Legal Lexikon

Benennungsverlangen


Benennungsverlangen – Rechtlicher Begriff und Bedeutung

Das Benennungsverlangen stellt einen bedeutenden Begriff im deutschen Recht dar. Es beschreibt einen Anspruch darauf, von einer verpflichteten Partei bestimmte Informationen, insbesondere die Identität oder Kontaktdaten einer Person, zu erhalten. Das Instrument des Benennungsverlangens dient der Durchsetzung und Vorbereitung weitergehender Rechte und Ansprüche, zum Beispiel im Zusammenhang mit Urheberrechtsverletzungen, im Zivilprozessrecht und in weiteren rechtlichen Kontexten.

Begriffserklärung und Anwendungsbereiche

Das Benennungsverlangen ist ein rechtliches Mittel, um die Offenlegung von bestimmten Daten oder Personen zu verlangen, die in einem konkreten Rechtsverhältnis in Erscheinung getreten sind oder eine Verletzungshandlung begangen haben könnten. Der Anspruch zielt oftmals darauf ab, die Voraussetzungen zur gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen zu schaffen.

Zivilrechtliche Relevanz

Im Zivilrecht kommt dem Benennungsverlangen insbesondere in Konstellationen eine Rolle, in denen der Verletzte oder Anspruchsberechtigte nicht weiß, gegen wen er gegebenenfalls Ansprüche geltend machen kann. Typische Anwendungsfälle finden sich im:

  • Urheberrecht: Rechteinhaber können im Fall von Urheberrechtsverletzungen ein Benennungsverlangen gegenüber Internetdienstanbietern oder Plattformen stellen (§ 101 UrhG).
  • Haftungsrecht: Handelt jemand im Auftrag eines nicht offen erkennbaren Dritten und verletzt dabei Rechte eines anderen, kann ein Benennungsverlangen gegen den Handelnden entstehen, um den Auftraggeber zu identifizieren (sog. Vertreterbenennung).

Prozessrechtlicher Kontext

Im Zivilprozess kann das Benennungsverlangen eine wichtige Beweisvorbereitungsmaßnahme darstellen. Etwa nach § 142 ZPO (Vorlagepflicht von Urkunden und Gegenständen) oder im Rahmen der sekundären Darlegungslast in bestimmten Fällen, um Anspruchsgegner oder Beweismittel zu benennen.

Gesetzliche Ausgestaltung

Die rechtlichen Grundlagen für das Benennungsverlangen finden sich in verschiedenen Gesetzestexten, abhängig vom jeweiligen Rechtsgebiet.

Urheberrechtsgesetz (UrhG)

In Fällen von Urheberrechtsverletzungen ist das Benennungsverlangen gesetzlich in § 101 UrhG normiert. Diese Vorschrift gibt Rechteinhabern die Möglichkeit, von verschiedenen Parteien (wie z.B. Internetprovidern) Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg rechtsverletzender Produkte sowie die Identität der Verletzer zu verlangen.

Voraussetzungen:

  • Glaubhaftmachung einer offensichtlichen Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß
  • Antrag beim zuständigen Landgericht (sofern es sich um Verkehrsdaten gemäß Telekommunikationsgesetz handelt)
  • Interessenabwägung zwischen dem Informationsinteresse und persönlichen Rechten, insbesondere dem Datenschutz

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

Im Schuldrecht kann ein Benennungsverlangen etwa gegenüber Vertragspartnern bestehen, wenn Mitwirkende oder Dritte involviert sind, die sonst unbekannt bleiben. Eine ähnliche Figur ist im Kaufrecht denkbar, wenn ein Lieferant nicht identifiziert werden kann und ein Regressanspruch vorbereitet werden soll.

Zivilprozessordnung (ZPO)

Zivilprozessual können Parteien vom Gericht verlangen, dass Dritte zur Benennung von Beweismitteln (Zeugen, Sachverständige, Urkunden) verpflichtet werden. Dies kann auch als Benennungsverlangen bezeichnet werden, dient aber primär der Vorbereitung oder Sicherung von Beweisen.

Praxisbeispiele

Benennungsverlangen im Urheberrecht

Häufig wird das Benennungsverlangen im Rahmen von Filesharing-Abmahnungen relevant. Rechteinhaber beantragen beim Gericht die Verpflichtung des Internetproviders, die IP-Adresse mit dem Anschlussinhaber zu verknüpfen und dessen Identität preiszugeben. Das Gericht prüft dabei die Zulässigkeit und das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen.

Benennungsverlangen im Geschäfts- und Vertragsrecht

Ein Händler stellt fest, dass ein über Zwischenhändler verkauftes Produkt schadhaft ist. Um Gewährleistungsansprüche geltend zu machen, kann er von den Handelsstufen verlangen, den ursprünglichen Hersteller oder Lieferanten zu benennen.

