Begriff und Grundlagen der Begünstigung
Die Begünstigung ist ein Begriff des deutschen Rechts, der verschiedene Bedeutungen und Anwendungsbereiche aufweist. Im engeren Sinne beschreibt die Begünstigung das gezielte Verschaffen eines Vorteils für eine Person durch einen Dritten, wobei sich die rechtliche Betrachtung je nach Kontext unterscheidet. Besonders im Strafrecht, aber auch im Zivilrecht und Steuerrecht, spielt die Begünstigung eine bedeutsame Rolle. Sie ist zudem eng mit verwandten Begriffen wie Vorteil, Unterstützung und Förderung verknüpft.
Begünstigung im strafrechtlichen Kontext
Gesetzliche Grundlage
Im deutschen Strafrecht ist die Begünstigung als Straftatbestand in § 257 Strafgesetzbuch (StGB) geregelt. Der Tatbestand schützt die staatliche Strafrechtspflege und richtet sich gegen Handlungen, die darauf abzielen, einen anderen nach der Begehung einer rechtswidrigen Tat dabei zu unterstützen, den Vorteil aus dieser rechtswidrigen Tat zu sichern oder die Strafverfolgung zu erschweren.
Wortlaut des § 257 StGB:
Wer einen anderen, der eine rechtswidrige Tat begangen hat, nach der Tat begünstigt, indem er ihm hilft, den aus der Tat erlangten Vorteil zu sichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Objektive Tatbestandsmerkmale
Der objektive Tatbestand der Begünstigung setzt voraus, dass
- eine andere Person eine rechtswidrige Tat im Vorfeld begangen hat (Vortat),
- der Täter nach der Vortat eine Handlung vornimmt,
- diese Handlung darauf gerichtet ist, die Vorteile aus der Vortat zu sichern.
Hierbei ist zu beachten, dass ausschließlich nach der Tat unterstützende Handlungen von § 257 StGB erfasst werden. Unterstützung während der Tatausführung fällt dagegen unter Beihilfe (§ 27 StGB).
Tathandlungen
Typische Tathandlungen im Sinne der Begünstigung umfassen das Verbergen von Tatbeute, das Vernichten von Beweismitteln oder das sonstige Unterstützen des Vortäters bei der Verwertung des rechtswidrig Erlangten, ohne dabei selbst Mitttäter oder Teilnehmer der Vortat zu sein.
Subjektive Tatbestandsmerkmale
Die subjektive Seite der Begünstigung verlangt vorsätzliches Handeln. Der Täter muss um die Umstände der Vortat und deren Rechtswidrigkeit wissen und darauf abzielen, dem Vortäter einen Vorteil aus dieser Tat zu sichern.
Abgrenzung zu anderen Delikten
Die Begünstigung nach § 257 StGB ist eindeutig von der Beihilfe zur Haupttat (§ 27 StGB) sowie von der Strafvereitelung (§ 258 StGB) zu unterscheiden. Relevant ist dabei insbesondere der Zeitpunkt der Handlung – Begünstigung liegt nur vor, wenn die Unterstützung nach Abschluss der Vortat erfolgt.
Begünstigung im Zivilrecht
Allgemeine Bedeutung
Im zivilrechtlichen Kontext bezeichnet die Begünstigung typischerweise die Verschaffung eines Vorteils an eine bestimmte Person, insbesondere im Zusammenhang mit Verträgen zugunsten Dritter (§ 328 BGB) oder im Erbrecht (Vermächtnisse, Schenkungen).
Vertrag zugunsten Dritter
Ein Vertrag zugunsten Dritter liegt vor, wenn ein Vertragspartner bestimmt, dass eine Leistung an eine nicht am Vertrag beteiligte Person, den sogenannten „Begünstigten“, erfolgen soll. Dem Begünstigten kann hierbei ein unmittelbares Forderungsrecht aus dem Vertrag zugesprochen werden.
Wesentliche Regelungen:
- Der Drittbegünstigte ist berechtigt, unmittelbar die versprochene Leistung zu verlangen.
- Die Begünstigung kann sowohl entgeltlich als auch unentgeltlich erfolgen.
Erbrechtliche Begünstigung
Im Erbrecht wird von Begünstigung insbesondere im Zusammenhang mit Vermächtnissen, Erbverträgen oder Schenkungen gesprochen. Der Begünstigte erlangt durch letztwillige Verfügung oder Schenkung eine bevorzugte Rechtsstellung, die ihm einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft.
