Begriff und Stellung des Berichtstermins
Der Berichtstermin ist ein zentraler Termin im Insolvenzverfahren, in dem das Insolvenzgericht die Gläubiger über die wirtschaftliche Lage des Schuldners, die Ursachen der Krise sowie die Perspektiven des Verfahrens informieren lässt. Der Termin dient der Transparenz, der Kontrolle sowie der Weichenstellung für das weitere Vorgehen. Er ist in der Regel zeitnah nach Verfahrenseröffnung anzusetzen und kann, je nach Verfahrensart und -umfang, mit weiteren Terminen verbunden werden.
Einordnung im Insolvenzverfahren
Der Berichtstermin gehört zur ersten Phase nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Die Person, die die Masse verwaltet (Insolvenzverwalter oder bei Eigenverwaltung der Schuldner unter Aufsicht eines Sachwalters), erstattet dem Gericht und den Gläubigern Bericht. Auf dieser Grundlage können die Gläubiger Entscheidungen über Fortführung, Stilllegung, Verwertungsstrategie oder einen möglichen Planweg treffen.
Abgrenzung zu anderen Terminen
Vom Berichtstermin zu unterscheiden ist insbesondere der Prüfungstermin, in dem Forderungen der Gläubiger festgestellt oder bestritten werden. Beide Termine werden häufig aus Effizienzgründen zusammengelegt. Daneben existieren weitere Versammlungen (Gläubigerversammlungen) zu spezifischen Themen oder Beschlüssen.
Zweck und rechtliche Funktionen
Informations- und Kontrollfunktion
Im Berichtstermin erhalten Gläubiger einen strukturierten Überblick über die Vermögenslage, Liquidität, laufende Verträge, Sicherungsrechte, Anfechtungspotenziale sowie die Ursachen der Krise. Dieser Einblick ermöglicht eine sachgerechte Einschätzung der Aussicht auf Befriedigung ihrer Forderungen und der Risiken einzelner Verwertungswege.
Entscheidungsfunktion
Der Berichtstermin ermöglicht Beschlüsse der Gläubiger über grundlegende Weichenstellungen, etwa zur Fortführung oder Stilllegung des Unternehmens, zur Einleitung eines Planverfahrens, zur Zusammensetzung des Gläubigerausschusses oder zur Bestätigung bzw. Änderung der Person, die die Masse verwaltet. Die konkreten Mehrheitsanforderungen richten sich nach dem Beschlussgegenstand und beruhen typischerweise auf dem Verhältnis der vertretenen Forderungssummen; für einzelne Entscheidungen können abweichende Regeln gelten.
Ablauf und Organisation
Ladung und Öffentlichkeit
Der Termin wird durch das Insolvenzgericht anberaumt und öffentlich bekannt gemacht. In Insolvenzsachen sind Verhandlungen grundsätzlich öffentlich; zum Schutz schutzwürdiger Interessen kann die Öffentlichkeit ausnahmsweise beschränkt werden. Gläubiger werden zusätzlich unter den im Verfahren üblichen Kommunikationswegen geladen.
Leitung und Protokollierung
Der Berichtstermin wird vom Insolvenzgericht geleitet. Die wesentlichen Inhalte, Stellungnahmen und Beschlüsse werden protokolliert. Das Protokoll dient der Dokumentation und der Nachprüfbarkeit getroffener Entscheidungen.
Typische Tagesordnung
- Eröffnung und rechtliche Hinweise
- Mündlicher Bericht zur Vermögens-, Finanz- und Ertragslage
- Darstellung der Ursachen der wirtschaftlichen Krise
- Fortführungs- oder Stilllegungskonzept, Verwertungsstrategie
- Voraussichtliche Dauer, Verfahrensschritte und mögliche Quoten
- Fragemöglichkeit der Gläubiger
- Beschlussgegenstände (sofern vorgesehen)
Inhalte des Berichts
Wirtschaftliche Ausgangslage und Ursachen
Darstellung der Vermögenswerte, Verbindlichkeiten und Liquidität; Einordnung externer und interner Ursachen der Krise; Bewertung der operativen Leistungsfähigkeit und Marktposition.
Masse, Verträge und Rechte Dritter
Überblick über zur Masse gehörende Gegenstände, Absonderungs- und Aussonderungsrechte, laufende Verträge, arbeitsrechtliche Themen, potentielle Anfechtungsansprüche sowie strittige Positionen.
Prognose zu Ablauf und Befriedigung
Skizze möglicher Verfahrenspfade (Fortführung, übertragende Sanierung, Plan), zeitlicher Rahmen, voraussichtliche Kostenblöcke und Bandbreiten möglicher Gläubigerbefriedigung. Es handelt sich um Prognosen, die sich mit dem Verfahrensfortgang ändern können.
Beteiligte und ihre Rechte
Gläubiger
Gläubiger sind berechtigt, Fragen zu stellen, Auskünfte zu verlangen, Erklärungen abzugeben und an Beschlussfassungen teilzunehmen. Ihre Mitwirkung dient der kollektiven Willensbildung und der Kontrolle des Verfahrens.
Schuldner
Der Schuldner nimmt am Berichtstermin regelmäßig teil, beantwortet Fragen zu Geschäftsverlauf, Vermögenslage und Ursachen der Krise und ergänzt den Bericht, insbesondere bei Eigenverwaltung.
Insolvenzverwalter oder Sachwalter
Diese Person erstattet den Bericht, legt Entscheidungsgrundlagen offen und beantwortet Nachfragen. Sie sorgt für eine nachvollziehbare Darstellung der Lage, der Optionen und der daraus abgeleiteten Maßnahmen.
