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Berufsausbildung


Begriff und rechtliche Grundlagen der Berufsausbildung

Die Berufsausbildung ist ein zentrales Element des deutschen Bildungssystems und wird durch verschiedene gesetzliche Regelungen bestimmt. Ziel der Berufsausbildung ist es, die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit erforderlichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten (berufliche Handlungsfähigkeit) systematisch zu vermitteln. Die Berufsausbildung steht überwiegend im Zeichen des Dualen Systems, das mit der Verzahnung von betrieblicher Praxis und schulischer Bildung ein international beachtetes Modell darstellt.

Gesetzliche Grundlagen

Berufsbildungsgesetz (BBiG)

Die maßgeblichen rechtlichen Regelungen zur Berufsausbildung finden sich im Berufsbildungsgesetz (BBiG). Es definiert in § 1 den Begriff der Berufsbildung und regelt sowohl die Voraussetzungen, die Vertragsgestaltung, die Durchführung, als auch die Beendigung der Berufsausbildung.

Handwerksordnung (HwO)

Für das Handwerk gelten ergänzend die Vorschriften der Handwerksordnung (HwO). Sie regelt insbesondere die handwerksspezifischen Besonderheiten, etwa hinsichtlich der Zulassungsvoraussetzungen, der Anerkennung von Ausbildungsberufen im Handwerk sowie der Zuständigkeiten der Handwerkskammern.

Weitere Rechtsquellen

Auch das Schulrecht der Länder, das Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) und das Berufsbildungsgesetz für das Gesundheitswesen (wenn auf Gesundheitsberufe bezogen) sowie tarifliche und ausbildungsordnungsrechtliche Vorschriften spielen eine Rolle.

Inhalte und Organisation der Berufsausbildung

Ausbildungsberuf und Ausbildungsordnung

Ein Ausbildungsberuf ist im Berufsbildungsgesetz (§ 4 BBiG) definiert. Für jede Ausbildung existiert eine Ausbildungsordnung, die bundesweit einheitlich festlegt:

  • Ausbildungsdauer (i. d. R. 2 bis 3,5 Jahre)
  • Ausbildungsinhalte
  • Prüfungsanforderungen
  • Ausbildungsrahmenplan und sachliche sowie zeitliche Gliederung

Vertragsverhältnis und rechtliche Rahmenbedingungen

Abschluss des Ausbildungsvertrags

Die Basis jeder Berufsausbildung bildet ein schriftlicher Ausbildungsvertrag (§ 10 BBiG), der unter anderem folgende Angaben enthalten muss:

  • Ausbildungsberuf mit genauer Bezeichnung
  • Beginn und Dauer der Ausbildung
  • Ausbildungsmaßnahmen außerhalb der Ausbildungsstätte
  • Höhe der Vergütung
  • Dauer der täglichen Ausbildungszeit
  • Dauer der Probezeit (mind. 1, max. 4 Monate)
  • Kündigungsmöglichkeiten

Der Vertrag ist vor Beginn der Ausbildung von beiden Parteien zu unterzeichnen und der zuständigen Kammer (z. B. Industrie- und Handelskammer, Handwerkskammer) zur Eintragung vorzulegen (§ 11 BBiG).

Rechte und Pflichten während der Ausbildung

Ausbildende und Auszubildende stehen in einem besonderen Rechtsverhältnis, das sich durch Treu und Glauben sowie Schutzvorschriften zugunsten der Auszubildenden auszeichnet:

  • Pflichten der Ausbildenden: Vermittlung der beruflichen Fertigkeiten, Beaufsichtigung, Freistellung für Berufsschulunterricht, Zahlung der Ausbildungsvergütung, Fürsorgepflicht
  • Pflichten der Auszubildenden: Lernpflicht, Sorgfaltspflicht, Schweigepflicht, Beachtung der betrieblichen Ordnung

Weitere Schutzvorschriften ergeben sich insbesondere aus dem Jugendarbeitsschutzgesetz, das Arbeitszeiten, Pausenregelungen und besondere Gesundheitsvorkehrungen für minderjährige Auszubildende normiert.

Beendigung und Kündigung

Die Berufsausbildung endet regulär mit dem Bestehen der Abschlussprüfung (§ 21 BBiG). Im Falle des Nichtbestehens verlängert sich das Ausbildungsverhältnis auf Antrag bis zur nächstmöglichen Wiederholungsprüfung, höchstens jedoch um ein Jahr.

Kündigungsmöglichkeiten

Es bestehen folgende Möglichkeiten zur Beendigung des Ausbildungsverhältnisses vorzeitig (§ 22 BBiG):

  • Während der Probezeit: jederzeit, ohne Einhaltung einer Frist und ohne Angabe von Gründen (beiderseits)
  • Nach der Probezeit: nur aus wichtigem Grund fristlos oder vom Auszubildenden mit einer Frist von vier Wochen zur Aufgabe oder Aufnahme einer anderen Berufsausbildung

Form und Begründungspflichten richten sich nach den jeweiligen Kündigungstatbeständen. Kündigungsschutzregelungen, z. B. das Mutterschutzgesetz, sind auch für Auszubildende anwendbar.

