Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Strafrecht»Bewaffnete Gruppen

Bewaffnete Gruppen


Begriff und rechtliche Einordnung: Bewaffnete Gruppen

Der Begriff „Bewaffnete Gruppen“ bezeichnet im rechtlichen Kontext Zusammenschlüsse mehrerer Personen, die sich mit Waffen ausstatten und organisieren, um bestimmte Ziele, meist politischer, ideologischer oder krimineller Natur, durch Gewalt oder Drohung zu verfolgen. Die Definition, Abgrenzung und rechtliche Behandlung solcher Gruppen variiert je nach nationalem Recht, Völkerrecht sowie nach unterschiedlichen Anwendungsbereichen, etwa im Strafrecht, Staatsrecht oder im internationalen humanitären Recht.

Definition und begriffliche Schärfung

Bewaffnete Gruppen im rechtlichen Sinne sind kollektive Zusammenschlüsse von Individuen, welche öffentlich oder im Verborgenen operieren, Waffen tragen oder benutzen und hierdurch Gewalt ausüben oder androhen. Wesentliche Merkmale sind: eine gewisse Organisationsstruktur, das Vorhandensein von Waffen oder anderen zur Gewaltanwendung geeigneten Mitteln sowie die Verfolgung gemeinsamer Zwecke, meistens außerhalb des rechtlich vorgesehenen staatlichen Gewaltmonopols. Der Begriff ist von ähnlichen Erscheinungen wie kriminellen Vereinigungen, privater Milizen, terroristischen Vereinigungen oder Aufständischen deutlich abzugrenzen.

Nationale Unterschiede der Legaldefinitionen

  • Deutschland: Zwar existiert keine eigenständige gesetzliche Definition, bewaffnete Gruppen werden jedoch unter verschiedenen gesetzlichen Begriffen gefasst, etwa „bewaffnete Bande“ (§ 244 StGB) oder „bewaffnete Gruppe oder Vereinigung“ im Kontext des § 129a StGB (terroristische Vereinigung). Hier steht neben der Organisation der Einsatz von Waffen im Mittelpunkt.
  • Österreich und Schweiz: Ähnliche strafrechtliche Regelungen, wobei die Begriffe der bewaffneten Vereinigung oder Organisation in spezifischen Straftatbeständen (z.B. im Zusammenhang mit Hochverrat oder Aufruhr) verwendet werden.

Abgrenzung zu verwandten Rechtsbegriffen

Es bestehen Überschneidungen mit anderen rechtlichen Konzepten, die im Einzelfall eine gesonderte Qualifikation nach sich ziehen können:

  • Kriminelle Vereinigung: Diese verfolgt zwar kollektive strafbare Ziele, benötigt jedoch nicht zwingend einen Bezug zu Waffen oder Bewaffnung (§ 129 StGB).
  • Terroristische Vereinigung: Hier ist regelmäßig der Einsatz von Waffen sowie die politische Zielsetzung maßgeblich.
  • Strafrechtliche Bande: Die Bande als Zusammenschluss von mindestens drei Personen zur Begehung fortgesetzter Straftaten kann auch ohne spezifische Bewaffnung ausreichen.

Rechtliche Regelungen für bewaffnete Gruppen im nationalen Recht

Strafrechtliche Behandlung

Die Bildung und Mitgliedschaft in bewaffneten Gruppen ist in vielen Ländern strafbar. In Deutschland greifen insbesondere folgende Vorschriften:

  • § 244 StGB (Besonders schwerer Diebstahl): Eine Qualifikation stellt das Handeln als bewaffnete Bande dar.
  • § 129a StGB (Bildung terroristischer Vereinigungen): Betrifft Vereinigungen, die auf bewaffnete Aktionen ausgerichtet sind.

Handlungen einer bewaffneten Gruppe führen oftmals zu erhöhten Strafandrohungen, Verschärfungen in der Strafzumessung und erleichterten Ermittlungsbefugnissen der Sicherheitsbehörden.

Ordnungs- und Polizeirecht

Das Ordnungsrecht untersagt in vielen Ländern die Bildung, Ausrüstung und das öffentliche Auftreten bewaffneter Gruppen zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit und des staatlichen Gewaltmonopols. Die Polizei kann im Rahmen des Gefahrenabwehrrechts gegen bewaffnete Gruppen mit Mitteln wie Präventivgewahrsam, Waffenkontrollen und Versammlungsverboten vorgehen.

