Begriff und rechtlicher Rahmen der Berufskleidung
Berufskleidung umfasst sämtliche Kleidungsstücke, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit tragen müssen oder vorrangig tragen, um spezifischen arbeitstechnischen, hygienischen oder sicherheitsbezogenen Anforderungen des Arbeitsplatzes zu entsprechen. Der Begriff grenzt sich insbesondere gegenüber herkömmlicher Alltags- und Privatkleidung sowie von Schutzkleidung ab, wobei in der Praxis die Übergänge fließend sein können. Die rechtliche Einordnung der Berufskleidung ist insbesondere im Arbeits- und Steuerrecht relevant.
Arbeitsrechtliche Bestimmungen zur Berufskleidung
Verpflichtung zum Tragen von Berufskleidung
Die Pflicht, Berufskleidung zu tragen, ergibt sich entweder aus individuellen arbeitsvertraglichen Regelungen, aus tarifvertraglichen Vereinbarungen oder aus gesetzlichen Vorgaben, beispielsweise zur Erfüllung arbeitsschutzrechtlicher Pflichten durch den Arbeitgeber oder zur Einhaltung von Hygienevorschriften (etwa im Gesundheitswesen nach § 23 Abs. 4 Infektionsschutzgesetz). Weiterhin kann das Direktionsrecht des Arbeitgebers gemäß § 106 GewO (Gewerbeordnung) eine Weisung zum Tragen von Berufskleidung begründen, sofern betriebliche Belange dies erfordern.
Erwerb, Instandhaltung und Kostentragung
Gemäß § 615 Satz 3 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch), den allgemeinen Grundsätzen zur Arbeitsleistung und den Vorschriften des Arbeitsschutzgesetzes kann die Pflicht zur Gestellung und Instandhaltung von Berufskleidung beim Arbeitgeber oder beim Arbeitnehmer liegen. Entscheidend sind arbeitsvertragliche oder tarifliche Regelungen. Besteht aus betrieblichen Gründen – insbesondere gesundheitlichen oder sicherheitstechnischen – eine Verpflichtung, Berufskleidung zu tragen, trägt regelmäßig der Arbeitgeber die Kosten für Anschaffung, Reinigung, Wartung und Ersatz. Dies gilt insbesondere dort, wo das Tragen der Berufskleidung zwingend vorgeschrieben ist (vgl. auch § 3 Abs. 3 Arbeitsschutzgesetz).
Handelt es sich hingegen um allgemein übliche Kleidung, die keinen spezifischen beruflichen Zweck erfüllt, kann eine Verpflichtung zur Kostentragung durch die Beschäftigten gegeben sein. Abgrenzungen erfolgen regelmäßig anhand der Rechtsprechung zur sogenannten „bürgerlichen Kleidung“.
Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
Nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BetrVG (Betriebsverfassungsgesetz) hat der Betriebsrat ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht bei Fragen der betrieblichen Ordnung, einschließlich der Einführung und Ausgestaltung von Berufskleidung. Dies umfasst sowohl die Art, das Design und die Materialqualität als auch die Regelungen zur Reinigung und Finanzierung.
Steuerrechtliche Aspekte der Berufskleidung
Begriff der steuerlich absetzbaren Berufskleidung
Berufskleidung kann steuerlich als Werbungskosten gem. § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG (Einkommensteuergesetz) geltend gemacht werden, sofern es sich um typische Berufskleidung handelt. Zu den typischen Berufskleidungsstücken zählen beispielsweise Schlosseranzüge, Arztkittel, Uniformen oder Schutzanzüge. Nicht absetzbar sind Kleidungsstücke, die auch im privaten Bereich allgemeine Verwendung finden können („bürgerliche Kleidung“), selbst wenn sie überwiegend bei der Arbeit getragen werden.
Anerkennung durch die Finanzverwaltung
Das Bundesministerium der Finanzen und die Finanzgerichte haben zahlreiche Abgrenzungsentscheidungen zur steuerlichen Anerkennung von Berufskleidung getroffen. Demnach sind folgende Kriterien entscheidend:
* Deutliche Erkennbarkeit als Arbeitskleidung, z. B. durch Firmenlogo oder uniforme Gestaltung
* Ausschließliche Bestimmung zum Tragen im Rahmen der beruflichen Tätigkeit
* Keine Eignung zur privaten Nutzung (vgl. BFH, Urteil vom 16.03.1972 – VI R 19/71)
Die Aufwendungen für Anschaffung, Reinigung und Reparatur typischer Berufskleidung können im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung als Werbungskosten geltend gemacht werden. Hierbei ist eine detaillierte Dokumentation erforderlich.
Umsatzsteuerliche Aspekte
Stellt der Arbeitgeber Berufskleidung unentgeltlich zur Verfügung, kann dies umsatzsteuerliche Auswirkungen haben (unentgeltliche Wertabgabe), sofern die Kleidung geeignet ist, auch privat genutzt zu werden. Erfolgt die Überlassung ausschließlich zur beruflichen Nutzung, entfällt diese Versteuerung.
