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Bekenntnis, religiöses


Begriffserklärung: Religiöses Bekenntnis

Das religiöse Bekenntnis bezeichnet die individuelle oder kollektive Überzeugung und Zugehörigkeit zu einem bestimmten Glaubenssystem, einer Religion oder einer Glaubensgemeinschaft. Im rechtlichen Kontext umfasst es sowohl das Selbstverständnis als auch die öffentliche Manifestation des Glaubens durch Worte, Symbole, Rituale oder Handlungen. Das religiöse Bekenntnis ist in modernen Verfassungsstaaten grundrechtlich geschützt und prägt zahlreiche Bereiche des öffentlichen und privaten Lebens.

Verfassungsrechtlicher Schutz des religiösen Bekenntnisses

Grundgesetzliche Verankerung

Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland garantiert das religiöse Bekenntnis in Artikel 4 Absatz 1 und 2 GG als Teil der Glaubens-, Gewissens- und Bekenntnisfreiheit. Die zentralen Aspekte umfassen:

  • Freiheit des Glaubens (Art. 4 Abs. 1 GG): Die ungestörte Glaubensausübung wird geschützt, unabhängig von religiöser Richtung oder Ausprägung.
  • Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses (Art. 4 Abs. 1 GG): Individuen sind frei, ein religiöses Bekenntnis zu wählen, zu wechseln, anzunehmen oder abzulehnen.
  • Ungestörte Religionsausübung (Art. 4 Abs. 2 GG): Praktiken wie Gottesdienste, Gebete oder religiöse Feiern werden vor staatlichen Eingriffen geschützt.
  • Schutz als Menschenrecht: Die Norm findet auch Anwendung für ausländische Staatsangehörige und Staatenlose.

Bekenntnisfreiheit und ihre Schranken

Die Freiheit des religiösen Bekenntnisses stellt ein unveräußerliches Grundrecht dar. Einschränkungen sind lediglich unter den strengen Voraussetzungen der verfassungsimmanenten Schranken möglich. Das heißt, nur wenn kollidierende Grundrechte Dritter oder Güter von Verfassungsrang betroffen sind (z. B. Schutz der öffentlichen Sicherheit oder Grundrechte Dritter), kann eine Abwägung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu einer beschränkenden Regelung führen.

Verbot der Diskriminierung aufgrund des religiösen Bekenntnisses

Das Diskriminierungsverbot in Artikel 3 Abs. 3 GG stellt sicher, dass niemand wegen seines religiösen Bekenntnisses bevorzugt oder benachteiligt werden darf. Hierzu zählen der Zugang zu Bildungsstätten, Ämtern und Dienstleistungen, unabhängig von der religiösen Orientierung.

Religiöses Bekenntnis im Personenstands- und Familienrecht

Personenstandsangaben und Bekenntnis

Im Personenstandsrecht kann das religiöse Bekenntnis im Rahmen der Geburts- oder Eheschließungsurkunde angegeben werden. Die Angabe ist jedoch stets freiwillig und unterliegt dem Datenschutz. Die staatliche Erfassung des religiösen Bekenntnisses ist auf das erforderliche Maß zu begrenzen und muss den Grundsatz der Neutralität beachten.

Eheschließung und Religionszugehörigkeit

Im Familienrecht kann ein unterschiedliches religiöses Bekenntnis der Ehepartner Bedeutung gewinnen, beispielsweise im Hinblick auf die Erziehung der gemeinsamen Kinder. Diese ist gemäß § 1631 Abs. 1 BGB im gegenseitigen Einvernehmen mit Rücksicht auf das Kindeswohl zu gestalten. Ein Streit zwischen Elternteilen unterschiedlicher Glaubensrichtungen kann zu gerichtlichen Entscheidungen führen.

Religiöses Bekenntnis im Arbeitsrecht und Beamtenrecht

Individualarbeitsrechtliche Aspekte

Arbeitgeber dürfen bei Stellenausschreibungen grundsätzlich nicht nach dem religiösen Bekenntnis differenzieren. Eine Ausnahme gilt bei sogenannten Tendenzbetrieben gem. § 9 AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz), insbesondere für Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen. Hier kann das religiöse Bekenntnis einen zulässigen Einstellungskriterium darstellen, wenn es im Zusammenhang mit der auszuübenden Tätigkeit steht.