Bewaffnete Gruppen im Völkerrecht und internationalen Recht

Internationales humanitäres Recht (IHL)

Bewaffnete Gruppen sind im Kontext bewaffneter Konflikte auch Gegenstand des internationalen humanitären Rechts, etwa in den Genfer Abkommen und deren Zusatzprotokollen.

  • Nichtstaatliche bewaffnete Gruppen: Das IHL unterscheidet zwischen internationalen und nicht-internationalen bewaffneten Konflikten. Im letzteren Fall (vgl. Art. 3 Genfer Abkommen) gelten die Vorschriften für Konflikte zwischen Regierungskräften und „organisierten bewaffneten Gruppen“. Voraussetzung ist eine verantwortliche Befehlsstruktur, die Fähigkeit, militärische Operationen durchzuführen, Kontrolle über Territorium sowie die Bereitschaft, das humanitäre Völkerrecht einzuhalten.
  • Völkergewohnheitsrecht: Bestimmte Normen gelten unabhängig von der Anerkennung einer bewaffneten Gruppe durch Staaten, etwa das Verbot der Misshandlung Gefangener.

Völkerstrafrecht

Das Römer Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) bezieht sich explizit auf Handlungen von bewaffneten Gruppen und ihre Befehlshaber (z.B. Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit). Die individuelle Strafbarkeit besteht unabhängig von einer völkerrechtlichen Anerkennung der Gruppen.

Staatliche und zwischenstaatliche Maßnahmen gegen bewaffnete Gruppen

Prävention und Bekämpfung

Maßnahmen zur Bekämpfung bewaffneter Gruppen umfassen:

  • Nationale Gesetze zur Unterdrückung, Auflösung und Strafverfolgung solcher Gruppen
  • Internationale Sanktionen durch den UN-Sicherheitsrat gegenüber Gruppen und Anführern
  • Gezielte militärische Einsätze, soweit völkerrechtlich zulässig

Anerkennung und Status im Völkerrecht

Die völkerrechtliche Anerkennung einer bewaffneten Gruppe ist stets ein Politikum und hat erhebliche Auswirkungen auf deren Rechte und Pflichten, etwa ob sie als Partei eines Konflikts oder als Terrororganisation anerkannt wird.

Besonderheiten im Kontext bewaffneter Konflikte

Im Rahmen bewaffneter Konflikte kommt bewaffneten Gruppen unter bestimmten Umständen Kombattantenstatus oder ein Sonderstatus nach dem Kriegsvölkerrecht zu. Dies ist jedoch an strenge Voraussetzungen gebunden:

  • Existenz einer klaren Befehlskette
  • Tragen eines für die feindlichen Parteien auf Distanz sichtbaren Unterscheidungszeichens
  • Tragen der Waffen offen
  • Beachtung der Gesetze und Gebräuche des Krieges

Strafrechtliche Verantwortlichkeit von Mitgliedern bewaffneter Gruppen

Mitglieder bewaffneter Gruppen können individuell strafrechtlich für begangene Taten – unabhängig von der Organisationsstruktur oder Befehlsgewalt – verantwortlich gemacht werden. Auch Anführer haften, insbesondere im Fall der Befehlsgabe oder Duldung von Straftaten ihrer Untergebenen.

Zusammenfassung und Ausblick

Bewaffnete Gruppen stellen im nationalen wie im internationalen Recht eine besondere Erscheinung dar. Ihre Definition und Behandlung sind von der Art ihrer Organisation, der Bewaffnung, dem angestrebten Ziel sowie den getroffenen Maßnahmen des Staates oder der Völkergemeinschaft abhängig. Während nationale Regelungen vor allem die Prävention und Repression solcher Erscheinungsformen betreffen, steht auf internationaler Ebene insbesondere ihre Rolle in bewaffneten Konflikten sowie die Gewährleistung des humanitären Schutzes im Fokus.

