Begriff und Stellung des Beigeordneten im deutschen Kommunalrecht
Der Begriff Beigeordneter bezeichnet in Deutschland ein kommunales Wahlbeamtenamt und ist zentraler Bestandteil des Organigramms der Städte, Gemeinden und Landkreise. Die genaue rechtliche Ausgestaltung, Funktion sowie Wahl- und Amtsmodalitäten der Beigeordneten sind im Wesentlichen in den Kommunalverfassungen (Gemeindeordnungen, Kreisordnungen) der deutschen Länder geregelt. Der Beigeordnete fungiert als unterstützendes Verwaltungsorgan der kommunalen Leitung, insbesondere in Städten und Kreisen mit sogenannter Hauptsatzung.
Rechtsgrundlagen
Kommunale Verfassungen der Länder
Die Normen zu Bestellung, Aufgaben und Rechten der Beigeordneten sind in den jeweiligen Gemeinde- und Kreisordnungen der Bundesländer niedergelegt (z. B. §§ 71 ff. GO NRW, Art. 39 ff. BayGO, §§ 49 ff. KVG BW, § 53 LKO NRW). Überdies werden Detailregelungen in den kommunalen Hauptsatzungen getroffen. Einheitliche bundesgesetzliche Grundlagen bestehen somit nicht, vielmehr dominieren länderspezifische Ausgestaltungen.
Hauptsatzung und Organisation
Kommunen mit mehrschichtiger Verwaltung, insbesondere kreisfreie Städte und größere Landkreise, regeln in ihrer Hauptsatzung die Zahl, Zuständigkeiten, Amtsbezeichnungen sowie Auswahlverfahren der Beigeordneten, deren Bestellung weitgehend auf die kommunale Selbstverwaltung zurückgeht. Die Hauptsatzung legt fest, für welche Dezernate oder Ämter die Beigeordneten zuständig sind.
Rechtsstellung und Aufgaben
Funktion innerhalb der Kommune
Der Beigeordnete ist Beamtin oder Beamter auf Zeit, mit eigener Leitungsverantwortung für abgegrenzte Verwaltungsbereiche (Dezernate), beispielsweise Bau, Soziales, Finanzen, Bildung oder Ordnung. Er ist ständiger Vertreter des Oberbürgermeisters, Bürgermeisters oder Landrats in seinem Zuständigkeitsbereich. Beigeordnete gehören regelmäßig dem Verwaltungsvorstand (Vorstand der Stadtverwaltung) an. In kreisfreien Städten und Landkreisen wird dem Beigeordneten oft die eigenverantwortliche Führung von Geschäftsbereichen übertragen.
Rechtsstellung als Wahlbeamter
Beigeordnete sind keine politischen Beamten im engeren Sinne, sondern auf Zeit gewählte kommunale Beamte mit besonderen Aufgaben. Ihre Rechtsstellung ist im Beamtenrecht verankert. Sie werden entweder hauptamtlich oder, vor allem in kleineren Kommunen, ehrenamtlich berufen.
Vertretungsregelung
In der Regel ist der Erste Beigeordnete ständiger allgemeiner Vertreter des Bürgermeisters oder Oberbürgermeisters/Landrats. Weitere Beigeordnete können als Vertreter weiterer Dezernate fungieren. Einzelheiten zur Vertretung ergeben sich aus der jeweiligen Hauptsatzung sowie den Organregelungen der Gemeinde.
Wahl, Amtszeit und Abberufung
Wahlverfahren
Die Wahl der Beigeordneten erfolgt durch den zuständigen kommunalen Vertretungskörper (Rat, Kreistag) in öffentlicher Sitzung. Die Verfahren sind in den Gemeindeordnungen normiert und oft mehrstufig: Nach der Ausschreibung und ggf. einer Vorauswahl wird der Beigeordnete mit absoluter Mehrheit der Gremiumsmitglieder in geheimer Wahl bestimmt. Die gewählten Personen müssen die für das Amt erforderlichen Qualifikationen und Voraussetzungen erfüllen.
Amtszeit
Die Amtszeit beträgt je nach bundesland-spezifischer Regelung in der Regel acht Jahre. Eine Wiederwahl ist zulässig; die Anzahl der Amtszeiten ist oft nicht begrenzt. In bestimmten Fällen sieht das kommunale Recht Sonderregelungen (z. B. Altersgrenzen) vor.
Abberufung und vorzeitige Beendigung
Für die vorzeitige Beendigung des Amtes (z. B. durch Abwahl, Amtsniederlegung oder Eintritt in den Ruhestand) sind gesetzliche Regelungen vorgesehen. Eine Abwahl bedarf regelmäßig qualifizierter Mehrheiten im Rat oder Kreistag und kann nur aus wichtigem Grund erfolgen. Die Rechtsfolgen ergeben sich aus beamtenrechtlichen Vorschriften und den jeweiligen Gemeindeordnungen.
