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Beschäftigungsgesellschaft


Begriff und rechtliche Grundlagen der Beschäftigungsgesellschaft

Der Begriff Beschäftigungsgesellschaft bezeichnet in Deutschland eine arbeitsmarkt- und insolvenzrechtliche Einrichtung, die sich auf die zeitweilige Weiterbeschäftigung, Qualifizierung sowie Vermittlung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, insbesondere nach betrieblichen Restrukturierungen, Schließungen oder Insolvenzen, spezialisiert hat. Beschäftigungsgesellschaften agieren dabei regelmäßig auf Grundlage gesellschaftsrechtlicher Konstruktionen, meist als GmbH oder gemeinnützige GmbH (gGmbH), und nehmen ihre Aufgaben im Rahmen spezifischer gesetzlicher Regelungen wahr.

Ziel ist die Vermeidung von Arbeitslosigkeit durch befristete Weiterbeschäftigung und die Förderung des Übergangs in den regulären Arbeitsmarkt.


Rechtliche Einordnung der Beschäftigungsgesellschaft

Arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen

Beschäftigungsgesellschaften sind gemäß den Vorgaben des deutschen Arbeitsrechts zu behandeln. Das Arbeitsverhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und der Beschäftigungsgesellschaft wird in der Regel durch einen sogenannten Dreiecksvertrag geregelt, der folgende Konstellationen enthält:

  • Beendigung des bisherigen Arbeitsverhältnisses mit dem bisherigen Arbeitgeber, oft auf Basis eines Sozialplans und freiwilliger Teilnahme.
  • Eingehung eines neuen befristeten Arbeitsvertrags bei der Beschäftigungsgesellschaft unter erleichterten Bedingungen nach § 110 SGB III (Sozialgesetzbuch Drittes Buch).
  • Unterstützende Maßnahmen, insbesondere Qualifizierungen, Umschulungen und Bewerbungsunterstützung, die die Wiedereingliederung in den regulären Arbeitsmarkt fördern.

Sozialrechtliche Aspekte

Beschäftigungsgesellschaften unterliegen insbesondere den Vorschriften des Sozialgesetzbuches. Nach § 216a SGB III können Beiträge aus der Arbeitslosenversicherung (Transferkurzarbeitergeld, Transferleistungen) beansprucht werden, wenn Arbeitnehmer im Rahmen eines Sozialplans in die Beschäftigungsgesellschaft wechseln. Hierzu zählen:

  • Anspruch auf Transferkurzarbeitergeld, welches längstens für 12 Monate gezahlt wird.
  • Anspruch auf Qualifizierungsmaßnahmen, gefördert etwa durch die Agentur für Arbeit.
  • Voraussetzung ist der Abschluss eines Transfer- oder Sozialplans zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, gem. § 111 ff. BetrVG (Betriebsverfassungsgesetz).

Gesellschaftsrechtliche Grundlagen

Beschäftigungsgesellschaften werden in der Praxis in vielfältigen Rechtsformen errichtet (üblicherweise GmbH oder gGmbH), um etwaige Haftungsrisiken und Organisationsanforderungen abzubilden. Häufig werden sie von den abgebenden Unternehmen, den Betriebsräten und/oder landeseigenen Akteuren getragen. Die Gründungsmodalitäten sowie die Pflichten und Rechte der Geschäftsführung richten sich nach dem GmbH-Gesetz sowie dem jeweiligen Gesellschaftsvertrag.


Einsatzbereiche und Funktion im deutschen Arbeitsrecht

Relevanz bei Restrukturierungen und Insolvenzverfahren

Beschäftigungsgesellschaften sind wesentliche Instrumente zur Abfederung von Massenentlassungen, etwa bei Betriebsschließungen, Outsourcing oder Insolvenzverfahren. Sie bieten betroffenen Arbeitnehmern die Möglichkeit, über einen definierten Zeitraum weiterbeschäftigt zu werden, wobei sie individuelle Unterstützung bei der Arbeitssuche, Weiterbildung und Umschulung erhalten.

Die Integration in einen Sozialplan sowie die Unterstützung durch Transfermaßnahmen sind dabei rechtlich relevant. In insolvenzrechtlichen Verfahren ist die Beschäftigungsgesellschaft häufig Teil sogenannter Transfergesellschaften im Sinne des § 216b SGB III.