Eine umfassende rechtliche Bewertung und Behandlung bewaffneter Gruppen erfordert stets die genaue Einordnung ihrer Organisationsform, Zielsetzung und der von ihnen begangenen Handlungen unter die jeweils einschlägigen nationalen und internationalen Rechtsnormen.

Häufig gestellte Fragen

Welche Rechtsgrundlagen gelten für die Einstufung einer Gruppe als „bewaffnete Gruppe“?

Die rechtliche Einstufung einer „bewaffneten Gruppe“ ist von zentraler Bedeutung und richtet sich je nach Kontext nach unterschiedlichen nationalen und internationalen Rechtsnormen. Auf internationaler Ebene spielen insbesondere das Völkerrecht, namentlich das humanitäre Völkerrecht, sowie die einschlägigen Resolutionen der Vereinten Nationen eine Rolle. So werden im Rahmen der Genfer Abkommen und deren Zusatzprotokollen bestimmte bewaffnete Gruppen in nicht internationalen bewaffneten Konflikten anerkannt, sofern diese eine gewisse Organisationsstruktur sowie die Fähigkeit zur Durchführung planmäßiger militärischer Operationen aufweisen. Auf nationaler Ebene greifen spezialgesetzliche Regelungen, etwa im Strafrecht (z.B. §§ 129a, 129b StGB in Deutschland), im Polizeirecht und Waffenrecht. Hier werden das Bestehen und das Handeln bewaffneter Gruppen regelmäßig als besonders schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit eingestuft und unterliegen daher besonderen straf- und gefahrenabwehrrechtlichen Regelungen. Die Zuordnung zu einer bewaffneten Gruppe kann erhebliche rechtliche Konsequenzen sowohl im Hinblick auf das individuelle Strafrecht als auch auf die völkerrechtliche Verantwortlichkeit nach sich ziehen.

Unterliegen Angehörige bewaffneter Gruppen einem besonderen strafrechtlichen Rahmen?

Angehörige bewaffneter Gruppen unterliegen tatsächlich einem verschärften strafrechtlichen Rahmen. Die Mitgliedschaft oder Unterstützung einer solchen Gruppe ist nach den meisten nationalen Strafrechtsordnungen – beispielsweise gemäß § 129a StGB „Bildung terroristischer Vereinigungen“ und § 129b StGB „kriminelle und terroristische Vereinigungen im Ausland“ – strafbar. Dabei reicht schon die Unterstützungshandlung oder der bloße Eintritt in die Gruppe für die Strafbarkeit aus. Zusätzlich können weitere Delikte, wie der unerlaubte Waffenbesitz, die Ausbildung zu terroristischen Zwecken oder andere staatsgefährdende Handlungen, zur Anwendung kommen. Im Kriegsrecht (insbesondere durch das Humanitäre Völkerrecht) regeln weiterhin besondere Bestimmungen die Behandlung von Angehörigen solcher Gruppen im Falle eines bewaffneten Konflikts, beispielsweise im Hinblick auf Kriegsgefangenschaft oder Strafverfolgung.

Welche völkerrechtlichen Konsequenzen ergeben sich für Staaten, die bewaffnete Gruppen unterstützen?

Staaten, die bewaffnete Gruppen unterstützen, können nach dem Völkerrecht erhebliche Konsequenzen treffen. Nach Artikel 2 Absatz 4 der Charta der Vereinten Nationen ist jegliche Form der Gewaltanwendung – einschließlich der Unterstützung bewaffneter Gruppen, die Gewalt gegen andere Staaten ausüben – grundsätzlich untersagt. Eine staatliche Unterstützung kann als Verstoß gegen das Interventionsverbot und das Gewaltverbot gewertet werden. Darüber hinaus kann die Unterstützung bewaffneter Gruppen als „Beihilfe“ zur Verletzung von Menschenrechten oder Kriegsverbrechen und somit als internationales Delikt angesehen werden. Im Rahmen der Staatenverantwortlichkeit sind Staaten unter Umständen zu Reparationen verpflichtet und können vor dem Internationalen Gerichtshof verklagt werden. Ferner sind Sanktionen durch den UN-Sicherheitsrat möglich, sofern eine Bedrohung des Weltfriedens vorliegt.

Wie unterscheidet sich die rechtliche Behandlung bewaffneter Gruppen von der Behandlung staatlicher Streitkräfte?

