Legal Lexikon

Berufsrichter


Definition und rechtlicher Status des Berufsrichters

Ein Berufsrichter ist in Deutschland und anderen Rechtssystemen im Gegensatz zum ehrenamtlichen Richter ein hauptamtlich tätiger Richter, der nach Abschluss eines entsprechenden Studiums und einer erfolgreichen Befähigung zum Richteramt auf Lebenszeit, auf Zeit oder, in seltenen Fällen, als Richter auf Probe angestellt wird. Berufsrichter übernehmen die rechtsprechende Gewalt im Sinne des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland (Art. 92 ff. GG) unter staatlicher Verantwortung.

Berufsrichter gewährleisten die Kontinuität, Rechtsklarheit und Unabhängigkeit der Justiz sowie die Verwirklichung des Anspruchs auf den gesetzlichen Richter gemäß Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG.


Berufung und Einstellung der Berufsrichter

Zugangsvoraussetzungen

Voraussetzung für die Ernennung zum Berufsrichter ist grundsätzlich das Bestehen des ersten und zweiten Staatsexamens sowie die formale Befähigung zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz (DRiG). Darüber hinaus ist die persönliche, charakterliche und gesundheitliche Eignung erforderlich, welche durch Auswahlverfahren und amtsärztliche Gutachten überprüft wird.

Verfahren der Ernennung

Die Ernennung zum Berufsrichter erfolgt durch die jeweils zuständigen Justizverwaltungen der Länder oder des Bundes. Sie kann auf Probe, auf Lebenszeit oder, in bestimmten Rechtsgebieten, auf Zeit erfolgen. Die Ernennung auf Lebenszeit, die nach einer mehrjährigen Probezeit üblich ist, wird durch Aushändigung der Ernennungsurkunde wirksam.


Rechtsstellung und Funktion

Unabhängigkeit und Bindung an Recht und Gesetz

Berufsrichter sind gemäß Art. 97 Abs. 1 GG unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen. Die richterliche Unabhängigkeit umfasst die sachliche und persönliche Unabhängigkeit:

  • Sachliche Unabhängigkeit: Richter entscheiden frei von Weisungen, insbesondere von exekutiven oder legislativen Eingriffen, in ihren Rechtsprechungsaufgaben.
  • Persönliche Unabhängigkeit: Der Status eines Berufsrichters schützt vor grundlosen Versetzungen, Absetzungen oder sonstigen dienstlichen Nachteilen.

Pflichten und Rechte

Berufsrichter unterliegen besonderen Dienstpflichten, darunter die Pflicht zur unparteiischen Amtsführung, zur Verschwiegenheit und zur steten Fortbildung. Sie genießen aber auch besondere Rechte, etwa auf angemessene Besoldung, Versorgung und Schutz ihrer Unabhängigkeit.


Aufgabenbereiche der Berufsrichter

Mitwirkung in Spruchkörpern

Berufsrichter wirken in unterschiedlichen Spruchkörpern mit, beispielsweise als Einzelrichter, Vorsitzender bzw. Beisitzer in Kammern und Senaten. Sie haben dabei Leitungsaufgaben und sind oft für die Lehrausbildung von Nachwuchskräften verantwortlich.

Zuständigkeiten

Berufsrichter sind in allen Gerichtsbarkeiten (Ordentliche, Verwaltungs-, Sozial-, Finanz-, Arbeitsgerichtsbarkeit) tätig. Ihre Aufgaben umfassen die Leitung von Hauptverhandlungen, den Erlass von Entscheidungen sowie die Abfassung von Urteilen und Beschlüssen.

Verhältnis zu ehrenamtlichen Richtern

In zahlreichen Gerichtsbarkeiten, insbesondere in Arbeits-, Sozial- und Strafgerichten, wirken Berufsrichter gemeinsam mit ehrenamtlichen Richtern. Der Berufsrichter übernimmt regelmäßig den Vorsitz und trägt die Hauptverantwortung für die rechtliche Beurteilung der Sache.


Besondere Rechtsfragen und Regelungen

Disziplinarrecht und Dienstaufsicht

Berufsrichter unterliegen einem besonderen Disziplinarrecht (§§ 77 ff. DRiG), das wegen ihrer Unabhängigkeit in abgegrenzten Verfahren Anwendung findet. Die Dienstaufsicht ist auf die Wahrung der dienstlichen Ordnung und nicht auf die Kontrolle der richterlichen Spruchtätigkeit beschränkt.