Kollektives Arbeitsrecht: Religionsgemeinschaften als Arbeitgeber

Religionsgemeinschaften besitzen gemäß Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV das Recht, ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes zu regeln (Selbstverwaltungsrecht). Dazu gehören interne Regelungen zu Loyalitätspflichten der Beschäftigten und Vorgaben bezüglich des religiösen Bekenntnisses.

Beamtenrechtliche Besonderheiten

Im Beamtenrecht bleibt das religiöse Bekenntnis grundsätzlich ohne Einfluss auf Einstellung oder Laufbahnentwicklung. Besonderheiten bestehen bei Kirchenbeamtenverhältnissen und im Bereich der „bekenntnisbezogenen Schulen“. Staatliche Neutralität ist zu gewährleisten, die Ausübung religiöser Symbole im Dienst unterliegt je nach Bundesland spezifischen Regelungen (z. B. Kopftuchstreit).

Bekenntnisschulen und Schulsystem

Öffentliche Bekenntnisschulen

Die deutsche Verfassung gestattet gemäß Art. 7 Abs. 3 GG die Errichtung von Bekenntnisschulen (z. B. evangelische oder katholische Grundschulen). Hier ist die Vermittlung einer bestimmten religiösen Bekenntnisausrichtung zulässig, wobei die Aufnahme und die Unterrichtsinhalte vom jeweiligen Bekenntnis geprägt sind. Für die Aufnahme von Kindern anderer oder ohne Bekenntnis gelten in Bundesländern und Kommunen differenzierte Bestimmungen.

Religionsunterricht

Art. 7 Abs. 3 GG sieht Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach an öffentlichen Schulen vor. Schüler können durch Erklärung der Erziehungsberechtigten oder eigener Erklärung ab bestimmtem Alter vom konfessionellen Unterricht abgemeldet werden. Die Teilnahme an religionskundlichen Veranstaltungen ohne Bekenntniszugehörigkeit ist ebenso möglich.

Religiöses Bekenntnis im Antidiskriminierungsrecht

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) schützt in § 1 AGG ausdrücklich vor Benachteiligung wegen des religiösen Bekenntnisses im Zivilrechtsverkehr (z. B. bei Mietverträgen, Zugang zu Gütern und Dienstleistungen). Eine Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person aufgrund ihrer Religion oder Weltanschauung weniger günstig behandelt wird.

Religiöses Bekenntnis im internationalen und europäischen Recht

Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK)

Art. 9 EMRK schützt das Recht auf Gedankens-, Gewissens- und Religionsfreiheit. Darin ist sowohl das Recht, ein religiöses Bekenntnis zu haben als auch dieses zu wechseln oder gar nicht zu bekennen, garantiert. Eingriffe in dieses Recht müssen gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein.

Charta der Grundrechte der Europäischen Union

Art. 10 der Grundrechtecharta der Europäischen Union betont die Religionsfreiheit als Individual- und Kollektivrecht. Auch die gemeinschaftliche Ausübung und öffentliche Bekennung zu religiösen Überzeugungen wird geschützt.

Religiöses Bekenntnis im Steuerrecht

In Deutschland unterliegen Religionsangehörige bestimmter Kirchen der Kirchensteuerpflicht. Die Zugehörigkeit zu einer steuerberechtigten Religionsgemeinschaft wird regelmäßig über die Angabe des religiösen Bekenntnisses beim Einwohnermeldeamt bestimmt. Ein Austritt muss dem Standesamt offiziell angezeigt werden. Die Erhebung und Abführung der Kirchensteuer ist verfassungsmäßig abgesichert (Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 6 WRV).