Begünstigung im Steuerrecht
Allgemeine Ausgestaltung
Auch im Steuerrecht ist die Begünstigung ein relevanter Begriff. So genannte steuerliche Begünstigungen umfassen Vergünstigungen, Freibeträge oder Abzugsbeträge, die bestimmten Steuerpflichtigen gewährt werden. Die rechtlichen Grundlagen hierfür finden sich in verschiedenen Steuergesetzen, etwa dem Einkommensteuergesetz oder dem Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz.
Typische Fälle
- Erbschaft- und Schenkungsteuer: Hier gilt eine steuerliche Begünstigung für bestimmte Personengruppen sowie für besonders geförderte Vermögensarten (z. B. Unternehmensvermögen, Familienwohnheime).
- Betriebliche Begünstigung: Verschiedene Abschreibungs- und Investitionszulagen begünstigen Unternehmen gezielt, um bestimmte wirtschaftspolitische Ziele zu erreichen.
Internationale und verfahrensrechtliche Aspekte
Auch auf internationaler Ebene findet der Begriff der Begünstigung Anwendung, insbesondere bei völkerrechtlichen Verträgen oder im Rahmen der Harmonisierung von Steuervergünstigungen innerhalb der Europäischen Union. In strafprozessualer Hinsicht spielen Begünstigungsdelikte etwa bei Auslieferungs- oder Rechtshilfeverfahren eine Rolle, da die Staaten regelmäßig einen einheitlichen Maßstab zur Abgrenzung von strafbaren und straflosen Begünstigungen festlegen müssen.
Zusammenfassung
Die Begünstigung ist ein vielschichtiger Rechtsbegriff mit unterschiedlichen Ausgestaltungen in Strafrecht, Zivilrecht und Steuerrecht. Im Strafrecht steht die Unterstützung eines Täters nach Begehung einer rechtswidrigen Tat im Vordergrund und ist strafbewährt. Im Zivilrecht beschreibt die Begünstigung regelmäßig die Verschaffung eines Vorteils an Dritte, etwa durch Verträge zugunsten Dritter oder Vermächtnisse. Im Steuerrecht stehen steuerliche Vorteile im Fokus, die bestimmten Gruppen zugutekommen. Ihre genaue rechtliche Bewertung hängt stets vom jeweiligen Kontext ab.
Literatur und weiterführende Informationen
- Strafgesetzbuch (StGB), insbesondere § 257 StGB
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), insbesondere § 328 BGB
- Einkommensteuergesetz (EStG)
- Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG)
- Handbücher und Kommentare zu den jeweiligen Spezialgebieten
Hinweis: Dieser Beitrag informiert über die Begrifflichkeit und die rechtlichen Rahmenbedingungen der Begünstigung im deutschen Recht und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder abschließende Bewertung der Einzelfallkonstellationen.
Häufig gestellte Fragen
Welche gesetzlichen Voraussetzungen müssen für eine Strafbarkeit wegen Begünstigung gemäß § 257 StGB vorliegen?
Für eine Strafbarkeit wegen Begünstigung nach § 257 StGB ist erforderlich, dass der Täter einem anderen nach dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe leistet, um ihm das Sich-Verschaffen oder das Behalten von Vorteilen aus dieser Tat zu ermöglichen. Dabei setzt die Norm voraus, dass bereits eine rechtswidrige und schuldhafte Vortat – beispielsweise Diebstahl, Betrug oder eine andere Straftat – abgeschlossen ist und die Hilfe gezielt auf die Vorteilserlangung oder Vorteileerhaltung gerichtet ist. Nicht erfasst sind Handlungen, die bereits während der Tatausführung oder zur Tatausführung erbracht werden; diese werden gegebenenfalls als Beihilfe zur Haupttat gewertet. Die Tat muss objektiv geeignet sein, dem Täter wenigstens das Behalten des Erlangten zu ermöglichen. Subjektiv muss der Begünstigende zumindest mit dolus eventualis handeln, also billigend in Kauf nehmen, dass sein Verhalten die Vorteile aus der Vortat sichert oder verschafft.
Ist eine Begünstigung auch dann strafbar, wenn der Haupttäter bereits bestraft wurde?
Die Strafbarkeit wegen Begünstigung gemäß § 257 StGB ist nicht davon abhängig, dass der Haupttäter bereits bestraft wurde oder überhaupt belangt werden kann. Entscheidend ist allein, dass objektiv eine vorsätzlich begangene, rechtswidrige Vortat vorliegt, aus welcher der Begünstigte Vorteile zieht, und der Begünstigende diesbezüglich aktiv wird. Auch eine nachträgliche Strafverfolgung oder eine bereits erfolgte Verurteilung des Haupttäters stehen der Verwirklichung des Tatbestandes grundsätzlich nicht entgegen, solange die Vorteile aus der Vortat noch vorhanden sind oder durch das Unterstützungshandeln erst ermöglicht werden sollen.
