Legal Lexikon

Besitz


Definition und Bedeutung des Begriffs Besitz

Der Begriff Besitz nimmt in vielen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und rechtlichen Kontexten eine zentrale Rolle ein. Allgemein versteht man unter Besitz das tatsächliche Herrschaftsverhältnis einer Person über eine Sache. Besitz beschreibt somit nicht das Recht an einer Sache, sondern das faktische oder tatsächliche Innehaben und Kontrollieren dieser Sache. Der Unterschied zwischen dem Besitz und dem rechtlichen Eigentum ist dabei essenziell: Besitz bezeichnet die äußere Beziehung zwischen einer Person und einer Sache, während Eigentum ein umfassendes Recht an der Sache ist.

Allgemeiner Kontext und Relevanz des Besitzes

Besitz ist ein grundlegender Begriff in alltäglichen Lebenssituationen, in wirtschaftlichen Zusammenhängen sowie im rechtlichen Rahmen. Sowohl im Privatrecht als auch im öffentlichen Recht und in der wirtschaftlichen Praxis entscheidet der Besitz häufig über Rechte, Verantwortlichkeiten und Pflichten, beispielsweise bei der Nutzung von Wohnraum, der Verfügungsgewalt über bewegliche Güter oder der Verwaltung von Vermögensgegenständen.

Laienverständliche Definition von Besitz

Im allgemeinen Sprachgebrauch bedeutet Besitz, dass eine Person eine Sache hat und diese tatsächlich nutzen oder darüber verfügen kann, unabhängig davon, ob sie auch der rechtliche Eigentümer ist. Beispielsweise ist ein Mieter der Besitzer einer gemieteten Wohnung, während der Vermieter der rechtliche Eigentümer bleibt.

Formale Definition von Besitz

Im formalen Sinne wird Besitz als die tatsächliche Sachherrschaft einer Person über eine Sache definiert, getragen von einem Besitzwillen. Die entsprechende Definition findet sich im deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in § 854 Absatz 1:

„Der Besitz einer Sache wird durch die Erlangung der tatsächlichen Gewalt über die Sache erworben.“

Besitz im rechtlichen Kontext

Eigentum und Besitz: Der Unterschied

Ein fundamentales Prinzip im Recht ist die Unterscheidung von Besitz und Eigentum. Während der Eigentümer das umfassende Recht an einer Sache besitzt, kann der Besitzer ohne Eigentümer zu sein, die Sache tatsächlich innehaben. Hieraus ergeben sich verschiedene rechtliche Folgen und Handlungsmöglichkeiten.

Beispiele für Eigentum und Besitz

  • Vermieter und Mieter: Der Mieter besitzt die Wohnung, solange er sie gemietet hat, während das Eigentum beim Vermieter verbleibt.
  • Autoverleih: Wer ein Auto mietet, ist während der Mietdauer Besitzer, während die verleihende Firma Eigentümer bleibt.

Wesentliche rechtliche Vorschriften zum Besitz

Der Besitz ist insbesondere im deutschen Recht ausführlich geregelt. Die zentralen gesetzlichen Regelungen finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB):

  • § 854 BGB (Besitzerwerb)
  • § 858 BGB (Verbotene Eigenmacht)
  • § 859 BGB (Selbsthilfe des Besitzers)
  • § 861 BGB (Besitzschutz, Wiedereinräumung des Besitzes)
  • § 869 BGB (Mitbesitz)
  • § 872 BGB (Besitzdiener)

Diese Vorschriften regeln unter anderem, wie Besitz erlangt und geschützt wird, welche Rechte der Besitzer hat und unter welchen Bedingungen der Besitz ersetzt werden kann.

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) enthält die grundlegenden Vorschriften über den Besitz in den §§ 854 bis 872. Diese Regelungen definieren den Besitz, klären die Voraussetzungen für den Erwerb und Verlust des Besitzes sowie den Schutz des Besitzes gegen widerrechtliche Eingriffe.

Schutz des Besitzes

Das Recht schützt den Besitzer in verschiedener Form, unabhängig vom rechtlichen Eigentum. Im Fall einer Besitzstörung oder Besitzentziehung – zum Beispiel durch den Diebstahl beweglicher Sachen oder das widerrechtliche Betreten von Grundstücken – hat der Besitzer rechtliche Ansprüche auf Wiederherstellung und Unterlassung.

Zu den wichtigsten Schutzmaßnahmen zählen:

  • Possessorischer Besitzschutz: Der Besitzer kann sich eigenständig und unmittelbar gegen Störungen wehren (§ 859 BGB).
  • Petitorischer Besitzschutz: Rechtliche Ansprüche auf Herausgabe, Wiedereinräumung und Unterlassung können vor Gericht durchgesetzt werden (§§ 861, 862 BGB).