Abgrenzung zu anderen Gesellschaftsformen

Beschäftigungsgesellschaften sind insbesondere von Zeitarbeitsunternehmen und klassischen Personalvermittlern zu unterscheiden. Während letztere marktgesteuerte kommerzielle Interessen verfolgen, steht bei Beschäftigungsgesellschaften die temporäre Überbrückung der Erwerbslosigkeit samt Qualifizierung im Vordergrund. Rechtlich bestehen Unterschiede bezüglich Sozialversicherungspflichten, Arbeitsvertragsgestaltung sowie finanzielle Fördermöglichkeiten.


Finanzierung und Fördermöglichkeiten

Finanzierungsquellen

Beschäftigungsgesellschaften werden regelmäßig aus verschiedenen Quellen finanziert:

  • Beitragspflichten des abgebenden Unternehmens, insbesondere im Zuge von Sozialplanverhandlungen (§ 112 BetrVG).
  • Öffentliche Mittel, insbesondere aus der Arbeitslosenversicherung (Transferkurzarbeitergeld).
  • Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) oder Landesprogrammen.

Förderbedingungen und Mitwirkungspflichten

Fördervoraussetzungen und Anspruchsvoraussetzungen richten sich nach den §§ 110 ff. und 216a ff. SGB III. Voraussetzung ist in der Regel:

  • Wirksamer Sozialplan samt Transfervereinbarung,
  • Zustimmung des Betriebsrats,
  • arbeitsmarktbezogene Nutzung der Förderung (insb. Qualifizierung, Coaching und Vermittlung).

Arbeitnehmer verpflichtet sich, aktiv an Eingliederungsmaßnahmen der Beschäftigungsgesellschaft teilzunehmen; andernfalls kann die Förderung entfallen.


Auswirkungen, Pflichten und Rechte für Arbeitnehmer und Arbeitgeber

Rechte und Pflichten der Beschäftigten

Mit dem Wechsel in eine Beschäftigungsgesellschaft begründen Arbeitnehmer ein neues Arbeitsverhältnis mit eigenständigen Pflichten und Rechten. Wesentliche Punkte sind:

  • Anspruch auf regelmäßige Vergütung, meist orientiert am Transferkurzarbeitergeld,
  • Verpflichtung zur aktiven Teilnahme an Qualifizierungs- und Vermittlungsmaßnahmen,
  • arbeitsvertragliche Bindung nach Maßgabe des neuen Arbeitsvertrags, jedoch stets befristet.

Rechte und Pflichten der Arbeitgeber

Ursprüngliche Arbeitgeber sind regelmäßig zur Information und zur Mitwirkung bei der Errichtung und Finanzierung der Beschäftigungsgesellschaft verpflichtet, wenn diese Teil eines Sozialplans ist. Zudem gilt eine Auskunfts- und Mitteilungspflicht gegenüber den Arbeitnehmervertretungen.


Fazit und Zusammenfassung

Beschäftigungsgesellschaften stellen im deutschen Arbeits- und Sozialrecht ein spezialisiertes Instrument dar, um Entlassungen sozialverträglich zu gestalten sowie Qualifikationen und Vermittlungschancen zu fördern. Ihre Gründung, Finanzierung und Arbeitsweise unterliegen strikten rechtlichen Rahmenbedingungen mit arbeits-, sozial-, gesellschafts- und insolvenzrechtlichen Bezügen. Sie leisten somit einen maßgeblichen Beitrag zur sozialen Sicherung und Stabilisierung des Arbeitsmarkts in Umstrukturierungs- und Krisensituationen.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen Beschäftigungsgesellschaften erfüllen?

Beschäftigungsgesellschaften unterliegen in Deutschland spezifischen rechtlichen Rahmenbedingungen, da sie als Instrumente des Arbeitsmarkts zur Vermeidung oder Abmilderung von Arbeitslosigkeit dienen. Zunächst ist die Gesellschaftsform entscheidend: Meist handelt es sich um gemeinnützige GmbHs, Vereine oder Stiftungen. Die rechtlichen Voraussetzungen richten sich primär nach den sozialrechtlichen Regelungen des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III). Beschäftigungsgesellschaften müssen als Träger am Arbeitsmarkt zugelassen sein, was eine Zertifizierung nach § 178 SGB III voraussetzt. Zudem ist eine enge Kooperation mit der Bundesagentur für Arbeit und den Jobcentern erforderlich, um Fördermittel in Anspruch nehmen zu können. Weiterhin gilt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) uneingeschränkt für Beschäftigungsgesellschaften. Beschäftigte und zugewiesene Personen genießen die vollen arbeitsrechtlichen Schutzrechte, etwa nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG), dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) und dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG). Außerdem unterliegen Beschäftigungsgesellschaften den Vorschriften des Steuerrechts, insbesondere im Hinblick auf etwaige Gemeinnützigkeit.