Grenzen und Schranken des Benennungsverlangens

Datenschutz und Persönlichkeitsrechte

Dem Benennungsverlangen steht regelmäßig das Recht auf Datenschutz gegenüber. Die Offenlegung personenbezogener Daten darf nur erfolgen, wenn hierfür eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage besteht und die Interessen der Beteiligten (insbesondere des Betroffenen) durch sorgfältige Abwägung berücksichtigt werden.

Verhältnismäßigkeit

Das Benennungsverlangen darf nicht zu einer unverhältnismäßigen Belastung der verpflichteten Partei führen. Es muss ein berechtigtes Interesse an der Information bestehen, verbunden mit einer konkreten Anspruchsdurchsetzung oder Sicherung rechtlicher Interessen.

Rechtsfolgen bei berechtigtem oder unberechtigtem Benennungsverlangen

Durchsetzung und Vollstreckung

Wird das Benennungsverlangen berechtigt gestellt und nicht erfüllt, kann der Anspruch auf dem Zivilrechtsweg gerichtlich durchgesetzt werden. Teilweise drohen Ordnungsgelder oder Schadenersatzansprüche wegen Nichterfüllung.

Missbrauch und Schadensersatz

Im Falle eines unberechtigten Benennungsverlangens können Betroffene sich gegen die Offenlegung ihrer Daten wehren. Die ungerechtfertigte Preisgabe sensibler Informationen kann eine Haftung wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung nach sich ziehen.

Zusammenfassung

Das Benennungsverlangen ist ein vielseitiges rechtliches Instrument zur Informationsbeschaffung, das in verschiedenen Rechtsgebieten eine erhebliche Rolle spielt. Es dient der effektiven Rechtsdurchsetzung, indem es dem Anspruchsberechtigten ermöglicht, notwendige Informationen über Dritte, insbesondere deren Identität und Kontaktdaten, zu erlangen. Die Ausgestaltung und Reichweite des Benennungsverlangens sind von den jeweiligen gesetzlichen Rahmenbedingungen und einer sorgfältigen Interessenabwägung geprägt.

Quellen:

  • §§ 101 UrhG, BGB, ZPO
  • Literatur und Kommentare zu den jeweiligen Gesetzen
  • Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH)
  • Veröffentlichungen des Bundesdatenschutzbeauftragten

Weiterführende Themen:

  • Auskunftsanspruch
  • Datenschutzrecht
  • Beweislast im Zivilprozess
  • Urheberrechtliche Abmahnung

Häufig gestellte Fragen

Wann und unter welchen Voraussetzungen kann ein Benennungsverlangen gestellt werden?

Ein Benennungsverlangen kann grundsätzlich immer dann gestellt werden, wenn ein rechtlich anerkannter Anspruch auf Konkretisierung eines schon bestehenden Verlangens bezüglich einer Sache, Person oder eines Rechtsobjekts besteht, insbesondere im Rahmen von Schuldverhältnissen im deutschen Zivilrecht. Das klassische gesetzliche Beispiel findet sich im Mietrecht (§ 566e BGB) sowie im allgemeinen Schuldrecht (§ 241a Abs. 2 BGB). Voraussetzung ist stets, dass der Anspruchssteller geltend macht, einen Anspruch zu haben, dessen Gegenstand konkret benannt werden muss, um entweder Rechte im eigenen Namen durchzusetzen oder Sachrechte geltend zu machen. Der Antragssteller muss ein berechtigtes Interesse an der konkreten Benennung haben, welches regelmäßig darin besteht, dass ohne diese Benennung eigenen rechtlichen Pflichten oder Rechten nicht sinnvoll nachgekommen werden kann. Das Benennungsverlangen richtet sich in der Regel an denjenigen, der als primärer Vertragspartner oder Rechtepflichtiger gilt und zur Auskunft verpflichtet ist.

Welche rechtlichen Folgen hat die Nichterfüllung eines Benennungsverlangens?

Wird ein berechtigtes Benennungsverlangen nicht oder nicht vollständig erfüllt, kann dies je nach Einzelfall verschiedene rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Zivilrechtlich kann dies beispielsweise zu einem Anspruch auf Schadensersatz führen, sofern der Berechtigte dadurch einen Vermögensschaden erleidet. In bestimmten Konstellationen, gerade bei nachgelagerten Rechten oder Pflichten (wie beim Forderungsübergang), kann die Nichterfüllung dazu führen, dass die Durchsetzung des eigentlichen Anspruchs gehemmt oder gar unmöglich wird. In einigen Fällen sieht das Gesetz explizit vor, dass die Nichterfüllung ein Zurückbehaltungsrecht oder Leistungszurückbehalt auslösen kann. Gegebenenfalls besteht darüber hinaus ein Anspruch auf gerichtliche Durchsetzung des Benennungsanspruchs im Wege der Leistungsklage.