Besitz in verschiedenen Lebensbereichen

Besitz spielt nicht nur im Recht, sondern auch in vielen anderen gesellschaftlichen Bereichen eine wichtige Rolle. Im Folgenden werden typische Kontexte des Besitzes beschrieben:

Besitz im Alltag

Im Alltag begegnet Besitz beispielsweise in folgenden Situationen:

  • Eine Person hält ihr Telefon in der Hand – sie ist Besitzerin des Gerätes.
  • Kinder spielen mit ihrem eigenen Spielzeug oder mit ausgeliehenen Spielsachen Dritter.
  • Fahrräder, die jemand zur Nutzung ausleihen darf, stehen unter seinem Besitz, nicht aber unter seinem Eigentum.

Besitz in der Wirtschaft

In wirtschaftlichen Zusammenhängen sind Besitzverhältnisse von großem Interesse:

  • Unternehmen überlassen Maschinen zur Nutzung an andere Unternehmen (Leasing).
  • Güter und Waren werden zur befristeten Nutzung übergeben (Leihe, Miete).
  • Immobilien werden vermietet, wobei der Mieter Besitzer ist und das Recht zur Nutzung innehat.

Besitz in der Verwaltung

Auch im Verwaltungsrecht kann Besitz eine Rolle spielen:

  • Behörden haben die tatsächliche Verfügung über verwahrte Gegenstände.
  • Beschlagnahmte Gegenstände befinden sich im Besitz des Staates, bis die rechtlichen Ansprüche geklärt sind.

Arten des Besitzes

Es lassen sich verschiedene Besitzformen unterscheiden, die insbesondere im Recht differenziert werden:

Unmittelbarer und mittelbarer Besitz

  • Unmittelbarer Besitz liegt vor, wenn eine Person die tatsächliche Sachherrschaft unmittelbar ausübt, zum Beispiel bei Dingen, die sie selbst in Händen hält.
  • Mittelbarer Besitz betrifft Personen, die aufgrund eines Besitzmittlungsverhältnisses (zum Beispiel Miet- oder Leihverhältnisse) die Sachherrschaft über eine andere Person ausüben; der Eigentümer bleibt mittelbarer Besitzer, der Mieter unmittelbarer Besitzer.

Alleinbesitz und Mitbesitz

  • Alleinbesitz: Eine Person hat allein die tatsächliche Gewalt über eine Sache.
  • Mitbesitz: Mehrere Personen üben gemeinsam die Herrschaft über eine Sache aus, wie beispielsweise mehrere Mieter einer gemeinsamen Wohnung.

Eigenbesitz und Fremdbesitz

  • Eigenbesitz: Der Besitzer hält die Sache als ihm gehörig. Beispiel: Ein Eigentümer fährt sein eigenes Auto.
  • Fremdbesitz: Der Besitzer sieht die Sache als zum Eigentum eines Dritten gehörig an. Beispiel: Ein Garagenbesitzer verwahrt das Auto eines Freundes.

Besitzdiener

Bestimmte Personen sind Besitzdiener, das heißt, sie üben die tatsächliche Gewalt für einen anderen aus, zum Beispiel Arbeitnehmer, die im Auftrag ihres Arbeitgebers Gegenstände nutzen oder verwalten (§ 855 BGB).

Erwerb und Verlust des Besitzes

Der Erwerb des Besitzes erfolgt durch die Erlangung der tatsächlichen Sachherrschaft. Der Besitz kann durch Übergabe, Inbesitznahme oder auch durch Übertragung des Besitzmittlerschaftsverhältnisses erworben werden.

Der Verlust des Besitzes tritt ein, wenn die tatsächliche Sachherrschaft vollständig aufgegeben wird, beispielsweise durch Rückgabe an den Eigentümer, durch Veräußerung, Diebstahl oder Zerstörung der Sache.

Überblick: Erwerb und Verlust des Besitzes

  • Erwerb:

– Durch Übergabe einer Sache
– Durch Inbesitznahme (zum Beispiel Fund)
– Durch Übertragung eines Besitzmittlungsverhältnisses

  • Verlust:

– Durch Aufgabe und Rückgabe
– Durch Übergabe an eine andere Person
– Durch Verlust der tatsächlichen Herrschaft (z. B. Diebstahl, Unauffindbarkeit)

Besondere Problemstellungen rund um den Besitz

Bestimmte Konstellationen führen immer wieder zu praktischen und rechtlichen Problemen:

  • Besitzschutz bei widerrechtlicher Besitzentziehung: Wird der Besitz ohne Recht entzogen, stehen dem Besitzer Ansprüche auf Rückgabe und Unterlassung zu.
  • Gutglaubenserwerb: Eine Person, die gutgläubig von einer nichtberechtigten Person Besitz erhält, kann unter bestimmten Voraussetzungen Eigentum erwerben (§ 932 BGB). Der Besitz ermöglicht es dem Erwerber, die tatsächliche Herrschaft auszuüben und gegebenenfalls einen Gutglaubenserwerb zu begründen.
  • Mieterhöhungen oder Vertragskündigungen: Im Mietrecht ist der Besitz der Wohnung häufig zentrales Kriterium für Rechte und Pflichten zwischen Vermieter und Mieter.
  • Besitz und Verpflichtungen: Besitz kann auch Verpflichtungen begründen, zum Beispiel die Pflicht zur sachgemäßen Behandlung oder Rückgabe im Falle von Leihverträgen oder Miete.

Zusammenfassung der wichtigsten Aspekte von Besitz

Besitz bezeichnet das tatsächliche Herrschaftsverhältnis einer Person über eine Sache, unabhängig vom Eigentumsrecht an dieser Sache. Besitz ist in zahlreichen Lebensbereichen relevant, insbesondere im alltäglichen Leben, im Bereich von Miet- und Leihverhältnissen, im Rahmen wirtschaftlicher Aktivitäten und im öffentlichen Bereich. Das Bürgerliche Gesetzbuch enthält umfangreiche Regelungen zum Schutz des Besitzes und zu den Rechten und Pflichten des Besitzers.

Wesentliche Aspekte im Überblick

  • Besitz ist das tatsächliche Innehaben einer Sache, unabhängig vom Eigentum.
  • Rechtlich wird der Besitz durch zahlreiche Paragrafen des BGB geregelt.
  • Der Besitzer hat rechtlichen Schutz gegen Störungen, auch ohne Eigentümer zu sein.
  • Besitzverhältnisse haben weitreichende praktische Bedeutung, nicht nur im Recht, sondern auch in Wirtschaft und Alltagsleben.

Hinweise zur Relevanz von Besitz

Das Verständnis des Begriffs Besitz ist insbesondere für folgende Personenkreise von Bedeutung:

  • Privatpersonen, die Miet- oder Leihverhältnisse eingehen oder Gegenstände verwahren
  • Unternehmen, die Wirtschaftsgüter vermieten oder verleihen
  • Immobilienbesitzer und Mieter von Wohnungen oder Geschäftsräumen
  • Personen im Bereich Verwaltung und öffentlicher Vollzug
  • Personen, die sich mit Eigentum, Nutzungsrechten oder dem Schutz ihres Besitzes auseinandersetzen

Ein grundlegendes Verständnis der Unterschiede zwischen Besitz und Eigentum erleichtert den Umgang mit persönlichen oder geschäftlichen Gegenständen, insbesondere in Situationen, die rechtliche oder wirtschaftliche Auswirkungen haben können.

Häufig gestellte Fragen

Was versteht man unter Besitz im rechtlichen Sinne?

Besitz bezeichnet im rechtlichen Sinne die tatsächliche Herrschaft einer Person über eine Sache. Eine Person ist Besitzer, wenn sie die Möglichkeit hat, auf eine Sache unmittelbar einzuwirken und diese zu nutzen oder zu verwahren, unabhängig davon, ob sie auch Eigentümer ist. Maßgeblich ist hierfür das äußere Erscheinungsbild, also ob nach den Umständen erkennbar ist, dass eine Person die Kontrolle über die Sache ausübt. Die rechtlichen Grundlagen für den Besitz finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), insbesondere in den §§ 854 ff. BGB. Besitz begründet eigene Rechte, wie zum Beispiel den Besitzschutz, sodass der Besitzer gegen unerlaubte Eingriffe Dritter rechtlich geschützt ist, selbst wenn er nicht Eigentümer ist. Es wird zwischen unmittelbarem (tatsächliche Innehabung) und mittelbarem Besitz (Herrschaft über einen Besitzmittler) unterschieden.

Welche Arten von Besitz gibt es?

Das Gesetz unterscheidet verschiedene Besitzarten. Der unmittelbare Besitz liegt vor, wenn eine Person die Sache selbst in ihrer tatsächlichen Gewalt hat, wie zum Beispiel die Nutzung eines Fahrrads. Mittelbarer Besitz besteht, wenn jemand einen sogenannten Besitzmittler einschaltet, beispielsweise wenn ein Vermieter seinem Mieter eine Wohnung überlässt – der Mieter ist unmittelbarer Besitzer, der Vermieter bleibt mittelbarer Besitzer. Daneben gibt es den Besitzdiener, der für eine andere Person (z.B. im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses) Besitz ausübt, wobei der Besitz dem Dienstherrn zugerechnet wird. Außerdem wird zwischen Eigenbesitz (Besitzer betrachtet die Sache als seine eigene) und Fremdbesitz (Besitzer erkennt das Eigentum eines anderen an) unterschieden.