Datenschutz und Schutz des religiösen Bekenntnisses

Das religiöse Bekenntnis gilt nach Art. 9 DSGVO als besonders schützenswertes personenbezogenes Datum. Eine Verarbeitung ist grundsätzlich untersagt, es sei denn, die betroffene Person hat ausdrücklich eingewilligt oder es besteht eine gesetzliche Erlaubnis (z. B. im Meldewesen, Steuerrecht oder zur Wahrung von Rechten der Religionsgemeinschaft).

Zusammenfassung

Das religiöse Bekenntnis ist in Deutschland rechtsstaatlich umfassend geschützt. Es betrifft den Einzelnen in seiner Privatsphäre ebenso wie öffentliche Einrichtungen, das Arbeitsleben und das Schulwesen. Die Anerkennung und der Schutz des religiösen Bekenntnisses gelten als Grundpfeiler einer pluralistischen Gesellschaft und einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Einschränkungen bedürfen stets einer engen rechtlichen Rechtfertigung im Kontext der Verfassung und internationaler Menschenrechtverträglichkeit.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Bestimmungen regeln das religiöse Bekenntnis in Deutschland?

Das religiöse Bekenntnis wird in Deutschland vor allem durch das Grundgesetz geschützt. Artikel 4 Absatz 1 und 2 GG garantiert die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit, das heißt das Recht, eine Religion oder Weltanschauung frei zu wählen, zu wechseln oder keiner religiösen Gemeinschaft anzugehören. Ergänzend dazu verbietet Artikel 3 Absatz 3 GG eine Benachteiligung oder Bevorzugung wegen des Glaubens oder der religiösen Anschauungen. Speziell für das Schulwesen regelt Artikel 7 GG den Religionsunterricht, und das Recht auf religiöses Bekenntnis spielt auch im Staatskirchenrecht (z.B. bei Körperschaften des öffentlichen Rechts) eine Rolle. Zudem finden sich wichtige Bestimmungen im Personenstandsrecht und im Datenschutzrecht (etwa zum Schutz religiöser Daten nach Art. 9 DSGVO). Insgesamt ist das religiöse Bekenntnis umfassend gegen staatliche Eingriffe und gesellschaftliche Benachteiligung abgesichert.

Können staatliche Institutionen das religiöse Bekenntnis ihrer Beschäftigten oder Bürger erfassen oder verlangen?

Staatliche Institutionen dürfen das religiöse Bekenntnis grundsätzlich nur erfassen, wenn hierfür eine gesetzliche Grundlage besteht und ein berechtigtes Interesse vorliegt. Dies ist beispielsweise bei der Erhebung der Kirchensteuer durch die Finanzbehörden der Fall. Auch im öffentlichen Dienst kann das Bekenntnis relevant sein, etwa bei der Beschäftigung in bestimmten Schulen oder für spezifische Funktionen innerhalb religiöser Körperschaften des öffentlichen Rechts. Nach dem Datenschutzrecht gilt das religiöse Bekenntnis als besonders schützenswertes personenbezogenes Datum (Art. 9 DSGVO), weshalb eine Erhebung, Verarbeitung oder Weitergabe grundsätzlich verboten ist, es sei denn, die betroffene Person stimmt ausdrücklich zu oder es liegt eine ausdrückliche gesetzliche Erlaubnis vor. In Bewerbungsverfahren außerhalb des kirchlichen Arbeitsrechts darf grundsätzlich nicht nach dem religiösen Bekenntnis gefragt oder dieses berücksichtigt werden.

Welche Bedeutung hat das religiöse Bekenntnis im Arbeitsrecht?

Im deutschen Arbeitsrecht ist das religiöse Bekenntnis grundsätzlich privat und darf keine Rolle spielen, mit Ausnahme von sogenannten Tendenzbetrieben, insbesondere den Kirchen und deren Einrichtungen. Nach § 9 Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) dürfen diese in gewissem Umfang die Religionszugehörigkeit als Einstellungskriterium verwenden, etwa bei der Besetzung religiös geprägter Positionen. Allerdings wird diese Ausnahme seit mehreren Urteilen des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts restriktiver ausgelegt: Die Kirchen müssen konkret begründen, warum ausnahmsweise das Bekenntnis für die Tätigkeit wesentlich ist. In allen anderen Unternehmen besteht ein Diskriminierungsverbot wegen der Religion, das heißt: Eine Benachteiligung im Bewerbungsprozess oder am Arbeitsplatz wegen des religiösen Bekenntnisses ist unzulässig.