Die rechtliche Behandlung bewaffneter Gruppen unterscheidet sich sowohl im Völkerrecht als auch im nationalen Recht fundamental von der Behandlung regulärer staatlicher Streitkräfte. Während staatliche Streitkräfte unter dem rechtlichen Schutz und der unmittelbaren Zurechenbarkeit eines Staates stehen und im Rahmen bewaffneter Konflikte als Kombattanten bestimmte Rechte und Pflichten nach dem humanitären Völkerrecht genießen, werden Angehörige bewaffneter Gruppen im Konfliktfall als „Nicht-Kombattanten“ oder im schlimmsten Fall als „illegale Kombattanten“ betrachtet. Dies bedeutet, dass sie insbesondere keinen Kombattantenstatus und damit verbundene Privilegien wie Kriegsgefangenenstatus oder Immunität genießen. Im zivilen, nicht-konfliktbezogenen Kontext unterliegen Angehörige bewaffneter Gruppen ausschließlich dem nationalen Straf- und Ordnungsrecht, das insbesondere gegen die Gefährdung der inneren Sicherheit gerichtet ist.

Gibt es Ausnahmen, unter denen bewaffnete Gruppen völkerrechtlich legitim handeln?

Obwohl bewaffnete Gruppen grundsätzlich keinem völkerrechtlichen Mandat unterliegen, existieren historische und aktuelle Konstellationen, in denen ihr Handeln völkerrechtlich zumindest partiell legitimiert sein kann. Beispielsweise erkennt das Selbstbestimmungsrecht der Völker gemäß Artikel 1 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte bewaffneten Widerstand gegen koloniale oder fremde Besatzungsherrschaft unter bestimmten Umständen als legitim an. Dennoch sind auch solche Gruppen an die Grundprinzipien des humanitären Völkerrechts gebunden. Eine vollständige völkerrechtliche Legitimation setzt allerdings regelmäßig eine breite Anerkennung durch die internationale Staatengemeinschaft oder Organe wie den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen voraus.

Welche Relevanz haben internationale Listen, wie z.B. die Terrorlisten der EU oder UN, für bewaffnete Gruppen?

Internationale Listen, etwa die Terrorlisten der Europäischen Union oder der Vereinten Nationen, haben eine erhebliche rechtliche Relevanz für bewaffnete Gruppen. Die Aufnahme in solche Listen zieht weitreichende völker- und nationalrechtliche Konsequenzen nach sich, darunter das Einfrieren von Vermögenswerten, Reiseverbote, Waffenembargos und ein umfassendes Kooperationsverbot mit gelisteten Gruppen und deren Unterstützern. Die Listung basiert auf einem rechtsstaatlichen Verfahren und unterliegt bestimmten rechtlichen Vorgaben und Überprüfungsmechanismen. Zudem bildet sie die Grundlage für die nationale Strafverfolgung und für internationale Zusammenarbeit zur Bekämpfung von Terrorismus und organisierter Kriminalität. Eine Löschung von der Liste ist nur unter engen Voraussetzungen und nach formellem Antrag möglich.

Wie werden bewaffnete Gruppen im Asyl- und Flüchtlingsrecht behandelt?

Im Asyl- und Flüchtlingsrecht ist die Zugehörigkeit zu einer bewaffneten Gruppe ein bedeutsames Ausschlusskriterium. Nach der Genfer Flüchtlingskonvention und entsprechenden europäischen Regelungen (z.B. Art. 1F der Genfer Konvention, Art. 12 der EU-Qualifikationsrichtlinie) sind Personen, die Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen oder schwere nichtpolitische Vergehen – wozu in der Regel auch die Mitgliedschaft in bestimmten bewaffneten Gruppen zählt – begangen haben, von internationalem Schutz ausgeschlossen. Dies bedeutet, dass ein Asylgesuch automatisch abgelehnt werden kann, wenn festgestellt wird, dass der Antragsteller Mitglied einer solche Gruppe war oder betreffende Handlungen begangen hat. Die Umsetzung dieser Regelungen obliegt den jeweiligen nationalen Behörden und wird in einem individuellen Prüfverfahren festgestellt.