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Bergrecht


Begriff und Grundlagen des Bergrechts

Das Bergrecht bezeichnet das spezifische Rechtsgebiet, das die Regelungen über die Aufsuchung, Gewinnung und Nutzung von Bodenschätzen behandelt. Im Gegensatz zum allgemeinen Eigentumsrecht an Grund und Boden regelt das Bergrecht im Wesentlichen, wem die Befugnisse zur Nutzung von mineralischen Rohstoffen zufallen, wer diese fördern darf und unter welchen Voraussetzungen dies geschieht. Das Bergrecht stellt somit ein eigenständiges Teilgebiet des öffentlichen Wirtschaftsrechts dar und zielt darauf ab, einerseits die Versorgung mit Rohstoffen sicherzustellen und andererseits die öffentliche Sicherheit, Ordnung sowie den Umweltschutz zu gewährleisten.

Historische Entwicklung des Bergrechts

Das Bergrecht hat eine lange geschichtliche Tradition, die bis ins Mittelalter zurückreicht. Ursprünglich entstand es aus einer Sonderrechtsordnung, die sogenannten „Bergfreiheiten“, welche den Bergwerksbetrieben Privilegien einräumten. Die Entwicklung führte über verschiedene landesherrliche Bergordnungen zur heutigen Kodifikation im Bundesberggesetz (BBergG). Prägende rechtliche Wendepunkte waren das Allgemeine Berggesetz für die preußischen Staaten von 1865 und die nachfolgenden Regelungen der Bundesrepublik Deutschland.

Rechtsquellen des Bergrechts

Bundesberggesetz (BBergG)

Die maßgebliche gesetzliche Grundlage für das Bergrecht in Deutschland bildet das Bundesberggesetz (BBergG) vom 13. August 1980, zuletzt geändert am 11. Juni 2021. Dieses Gesetz regelt die Suche, Erschließung, Gewinnung und Verarbeitung der sogenannten bergfreien und eigentümergebundenen Bodenschätze.

Anwendungsbereich des BBergG

Das BBergG erstreckt sich auf die Aufsuchung und Gewinnung von:

  • Bergfreien Bodenschätzen (z. B. Steinkohle, Erdöl, Erdgas, Salze, Metallerze)
  • Eigentümergebundenen Bodenschätzen (z. B. Kies, Sand, Gelände, Lehm)
  • Grubenbauen und Gewinnungsanlagen

Weitere einschlägige Regelwerke

Das Bergrecht wird durch eine Vielzahl weiterer rechtlicher Vorschriften flankiert, wie z. B.:

  • Bergverordnungen (Betriebspläne, Sicherheit, Umweltschutz)
  • Landesgesetze und Verordnungen
  • Umweltschutzgesetze (Bundesimmissionsschutzgesetz, Wasserhaushaltsgesetz)
  • Arbeitsschutzgesetze

Systematik und Grundprinzipien des Bergrechts

Bergfreie und eigentümergebundene Bodenschätze

Eine zentrale Kategorie des Bergrechts ist die Unterscheidung von Bodenschätzen:

  • Bergfreie Bodenschätze: Diese unterliegen, ungeachtet der Eigentumsverhältnisse am Boden, grundsätzlich dem Staat. Für ihre Aufsuchung und Gewinnung ist eine spezielle staatliche Erlaubnis erforderlich.
  • Eigentümergebundene Bodenschätze: Diese sind an das Grundeigentum gebunden. Für ihre Förderung ist grundsätzlich eine Genehmigung durch die zuständige Behörde notwendig.

Bergbauberechtigungen

Zentrale Voraussetzung für den Abbau von Bodenschätzen ist die Erlangung einer sogenannten Bergbauberechtigung, die üblicherweise in Form von Erlaubnissen, Bewilligungen oder Bergwerkseigentum (vergleichbar mit einem Grundstücksrecht an Bodenschätzen) erteilt wird. Die wichtigsten Rechte im Bergrecht sind:

  • Erlaubnis: Recht zur Aufsuchung von Bodenschätzen
  • Bewilligung: Recht zur Gewinnung der aufgefundenen Bodenschätze
  • Bergwerkseigentum: Dingliches Recht und meist Voraussetzung für langfristigen Abbau

Diese Rechte sind öffentlich-rechtlicher Natur und werden durch die zuständigen Bergämter vergeben.