Wie unterscheidet sich Besitz vom Eigentum?

Besitz und Eigentum sind zwei rechtlich getrennte Begriffe. Während der Besitz die tatsächliche Herrschaft über eine Sache bezeichnet, ist das Eigentum das umfassende, rechtliche Herrschaftsrecht an der Sache. Der Eigentümer kann mit der Sache nach Belieben verfahren, sie nutzen, verkaufen oder verschenken, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen. Dagegen kann auch ein Nicht-Eigentümer Besitzer einer Sache sein, beispielsweise ein Mieter, der über eine Wohnung verfügt, aber nicht deren Eigentümer ist. Im Streitfall kann der Besitzer Schutz gegen Eingriffe Dritter beanspruchen, der Eigentümer hat jedoch das stärkere Recht zur Rückforderung der Sache.

Welche Rechte und Pflichten hat ein Besitzer?

Der Besitzer hat verschiedene Rechte und Pflichten. Zu seinen Rechten gehört insbesondere der Besitzschutz: Gegen verbotene Eigenmacht kann er sich mit den Mitteln des Selbsthilferechts (§§ 859, 861 BGB) oder mit Besitzschutzklagen wehren. Verpflichtungen können sich ebenfalls ergeben, etwa zur Herausgabe der Sache an den Eigentümer oder Erstattung von Nutzungsvorteilen. Außerdem muss der Besitzer die Sache ordnungsgemäß behandeln und kann, wenn er nicht zum Besitz berechtigt ist, haftbar gemacht werden. Im Streit um den Besitz ist stets im Einzelfall zu prüfen, welche Rechte und Pflichten konkret bestehen.

Wie kann Besitz übertragen werden?

Die Übertragung des Besitzes erfolgt regelmäßig durch die Übergabe der Sache. Dies kann durch körperliche Übergabe (z. B. das Übergeben eines Schlüssels für eine Wohnung) oder durch bestimmte rechtliche Konstruktionen, sogenannte Besitzmittlungsverhältnisse (z. B. Übergabe kurzer Hand, Besitzkonstitut, Besitzanweisung), erfolgen. Bei beweglichen Sachen ist in der Regel die tatsächliche Übergabe notwendig, bei unbeweglichen Sachen kann auch die Einräumung der tatsächlichen Herrschaft ausreichen. Entscheidend ist stets, dass der neue Besitzer die tatsächliche Sachherrschaft erhält.

Was versteht man unter Besitzschutz?

Besitzschutz bedeutet den gesetzlichen Schutz des Besitzes gegen widerrechtliche Eingriffe Dritter. Das deutsche Recht räumt dem Besitzer verschiedene Möglichkeiten ein, sich gegen Besitzstörungen zu wehren, auch wenn er nicht Eigentümer ist. Zu den wichtigsten Mitteln gehört die sogenannte Besitzwehr und Besitzkehr, mit denen sich der Besitzer im Falle verbotener Eigenmacht notfalls auch mit Gewalt verteidigen darf (§ 859 BGB). Darüber hinaus existieren spezielle Klagearten wie die sogenannte Besitzschutzklage (§ 861 BGB) und die Klage auf Beseitigung von Besitzstörungen (§ 862 BGB), mit denen gerichtliche Hilfe in Anspruch genommen werden kann. Ziel ist es, die tatsächliche Herrschaft und den Rechtsfrieden zu wahren.

Kann Besitz auch durch den Verlust der tatsächlichen Gewalt enden?

Ja, der Besitz endet grundsätzlich dann, wenn der Besitzer die tatsächliche Gewalt über die Sache freiwillig aufgibt oder wenn er unfreiwillig – etwa durch Diebstahl oder Verlust – die Herrschaft verliert. Das Gesetz spricht hier von „Besitzverlust“ (§ 856 BGB). Auch längere Abwesenheit oder die Verlegung an einen anderen Ort kann zum Verlust des Besitzes führen, wenn dadurch die tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit aufgehoben wird. Der Besitz kann nur dann fortbestehen, wenn er auf andere Weise (z. B. durch einen Besitzmittler oder den Besitzdiener) weiter ausgeübt wird. Ein solcher Wechsel oder Verlust des Besitzes hat oft rechtliche Folgen, etwa für den Schutz gegen Dritte oder die Herausgabepflicht gegenüber dem Eigentümer.