Legal Lexikon

Bevollmächtigter

Bevollmächtigter: Bedeutung, Funktion und rechtlicher Rahmen

Ein Bevollmächtigter ist eine Person, die im Namen und mit rechtlicher Wirkung für eine andere Person oder Organisation handelt. Grundlage dafür ist eine Vollmacht. Das Handeln des Bevollmächtigten entfaltet unmittelbar Wirkungen für den Vollmachtgeber, sofern die Vertretungsmacht besteht und im Rahmen ihres Umfangs ausgeübt wird.

Der Bevollmächtigte ist vom Auftragnehmer oder Boten abzugrenzen: Während der Bote nur eine Erklärung überbringt, gibt der Bevollmächtigte eine eigene Erklärung im Namen des Vollmachtgebers ab oder nimmt eine solche entgegen.

Entstehung der Vertretungsmacht

Vollmachtserteilung: Form und Inhalt

Die Vertretungsmacht des Bevollmächtigten entsteht durch Erteilung einer Vollmacht. Diese kann mündlich, schriftlich oder in besonderen Fällen in öffentlich beglaubigter oder notariell beurkundeter Form erfolgen. Der Inhalt legt fest, zu welchen Handlungen der Bevollmächtigte berechtigt ist. Üblich sind Angaben zu Person des Bevollmächtigten, Umfang, Beginn, etwaigen Bedingungen sowie zur Geltung gegenüber Dritten.

Arten der Vollmacht

Einzel- und Gesamtvollmacht

Bei der Einzelvollmacht handelt der Bevollmächtigte allein. Bei der Gesamtvollmacht müssen mehrere benannte Personen gemeinsam handeln; die Wirksamkeit setzt das Zusammenwirken der Vollmachtnehmer voraus.

General-, Gattungs- und Spezialvollmacht

Eine Generalvollmacht ermächtigt zu allen rechtlich zulässigen Geschäften, die grundsätzlich durch Vertreter vorgenommen werden können. Eine Gattungsvollmacht betrifft eine bestimmte Art von Geschäften (z. B. Bankangelegenheiten). Eine Spezialvollmacht ist auf ein konkretes Geschäft oder einen einzelnen Vorgang beschränkt.

Innen- und Außenvollmacht

Die Innenvollmacht wird nur gegenüber dem Bevollmächtigten erklärt. Die Außenvollmacht wird auch gegenüber Dritten kundgetan, etwa durch Vorlage einer Urkunde. Für die Bindung Dritter ist entscheidend, welche Vollmacht ihnen erkennbar gemacht wurde.

Bedingungen, Befristung und Widerrufsvorbehalt

Vollmachten können befristet oder an Bedingungen geknüpft sein. Ein Widerrufsvorbehalt ist regelmäßig zulässig; seine Ausgestaltung beeinflusst, wie und wann die Vollmacht endet.

Abgrenzung: Gesetzliche und organschaftliche Vertretung

Von der Bevollmächtigung zu unterscheiden ist die Vertretung kraft Gesetzes (etwa durch Eltern) oder kraft Organstellung (z. B. Geschäftsführung einer Gesellschaft). Der Bevollmächtigte leitet seine Befugnisse nicht aus einer Organstellung ab, sondern aus der erteilten Vollmacht.

Rechtsscheinvollmacht: Duldung und Anschein

Handelt eine Person ohne wirksame Vollmacht, kann unter Umständen ein schutzwürdiger Rechtsschein entstehen, wenn der Vollmachtgeber das Auftreten duldet oder durch sein Verhalten den Anschein einer Bevollmächtigung gesetzt hat. In solchen Fällen können die Wirkungen einem wirksamen Vertreterhandeln angenähert werden.

Umfang und Ausübung der Vertretungsmacht

Grenzen des Handelns

Der Bevollmächtigte darf nur innerhalb des Vollmachtsumfangs handeln. Überschreitungen führen grundsätzlich dazu, dass das Geschäft den Vollmachtgeber nicht bindet, solange keine Genehmigung erteilt wird. Darüber hinaus können gesetzliche Verbote, Sittenwidrigkeit oder Interessenkollisionen das Handeln begrenzen.

Nachweis gegenüber Dritten

Gegenüber Vertragspartnern oder Behörden ist der Nachweis der Vollmacht regelmäßig erforderlich. Üblich sind Vollmachtsurkunden oder andere Nachweise. Bestehen Formvorschriften für das Grundgeschäft, können entsprechende Formen auch für den Vollmachtnachweis erforderlich sein.

Offenes Handeln im fremden Namen

Der Bevollmächtigte handelt grundsätzlich offen im Namen des Vollmachtgebers. Wird nicht offengelegt, dass im fremden Namen gehandelt wird, kann der Handelnde unter Umständen selbst Vertragspartner werden, sofern nicht aus den Umständen etwas anderes hervorgeht.