Wie ist das religiöse Bekenntnis im Schul- und Bildungsrecht geregelt?

Im Schulrecht ist das Bekenntnis insbesondere relevant beim Religionsunterricht, der nach Art. 7 GG ein ordentliches Lehrfach an den öffentlichen Schulen ist, aber auf Wunsch der Eltern oder der volljährigen Schüler abgewählt werden kann. Weiterhin gibt es in einigen Bundesländern bekenntnisgebundene Schulen (z. B. katholische oder evangelische Grundschulen), in denen das religiöse Bekenntnis bei der Aufnahmeentscheidung eine Rolle spielen kann. Der Besuch solcher Schulen ist jedoch freiwillig. Zudem haben Schüler grundsätzlich das Recht, sich im Schulalltag zu ihrem Bekenntnis zu bekennen, religiöse Symbole zu tragen oder an religiösen Feiern teilzunehmen, soweit der Schulfrieden nicht gestört wird. Die Schulen sind zur Neutralität verpflichtet und dürfen keine bestimmte Religion bevorzugen oder benachteiligen.

Werden religiöse Bekenntnisse im Personenstandsrecht und Meldewesen erfasst?

Das Personenstandsrecht sieht grundsätzlich keine Pflicht zur Angabe des religiösen Bekenntnisses in Geburtsurkunden, Eheurkunden oder Sterbeurkunden vor. Lediglich das Melderecht (§ 3 Abs. 1 Bundesmeldegesetz – BMG) sieht eine fakultative Erfassung des Bekenntnisses vor, insbesondere zum Zweck der Kirchensteuererhebung. Bürger können ihr Bekenntnis angeben, sind dazu jedoch nicht verpflichtet. Für den Wechsel oder Austritt aus einer Religionsgemeinschaft gibt es standardisierte Verfahren, die in den Meldebehörden der Kommunen durchgeführt werden. Die Daten über das religiöse Bekenntnis unterliegen einem besonders strengen Datenschutz.

Welche Bedeutung hat das religiöse Bekenntnis im Steuerrecht?

Das religiöse Bekenntnis wird für die Erhebung der Kirchensteuer relevant, die von den Finanzämtern für die anerkannten Religionsgemeinschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts eingezogen wird. Wer einer solchen Gemeinschaft angehört, ist verpflichtet, Kirchensteuer zu zahlen, es sei denn, er oder sie tritt formell aus der jeweiligen Kirche mit entsprechender Erklärung bei der zuständigen Stelle (meist Standesamt oder Einwohnermeldeamt) aus. Die Zugehörigkeit wird im Melderegister vermerkt und dem Finanzamt zur Erhebung der Steuer gemeldet. Eine Verpflichtung zur Bekanntgabe des religiösen Bekenntnisses besteht ausschließlich für den Steuerzweck, ansonsten gilt der Grundsatz der Vertraulichkeit.

Inwieweit ist ein Wechsel oder Austritt aus einer Religionsgemeinschaft rechtlich geregelt?

Der Übertritt in eine andere Religionsgemeinschaft oder der vollzogene Austritt sind in Deutschland rechtlich abgesichert. Die Austrittserklärung muss persönlich vor einer zuständigen Behörde (meist das Standesamt oder Ratshaus) erfolgen. Nach der Austrittserklärung wird der Status im Melderegister geändert und etwaige Rechte und Pflichten, insbesondere in Bezug auf die Kirchensteuer, entfallen ab dem Zeitpunkt der Wirksamkeit des Austritts. Der Übertritt in eine andere Religionsgemeinschaft erfolgt in der Regel nach den innerkirchlichen Regelungen, wobei der Staat lediglich das Melderegister entsprechend aktualisiert. Diskriminierungen oder Benachteiligungen wegen eines Wechsels oder Austritts sind gesetzlich verboten.