Verfahren und Behörden im Bergrecht

Bergbehörden

Für die Durchführung des Bergrechts sind spezialisierte Behörden zuständig, in der Regel die Landesbergämter oder die entsprechenden Behörden auf Landesebene. Diese übernehmen unter anderem folgende Aufgaben:

  • Erteilung und Überwachung von Bergbauberechtigungen
  • Überwachung der Sicherheit und Ordnung in Bergwerksbetrieben
  • Durchsetzung von Umweltschutzauflagen
  • Durchführung von Planfeststellungsverfahren

Betriebsplanzulassung

Vor Beginn jeglicher bergbaulicher Maßnahme ist die Vorlage eines Betriebsplans erforderlich. Dieser bedarf der behördlichen Zulassung und enthält sämtliche technischen, sicherheitsrelevanten und umweltrechtlichen Parameter der Maßnahme.

Umwelt- und Naturschutz im Bergrecht

Das Bergrecht sieht eine Vielzahl von Vorschriften zum Schutz von Umwelt, Gesundheit und öffentlicher Sicherheit vor. Dazu gehören insbesondere:

  • Vorgaben zur Renaturierung nach Abschluss des Abbaus
  • Regelungen zum Umgang mit Grundwasser, Schadstoffen und Emissionen
  • Einbindung von Umweltverträglichkeitsprüfungen und der Öffentlichkeit

Rechtsbeziehungen im Bergrecht

Eigentumsrecht und Bergrecht

Das Bergrecht schafft ein eigenständiges Nutzungsrecht an Bodenschätzen, das unabhängig vom Grundeigentum ist. So kann etwa ein Dritter das Recht zur Nutzung eines Bodenschatzes erwerben, obwohl ihm der Boden selbst nicht gehört.

Nutzungsentgelte und Ausgleichszahlungen

Im Zusammenhang mit der Nutzung bergfreier Bodenschätze sind regelmäßig Nutzungsentgelte sowie Ausgleichs- und Entschädigungszahlungen zu leisten, beispielsweise an Grundstückseigentümer, betroffene Gemeinden oder den Staat.

Enteignung und Duldungspflichten

Zur Sicherstellung der Rohstoffgewinnung kann das Bergrecht Enteignungen oder die Anordnung von Duldungspflichten vorsehen, etwa für Schachtanlagen, Zufahrtswege oder Transportleitungen. Diese Maßnahmen unterliegen strengen gesetzlichen Voraussetzungen und Entschädigungsregelungen.

Haftung und Rechtsschutz im Bergrecht

Haftung für Bergschäden

Bergbauunternehmen haften für sogenannte Bergschäden, also für Schäden, die durch den Abbau und die damit verbundenen Tätigkeiten an benachbarten Grundstücken, Bauwerken oder an der Infrastruktur entstehen. Die Haftung erstreckt sich sowohl auf Sachschäden als auch auf Folgeschäden.

Rechtsschutzmöglichkeiten

Gegen Entscheidungen und Maßnahmen der Bergbehörden stehen zahlreiche verwaltungsgerichtliche Rechtsmittel zur Verfügung. Sowohl Unternehmen als auch Privatpersonen und Verbände können ihre Rechte im Klagewege geltend machen.

Bedeutung des Bergrechts für Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft

Das deutsche Bergrecht schafft die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine sichere, geordnete und nachhaltige Gewinnung von Rohstoffen. Neben der wirtschaftlichen Bedeutung trägt es zur Sicherstellung der Energieversorgung bei und schützt gleichzeitig die Interessen der Allgemeinheit, von Grundstückseigentümern und der Umwelt.


Zusammenfassung: Das Bergrecht ist ein spezialrechtliches und umfassend kodifiziertes Rechtsgebiet, das alle Aspekte der Aufsuchung und Gewinnung privater und staatlicher Rohstoffe regelt. Es berücksichtigt wirtschaftliche, soziale und ökologische Anforderungen und unterliegt deshalb einem ständigen Anpassungsprozess an technologische und gesellschaftliche Entwicklungen.

Häufig gestellte Fragen

Welche Genehmigungen sind für den Abbau von Bodenschätzen nach dem Bergrecht erforderlich?

