Begriff und rechtliche Einordnung des Betriebsausschusses
Der Betriebsausschuss ist ein besonderes Gremium innerhalb des Betriebsverfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland. Seine rechtliche Grundlage findet sich im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), insbesondere in den §§ 27 und 28 BetrVG. Der Betriebsausschuss ist ein von und aus dem Betriebsrat gebildeter Ausschuss, der zur Durchführung laufender, täglich anfallender Betriebsratsaufgaben bestimmt ist. Er kommt in Betrieben mit in der Regel mehr als neun Betriebsratsmitgliedern zum Einsatz.
Rechtsgrundlage und Stellung innerhalb der betrieblichen Mitbestimmung
Betriebsverfassungsgesetz – Relevante Vorschriften
Die zentrale Gesetzesgrundlage für den Betriebsausschuss ist § 27 BetrVG. Danach hat der Betriebsrat in Betrieben mit neun oder mehr Mitgliedern einen Betriebsausschuss zu bilden. Die §§ 27 und 28 BetrVG regeln sowohl die Bildung als auch die Aufgabenübertragung an weitere Ausschüsse für spezielle Themenbereiche.
Zusammensetzung des Betriebsausschusses
Der Betriebsausschuss besteht aus dem Vorsitzenden des Betriebsrats, dessen Stellvertreter sowie weiteren von der Gesamtheit der Betriebsratsmitglieder aus ihrer Mitte gewählten Mitgliedern. Die konkrete Anzahl dieser Mitglieder richtet sich nach der Gesamtgröße des Betriebsrats:
- Bei Betriebsräten mit 9-15 Mitgliedern: 3 weitere Mitglieder
- Bei 17-23 Mitgliedern: 5 weitere Mitglieder
- Bei 25 oder mehr Mitgliedern: 7 weitere Mitglieder
Somit ergibt sich, dass der Betriebsausschuss in seiner Minimalbesetzung aus dem Vorsitzenden, dessen Stellvertreter und drei weiteren Mitgliedern gebildet wird.
Aufgaben und Befugnisse des Betriebsausschusses
Übertragene Aufgaben
Dem Betriebsausschuss obliegt die Durchführung der laufenden Geschäfte des Betriebsrats. Zu diesen laufenden Geschäften zählen insbesondere:
- Vorbereitung und Ausführung der Beschlüsse des Betriebsrats
- Organisation und Einladung zu Betriebsratssitzungen
- Führung der laufenden Korrespondenz und Akten
- Wahrnehmung von administrativen Aufgaben
Gesetzlich nicht übertragbare Aufgaben
Nicht alle Angelegenheiten des Betriebsrats können an den Betriebsausschuss übertragen werden. Insbesondere folgende Aufgaben verbleiben ausschließlich beim Betriebsrat in seiner Gesamtheit:
- Grundsatzentscheidungen, z. B. bei Abschluss von Betriebsvereinbarungen
- Beteiligung bei personellen Einzelmaßnahmen nach den §§ 99 ff. BetrVG
- Entscheidungen bei Interessenausgleich oder Sozialplan
- Beschlussfassungen über Maßnahmen nach § 104 BetrVG
Weitere Ausschüsse nach § 28 BetrVG
Neben dem Betriebsausschuss kann der Betriebsrat nach § 28 BetrVG weitere Ausschüsse für spezielle Aufgabenbereiche einsetzen und diesen Ausschüssen bestimmte Aufgaben zur selbständigen Erledigung übertragen. Dazu gehören zum Beispiel:
- Wirtschaftsausschuss
- Personalausschuss
- Sozialausschuss
Der Betriebsausschuss bleibt jedoch der einzige Ausschuss, dessen Bildung gesetzlich vorgeschrieben ist.
Wahl und Amtszeit der Mitglieder
Wahlvorgang
Die Mitglieder des Betriebsausschusses werden von den Mitgliedern des Betriebsrats aus ihrer Mitte gewählt. Die Wahl erfolgt geheim und bedarf der einfachen Mehrheit der anwesenden stimmberechtigten Betriebsratsmitglieder. Wahlberechtigt und wählbar sind nur ordentliche, nicht jedoch die Ersatzmitglieder des Betriebsrats.
Amtsdauer
Die Amtszeit der Mitglieder des Betriebsausschusses ist grundsätzlich an die Dauer der jeweiligen Amtsperiode des Betriebsrats gebunden. Sie endet mit Ablauf der Amtszeit oder bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Betriebsrat.
Verhältnis zu weiteren Organen und Ausschüssen der Betriebsratsarbeit
Abgrenzung zu anderen Ausschüssen
Der Betriebsausschuss ist als zentrales Führungsorgan für die tägliche Arbeit des Betriebsrats anzusehen. Im Unterschied zu weiteren Ausschüssen, wie dem Wirtschaftsausschuss nach § 106 BetrVG oder dem Personalausschuss, ist die Einrichtung des Betriebsausschusses ab einer bestimmten Größe des Betriebsrats verpflichtend.