Haftung und Immunität

Im Rahmen ihrer Amtstätigkeit genießen Berufsrichter Immunität. Eine strafrechtliche Verfolgung wegen ihrer richterlichen Tätigkeit kann nur in Ausnahmefällen und unter speziellen Voraussetzungen erfolgen (z. B. Rechtsbeugung nach § 339 StGB). Für Amtspflichtverletzungen haften sie nicht persönlich, sondern das jeweilige Land oder der Bund.

Versetzung und Entlassung

Eine Versetzung gegen den Willen des Berufsrichters ist nur unter besonderen gesetzlichen Voraussetzungen möglich (§ 31 DRiG). Die Entlassung erfolgt nur nach streng gesetzlich geregelten Verfahren, etwa bei schwerwiegenden Amtsvergehen oder Unfähigkeit zur Amtsausübung.


Laufbahnentwicklung und Fortbildung

Berufsrichter können verschiedene Karrierewege einschlagen, beispielsweise zum Präsidenten, Vorsitzenden Richter oder zu leitenden Funktionen innerhalb der Gerichte. Regelmäßige Fortbildung ist berufsimmanent und dient der Sicherung der Qualität der Rechtsprechung.


Genderaspekte und Diversity

Der Zugang zum Berufsrichteramt ist geschlechts- und herkunftsunabhängig. Die Förderung von Diversität ist in der Justiz zunehmend Bestandteil der Personalentwicklung und richtet sich nach den Prinzipien der Gleichbehandlung.


Historische Entwicklung des Berufsrichters

Das Berufsrichteramt entwickelte sich in Deutschland aus den Justizstrukturen des 19. Jahrhunderts und wurde mit der Reichsjustizgesetzgebung und später durch das Grundgesetz verfassungsrechtlich abgesichert. Die Kontinuität der richterlichen Unabhängigkeit ist ein Grundpfeiler der modernen Gewaltenteilung.


Abgrenzung zu anderen richterlichen Funktionen

Eine Unterscheidung besteht insbesondere zum ehrenamtlichen Richter, der das Richteramt nur ehrenamtlich und für begrenzte Zeit ausübt, während der Berufsrichter hauptberuflich und oft auf Lebenszeit bestellt ist.


Literatur und Rechtsgrundlagen

  • Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (insb. Art. 92 ff. GG)
  • Deutsches Richtergesetz (DRiG)
  • Richtergesetzgebungen der Länder
  • Strafgesetzbuch (§ 339 StGB)
  • Weitere einschlägige Kommentarliteratur und Rechtsprechung

Siehe auch:

Häufig gestellte Fragen

Wie erfolgt die Ernennung von Berufsrichtern in Deutschland?

Die Ernennung von Berufsrichtern in Deutschland ist im Richtergesetz (DRiG) und in den jeweiligen Landesrichtergesetzen geregelt. Sie erfolgt grundsätzlich durch die jeweilige Ernennungsbehörde, in der Regel also durch den Landesjustizminister für Richter an den Landesgerichten oder den Bundesjustizminister für Richter an den obersten Bundesgerichten. Grundvoraussetzungen sind das Bestehen des ersten und zweiten juristischen Staatsexamens sowie die persönliche Eignung, die fachliche Befähigung und die charakterliche Zuverlässigkeit. Die konkrete Auswahl findet nach einem strukturierten Auswahlverfahren statt, das meist eine Bewerbungsphase, eine dienstliche Beurteilung und gegebenenfalls Vorstellungsgespräche oder Assessment-Center umfasst. Die Ernennung erfolgt dann durch Aushändigung einer Ernennungsurkunde; mit der Annahme des Amtes wird das Richterverhältnis auf Lebenszeit, Probe oder Widerruf begründet.

Welche rechtlichen Grundlagen bestimmen die Unabhängigkeit von Berufsrichtern?

Die Unabhängigkeit der Berufsrichter ist durch Artikel 97 des Grundgesetzes sowie § 1 DRiG festgelegt. Demnach sind Richter unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen. Diese Unabhängigkeit bezieht sich sowohl auf die sachliche Unabhängigkeit – also die Bindung ausschließlich an Recht und Gesetz – als auch auf die persönliche Unabhängigkeit, beispielsweise durch weitreichenden Kündigungs- und Versetzungsschutz. Eingriffe durch die Exekutive, etwa Weisungen von Vorgesetzten im Hinblick auf den Inhalt richterlicher Entscheidungen, sind rechtlich unzulässig. Zudem bestehen Disziplinarverfahren und spezielle Schutzvorschriften, z.B. Versetzungen nur unter strengen gesetzlichen Voraussetzungen.

