäßig eine gerichtliche Anordnung oder einen nachweislich bestehenden Auskunftsanspruch voraus.
Welche Prüfpflichten treffen die Forenbetreiberin bei Beschwerden über eine Bewertung?
Sobald die Betreiberin eines Bewertungsforums von einer möglichen Rechtsverletzung durch eine Bewertung Kenntnis erlangt (z. B. durch eine Beschwerde oder Abmahnung), ist sie rechtlich verpflichtet, den Sachverhalt sorgfältig zu prüfen. Dies beinhaltet, den Inhalt der Bewertung mit den behaupteten Rechtsverstößen abzugleichen, gegebenenfalls den Bewertenden zur Stellungnahme aufzufordern und die Bewertung einer rechtlichen Bewertung hinsichtlich Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsrecht zu unterziehen. Ist der Verstoß offensichtlich, muss die Betreiberin die Bewertung unverzüglich entfernen; andernfalls kann eine nähere Prüfung oder Abwägung erforderlich sein. Unterbleibt diese Prüfung, riskiert die Betreiberin eigene Haftung auf Unterlassung oder sogar Schadensersatz.
Wie wirken sich Unterlassungsansprüche auf die weitere Veröffentlichung gleichartiger Bewertungen aus?
Wird ein Unterlassungsanspruch gegen die Betreiberin eines Bewertungsforums bezüglich einer bestimmten Bewertung erfolgreich geltend gemacht, erweitert sich regelmäßig deren Verpflichtung: Sie muss vergleichbar rechtswidrige Bewertungen desselben Inhalts oder mit annähernd gleichem Kern künftig proaktiv unterbinden (sog. Prüf- und Überwachungspflichten bei „kerngleichen“ Rechtsverletzungen). Kommt sie dieser Pflicht nicht nach und werden weitere gleichartige Bewertungen veröffentlicht, haftet sie erneut und kann mit Ordnungsmitteln belegt werden (§ 890 ZPO). Die Betreiberin hat daher nach erfolgter Unterlassungsverfügung geeignete Filtermechanismen und interne Prüfverfahren einzurichten.
Welche datenschutzrechtlichen Anforderungen gelten für Bewertungsforen?
Betreiberinnen von Bewertungsforen müssen die Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) beachten. Dies betrifft insbesondere die Verarbeitung personenbezogener Daten sowohl der Bewertenden (Z. B. E-Mail, IP-Adresse) als auch der Bewerteten. Es besteht eine Informationspflicht nach Art. 13 DSGVO über die Datenverarbeitung; ferner müssen Nutzer über ihre Rechte (z.B. Auskunft, Löschung) belehrt werden. Sensible Daten und besondere Kategorien personenbezogener Daten dürfen nur unter strengen Voraussetzungen verarbeitet werden. Im Falle datenbezogener Beschwerden muss die Betreiberin unverzüglich reagieren und ggf. rechtswidrig veröffentlichte oder gespeicherte personenbezogene Daten entfernen.
Sind gerichtliche Schritte gegen negative Bewertungen im Forum erfolgreich?
Die Erfolgsaussichten gerichtlicher Schritte hängen maßgeblich davon ab, ob die angegriffene Bewertung rechtswidrig ist. Gerichte prüfen, ob in der Bewertung eine unzulässige Tatsachenbehauptung (z.B. unwahr oder ehrenrührig) oder eine Meinungsäußerung vorliegt und nehmen dabei eine Interessenabwägung vor. Gegen beleidigende, kreditschädigende oder nachweislich unwahre Bewertungen bestehen gute Erfolgsaussichten für die Betroffenen. Bewertete können regelmäßig im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes schnelle gerichtliche Entscheidungen erwirken. Bei zulässiger Meinungsäußerung, die nicht die Grenze zur Schmähkritik überschreitet, bleibt eine Klage hingegen oft erfolglos. Die gerichtliche Entscheidung setzt umfangreiche Feststellungen und oft eine Beweisaufnahme voraus.