Prüfungswesen und anerkannte Ausbildungsberufe

Abschlussprüfung

Die Abschlussprüfung ist zentraler Bestandteil der Berufsausbildung. Die Prüfungsanforderungen und Inhalte ergeben sich aus der jeweiligen Ausbildungsordnung. Zuständige Stellen für die Durchführung der Prüfungen sind in der Regel die Kammern.

Bei Bestehen der Abschlussprüfung wird ein Prüfungszeugnis ausgestellt und der Auszubildende erlangt die Berufsqualifikation. Bei Nichtbestehen besteht die Möglichkeit zur Wiederholung der Prüfung.

Anerkannte Ausbildungsberufe

Die anerkannten Ausbildungsberufe sind im Bundesanzeiger veröffentlicht und werden durch das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) fortlaufend weiterentwickelt. Die Ausbildung ist nur in staatlich anerkannten Berufen zulässig.

Überwachung und Förderung der Berufsausbildung

Zuständige Stellen

Für die Überwachung und Förderung der Berufsausbildung sind verschiedene Institutionen zuständig, insbesondere:

  • Industrie- und Handelskammern
  • Handwerkskammern
  • Landwirtschaftskammern
  • Kammern für freie Berufe

Förderung und Finanzierung

Die Berufsausbildung wird durch zahlreiche Förderprogramme (z. B. BAB – Berufsausbildungsbeihilfe) und steuerliche Regelungen unterstützt. Vorgaben zur Ausbildungsvergütung befinden sich ebenfalls im BBiG; sie regeln Mindesthöhen, Fälligkeit und Zahlung der Ausbildungsvergütung.

Mitwirkung und Mitbestimmung

Die Auszubildendenvertretungen (Jugend- und Auszubildendenvertretung, JAV) sowie die Betriebsräte haben Mitwirkungsrechte im Rahmen der betrieblichen Ausbildung und der Gestaltung des Ausbildungsplans.

Besondere Ausbildungsformen

Ausbildung in Teilzeit und besondere Zielgruppen

Das BBiG ermöglicht die Berufsausbildung in Teilzeit (§ 7a BBiG), insbesondere für Personen mit familiären Verpflichtungen. Darüber hinaus existieren förderrechtliche Ausnahmen und Integrationsmaßnahmen etwa für Menschen mit Behinderung.

Berufsausbildung im Ausland und grenzüberschreitende Anerkennung

Die Durchführung von Ausbildungen ist teilweise ganz oder teilweise im Ausland möglich (§ 2 BBiG). Zudem gibt es Regelungen zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse nach dem Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz (BQFG).

Zusammenfassung

Die Berufsausbildung ist umfassend rechtlich geregelt und garantiert sowohl die Qualität der beruflichen Qualifikation als auch die Rechtssicherheit der Auszubildenden und Ausbildungsbetriebe. Sie stellt eine der wichtigsten Voraussetzungen für den Erwerb qualifizierter Fachkräfte in Deutschland dar und unterliegt einem komplexen Zusammenspiel von Bundes- und Landesrecht sowie europarechtlichen Vorgaben. Die Einhaltung der gesetzlichen Regelungen wird durch diverse Aufsichts- und Kontrollmechanismen sichergestellt, während gleichzeitig vielfältige Fördermöglichkeiten bestehen.

Häufig gestellte Fragen

Wann beginnt und endet das Berufsausbildungsverhältnis rechtlich?

Das Berufsausbildungsverhältnis beginnt rechtlich mit dem im Ausbildungsvertrag festgelegten Datum. In der Regel ist dies der Ausbildungsbeginn, der im Vertrag zwischen dem Ausbildenden und dem Auszubildenden eindeutig fixiert wird. Der Vertrag muss spätestens vor Beginn der Ausbildung schriftlich abgeschlossen und von beiden Parteien (bei Minderjährigen auch von den gesetzlichen Vertretern) unterzeichnet werden. Rechtlich endet das Berufsausbildungsverhältnis mit dem Ablauf der im Vertrag festgelegten Ausbildungsdauer (§ 21 BBiG). Allerdings kann es auch vorzeitig enden, wenn der Auszubildende die Abschlussprüfung besteht; mit Bekanntgabe des Bestehens endet das Ausbildungsverhältnis automatisch (§ 21 Abs. 2 BBiG). Eine vorzeitige Beendigung ist zudem möglich durch Kündigung – entweder seitens des Auszubildenden oder des Ausbildenden, wobei die jeweiligen Kündigungsfristen und -gründe zu beachten sind. Auch eine Auflösung im gegenseitigen Einvernehmen ist rechtlich zulässig.

Welche Pflichten hat der Ausbildende im Rahmen des Berufsausbildungsverhältnisses?

