Legal Lexikon

Beischlaf


Begriff und rechtliche Definition des Beischlafs

Der Begriff Beischlaf ist ein zentrales Rechtsinstitut im deutschen Strafrecht sowie im Zivilrecht und bezeichnet im juristischen Kontext typischerweise den vaginalen, genital-genitalen Geschlechtsverkehr zwischen zwei Personen. Während der Terminus „Beischlaf“ in der Alltagssprache immer seltener verwendet wird und zunehmend durch neutralere Formulierungen wie „Geschlechtsverkehr“ ersetzt wird, besitzt er im Recht weiterhin eine fest umrissene, für bestimmte Straftatbestände und Rechtsfolgen maßgebliche Bedeutung.

Der folgende Artikel erläutert umfassend die verschiedenen rechtlichen Aspekte des Beischlafs, grenzt den Begriff gegenüber verwandten Sexualhandlungen ab und beleuchtet die maßgeblichen juristischen Kontexte, in denen der Beischlaf eine Rolle spielt.


Inhaltliche Bedeutung im Strafrecht

Abgrenzung zu anderen sexuellen Handlungen

Im Strafrecht ist die präzise Definition des Beischlafs essenziell, da verschiedene Delikte spezifisch auf diesen Tatbestand abstellen. Bereits die älteren Fassungen der §§ 177 ff. Strafgesetzbuch (StGB) differenzierten zwischen dem „Beischlaf“ und anderen sexuellen Handlungen. Nach traditioneller juristischer Auslegung liegt Beischlaf nur dann vor, wenn es zum Eindringen des männlichen Gliedes in die weibliche Scheide kommt. Ein Orgasmus oder Samenerguss ist nicht erforderlich, Gelingen eines vollständigen Geschlechtsakts ebenfalls nicht – der Versuch des Eindringens kann genügen.

Mit Reformen im Sexualstrafrecht, insbesondere seit der Neufassung im Jahr 2016, tritt der Begriff im Gesetzestext zunehmend zugunsten weiter gefasster Begriffe wie der „sexuellen Handlung“ in den Hintergrund, bleibt jedoch bei der Auslegung vergangener Tatbestände relevant.

Tatbestände im Strafgesetzbuch

In folgenden Delikten kommt dem Beischlaf besondere Bedeutung zu:

  • Vergewaltigung (§ 177 StGB alt): Nach früherem Recht war explizit vom Beischlaf die Rede, wodurch beispielsweise orale oder anale Kontakte ausgeklammert waren; diese galten lediglich als „sexuelle Handlungen anderer Art“. Durch die Reform des Sexualstrafrechts wurde die Fokussierung auf den Beischlaf im Gesetzestext aufgehoben, das Schutzniveau erweitert sich auf sämtliche relevante sexuelle Handlungen.
  • Sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen (§ 174 StGB): Auch hierbei war die frühere Differenzierung zwischen Beischlaf und anderen Handlungen vor 1998 relevant.
  • Sexueller Missbrauch von Kindern (§ 176 StGB): Die Strafzumessung unterscheidet zwischen Qualifikationstatbeständen, bei denen der Beischlaf (als sogenannte „Beischlafhandlung“ oder „Beischlafvollzug“) eine erhebliche Strafschärfung begründet.
  • Schwere sexuelle Nötigung und Missbrauch (§ 177, § 178 StGB): Hier wird bei Missbrauchstatbeständen mit „Beischlaf“ ein besonders schwerwiegendes Unrecht gewichtet, das häufig zu einer höheren Mindeststrafe führt.

Strafmaß und Rechtsfolgen

Wird Beischlaf unter den entsprechenden Tatbeständen verwirklicht, resultiert regelmäßig eine Strafschärfung, häufig mit einer Mindeststrafe oder höheren Strafobergrenze. Beispielhaft ist die Regelung in § 176b Abs. 1 StGB (Qualifizierungstatbestand im Falle des Beischlafs mit Kindern), bei der das Strafmaß mindestens zwei Jahre Freiheitsstrafe vorsieht.


Zivilrechtliche Bedeutung des Beischlafs

Beischlaf in Ehe und Partnerschaft

Im Familienrecht spielt der Beischlaf im Zusammenhang mit ehelichen Pflichten und dem Nachweis der Vaterschaft eine Rolle. Während das „Recht auf Beischlaf“ als Teil der ehelichen Verpflichtung im modernen Recht nicht mehr als einklagbare Pflicht gilt, wurden entsprechende Tatbestände historisch diskutiert. Von rechtlicher Relevanz ist der Beischlaf jedoch weiterhin für folgende Bereiche:

  • Feststellung der Vaterschaft: Besteht die rechtliche Vermutung der Vaterschaft des Ehemanns, wenn während der Ehezeit Beischlaf nach den Umständen des Einzelfalls wahrscheinlich ist.
  • Annullierung und Nichtigerklärung der Ehe: In seltenen Fallkonstellationen kann das vollständige Fehlen des ehelichen Beischlafs einen Anfechtungsgrund darstellen, insbesondere bei „Ehen im Irrtum“ über die Geschlechtsidentität oder Impotenz (vgl. § 1314 BGB).