Für den Abbau von Bodenschätzen in Deutschland ist nach dem Bundesberggesetz (BBergG) eine Vielzahl von Genehmigungen und behördlichen Zustimmungsverfahren erforderlich. Grundsätzlich ist zwischen dem sogenannten „bergfreien“ und dem „grundeigenen“ Bodenschatz zu unterscheiden, da das Rechtsregime jeweils unterschiedlich ausgestaltet ist. Für bergfreie Bodenschätze (z. B. Steinkohle, Salze, Erdöl, Erze) ist zunächst das sogenannte Bergbauberechtigungs­verfahren maßgeblich. Hierbei wird ein sogenanntes „Erlaubnisfeld“ oder „Bewilligungsfeld“ beantragt, das ausschließlich der Antragsteller zur Aufsuchung und Gewinnung nutzen darf. Erst nach Erteilung der Bewilligung darf mit dem tatsächlichen Abbau begonnen werden. Zusätzlich ist für jede Art der bergbaulichen Tätigkeit ein Betriebsplan erforderlich, der von der zuständigen Bergbehörde zugelassen werden muss. Dies umfasst einen Rahmenbetriebsplan, Hauptbetriebspläne und ggf. spezielle Sonderbetriebspläne. Neben diesen bergrechtlichen Genehmigungen sind weitere öffentlich-rechtliche Zulassungen erforderlich, etwa nach BImSchG (Bundesimmissionsschutzgesetz), Naturschutzrecht und Wasserhaushaltsgesetz, je nach Lage und Umweltauswirkungen des Projekts. In der Praxis wird dies häufig in einem sogenannten „Planfeststellungsverfahren“ gebündelt, das gleichzeitig weitere Beteiligte wie Träger öffentlicher Belange und die Öffentlichkeit einschließt.

Wer ist nach dem Bergrecht für die Rekultivierung und Wiedernutzbarmachung von Flächen verantwortlich?

Die Verantwortung für die Rekultivierung und Wiedernutzbarmachung von Bergbauflächen trifft nach dem Bergrecht grundsätzlich den Unternehmer, der die bergbaulichen Tätigkeiten durchführt. Diese Verpflichtung ist im Bundesberggesetz (BBergG), insbesondere in § 55 (Sicherungspflichten), sowie in den jeweiligen Betriebsplänen geregelt. Konkret bedeutet dies, dass das Unternehmen verpflichtet ist, nach Beendigung des Abbaubetriebs die betroffenen Flächen so zu sichern, dass von ihnen keine Gefahren für die Allgemeinheit oder wichtige Rechtsgüter (etwa Wasser, Boden, Flora und Fauna) mehr ausgehen. Im jeweiligen Betriebsplan muss der Unternehmer darlegen, wie die Wiedernutzbarmachung erfolgen soll (zum Beispiel Aufforstung, landwirtschaftliche Nutzung, Erschaffung von Biotopen). Die zuständige Bergbehörde kann Auflagen und Nachsorgeverpflichtungen anordnen und verlangt im Regelfall eine Sicherheitsleistung (z. B. Bürgschaften) vom Unternehmen, um die Umsetzung der Rekultivierungsmaßnahmen finanziell abzusichern. Kommt der Unternehmer seinen Verpflichtungen nicht nach, kann die Behörde Ersatzvornahmen auf Kosten des Unternehmers durchführen.

Welche Rechte und Pflichten ergeben sich für Grundstückseigentümer, wenn ein bergrechtliches Gewinnungsrecht besteht?

Wenn einem Dritten ein bergrechtliches Gewinnungsrecht für Bodenschätze auf einem Grundstück erteilt wurde, hat der Grundstückseigentümer spezielle Rechte und Pflichten gemäß dem BBergG. Zunächst bleibt der Eigentümer grundsätzlich Besitzer seines Grundstücks, muss aber die Aufsuchung und Gewinnung der Bodenschätze durch den Berechtigten dulden, sofern ein sogenanntes „Grundabtretungsverfahren“ oder eine entsprechende Einigung nicht erzielt werden kann. Das Bergrecht sieht vor, dass der Berechtigte gegen Zahlung einer angemessenen Entschädigung die Nutzung, Betretung und ggf. bauliche Inanspruchnahme des Grundstücks verlangen kann. Der Grundstückseigentümer kann Einwendungen im bergrechtlichen Genehmigungsverfahren vorbringen, etwa zum Schutz eigener Rechte oder zur Abwehr unverhältnismäßiger Eingriffe. Die Bergbehörde muss daraufhin Interessenabwägungen treffen, bevor sie Maßnahmen anordnet oder zulässt. Nach den gesetzlichen Vorgaben hat der Unternehmende zudem sicherzustellen, dass die Belastungen für den Eigentümer minimiert werden und bei dauerhaften Schäden Ansprüche auf Ersatz und Wiederherstellung bestehen.

Wie wird der Schutz von Arbeitnehmern im Bergbau rechtlich gewährleistet?