Rechte, Pflichten und Verantwortlichkeiten
Leitungs- und Weisungsbefugnisse
Beigeordnete haben innerhalb ihres Dezernats unmittelbare Leitungsbefugnis und sind Vorgesetzte der ihnen unterstellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Gegenüber dem Hauptverwaltungsbeamten (z. B. Bürgermeister) besteht dabei eine fachliche und dienstliche Unterordnung; gleichwohl haben sie eigenverantwortliche Aufgabenbereiche.
Teilnahme an politischen Gremien
Beigeordnete nehmen – je nach landesrechtlicher Ausgestaltung – beratend oder mit Stimmrecht an Sitzungen des Rates bzw. Kreistags und dessen Ausschüssen teil. Sie sind verpflichtet, den Gremien Auskünfte über ihren Aufgabenbereich zu geben.
Dienstverhältnis und Besoldung
Das Amt des Beigeordneten ist mit der Übertragung eines kommunalen Wahlbeamtenverhältnisses auf Zeit verbunden. Die Besoldung erfolgt nach den einschlägigen beamtenrechtlichen Vorschriften und richtet sich – abhängig von Amtsgröße, Einwohnerzahl und Landesrecht – regelmäßig nach den Besoldungsgruppen für leitende Verwaltungsbeamte (in der Regel Besoldungsordnung B).
Beigeordnete im Vergleich zu anderen kommunalen Ämtern
Abgrenzung zu Ehrenbeamten und ehrenamtlichen Beigeordneten
In kleinen Gemeinden gibt es oftmals ehrenamtliche Beigeordnete (Nebenamt), die deutlich geringere Befugnisse besitzen und meist nur vertreten, falls der Bürgermeister verhindert ist. Hauptamtliche Beigeordnete leiten eigene Dezernate und sind ausgeprägt in das Verwaltungshandeln eingebunden.
Unterschied zum Stadtdirektor und Dezernenten
Der Stadtdirektor (in einigen Ländern, z. B. NRW, früher bekannt) wurde von den Beigeordneten abgelöst. Dezernenten als Leitung von Fachbereichen sind, je nach Landesrecht, mit dem Amt des Beigeordneten rechtlich identisch oder untergeordnet. Die Bezeichnung kann daher synonym oder abgegrenzt verwendet werden.
Übersicht über die Bedeutung und Entwicklung
Die Institution des Beigeordneten beruht auf der Gemeindeordnung Preußens von 1856 und hat sich seither in den Kommunalverfassungen weiterentwickelt. Die Rolle und Anzahl der Beigeordneten spiegelt die organisatorischen Anforderungen moderner Kommunalverwaltungen wider, da sie die Verwaltungsführung teilen und dezentralisieren.
Literatur und Rechtsprechung
Wichtige Literaturstellen finden sich in einschlägigen Kommentaren zu den Gemeindeordnungen der Länder, kommunalrechtlichen Handbüchern sowie Beschlüssen der Landesverwaltungsgerichte, die die Rechte und Pflichten von Beigeordneten betreffen.
Fazit
Der Beigeordnete ist ein zentrales Organ der kommunalen Verwaltung in Deutschland mit spezifisch festgelegtem Status, Aufgabenprofil und Rechten. Seine rechtliche Stellung ist im Wesentlichen landesrechtlich geprägt und differenziert ausgestaltet. Beigeordnete tragen wesentlich zur Wahrnehmung der verwaltungsorganisatorischen und repräsentativen Führung innerhalb der Kommunen bei und sichern die Arbeitsteilung sowie Effizienz der Kommunalverwaltung.
Häufig gestellte Fragen
Wie erfolgt die Wahl oder Bestellung eines Beigeordneten im rechtlichen Kontext?
Die Wahl oder Bestellung eines Beigeordneten richtet sich nach den einschlägigen kommunalrechtlichen Vorschriften des jeweiligen Bundeslandes, da das Kommunalrecht in Deutschland Landesrecht ist. In der Regel erfolgt die Wahl durch den Rat der jeweiligen Gemeinde oder Stadt in öffentlicher Sitzung. Die Anzahl der Beigeordneten, das Wahlverfahren, die Voraussetzungen und etwaige Beteiligungsrechte regelt die jeweilige Gemeindeordnung oder Hauptsatzung. Meist wird ein Beigeordneter für eine bestimmte Amtszeit gewählt, die in der Regel sechs bis acht Jahre beträgt. Die Wahl ist regelmäßig geheim, es sei denn, das jeweilige Landesrecht sieht ausdrücklich anderes vor. Zur Wahl ist häufig eine qualifizierte Mehrheit erforderlich. Darüber hinaus bestehen besondere Regelungen bezüglich der Wählbarkeit, beispielsweise hinsichtlich der persönlichen Eignung oder bestehenden Amtsverhältnissen. Nach erfolgreicher Wahl erfolgt die Bestellung durch Aushändigung der Ernennungsurkunde, oftmals verbunden mit einer Vereidigung.
Welche rechtlichen Befugnisse und Aufgaben hat ein Beigeordneter?