Wer trägt die Darlegungs- und Beweislast im Streitfall über ein Benennungsverlangen?

Im Streitfall trägt grundsätzlich derjenige die Beweislast, der sich auf den Anspruch aus dem Benennungsverlangen beruft. D.h., der Anspruchsteller muss beweisen, dass er tatsächlich berechtigt ist, die Benennung zu verlangen und dass die gesetzlichen oder vertraglichen Voraussetzungen hierfür erfüllt sind. Sollte der Anspruchsgegner einwenden, zur Benennung außerstande zu sein, muss er diese Umstände darlegen und beweisen, beispielsweise durch Nachweis, dass ihm die erforderlichen Informationen nicht vorliegen. Im Übrigen gelten die allgemeinen Beweislastregeln des Zivilprozesses.

Gibt es Fristen für die Ausübung oder Erfüllung eines Benennungsverlangens?

Gesetzlich festgelegte Fristen für die Ausübung oder Erfüllung eines Benennungsverlangens existieren nur in wenigen Spezialvorschriften, etwa im Mietrecht. In der Praxis ist der Anspruch jedoch nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) ohne schuldhaftes Zögern („unverzüglich“) zu erfüllen, sofern nichts anderes geregelt ist. Unterlässt es der Berechtigte über längere Zeit, sein Benennungsverlangen geltend zu machen, kann das Recht unter Umständen verwirkt werden. Darüber hinaus kann das Benennungsverlangen der regelmäßigen Verjährung unterliegen (§ 195 BGB), wobei die Frist mit der Entstehung des Anspruchs zu laufen beginnt. Im Falle der gerichtlichen Geltendmachung kann das Versäumnis von Fristen zudem dazu führen, dass der Anspruch nicht mehr durchsetzbar ist.

In welchem Verhältnis steht das Benennungsverlangen zu Auskunftsansprüchen?

Das Benennungsverlangen ist eng mit dem Auskunftsanspruch verwandt, unterscheidet sich jedoch in seinem rechtlichen Gehalt. Während der allgemeine Auskunftsanspruch auf die Offenlegung von Informationen abzielt, konkretisiert das Benennungsverlangen regelmäßig einen Anspruch auf eindeutige Bezeichnung eines bestimmten Rechtsobjekts, einer Person oder einer Sache, um bestimmte Rechte ausüben zu können. Die Rechtsgrundlagen für beide Ansprüche können unterschiedlich sein; das Benennungsverlangen stützt sich häufig auf konkrete gesetzliche Vorschriften oder vertragliche Regelungen, während ein Auskunftsanspruch auch aus Treu und Glauben nach § 242 BGB hergeleitet werden kann, wenn eine besondere rechtliche Beziehung besteht.

Kann ein Benennungsverlangen auch neben anderen Ansprüchen geltend gemacht werden?

Ja, das Benennungsverlangen kann grundsätzlich neben anderen, insbesondere materiell-rechtlichen Ansprüchen bestehen und geltend gemacht werden. Beispielsweise kann im Rahmen eines Eigentumsübertragungsanspruchs oder eines Herausgabeanspruchs ein Benennungsverlangen erforderlich sein, um den Anspruch auf eine konkret bezeichnete Sache zu richten. Ebenso kann im Arbeitsrecht, im Bereich der Lizenzverträge oder bei mehrstufigen Schuldverhältnissen ein Benennungsverlangen neben Leistungs- oder Schadensersatzansprüchen stehen. Entscheidend ist, dass der Benennungsanspruch zur Vorbereitung, Durchsetzung oder Konkretisierung weiterer Rechte oder Ansprüche dient.

Welche Rolle spielt das Benennungsverlangen im Rahmen der Prozessführung?

Im zivilrechtlichen Prozess kann das Benennungsverlangen als sogenannte Stufenklage gemäß § 254 ZPO geltend gemacht werden, wobei zunächst auf Benennung (beispielsweise von Drittschuldnern, Vertragspartnern oder Gegenständen) und anschließend auf Leistung geklagt wird. Dies ist sinnvoll, wenn der Kläger ohne die Benennung nicht in der Lage ist, seinen Hauptanspruch mit Bestimmtheit zu verfolgen. Das Gericht kann dem Anspruch auf Benennung zunächst stattgeben und im Anschluss, nach erfolgter Benennung, über den Leistungsanspruch entscheiden. Auf diese Weise wird Rechtssicherheit geschaffen und vermieden, dass Leistungsanträge mangels Bestimmtheit abgewiesen werden.