Entscheidungen im Berichtstermin
Typische Beschlussgegenstände
- Bestätigung oder Änderung der Person, die die Masse verwaltet
- Einsetzung oder Anpassung eines Gläubigerausschusses
- Grundsätzliche Fortführung oder Stilllegung des Geschäftsbetriebs
- Rahmen der Verwertung und Priorisierung von Maßnahmen
- Einleitung oder Weiterverfolgung eines Plans zur Schuldenbereinigung
Beschlussfassung und Bindungswirkung
Beschlüsse kommen nach den geltenden Mehrheitsregeln zustande und binden die Verfahrensorgane im vorgegebenen Rahmen. Änderungen sind möglich, wenn neue Umstände eintreten oder eine Gläubigerversammlung anders entscheidet.
Sonderformen und Varianten
Regelinsolvenz und Verbraucherinsolvenz
In Unternehmensverfahren ist der Berichtstermin der Regelfall. In Verbraucherinsolvenzen kann das Gericht wegen der meist überschaubaren Verhältnisse von einer mündlichen Erörterung absehen und schriftliche Formen vorziehen.
Eigenverwaltung und Schutzschirm
Bei Eigenverwaltung berichtet der Schuldner, überwacht durch einen Sachwalter. Inhalt und Ziel des Berichtstermins bleiben vergleichbar: Information, Kontrolle und Beschlussfassung. In vorbereiteten Sanierungsverfahren kann der Bericht stärker auf den Planprozess ausgerichtet sein.
Zusammenlegung mit dem Prüfungstermin
Aus Praktikabilitätsgründen werden Berichtstermin und Prüfungstermin häufig verbunden. Dadurch können Information und Forderungsfeststellung effizient koordiniert werden.
Fristen, Ladung und Folgen des Nichterscheinens
Terminsbestimmung und Bekanntmachung
Der Termin wird nach Verfahrenseröffnung festgesetzt und öffentlich bekannt gemacht. Die Fristsetzung berücksichtigt die notwendige Vorbereitungszeit für Bericht und Prüfungen.
Ausbleiben Beteiligter
Das Verfahren ist nicht vom Erscheinen einzelner Beteiligter abhängig. Beschlüsse können auch bei Nichterscheinen einzelner Geladener gefasst werden, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Schriftliche Stellungnahmen können berücksichtigt werden, wenn sie rechtzeitig vorliegen.
Dokumentation, Einsicht und Transparenz
Protokoll und Aktenlage
Der Berichtstermin wird protokolliert. Der schriftliche Bericht sowie Anlagen sind Bestandteil der Verfahrensakten. Gläubiger haben nach den geltenden Regeln Einsichtsmöglichkeiten.
Rechtsmittel und Kontrolle
Überprüfung von Beschlüssen
Beschlüsse können einer gerichtlichen Überprüfung unterliegen, wenn Verfahrensfehler oder unzulässige Inhalte gerügt werden. Der Prüfungsumfang richtet sich nach dem jeweiligen Beschlussgegenstand und den allgemeinen Verfahrensgrundsätzen.
Praktische Bedeutung
Der Berichtstermin bündelt Information und Entscheidung an einer frühen Wegmarke des Insolvenzverfahrens. Er schafft Transparenz, ermöglicht Koordination zwischen Beteiligten und bildet die Grundlage für eine sachgerechte Fortführung, Verwertung oder Planlösung.
Häufig gestellte Fragen
Worin besteht der Unterschied zwischen Berichtstermin und Prüfungstermin?
Im Berichtstermin geht es um die Information der Gläubiger über Lage, Ursachen und Perspektiven des Verfahrens sowie um grundlegende Weichenstellungen. Der Prüfungstermin dient der Feststellung oder dem Bestreiten angemeldeter Forderungen. Beide Termine können verbunden werden, erfüllen aber unterschiedliche Funktionen.
Wer ist zum Berichtstermin teilnahmeberechtigt?
Teilnahmeberechtigt sind das Insolvenzgericht, die Person, die die Masse verwaltet, der Schuldner sowie die Gläubiger. Die Verhandlung ist grundsätzlich öffentlich; die Öffentlichkeit kann in Ausnahmefällen beschränkt werden.
Welche Beschlüsse können im Berichtstermin gefasst werden?
Möglich sind unter anderem Beschlüsse zur Fortführung oder Stilllegung, zur Verwertungsstrategie, zur Einsetzung eines Gläubigerausschusses, zur Bestätigung oder Änderung der verwaltenden Person sowie zur Einleitung eines Planverfahrens. Die erforderlichen Mehrheiten richten sich nach dem jeweiligen Beschlussgegenstand.
Muss in jeder Insolvenz ein Berichtstermin stattfinden?
In Unternehmensverfahren ist der Berichtstermin üblich. In Verbraucherinsolvenzen und einfach gelagerten Fällen kann das Gericht auf eine mündliche Erörterung verzichten und schriftliche Formen vorsehen.
Ist der Berichtstermin öffentlich?
Ja, Verhandlungen sind in der Regel öffentlich. Zum Schutz sensibler Informationen kann die Öffentlichkeit ausnahmsweise ausgeschlossen oder beschränkt werden.
Was passiert, wenn Beteiligte nicht erscheinen?
Das Verfahren ist nicht vom Erscheinen aller Geladenen abhängig. Der Termin kann durchgeführt und Beschlüsse können gefasst werden, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen eingehalten sind.
Können Beschlüsse aus dem Berichtstermin später geändert werden?
Beschlüsse können unter bestimmten Voraussetzungen angepasst oder durch spätere Beschlüsse ersetzt werden, insbesondere wenn sich die Tatsachengrundlage ändert oder eine erneute Gläubigerentscheidung erfolgt.