Welche besonderen Pflichten und Rechte haben Berufsrichter?

Berufsrichter unterliegen bestimmten Pflichten, die über die allgemeinen Amtspflichten von Beamten hinausgehen. Zu den wichtigsten zählen Neutralität, Unabhängigkeit, Verschwiegenheitspflicht, Offenlegung von Befangenheitsgründen sowie die Pflicht zur unparteiischen Verhandlungsführung. Zudem sind sie verpflichtet, sich fortlaufend weiterzubilden. Zu den Rechten der Berufsrichter zählen u.a. ein besonderer Schutz vor Versetzung und Entlassung, die Beteiligung an richterlichen Selbstverwaltungsorganen (z.B. Richterräte bzw. Präsidialrat) und das Recht, auch gegen organisatorische Maßnahmen Beschwerde einzulegen. Ihre Besoldung und Versorgung richtet sich nach besonderen Gehaltsordnungen, die im Bundesbesoldungsgesetz und den Landesbesoldungsgesetzen normiert sind.

Wie ist die dienstrechtliche Stellung von Berufsrichtern geregelt?

Die dienstrechtliche Stellung von Berufsrichtern unterscheidet sich in einigen Aspekten von der der Beamten. Sie sind als sogenannte Träger eines öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnisses besonderer Art anzusehen. Gemäß DRiG genießen sie durch das Richterverhältnis auf Lebenszeit umfassenden Schutz vor Entlassung und Versetzung; diese sind nur bei Vorliegen besonderer gesetzlich normierter Gründe (z. B. schwere Dienstvergehen, Altersgrenze) möglich. Berufsrichter stehen unter Disziplinaraufsicht, jedoch unterliegen sie nicht der Dienstaufsicht in Bezug auf ihre Entscheidungen, was die richterliche Unabhängigkeit gewährleistet. Die Ausgestaltung der Dienstaufsicht betrifft lediglich das dienstliche Verhalten außerhalb der Entscheidungsfindung.

Unter welchen Voraussetzungen können Berufsrichter abberufen oder versetzt werden?

Eine Abberufung oder Versetzung von Berufsrichtern ist nur unter sehr engen gesetzlichen Voraussetzungen möglich, um deren Unabhängigkeit zu gewährleisten. Nach Art. 97 GG und § 30 ff. DRiG dürfen Richter gegen ihren Willen nur aufgrund einer richterlichen Entscheidung und nur aus in der gesetzlichen Form genau bestimmten Gründen (z. B. schwere Dienstvergehen, dauernde Dienstunfähigkeit) aus dem Amt entfernt oder an ein anderes Gericht versetzt werden. In Fällen eines sogenannten Richterdienstgerichtsverfahrens kann der Richter dauerhaft in den Ruhestand versetzt oder entlassen werden. Vorübergehende Abordnungen sind ebenfalls nur unter engen gesetzlichen Voraussetzungen und zeitlich befristet zulässig.

Welche Regelungen gelten für die Altersgrenze und Versorgung von Berufsrichtern?

Für die Altersgrenze von Berufsrichtern gilt grundsätzlich das Landes- bzw. Bundesrecht. Meist liegt diese bei Vollendung des 67. Lebensjahres, kann aber durch gesetzliche Regelungen variiert werden. Mit dem Erreichen der Altersgrenze treten Richter in den Ruhestand und haben einen Anspruch auf Versorgung gemäß den entsprechenden beamtenrechtlichen Vorschriften des Bundes oder der Länder (z. B. Beamtenversorgungsgesetz). Die Höhe der Versorgung richtet sich nach der Dienstzeit und dem zuletzt erhaltenen Richtergehalt, wobei Höchstgrenzen bzw. Mindestsätze gesetzlich geregelt sind.

Wie ist die Mitwirkung der Berufsrichter an der Selbstverwaltung der Justiz ausgestaltet?

Berufsrichter nehmen durch die Beteiligung in Richterräten, Präsidialräten und Richtervertretungen aktiv an der Selbstverwaltung der Justiz teil. Diese Gremien werden in regelmäßigen Abständen gewählt und dienen insbesondere der Wahrnehmung der Interessen der Richterschaft innerhalb der Gerichte und gegenüber der Justizverwaltung. Ihre Aufgabe ist u.a. die Mitwirkung bei Personalentscheidungen, der Organisation der Gerichte sowie bei Fragen der Arbeitsbedingungen. Die rechtliche Grundlage dafür findet sich in den Richtergesetzen des Bundes und der Länder, die genaue Zusammensetzung, Zuständigkeiten und Verfahren regeln.