Können Angehörige wegen Begünstigung strafrechtlich belangt werden?
Gemäß § 257 Abs. 3 StGB sind bestimmte Angehörige des Täters ausdrücklich privilegiert und grundsätzlich von der Strafbarkeit ausgenommen, wie etwa Ehegatten, Lebenspartner und Verwandte in gerader Linie. Diese Ausnahme greift jedoch nicht, wenn der Angehörige die Begünstigung zu Erwerbszwecken begeht. Das Gesetz stellt damit auf das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Angehörigen ab, schützt aber die Allgemeinheit vor missbräuchlichem Verhalten durch Angehörige, sofern ein Erwerbsinteresse vorhanden ist. Die genaue Auslegung, wer als Angehöriger gilt, bestimmt sich nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 StGB.
Inwiefern unterscheidet sich die Begünstigung von der Beihilfe zur Tat?
Die Begünstigung ist von der Beihilfe dadurch zu unterscheiden, dass sie sich auf die Hilfeleistung nach Beendigung der Haupttat zur Sicherung oder Erlangung der Vorteile aus der Vortat bezieht, während Beihilfe (§ 27 StGB) die Unterstützung während der Tatausführung meint. Handlungen, die dem Täter vor oder bei der Tatausführung Vorteile verschaffen, sind somit keine Begünstigung, sondern können als Beihilfe gewertet werden. Die Begünstigung setzt ein finales, auf die Sicherung oder das Verschaffen des durch die Vortat Erlangten gerichtetes Handeln voraus. Die genaue zeitliche Abgrenzung liegt oft im Einzelfall vor allem bei Täterhandlungen unmittelbar nach der Tat, wenn also der Täter das Erlangte noch nicht endgültig gesichert hat.
Welche Strafen drohen bei einer Verurteilung wegen Begünstigung?
§ 257 StGB sieht für die Begünstigung eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vor. Die Strafzumessung hängt maßgeblich von der Schwere der Vortat, dem Ausmaß der Verschaffung oder Sicherung des Vorteils, der Intensität der begünstigenden Handlung sowie den persönlichen und situativen Umständen des Täters ab. Insbesondere die Rolle des Täters, sein Motiv und inwieweit der Vorteil bereits fest in seiner Verfügungsmacht stand oder erst durch die Hilfestellung erreicht wurde, finden Berücksichtigung. Mildernd wirkt sich aus, wenn der Täter Angehöriger des Vortäters ist und keine Erwerbsabsicht verfolgt.
Wann liegt eine straflose Strafvereitelung und nicht eine Begünstigung vor?
Die Abgrenzung zur Strafvereitelung (§ 258 StGB) erfolgt insbesondere danach, ob die Handlung darauf abzielt, die Strafverfolgung des Täters zu verhindern (Strafvereitelung), oder ob sie das Ziel verfolgt, dem Vortäter den aus der Ursprungstat erlangten Vorteil zu sichern (Begünstigung). Maßnahmen, die ausschließlich auf Vereitelung der Strafverfolgung gerichtet sind, stellen keine Begünstigung dar, sondern sind ggf. als Strafvereitelung zu ahnden. In Fällen jedoch, in denen beide Ziele nebeneinander stehen, konkurrieren die Tatbestände und es kann ausnahmsweise Tateinheit vorliegen.
Ist die Versuchsstrafbarkeit bei der Begünstigung möglich?
Der Versuch der Begünstigung ist gemäß § 257 Abs. 2 StGB strafbar. Dies bedeutet, dass bereits Handlungen, die objektiv zur Unterstützung des Vortäters geeignet gewesen wären, aber nicht zum Erfolg geführt haben oder durch Umstände außerhalb des Täterwillens scheiterten, strafrechtlich verfolgt werden können. Die Strafbarkeit des Versuchs setzt voraus, dass der Täter mit unmittelbar ansetzenden Handlungen zur Verschaffung oder Sicherung des Vorteils aus der Vortat ansetzt, jedoch ohne dass der Erfolg eintritt. Auch hier muss die Vortat bereits abgeschlossen sein, da andernfalls eine Beihilfe zum Delikt vorliegen könnte.