Berufskleidung im Kontext des Arbeitsschutzes
Abgrenzung zwischen Berufskleidung und Schutzkleidung
Berufskleidung unterscheidet sich von der im Arbeitsschutzrecht geregelten Persönlichen Schutzausrüstung (PSA) nach der PSA-Benutzungsverordnung. Während PSA dem Schutz vor arbeitsbedingten Gesundheitsrisiken dient (z. B. Helme, Schutzbrillen, Sicherheitsschuhe), umfasst Berufskleidung insbesondere Repräsentations-, Hygiene- oder funktionsgebundene Kleidung. Die Pflicht zur Bereitstellung und Kostentragung fällt bei der PSA stets dem Arbeitgeber zu (§ 3 Abs. 3 ArbSchG, § 4 PSA-BV).
Hygiene und Sicherheitsanforderungen
In bestimmten Branchen, insbesondere im Gesundheitswesen, in der Lebensmittelindustrie und im Handwerk, bestehen verbindliche Vorschriften zum Tragen und zur regelmäßigen Reinigung von Berufskleidung. So können etwa nach § 36 IfSG (Infektionsschutzgesetz) Betriebe verpflichtet sein, Maßnahmen zum Schutz vor Infektionen durch das Tragen und die Pflege geeigneter Berufskleidung zu treffen.
Weitere rechtliche Aspekte und Besonderheiten
Datenschutz und Persönlichkeitsrecht
Die Verpflichtung zum Tragen bestimmter Berufskleidung, insbesondere mit Namensschilden oder markanten Firmenemblemen, berührt das Allgemeine Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG. Arbeitgeber müssen daher ein angemessenes Abwägungsverhältnis zwischen betrieblichem Interesse und Persönlichkeitsrechten der Arbeitnehmer wahren.
Gleichbehandlungsgrundsatz
Regelungen zur Berufskleidung müssen dem Gleichbehandlungsgrundsatz gem. § 75 BetrVG und dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) entsprechen. Sie dürfen einzelne Gruppen von Beschäftigten nicht ohne sachlichen Grund benachteiligen oder bevorzugen.
Berufskleidung und Haftung
Haftung bei Schäden an der Berufskleidung
Bei dienstlich verursachten Schäden an Berufskleidung besteht in der Regel ein Ersatzanspruch gegen den Arbeitgeber, sofern der Schaden während der Dienstausübung und ohne grobe Fahrlässigkeit entstanden ist. Im Umkehrschluss entfällt der Anspruch bei privat genutzter oder unsachgemäß handhabbarer Berufskleidung.
Zusammenfassung
Berufskleidung ist ein vielschichtiger Begriff mit weitreichender arbeits- und steuerrechtlicher sowie arbeitsschutzrechtlicher Bedeutung. Die konkrete Ausgestaltung und Verpflichtung zum Tragen, zur Kostentragung, Instandhaltung sowie die steuerliche Behandlung richten sich im Wesentlichen nach betrieblichen, tariflichen und gesetzlichen Regelungen. Eine klare Abgrenzung zur Schutzkleidung und zu privat verwendbarer Kleidung ist für die rechtliche Einordnung essenziell. Der Arbeitgeber hat umfassende Pflichten beim Einsatz von Berufskleidung, die insbesondere im Kontext von Arbeitssicherheit, Hygiene und Gleichbehandlung von erheblicher Bedeutung sind.
Häufig gestellte Fragen
Wer trägt die Kosten für die Bereitstellung von Berufskleidung?
Für die Kostenübernahme der Berufskleidung gilt in Deutschland grundsätzlich, dass der Arbeitgeber zur Bereitstellung und Kostentragung verpflichtet ist, wenn das Tragen bestimmter Kleidung aus Gründen des Arbeits- oder Gesundheitsschutzes gesetzlich vorgeschrieben ist oder durch arbeitsvertragliche, tarifliche oder betriebliche Regelungen explizit verlangt wird. Dies wird insbesondere durch das Arbeitsschutzgesetz (§ 3 ArbSchG), die Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaften (insbesondere DGUV Vorschrift 1, § 30), sowie ggf. durch Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen geregelt. Der Arbeitgeber ist in diesen Fällen nicht nur zur Anschaffung, sondern auch zur regelmäßigen Reinigung, Instandhaltung und gegebenenfalls zur Erneuerung der Berufskleidung verpflichtet. Etwas anderes gilt nur, wenn es sich lediglich um eine nicht verpflichtende, repräsentative oder eigenständig gewünschte Arbeitskleidung handelt – dann können abweichende Regelungen getroffen werden, wobei diese im Arbeits- oder Tarifvertrag ausdrücklich vereinbart werden müssen.
Darf der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer verlangen, Berufskleidung außerhalb der Arbeitszeit zu tragen oder zu waschen?