Medizinrecht, Sozialrecht und weitere Kontexte

Medizinrechtliche Fragestellungen

Der Beischlaf kann im Zusammenhang mit medizinrechtlichen Fragestellungen bedeutend sein, unter anderem bei Aufklärungspflichten zu Verhütungsmethoden oder im Rahmen von Schadensersatzprozessen nach Fehlinformationen über Schwangerschaftsrisiken.

Versicherungsrechtliche Aspekte

Im Versicherungsrecht haben Handlungen im Zusammenhang mit Beischlaf Bedeutung, bspw. bei Schadensereignissen im privaten Bereich, wenn Gesundheitsfolgen, z. B. bei Infektionsübertragungen, versicherungsrelevant werden.


Rechtsprechung zum Beischlaf

Maßgebliche Leitentscheidungen

Die Auslegung des Begriffs Beischlaf und seiner strafrechtlichen Relevanz war wiederholt Gegenstand höchstrichterlicher Rechtsprechung:

  • Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in verschiedenen Urteilen präzisiert, dass bereits das Eindringen des männlichen Gliedes in die Scheide, gleich welchen Grades oder Dauer, als Beischlaf zu werten ist (BGHSt 6, 229).
  • Auch ein nur versuchtes Eindringen kann – je nach Einzelfall – als (versuchter) Beischlaf genügen (BGH NStZ 1994, 507).
  • Andere Handlungen, insbesondere oral-genitale oder anal-genitale Kontakte, wurden – trotz sexueller Konnotation – traditionell nicht unter den Begriff des Beischlafs subsumiert, wohl aber als „sexuelle Handlung von vergleichbarer Intensität“.

Entwicklung der Rechtsprechung

Mit dem Wandel des Sexualstrafrechts und der Ausdehnung auf sämtliche sexuelle Handlungen kommt dem spezifischen Begriff Beischlaf heute vor allem bei der Auslegung und Anwendung von Altvorschriften sowie bei der Verjährung von Straftaten Bedeutung zu.


Begriffsgeschichte und internationale Vergleiche

Entwicklung im deutschen Recht

Der Begriff stammt aus älteren Rechtsordnungen und war viele Jahre fest im deutschen Straf- und Zivilrecht verankert. Seine Bedeutung wurde durch die gesellschaftlichen und rechtlichen Wandlungen im Sexualstrafrecht zunehmend relativiert und ist in den heutigen Gesetzestexten fast vollständig durch geschlechtsneutrale und umfassendere Begriffe ersetzt.

Vergleich mit dem Ausland

Im internationalen Rechtsvergleich (beispielsweise im österreichischen oder schweizerischen Recht) werden gleichfalls Unterschiede zwischen dem traditionellen Beischlaf und anderen sexuellen Handlungen gezogen, oftmals mit anderen Abgrenzungskriterien und Strafzumessungen.


Zusammenfassung und Bedeutung in der heutigen Rechtspraxis

Der Begriff Beischlaf besitzt im deutschen Recht historisch und gegenwärtig eine vielschichtige Bedeutung. Während im aktuellen Recht die Tendenz zu weiter gefassten, geschlechtsneutralen Termini überwogen hat, bleibt die präzise Abgrenzung des Beischlafs relevant für die Auslegung älterer Normen, die Strafzumessung, Verjährungsfragen und die Rechtsprechung im Familien- sowie Strafrecht. In allen Kontexten ist der Beischlaf als Rechtsbegriff eng definiert und von anderen sexuellen Handlungen abzugrenzen, was regelmäßig Auslegung und Rechtsprechung erforderlich macht.


Häufig gestellte Fragen

Welche gesetzlichen Regelungen gelten für einvernehmlichen Beischlaf zwischen Erwachsenen?

Einvernehmlicher Beischlaf zwischen Erwachsenen ist in Deutschland grundsätzlich erlaubt, sofern beide Personen volljährig sind und ausdrücklich oder stillschweigend ihr Einverständnis erklärt haben. Das deutsche Strafrecht stellt insbesondere durch § 177 StGB sicher, dass sexueller Kontakt nur mit wirksamer Einwilligung rechtmäßig ist. Ohne Einwilligung liegt eine strafbare Handlung – typischerweise in Form sexueller Nötigung oder Vergewaltigung – vor. Es existieren zudem Sonderregelungen zum Schutz besonders schutzbedürftiger Personen, etwa bei Heiminsassen oder Patienten (§ 174c, § 174b StGB). Die Privatautonomie erstreckt sich dabei auch auf das Sexualleben zwischen Erwachsenen, solange keine anderen Normen, wie z.B. das Verbot bestimmter Praktiken wie Gewaltpornografie, verletzt werden.

Wann ist Beischlaf aufgrund fehlender Geschäftsfähigkeit oder Einwilligungsfähigkeit strafbar?