Schnittstellen zum Arbeitgeber
Im Rahmen der Betriebsratsarbeit kann der Betriebsausschuss den Arbeitgeber in organisatorischen, administrativen und vorbereitenden Angelegenheiten vertreten. Entscheidungen mit weitreichenden Konsequenzen in mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten verbleiben beim Gesamtbetrieb oder Gesamtbetriebsrat.
Rechtsstellung und Schutz der Mitglieder
Besonderer Kündigungsschutz
Mitglieder des Betriebsausschusses genießen als Mitglieder des Betriebsrats den besonderen Kündigungsschutz nach § 15 Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Dies bedeutet, dass eine ordentliche Kündigung während ihrer Amtszeit grundsätzlich unzulässig ist.
Freistellung und Schulungsanspruch
Zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung ihrer Aufgaben haben Mitglieder des Betriebsausschusses Anspruch auf erforderliche Schulungen, soweit diese für die Arbeit im Betriebsausschuss notwendig sind. Zudem können sie im erforderlichen Umfang von ihrer beruflichen Tätigkeit unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts freigestellt werden (§ 37 BetrVG).
Literatur und weiterführende Hinweise
Die umfassende rechtliche Behandlung sowie aktuelle Rechtsprechungen zum Betriebsausschuss finden sich in einschlägigen Kommentaren und Handbüchern zum Betriebsverfassungsrecht. Insbesondere lohnt sich ein Vergleich der Regelungen zum Betriebsausschuss in Deutschland mit den entsprechenden Regelungen in Österreich und der Schweiz, um Unterschiede im Arbeitsrecht aufzuzeigen.
Zusammenfassung
Der Betriebsausschuss ist ein gesetzlich vorgeschriebenes Organ des Betriebsrats in größeren Betrieben und spielt eine zentrale Rolle bei der effizienten Wahrnehmung der Aufgaben des Betriebsrats. Seine Befugnisse, die Zusammensetzung, die Rechte der Mitglieder und die rechtlichen Grenzen seiner Kompetenzen verdeutlichen seine Bedeutung im System der betrieblichen Mitbestimmung. Die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben trägt maßgeblich zu einer effektiven und rechtssicheren Betriebsratsarbeit bei.
Häufig gestellte Fragen
Wie wird der Betriebsausschuss rechtlich gebildet?
Der Betriebsausschuss wird gemäß § 27 BetrVG (Betriebsverfassungsgesetz) in Betrieben mit in der Regel mehr als neun Betriebsratsmitgliedern gebildet. Die Wahl des Betriebsausschusses erfolgt in der konstituierenden Sitzung des neu gewählten Betriebsrats. Die Größe des Betriebsausschusses richtet sich nach der Größe des Betriebsratsgremiums; dabei schreibt § 27 Abs. 1 BetrVG vor, dass neben dem Vorsitzenden und seinem Stellvertreter mindestens drei, höchstens sieben weitere Betriebsratsmitglieder in den Betriebsausschuss gewählt werden. Die Mitglieder des Betriebsausschusses werden aus der Mitte des Betriebsrats in geheimer Wahl und nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl gewählt (§ 27 Abs. 2 BetrVG). Ersatzmitglieder können nicht in den Betriebsausschuss gewählt werden, mit Ausnahme des Stellvertreters des Betriebsratsvorsitzenden.
Welche Aufgaben und Befugnisse hat der Betriebsausschuss nach dem Betriebsverfassungsgesetz?
Der Betriebsausschuss ist das ausführende Organ des Betriebsrats zwischen dessen Sitzungen. Nach § 27 Abs. 2 Satz 1 BetrVG führt er die laufenden Geschäfte des Betriebsrats. Dazu gehören organisatorische Aufgaben wie die Vorbereitung von Betriebsratssitzungen, laufende Korrespondenz, Annahme und Bearbeitung eingehender Anträge sowie die Überwachung der Umsetzung von Betriebsratsbeschlüssen. Allerdings kann der Betriebsausschuss vom Betriebsrat ausdrücklich mit weiteren Aufgaben betraut werden, sofern diese nicht ausdrücklich dem Betriebsrat als Gremium vorbehalten sind (beispielsweise bei Mitbestimmungsangelegenheiten gemäß § 87 BetrVG). Rechtsverbindliche Erklärungen und Beschlussfassungen in mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten dürfen jedoch grundsätzlich nur vom Betriebsrat als Gesamtorgan getroffen werden und können nicht auf den Betriebsausschuss übertragen werden (§ 27 Abs. 2 Satz 2 BetrVG).
Wer wählt die Mitglieder des Betriebsausschusses und wie lange ist deren Amtszeit?