Die rechtlichen Befugnisse und Aufgaben eines Beigeordneten sind im Wesentlichen durch die Gemeindeordnung sowie die Hauptsatzung der Kommune bestimmt. Beigeordnete sind häufig hauptamtliche Mitglieder des Verwaltungsvorstandes und nehmen Aufgaben in eigener Zuständigkeit oder im Auftrag des Bürgermeisters wahr. Ihnen werden regelmäßig bestimmte Geschäftsbereiche (bspw. Finanzen, Bauwesen, Sozialwesen) zugewiesen, für die sie die Verantwortung tragen. Rechtlich sind sie zur rechtskonformen Umsetzung von Ratsbeschlüssen und zur eigenverantwortlichen Leitung ihres Dezernats verpflichtet. Sie vertreten die Verwaltung gegenüber dem Rat und erstatten regelmäßig Bericht. Die Aufgabenverteilung und Entscheidungsbefugnisse sind im Verwaltungsvorstand oder durch Geschäftsverteilungspläne geregelt.
Gibt es rechtliche Einschränkungen oder Voraussetzungen für die Wiederwahl eines Beigeordneten?
Ja, die Wiederwahl eines Beigeordneten ist rechtlich zulässig, sofern keine spezifizierten Ausschlussgründe bestehen, jedoch bestehen in einigen Landesgesetzen und Hauptsatzungen besondere Voraussetzungen. In vielen Bundesländern ist eine Wiederwahl vor Ablauf der regulären Amtszeit nicht möglich, außer es treten besondere Gründe (wie etwa ein Rücktritt) ein. Zudem kann eine Höchstzahl an Amtszeiten vorgeschrieben sein oder eine Altersgrenze für die erneute Bestellung existieren, deren Überschreiten eine Wiederwahl ausschließt. Ferner kann der Kommunalrat durch seine Hauptsatzung weitere Einschränkungen für eine Wiederwahl festlegen. Dies dient der Wahrung der Neutralität und Vermeidung von Abhängigkeitsverhältnissen im Verwaltungsapparat.
Welche rechtlichen Grundlagen regeln die Abberufung eines Beigeordneten?
Die Abberufung eines Beigeordneten ist gesetzlich geregelt, insbesondere in der jeweiligen Gemeindeordnung. Hierbei sind die Gründe für eine vorzeitige Abberufung (z. B. grobe Pflichtverletzung, dauernde Dienstunfähigkeit) und das Verfahren detailliert festgelegt. In der Regel ist für eine Abwahl eine qualifizierte Mehrheit im Rat erforderlich, häufig eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Zudem muss dem Beigeordneten rechtliches Gehör gewährt werden, da es sich bei der Abberufung um einen belastenden Verwaltungsakt handelt. Ein Abberufungsverfahren ist zudem an strenge formale und materielle Voraussetzungen gebunden, um Willkür zu verhindern. Die Rechtsfolgen einer Abberufung, wie zum Beispiel Ansprüche auf Versorgungsbezüge, richten sich ebenfalls nach den einschlägigen beamtenrechtlichen oder tarifrechtlichen Vorschriften.
Welche haftungsrechtlichen Konsequenzen können Beigeordnete bei Amtsfehlern treffen?
Beigeordnete unterliegen wie andere Amtsträger einer besonderen Haftung im Rahmen ihrer Amtspflichten. Gemäß den kommunalrechtlichen und beamtenrechtlichen Grundlagen haften sie grundsätzlich nicht unmittelbar gegenüber Dritten, sondern ist primär die Kommune verpflichtet, für Amtsfehler (Amtshaftung) einzustehen. Allerdings kann die Kommune im Fall grober Fahrlässigkeit oder Vorsatzes Rückgriff beim Beigeordneten nehmen (§ 48 BeamtStG oder gleichlautende Regelungen der Landesbeamtengesetze). Im Falle strafrechtlicher relevanter Amtspflichtverletzungen, wie z. B. Untreue oder Bestechlichkeit, sind zudem strafrechtliche Konsequenzen möglich. Beigeordnete können im Rahmen ihrer Aufgaben Weisungen erhalten, die Befolgung oder Ablehnung solcher Weisungen kann ebenfalls haftungsrechtlich relevant sein.
Inwieweit besteht eine Verschwiegenheitspflicht für Beigeordnete im rechtlichen Sinn?
Beigeordnete unterliegen kraft Gesetzes einer umfassenden Verschwiegenheitspflicht bezüglich aller ihnen in Ausübung ihres Amtes bekannt gewordenen Angelegenheiten (§ 37 BeamtStG bzw. entsprechende Regelungen der Landesgesetze). Die Verschwiegenheitspflicht betrifft insbesondere personenbezogene Daten, geschützte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sowie sämtliche nicht-öffentliche Vorgänge in Rat, Verwaltung oder Gremien. Die Pflicht besteht auch nach Ablauf der Amtszeit weiter fort. Eine Entbindung hiervon kann nur durch eine ausdrückliche gesetzliche Erlaubnis oder ggf. auf Antrag durch die zuständige Behörde erfolgen. Im Fall unberechtigter Offenbarung drohen dienstrechtliche, zivilrechtliche und gegebenenfalls auch strafrechtliche Konsequenzen.