Mehrfachvertretung und Interessenkonflikte

Vertretung mehrerer Beteiligter kann zu Interessenkonflikten führen. Je nach Konstellation kann sie unzulässig sein oder besondere Offenlegungs- und Zustimmungserfordernisse auslösen. Ziel ist die Vermeidung von Loyalitätskonflikten und die Wahrung der Entscheidungsfreiheit des Vollmachtgebers.

Rechtsfolgen des Vertreterhandelns

Bindungswirkung für den Vollmachtgeber

Handelt der Bevollmächtigte wirksam im Rahmen der Vollmacht, werden die Rechtsfolgen dem Vollmachtgeber zugerechnet. Dieser wird Vertragspartner und ist aus dem Geschäft berechtigt und verpflichtet.

Überschreitung der Vollmacht

Bei Überschreitung oder Fehlen der Vollmacht fehlt zunächst die Bindung des Vollmachtgebers. Dritte können in diesem Fall Ansprüche gegen den Handelnden haben, wenn dieser den Rechtsschein einer Bevollmächtigung gesetzt hat oder besondere Haftungsgründe vorliegen.

Genehmigung

Der Vollmachtgeber kann ein ohne oder über die Vollmacht hinaus abgeschlossenes Geschäft nachträglich genehmigen. Mit der Genehmigung wirkt das Geschäft grundsätzlich so, als wäre es von Anfang an wirksam vertreten abgeschlossen worden.

Besondere Erscheinungsformen

Prozessbevollmächtigter

In gerichtlichen Verfahren tritt der Prozessbevollmächtigte für eine Partei auf. Je nach Verfahrensart und Gericht kann Vertretungszwang bestehen, der vorschreibt, wer als Bevollmächtigter auftreten darf. Die Prozessvollmacht umfasst prozessuale Handlungen und häufig auch bestimmte Nebenrechte wie Vergleichsabschluss, Kostenanträge und Empfangnahme von Zustellungen, soweit sie erteilt sind.

Handelsrechtliche Vollmachten: Prokura und Handlungsvollmacht

Im kaufmännischen Geschäftsverkehr gibt es besondere Vollmachtsarten. Die Prokura ist eine weitreichende, formal erteilte Vollmacht mit publizitätswirksamer Eintragung. Die Handlungsvollmacht ist weiter verbreitet, aber in ihrem Umfang typischerweise enger. Beide Arten betreffen die Vertretung von Unternehmen im Geschäftsverkehr.

Zustellungs- und Empfangsbevollmächtigter

Ein Zustellungsbevollmächtigter ist befugt, amtliche Schriftstücke entgegenzunehmen, wodurch Zustellungen wirksam werden können. Ein Empfangsbevollmächtigter nimmt Willenserklärungen, Auskünfte oder Leistungen entgegen; die Entgegennahme wird dem Vollmachtgeber zugerechnet.

Vorsorgevollmacht und Betreuung

Die Vorsorgevollmacht ermächtigt eine Vertrauensperson, bei eigener Handlungsunfähigkeit Angelegenheiten zu regeln. Sie ist von der rechtlichen Betreuung zu unterscheiden, bei der ein Betreuer auf Grundlage einer gerichtlichen Anordnung handelt. Die Vorsorgevollmacht erhält die Selbstbestimmung, indem sie eine gewünschte Vertretungsperson festlegt.

Gesellschaftsrechtliche Abgrenzung

Organe einer juristischen Person (etwa Geschäftsführung) vertreten kraft Organstellung. Bevollmächtigte von Gesellschaften handeln aufgrund einer gesonderten Vollmacht. Für Dritte ist wesentlich, ob Organvertretung oder Bevollmächtigung vorliegt, da Umfang und Grenzen unterschiedlich sein können.

Erlöschen und Widerruf der Vollmacht

Gründe des Erlöschens

Vollmachten enden durch Widerruf, Zeitablauf, Bedingungseintritt, Erledigung des Geschäfts oder Wegfall der Vertretungsgrundlage. Weitere Gründe können der Tod des Vollmachtgebers oder des Bevollmächtigten oder der Verlust der Geschäfts- oder Handlungsfähigkeit sein, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist.

Wirkung des Widerrufs gegenüber Dritten

Für die Wirkung gegenüber Dritten ist maßgeblich, ob diese vom Widerruf Kenntnis haben oder haben mussten. Bei Außenvollmachten kann die Rücknahme oder Kraftloserklärung von Vollmachtsurkunden bedeutsam sein, um den Rechtsschein fortbestehender Vertretungsmacht zu vermeiden.

Vollmachtsurkunde und Rückgabepflicht

Ist eine Urkunde über die Vollmacht ausgestellt, kann nach Erlöschen die Herausgabe verlangt werden. Die Urkunde dient dem Nachweis gegenüber Dritten; ihre Rückgabe verhindert den weiteren Gebrauch.