Wie werden Arbeitsverhältnisse in einer Beschäftigungsgesellschaft rechtlich ausgestaltet?

Arbeitsverhältnisse in einer Beschäftigungsgesellschaft sind grundsätzlich als reguläre Arbeitsverhältnisse nach deutschem Arbeitsrecht ausgestaltet. Die Beschäftigten erhalten in der Regel befristete Arbeitsverträge gemäß § 14 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG), wobei die Befristung meist projektbezogen und durch öffentlich-rechtliche Förderprogramme begründet wird. Beschäftigte genießen den Schutz aller einschlägigen arbeitsrechtlichen Gesetze, z.B. Mindestlohngesetz (MiLoG), Mutterschutzgesetz (MuSchG), Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) oder Tarifvertragsgesetz (TVG). Die Kündigungsschutzregelungen sind ebenfalls zu beachten; da oft die Sozialauswahl (§ 1 Abs. 3 KSchG) und besondere Anforderungen an Befristungen innerbetrieblich vorliegen. Arbeitsverträge müssen schriftlich abgeschlossen werden (§ 2 NachwG), wobei die Aufgabenbeschreibung, Arbeitszeit, Vergütung und Dauer des Arbeitsverhältnisses explizit festgehalten werden müssen.

Welche Fördermöglichkeiten bestehen aus rechtlicher Sicht für Beschäftigungsgesellschaften?

Beschäftigungsgesellschaften können nach Maßgabe des Sozialgesetzbuches (u.a. §§ 16 ff. SGB II und §§ 216 ff. SGB III) von verschiedenen Förderungen profitieren. Hierzu zählen insbesondere Zuschüsse zu den Lohnkosten durch die Bundesagentur für Arbeit (Eingliederungszuschüsse), Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) sowie spezifische Förderprogramme auf Kommunal- oder Landesebene. Rechtlich verbindlich ist jedoch, dass Fördermittel zweckgebunden und nachweisbar für die Integration und Qualifizierung von Arbeitslosen einzusetzen sind. Die Voraussetzungen für die Förderung und deren Umfang werden in Förderbescheiden und Zuwendungsbescheiden geregelt. Fördermittel unterliegen umfassenden Nachweispflichten, deren Verletzung haftungsrechtliche Folgen haben kann, z.B. Rückforderung oder strafrechtliche Konsequenzen wegen Subventionsbetrugs (§ 264 StGB).

Welche Mitbestimmungsrechte hat der Betriebsrat in Beschäftigungsgesellschaften?

Auch in Beschäftigungsgesellschaften gelten die gesetzlichen Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Dazu zählt insbesondere das Recht auf Information und Anhörung (§§ 80, 82 BetrVG), das Mitbestimmungsrecht bei personellen Einzelmaßnahmen wie Einstellungen, Versetzungen und Kündigungen (§§ 99, 102 BetrVG), sowie bei sozialen Angelegenheiten, etwa bei der Festlegung von Arbeitszeiten und Pausen (§ 87 BetrVG). Betriebsräte können die Einhaltung von Arbeitsschutzgesetzen, das Einbringen von Qualifizierungsmaßnahmen und den Gesundheitsschutz kontrollieren. Das gilt unabhängig davon, ob die Arbeitsverhältnisse befristet sind oder durch öffentliche Förderung finanziert werden.

Welche Haftungsrisiken bestehen für die Geschäftsführung einer Beschäftigungsgesellschaft?