Der Ausbildende ist rechtlich verpflichtet, die Berufsausbildung planmäßig, sachlich und zeitlich gegliedert so durchzuführen, dass das Ausbildungsziel erreicht werden kann (§ 14 BBiG). Dazu gehört insbesondere die Bereitstellung der erforderlichen Ausbildungsmittel, die Freistellung des Auszubildenden für die Berufsschule sowie Prüfungen und das Führen von Ausbildungsnachweisen. Außerdem muss der Ausbildende dafür sorgen, dass der Auszubildende nicht mit Tätigkeiten beschäftigt wird, die nichts mit dem Ausbildungsziel zu tun haben oder den physischen und psychischen Fähigkeiten des Auszubildenden nicht entsprechen. Darüber hinaus unterliegt der Ausbildende der Fürsorgepflicht und muss sicherstellen, dass Arbeitsschutz- und Jugendschutzgesetze strikt eingehalten werden.

Welche Pflichten hat der Auszubildende während der Berufsausbildung?

Auszubildende haben gemäß § 13 BBiG diverse rechtliche Pflichten. Dazu zählen insbesondere die Lernpflicht, also die Verpflichtung, sich aktiv um den Erwerb der beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten zu bemühen. Sie müssen die Ausbildungsanweisungen des Ausbildenden oder weisungsbefugter Personen befolgen, die betrieblichen Ordnungsvorschriften einhalten sowie Werkzeuge, Maschinen und andere Ausbildungsmittel pfleglich behandeln. Dazu kommt die Pflicht zur regelmäßigen und pünktlichen Teilnahme am Berufsschulunterricht und an Prüfungen. Außerdem müssen sie ein Berichtsheft führen sowie etwaige Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse wahren.

Welche gesetzlichen Vorgaben bestehen zur Vergütung während der Ausbildung?

Die Vergütungspflicht ist im Berufsbildungsgesetz festgeschrieben (§ 17 BBiG). Der Auszubildende hat während der Ausbildung Anspruch auf eine angemessene Vergütung, die mindestens die jeweils geltende tarifrechtliche oder gesetzliche Mindestausbildungsvergütung nicht unterschreiten darf. Die Vergütung ist spätestens am letzten Arbeitstag des Monats zu zahlen. Sie soll mit jedem Ausbildungsjahr ansteigen und kann in bestimmten Fällen bei Ausfall der Ausbildung (z.B. Urlaub, Krankheit, Berufsschule) weitergezahlt werden. Bei minderjährigen Auszubildenden sind zudem die besonderen Regelungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes zu beachten.

Was ist bezüglich des Urlaubsanspruchs von Auszubildenden rechtlich zu beachten?

Der Urlaubsanspruch für Auszubildende ist gesetzlich geregelt und darf durch den Ausbildungsvertrag nicht zu ihrem Nachteil eingeschränkt werden. Der Mindesturlaub richtet sich nach dem Bundesurlaubsgesetz (§ 3 BUrlG) und, bei Minderjährigen, nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz (§ 19 JArbSchG). Für Jugendliche unter 18 Jahren gibt es altersabhängige gestaffelte Mindesturlaubsansprüche. Der Urlaub ist grundsätzlich zusammenhängend während der berufsschulfreien Zeit zu gewähren. Während des Urlaubs besteht der Anspruch auf fortlaufende Vergütung. Nicht genommener Urlaub muss im Regelfall bis zum Ende des laufenden Ausbildungsjahres gewährt werden.

Unter welchen Bedingungen ist eine Kündigung des Ausbildungsverhältnisses möglich?

Während der Probezeit (mindestens ein Monat, maximal vier Monate, § 20 BBiG) kann das Ausbildungsverhältnis von beiden Seiten jederzeit ohne Angabe von Gründen und ohne Einhaltung einer Frist gekündigt werden. Nach der Probezeit ist eine ordentliche Kündigung seitens des Ausbildenden nur aus wichtigem Grund möglich, etwa bei schweren Pflichtverletzungen des Auszubildenden. Der Auszubildende kann jederzeit mit einer Frist von vier Wochen kündigen, wenn er die Berufsausbildung aufgeben oder sich für eine andere Berufstätigkeit ausbilden lassen will. Für alle Kündigungen gilt das Schriftformerfordernis; eine außerordentliche Kündigung erfordert die Angabe des Kündigungsgrunds (§ 22 BBiG).

Welche Vorschriften gelten zur Arbeitszeit während der Berufsausbildung?

Für die Arbeitszeit von Auszubildenden gelten spezielle rechtliche Regelungen, vor allem für minderjährige Azubis (§ 8 JArbSchG). Generell dürfen Auszubildende volljährig höchstens 8 Stunden pro Tag und 40 Stunden pro Woche beschäftigt werden, wobei in Ausnahmefällen gewisse Überschreitungen kompensiert werden können. Minderjährige dürfen grundsätzlich nicht mehr als 8 Stunden täglich und 40 Stunden wöchentlich arbeiten, auch hier gibt es Ausnahmen für besondere Branchen. Pausen- und Ruhezeiten sind gesetzlich vorgeschrieben, ebenso die Freistellung für den Berufsschulunterricht. Besondere Schutzvorschriften betreffen Nacht-, Schicht- und Wochenendarbeit.