Grundsätzlich ist es dem Arbeitgeber nicht erlaubt, den Arbeitnehmer außerhalb seiner regulären Arbeitszeit zum Tragen der vorgeschriebenen Berufskleidung zu verpflichten. Die Vorschriften zur Arbeitszeit machen klar, dass Tätigkeiten wie das Umkleiden, sofern diese in erheblichem Umfang arbeitsbedingt notwendig sind, regelmäßig zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit zählen. Dies hat unter anderem das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 6. September 2017, Az.: 5 AZR 382/16) bestätigt. Die Pflicht zur Reinigung der Berufskleidung liegt grundsätzlich beim Arbeitgeber, es sei denn, es handelt sich um normale Alltagskleidung oder der Arbeitnehmer hat sich vertraglich zur eigenständigen Reinigung verpflichtet und erhält dafür einen entsprechenden Ausgleich.
Kann der Arbeitgeber Sanktionen verhängen, wenn Berufskleidung nicht oder nicht ordnungsgemäß getragen wird?
Der Arbeitgeber ist berechtigt und sogar verpflichtet, das Tragen vorgeschriebener Berufskleidung im Betrieb zu überwachen und deren Einhaltung durchzusetzen. Dies beruht auf seiner Fürsorgepflicht und seiner Verantwortung zur Gewährleistung des betrieblichen Arbeitsschutzes. Kommen Beschäftigte dieser Verpflichtung nicht nach, kann dies arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zu Abmahnungen oder im Wiederholungsfall sogar Kündigungen nach sich ziehen. Die Sanktionsmöglichkeiten müssen jedoch verhältnismäßig und angemessen sein. Dem Arbeitnehmer sollte zuvor die Gelegenheit gegeben werden, seine Pflichten zu erfüllen, sowie über die Bedeutung und Erforderlichkeit der Berufskleidung ausreichend informiert werden. Eine fristlose Kündigung ist in der Regel nur bei beharrlicher und vorsätzlicher Weigerung oder grober Pflichtverletzung möglich.
Welche rechtlichen Vorgaben gelten hinsichtlich der Ausstattung und Qualität der Berufskleidung?
Die konkrete Ausstattung und Qualität der Berufskleidung muss den aktuellen arbeits- und gesundheitsrechtlichen Vorschriften sowie den berufsgenossenschaftlichen Anforderungen entsprechen. Maßgebend sind hier insbesondere Vorgaben des Arbeitsschutzgesetzes, der jeweiligen Unfallverhütungsvorschriften sowie einschlägige DIN-Normen (z.B. für Schutzkleidung gegen chemische Einwirkung oder Schutzhandschuhe). Die Kleidung muss so gestaltet sein, dass sie dem jeweiligen Risiko am Arbeitsplatz gerecht wird und die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten nicht beeinträchtigt. Zudem dürfen individuelle Anforderungen wie Passform, Funktionalität, Allergien und eventuell religiöse Aspekte nicht unbeachtet bleiben. Über die Mindestausstattung hinaus kann der Betriebsrat gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 und 7 BetrVG mitbestimmen.
Gibt es steuerliche Besonderheiten bei der Gestellung oder Überlassung von Berufskleidung?
Für Berufskleidung, die vom Arbeitgeber gestellt und ausschließlich beruflich genutzt wird, sind keine geldwerten Vorteile zu versteuern (§ 3 Nr. 31 EStG). Sollte es sich allerdings um Kleidung handeln, die auch privat genutzt werden kann, kann dies als steuerpflichtiger Arbeitslohn gelten. Die Abgrenzung erfolgt dabei nach Funktionalität und äußerem Erscheinungsbild: Echte Berufskleidung sind z.B. Uniformen, Schutzanzüge oder mit Firmenlogo versehene Kleidung, die im Alltag unüblich ist. Reinigungspauschalen oder Aufwendungen für eigenständig beschaffte Arbeitskleidung können unter bestimmten Voraussetzungen als Werbungskosten in der Steuererklärung geltend gemacht werden.
Kann der Arbeitnehmer die Berufskleidung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses behalten?
Ob die Berufskleidung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses beim Arbeitnehmer verbleibt oder zurückzugeben ist, hängt von den individuellen Vereinbarungen sowie vom Eigentum daran ab. In der Regel bleibt die vom Arbeitgeber gestellte Berufskleidung dessen Eigentum und ist daher zurückzugeben. Ausnahmen können bestehen, wenn es sich um individuell angepasste oder nicht mehr weiterverwendbare Stücke handelt oder der Arbeitgeber ausdrücklich auf eine Rückgabe verzichtet hat. Festlegungen hierzu finden sich meist im Arbeitsvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung. Wird die Berufskleidung nicht zurückgegeben, kann der Arbeitgeber grundsätzlich Ersatz verlangen oder den Wert mit ausstehenden Ansprüchen verrechnen.