Formvorschriften und Beurkundung

Schriftform

Eine Vollmacht kann formfrei erteilt werden, sofern das Grundgeschäft keine besondere Form erfordert. Häufig wird jedoch Schriftform genutzt, um den Nachweis zu erleichtern.

Öffentliche Beglaubigung und notarielle Beurkundung

In bestimmten Konstellationen ist eine besondere Form vorgesehen, etwa bei Grundstücksgeschäften oder erweiterter Vermögenssorge. Je nach Gegenstand kann die Unterschrift öffentlich beglaubigt oder die Vollmacht selbst notariell beurkundet werden. Der erforderliche Formgrad richtet sich nach dem Rechtsgeschäft, das vertreten abgeschlossen werden soll.

Haftung und Verantwortung

Haftung gegenüber Dritten

Handelt ein Bevollmächtigter ohne oder außerhalb der Vertretungsmacht, können sich Ansprüche Dritter gegen den Handelnden ergeben, etwa wegen unzutreffend erweckten Rechtsscheins. Maßgeblich sind die erkennbaren Umstände und der Schutz des Vertrauens Dritter.

Haftung gegenüber dem Vollmachtgeber

Gegenüber dem Vollmachtgeber bestehen Sorgfalts-, Loyalitäts- und Rechenschaftspflichten. Der Bevollmächtigte hat die Interessen des Vollmachtgebers zu wahren, Informationen offenzulegen und erlangte Werte herauszugeben.

Dokumentation und Transparenz

Eine nachvollziehbare Dokumentation erleichtert die Zuordnung von Handlungen und die Kontrolle des Umfangs der Vertretungsmacht. Sie dient der Klarstellung gegenüber Dritten und innerhalb bestehender Rechtsbeziehungen.

Internationaler Bezug

Auslandsverwendung von Vollmachten

Sollen Vollmachten im Ausland wirken, können zusätzliche Formerfordernisse wie Beglaubigung oder Apostille erforderlich sein. Entscheidend ist das Recht des Staates, in dem die Vollmacht verwendet wird, und das Recht, dem das Grundgeschäft unterliegt.

Sprache und Auslegung

Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten spielen Sprache, Übersetzung und Auslegung eine zentrale Rolle. Missverständnisse werden durch klare Bezeichnung des Umfangs und der Geltungsbereiche vermieden.

Häufig gestellte Fragen

Was unterscheidet einen Bevollmächtigten von einem Organ einer Gesellschaft?

Ein Organ vertritt kraft seiner Stellung die Gesellschaft unmittelbar. Ein Bevollmächtigter handelt aufgrund einer gesondert erteilten Vollmacht. Umfang und Grenzen der Vertretung folgen beim Organ aus der Organstellung, beim Bevollmächtigten aus der Vollmacht.

Muss eine Vollmacht stets schriftlich erteilt werden?

Eine Vollmacht kann formfrei entstehen, sofern keine besondere Form vorgesehen ist. Für bestimmte Geschäfte ist eine erhöhte Form erforderlich. Die Schriftform erleichtert den Nachweis gegenüber Dritten.

Wie weist ein Bevollmächtigter seine Befugnis nach?

Üblich ist die Vorlage einer Vollmachtsurkunde oder eines gleichwertigen Nachweises. Bei Außenvollmachten ist der Nachweis gegenüber Dritten besonders bedeutsam, um die Wirksamkeit des Handelns sicherzustellen.

Was gilt, wenn der Bevollmächtigte ohne ausreichende Vollmacht handelt?

Ohne ausreichende Vertretungsmacht bindet das Geschäft den Vollmachtgeber zunächst nicht. Eine nachträgliche Genehmigung kann das Geschäft wirksam machen. Bis dahin können Haftungsfragen gegenüber dem Handelnden entstehen.

Wann endet eine Vollmacht?

Die Vollmacht endet durch Widerruf, Zeitablauf, Bedingungseintritt, Erledigung des Geschäfts oder Wegfall der Grundlage. Weitere Beendigungsgründe können in der Person des Vollmachtgebers oder des Bevollmächtigten liegen.

Ist eine Generalvollmacht grenzenlos?

Eine Generalvollmacht ist weitreichend, unterliegt aber gesetzlichen Schranken und möglichen Formvorgaben des jeweiligen Geschäfts. Zudem gilt ihr Umfang nur, soweit er wirksam erteilt und erkennbar ist.

Welche Rolle hat ein Prozessbevollmächtigter?

Er vertritt eine Partei im Verfahren und nimmt prozessuale Handlungen vor. Je nach Gericht und Verfahrensart kann Vertretungszwang gelten, wodurch nur bestimmte Personen als Bevollmächtigte auftreten dürfen.

Kann eine Vollmacht im Ausland genutzt werden?

Ja, jedoch können zusätzliche Formerfordernisse wie Beglaubigung oder Apostille notwendig sein. Maßgeblich sind die Anforderungen des Staates, in dem die Vollmacht verwendet wird.