Die Geschäftsführung einer Beschäftigungsgesellschaft unterliegt einer Vielzahl haftungsrechtlicher Risiken. Neben der allgemeinen zivilrechtlichen Organhaftung (§ 43 GmbHG, § 31 BGB) muss insbesondere aus sozialrechtlicher Sicht auf die ordnungsgemäße Verwendung von Fördermitteln geachtet werden. Eine missbräuchliche Mittelverwendung kann zu Rückzahlungsansprüchen der Fördermittelgeber sowie zu strafrechtlichen Konsequenzen, insbesondere im Rahmen des Subventionsbetrugs nach § 264 StGB, führen. Auch Verstöße gegen arbeitsrechtliche Bestimmungen (z.B. Mindestlohn, Arbeitszeiterfassung, Arbeitsschutzvorschriften) können zivil- und bußgeldrechtliche Folgen haben. Im Insolvenzfall gilt die Pflicht zur rechtzeitigen Insolvenzanmeldung nach § 15a InsO, eine Missachtung kann zu persönlicher Haftung führen. Zudem ist die Einhaltung des Gemeinnützigkeitsrechts (bei gemeinnützigen Beschäftigungsgesellschaften) strikt erforderlich, um steuerliche Vorteile und die Anerkennung nicht zu gefährden.

Welche Regelungen gelten bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in einer Beschäftigungsgesellschaft?

Bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind die geltenden arbeitsrechtlichen Vorschriften uneingeschränkt anwendbar. Dies betrifft fristgerechte Kündigungen unter Beachtung der gesetzlichen, tariflichen oder vertraglichen Kündigungsfristen (§ 622 BGB), außerordentliche Kündigungen (§ 626 BGB) sowie das Auslaufen befristeter Arbeitsverhältnisse (§ 15 TzBfG). Bei betriebsbedingten Kündigungen sind der besondere Kündigungsschutz, das Konsultationsverfahren mit dem Betriebsrat und ggf. die Massenentlassungsanzeige nach § 17 KSchG zu beachten. Zudem müssen alle Beteiligten über die Beendigung rechtzeitig und schriftlich informiert werden (§ 623 BGB). Bei Auslaufen von Projektförderungen greifen spezielle Übergangsregelungen, etwa Anspruch auf Transfermaßnahmen oder Outplacement-Beratung, sofern arbeitsrechtlich oder tariflich vereinbart.

Welche Besonderheiten ergeben sich im Datenschutzrecht für Beschäftigungsgesellschaften?

Beschäftigungsgesellschaften sind verpflichtet, alle datenschutzrechtlichen Bestimmungen, insbesondere die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), einzuhalten. Aufgrund der engen Kooperation mit öffentlichen Stellen und der Verarbeitung besonders sensibler personenbezogener Daten (z.B. Daten über den bisherigen Beschäftigungsverlauf oder Gesundheitsdaten) gelten erhöhte Anforderungen an die Datensicherheit und die Dokumentation der Verarbeitungsprozesse. Die Weitergabe von Daten an die Bundesagentur für Arbeit, Jobcenter oder Fördermittelgeber bedarf stets einer rechtlichen Grundlage, z.B. Einwilligung oder gesetzliche Erlaubnistatbestände. Beschäftigungsgesellschaften sind verpflichtet, Datenschutzbeauftragte zu bestellen (§ 37 DSGVO), sofern regelmäßig mehr als 20 Personen ständig mit der automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten beschäftigt sind. Sie müssen zudem betroffenen Personen umfassende Auskunftsrechte gewährleisten und technische wie organisatorische Maßnahmen zum Schutz der Daten treffen.

Unterliegen Beschäftigungsgesellschaften der Kontrolle durch externe Prüfstellen?

Ja, Beschäftigungsgesellschaften unterliegen in mehrfacher Hinsicht der Kontrolle durch externe Prüfstellen. Zum einen sind die Bundesagentur für Arbeit und die jeweiligen Fördermittelgeber berechtigt, Einsicht in alle Unterlagen im Zusammenhang mit der Verwendung öffentlicher Mittel zu nehmen und Prüfungen vor Ort durchzuführen. Zudem besteht regelmäßig eine Prüfungspflicht durch Wirtschaftsprüfer oder Prüfungsverbände (bei Vereinen und Stiftungen), welche auch die Einhaltung von Gesetz und Satzung kontrollieren. Im sozialversicherungsrechtlichen Bereich erfolgen Prüfungen durch die Deutschen Rentenversicherungsträger hinsichtlich der ordnungsgemäßen Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen. Verstöße gegen Prüfauflagen können umfassende rechtliche Konsequenzen haben, etwa Rückforderung von Fördermitteln, Bußgelder und bei steuerbegünstigten Gesellschaften den Entzug der Gemeinnützigkeit.