Beischlaf wird strafbar, wenn eine der beteiligten Personen nicht einwilligungsfähig ist. Die Einwilligungsfähigkeit setzt voraus, dass die Person die Bedeutung und Tragweite der Handlung erkennen und selbstbestimmt handeln kann. Wer beispielsweise aufgrund dauerhafter geistiger Einschränkung, vorübergehenden Rauschzustands oder im Zustand der Bewusstlosigkeit ist, kann nach deutschem Recht keine gültige Einwilligung erteilen (§ 177 Abs. 2 Nr. 1 StGB). Sexuelle Handlungen in solchen Situationen erfüllen regelmäßig den Tatbestand einer Sexualstraftat, wobei der Gesetzgeber besonderen Wert auf den Schutz schutzloser oder eingeschränkter Personen legt.

Welche Altersgrenzen müssen beim Beischlaf beachtet werden?

Das Schutzalter im deutschen Sexualstrafrecht ist gesetzlich geregelt. Nach § 182 StGB ist Beischlaf mit Personen unter 14 Jahren grundsätzlich immer strafbar (sexueller Missbrauch von Kindern, § 176 StGB). Zwischen 14 und 16 Jahren ist der Beischlaf zwar nicht generell verboten, jedoch strafbar, wenn ein Abhängigkeitsverhältnis oder Ausnutzungsverhältnisse bestehen oder Erwachsenen eine Person unter 16 gegen Entgelt zu sexuellen Handlungen verleitet. Ab 16 dürfen Personen grundsätzlich mit anderen Erwachsenen Geschlechtsverkehr haben, sofern kein Abhängigkeitsverhältnis besteht. Der Schutz Jugendlicher wird durch weitere Normen, etwa gegen sexuelle Ausbeutung oder Missbrauch von Schutzbefohlenen, ergänzt.

Welche Rechtsfolgen drohen beim nicht einvernehmlichen Beischlaf?

Nicht einvernehmlicher Beischlaf stellt in Deutschland eine Straftat dar, die insbesondere als Vergewaltigung oder sexuelle Nötigung (§ 177 StGB) verfolgt wird. Die strafrechtlichen Konsequenzen reichen von mehrjährigen Freiheitsstrafen bis zu einer möglichen Sicherungsverwahrung bei schweren Fällen. Zusätzlich drohen dem Täter zivilrechtliche Schadensersatz- und Schmerzensgeldforderungen sowie nebenstrafrechtliche Konsequenzen, z. B. das Verbot bestimmter beruflicher Tätigkeiten, Aufenthalts- und Kontaktverbote sowie die Aufnahme ins Sexualstraftäter-Register (Führungszeugnis).

Ist die Ehe ein besonderer rechtlicher Kontext beim Beischlaf?

Bis zur Reform des Sexualstrafrechts im Jahr 1997 war der Beischlaf in der Ehe ein Sonderfall, der als „Eheliche Pflicht“ bewertet wurde und strafrechtlich anders behandelt wurde. Heute gilt der Grundsatz: Auch in der Ehe muss jede sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgen. Vergewaltigung in der Ehe ist ebenso strafbar wie außerhalb einer Ehe; es gibt keinerlei Sonderrechte oder Ausnahmen mehr (§ 177 StGB). Das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung steht auch Ehepartnern uneingeschränkt zu, sodass Zwang oder Druck immer einen Straftatbestand begründen kann.

Wie regelt das Gesetz den Beischlaf in Abhängigkeits- oder Betreuungsverhältnissen?

Das Strafrecht stellt sexuelle Handlungen zwischen Erwachsenen dann unter Strafe, wenn ein Abhängigkeitsverhältnis besteht (§ 174 StGB: sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen). Dazu gehören u. a. Pflege-, Ausbildungs- oder Betreuungsverhältnisse, in denen eine besondere Vertrauens- oder Autoritätsstellung ausgenutzt wird. Der Gesetzgeber betrachtet solche Konstellationen als besonders brisant, weil die Einwilligung des Schutzbefohlenen durch den bestehenden Machtunterschied möglicherweise nicht frei erfolgt. Betroffene Täter müssen mit erheblichen strafrechtlichen Folgen rechnen, auch wenn formal eine Einwilligung vorlag.

Gibt es rechtliche Implikationen für Beischlaf im Zusammenhang mit Prostitution?

Beischlaf im Zusammenhang mit Prostitution ist in Deutschland legal, sofern beide Parteien volljährig und die Prostitution freiwillig erfolgt (§ 1 ProstSchG). Das Prostituiertenschutzgesetz regelt u.a. Gesundheitsvorsorge, Anmeldung und Vertragsaspekte. Illegal, und damit strafbar, ist hingegen die Förderung der Prostitution Minderjähriger (§ 180a StGB) oder der Menschenhandel zum Zwecke sexueller Ausbeutung (§ 232 StGB). Ebenso verboten ist jegliche Form von Zwangsprostitution. Kunden treffen zudem Mitwirkungspflichten, etwa hinsichtlich der Alters- und Einwilligungsprüfung der Prostituierten.