Der Schutz von Arbeitnehmern im Bergbau ist durch ein umfangreiches Regelwerk auf mehreren Ebenen gesichert. Zentrale Vorschriften finden sich im Bundesberggesetz (BBergG), das insbesondere Pflichten zum Schutz von Leben, Gesundheit und Arbeitskraft festlegt. Ergänzt wird dies durch zahlreiche Verordnungen (beispielsweise die Allgemeine Bundesbergverordnung – ABBergV, die Bergverordnung über Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumente), die Details zum Arbeits- und Gesundheitsschutz enthalten. Dazu gehören Anforderungen an die betriebliche Organisation, Unterweisung und Qualifikation, Notfall- und Rettungspläne sowie die regelmäßige Wartung von Maschinen und Anlagen. Arbeitgeber sind verpflichtet, Gefährdungsbeurteilungen durchzuführen und geeignete Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Die Einhaltung dieser Vorschriften wird regelmäßig von der Bergaufsicht kontrolliert und kann bei Verstößen mit Bußgeldern oder Anordnungen bis hin zur Einstellung des Betriebs verbunden sein. Zusätzlich gelten die Vorschriften des allgemeinen Arbeitsschutzrechts und spezielle Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaften.

Welches Verhältnis besteht zwischen Bergrecht und anderen Rechtsgebieten wie Forst-, Umwelt- oder Naturschutzrecht?

Das Bergrecht ist ein eigenständiges Rechtsgebiet, das jedoch in engem Zusammenspiel mit anderen öffentlich-rechtlichen Materien steht. Maßnahmen nach dem Bergrecht dürfen andere geschützte Rechtsgüter nicht unverhältnismäßig beeinträchtigen, weshalb zahlreiche fachgesetzliche Vorschriften – insbesondere des Natur- und Umweltschutzrechts sowie des Wasser- und Forstrechts – zu beachten sind. Bei der Zulassung bergbaulicher Vorhaben sind regelmäßig Genehmigungen nach Naturschutzgesetz, Bundesimmissionsschutzgesetz und Wasserhaushaltsgesetz erforderlich, und die Einhaltung dieser Vorschriften ist im Genehmigungsverfahren zu prüfen („Konzentrationswirkung“, „Zustimmungsverfahren“). Die beteiligten Fachbehörden werden zur Stellungnahme aufgefordert. In vielen Fällen wird das Vorhaben daher durch einen mehrstufigen, behördenübergreifenden Planfeststellungsbeschluss zugelassen, der die Belange mehrerer Rechtsgebiete bündelt und abwägt.

Welche Rolle spielt die Bergaufsicht und wie erfolgt deren Kontrolle?

Die Bergaufsicht ist die staatliche Überwachungsbehörde, die die Einhaltung der bergrechtlichen und sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Bergbau sicherstellt. Ihre Aufgaben und Befugnisse sind im Bundesberggesetz (insbesondere §§ 69 ff. BBergG) geregelt. Sie überwacht sowohl die Sicherheit und Ordnung des Betriebs als auch die vorgeschriebenen Vorkehrungen zum Arbeits-, Umwelt- und Brandschutz. Die Bergbehörde kann jederzeit Betriebsstätten betreten, Unterlagen anfordern, Messungen vornehmen sowie Anordnungen erlassen und im Ausnahmefall den Betrieb einstellen. Ihre Überwachungsmaßnahmen erstrecken sich auf regelmäßige und anlassbezogene Kontrollen. Unternehmen müssen Unfälle oder besondere Vorkommnisse unverzüglich melden. Bei Verstößen ist die Bergaufsicht befugt, Sanktionen bis hin zur Stilllegung des Betriebs zu verhängen. Darüber hinaus nimmt sie die Kontrolle der Rekultivierung und Nachsorgepflichten nach Betriebsende wahr.

Inwieweit besteht eine Beteiligung der Öffentlichkeit im bergrechtlichen Genehmigungsverfahren?

Die Beteiligung der Öffentlichkeit hat im bergrechtlichen Verfahren in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen. Bei genehmigungsbedürftigen bergbaulichen Vorhaben, die erhebliche Umweltauswirkungen haben können, ist nach dem sogenannten UVP-Gesetz eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) mit Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen. Im Rahmen dessen werden die Unterlagen des Vorhabenträgers offengelegt, die betroffenen Bürger können Einwendungen erheben und haben Anspruch auf Erörterung. Die Ergebnisse fließen in die behördliche Abwägung und Entscheidungsfindung ein. Darüber hinaus werden Kommunen, betroffene Eigentümer und andere Träger öffentlicher Belange regelmäßig beteiligt. Die Beteiligung der Öffentlichkeit dient der Transparenz, dem Rechtsschutz und der Verbesserung der Entscheidungsgrundlagen im Genehmigungsverfahren. Bei besonders gravierenden Eingriffen ist darüber hinaus teils eine europarechtliche Beteiligung (z. B. nach der Aarhus-Konvention) zu gewährleisten.