Die Mitglieder des Betriebsausschusses werden ausschließlich von den Mitgliedern des Betriebsrats in geheimer Wahl bestimmt. Die Wahl findet in der allerersten Sitzung des neu konstituierten Betriebsrats (konstituierende Sitzung) statt. Die Amtszeit der gewählten Mitglieder des Betriebsausschusses ist an die Amtszeit des Betriebsrats gekoppelt – sie endet also mit dessen Abwahl, Rücktritt, Auflösung oder nach Ablauf der regulären vierjährigen Amtszeit (§ 21 BetrVG). Wird ein Mitglied des Betriebsausschusses aus dem Gremium abberufen oder scheidet es aus dem Betriebsrat aus (z. B. durch Niederlegung seines Mandats, Ausscheiden aus dem Betrieb oder sonstige Umstände), so ist für die verbleibende Amtszeit des Betriebsrats ein Nachfolger zu wählen.
Welche rechtlichen Grenzen bestehen für die Übertragung von Aufgaben an den Betriebsausschuss?
Die Übertragung von Aufgaben an den Betriebsausschuss ist an bestimmte rechtliche Grenzen gebunden. Gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2 BetrVG dürfen dem Betriebsausschuss keine Aufgaben übertragen werden, die nicht ausdrücklich vom Betriebsrat auf ihn delegierbar sind. Dies betrifft insbesondere Angelegenheiten, bei denen das Gesetz eine Beschlussfassung durch das gesamte Betriebsratsgremium vorsieht, wie bei der Mitbestimmung in sozialen, personellen und wirtschaftlichen Angelegenheiten (§§ 87, 99, 111 BetrVG). Auch Entscheidungen über Einigungsstellen, Kündigungen, Interessenausgleiche sowie Sozialpläne müssen zwingend vom Betriebsrat selbst beschlossen werden. Der Betriebsausschuss kann daher nur operative und laufende Aufgaben übernehmen, sofern dies der Betriebsrat zuvor beschlossen hat.
Inwiefern ist der Betriebsausschuss gegenüber dem Betriebsrat rechenschaftspflichtig?
Der Betriebsausschuss ist dem Betriebsrat gegenüber stets berichtspflichtig und zur Rechenschaft verpflichtet. Grundlage hierfür ist § 27 Abs. 2 BetrVG, wonach der Betriebsausschuss dem Betriebsrat regelmäßig Bericht zu erstatten hat. Das umfasst sowohl alle laufenden Geschäfte als auch die im Auftrag des Betriebsrats erledigten Aufgaben. Der Betriebsrat kann Einblick in sämtliche Unterlagen und Vorgänge verlangen und hat das Recht, den Betriebsausschuss zu Weisungen und Berichterstattung aufzufordern. Der Betriebsausschuss ist zudem verpflichtet, alle wichtigen Entscheidungen und Vorgänge umgehend dem Betriebsrat zur Kenntnis zu bringen; sollte ein Konflikt bestehen, so hat stets der Beschluss des Betriebsrats Gültigkeit.
Kann der Betriebsausschuss eigenständig mit der Arbeitgeberseite verhandeln?
Dem Betriebsausschuss ist es gestattet, mit der Arbeitgeberseite ins Gespräch zu treten, sofern die Aufgabenübertragung und Beauftragung durch den Betriebsrat erfolgt ist (z. B. zur Vorbereitung von Verhandlungen). Allerdings darf der Betriebsausschuss keine rechtsverbindlichen Vereinbarungen mit dem Arbeitgeber abschließen, die der Mitbestimmung oder Beschlussfassung bedürfen (§ 27 Abs. 2 BetrVG). Solche bindenden Entscheidungen, wie etwa das Abschließen von Betriebsvereinbarungen oder die Zustimmung zu personellen Einzelmaßnahmen gemäß § 99 BetrVG, sind ausschließlich durch das gesamte Betriebsratsgremium zu treffen. Damit ist die Rolle des Betriebsausschusses auch gegenüber dem Arbeitgeber ausdrücklich auf vorbereitende, unterstützende Tätigkeiten beschränkt.
Was passiert bei fehlerhafter Bildung oder Aufgabenübertragung an den Betriebsausschuss?
Fehler bei der Bildung des Betriebsausschusses, etwa wenn die Wahl nicht rechtmäßig erfolgt oder erforderliche Verfahrensregeln nicht eingehalten werden, können die Wirksamkeit der vom Ausschuss getroffenen Maßnahmen beeinträchtigen. Dies betrifft insbesondere die Frage, ob der Betriebsausschuss rechtmäßig mit der Führung laufender Geschäfte oder mit besonderen Aufgaben betraut wurde. Bei rechtswidriger Aufgabenübertragung (z. B. Übertragung von unübertragbaren Beschlussangelegenheiten) sind die betreffenden Maßnahmen nichtig und können im Zweifel auch gerichtlich angefochten werden (§§ 23, 23a BetrVG). Im Extremfall kann die fehlerhafte Arbeit des Betriebsausschusses zur Anfechtung von Betriebsratsbeschlüssen oder -wahlen führen, was erhebliche rechtliche Konsequenzen bis hin zur Auflösung des Betriebsrats nach sich ziehen kann.