Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Handelsrecht»Beförderungsvertrag

Beförderungsvertrag


Begriff und Grundlagen des Beförderungsvertrags

Ein Beförderungsvertrag ist eine vertragliche Vereinbarung zwischen einem Beförderer und einer zu befördernden Person oder einem Absender (im Falle von Gütern), in der sich der Beförderer verpflichtet, Personen oder Sachen gegen Entgelt von einem bestimmten Ausgangsort zu einem festgelegten Ziel zu transportieren. Der Beförderungsvertrag ist ein zivilrechtlicher Vertrag mit zahlreichen Ausprägungen im Handels-, Transport- und Dienstleistungsrecht.

Arten und Rechtsgrundlagen

Beförderung von Personen

Beförderungsverträge über die Personenbeförderung sind insbesondere im öffentlichen Nah- und Fernverkehr (etwa Bahn, Bus, Flugzeug, Taxi) von Bedeutung. Die rechtlichen Grundlagen finden sich unter anderem im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), dem Handelsgesetzbuch (HGB), dem Personenbeförderungsgesetz (PBefG), dem Luftverkehrsgesetz (LuftVG), dem Seerecht und in europäischen Verordnungen.

Beförderung von Gütern

Die Güterbeförderung über Land, Wasser oder Luft basiert insbesondere auf den Vorschriften der §§ 407 ff. HGB (Frachtvertrag), internationalen Abkommen wie dem CMR-Übereinkommen (Straßenverkehr), dem Warschauer Abkommen/Montrealer Übereinkommen (Luftverkehr) sowie dem HGB (See- und Binnenschifffahrt).

Abgrenzung zu anderen Verträgen

Der Beförderungsvertrag ist abzugrenzen von verwandten Vertragstypen wie dem Reisevertrag (§§ 651a ff. BGB), Speditionsvertrag (§§ 453 ff. HGB) oder Mietvertrag. Während der Reisevertrag eine Gesamtheit von Reiseleistungen umfasst, verpflichten sich Spediteure klassischerweise zur Organisation, nicht zur eigentlichen Beförderung der Güter.

Vertragsschluss und Inhalt

Zustandekommen des Vertrags

Ein Beförderungsvertrag kommt in aller Regel durch Angebot und Annahme zustande. Im individuellen wie im Massenverkehr (zum Beispiel bei Bahntickets oder Flugbuchungen) erfolgt dieser Abschluss oft durch den Erwerb eines Fahrscheins oder Tickets. Im Gütertransport erfolgt die Annahme meist durch die Übernahme der zu transportierenden Ware.

Vertragsparteien

Vertragspartner sind typischerweise der Beförderer (also das ausführende Verkehrsunternehmen) und bei der Personenbeförderung die fahrende Person selbst, bei der Güterbeförderung der Absender (Verschaffer der Ware) und das Frachtunternehmen. In vielen Fällen gibt es zusätzliche Beteiligte, z. B. Empfänger beim Frachtvertrag.

Hauptpflichten und Nebenpflichten

Hauptpflichten

  • Beförderer: Er schuldet die sach- und ordnungsgemäße Beförderung zum Zielort, die Übergabe der Personen oder Güter am vereinbarten Ort und zu vereinbarter Zeit sowie die Obhut über das Transportgut.
  • Beförderte Person/Absender: Die Zahlung des Beförderungsentgelts (Fahrpreis, Fracht) und gegebenenfalls die ordnungsgemäße Übergabe und (falls vereinbart) die Sicherung des Transportguts.

Nebenpflichten

Hierzu gehören Aufklärungspflichten, Sorgfalts-, Schutz- und Obhutspflichten des Beförderers, Informationspflichten sowie Mitwirkungspflichten des Fahrgasts oder Absenders (z. B. rechtzeitiges Bereitstellen des Guts).

Haftung und Risiken aus dem Beförderungsvertrag

Haftung des Beförderers

Die Haftung richtet sich nach der Art der Beförderung und ist gesetzlich unterschiedlich ausgestaltet.

Personenbeförderung

Der Beförderer haftet grundsätzlich für Schäden, die auf einer Verletzung der Beförderungspflichten beruhen. Im öffentlichen Personenverkehr gelten Haftungsbeschränkungen nach § 13 PBefG oder § 33 LuftVG sowie nach nationalen und internationalen Haftungsregimen (z. B. Montrealer Übereinkommen im Luftverkehr). Bei Personenschäden wird eine Gefährdungshaftung angenommen, bei Sachschäden und Verspätung haftet der Beförderer zumeist nur bei Verschulden.

Güterbeförderung

Im Güterverkehr bestehen strenge Haftungsregeln, oft mit Haftungsobergrenzen (z. B. im Straßengüterverkehr nach CMR, im Seeverkehr nach HGB, im Luftverkehr nach Montrealer Übereinkommen). In der Regel haftet der Beförderer für Verlust und Beschädigung des Transportguts sowie für Lieferfristüberschreitungen, soweit nicht höhere Gewalt oder ein Ausschlussgrund eingreift.

Haftungsausschluss und Haftungsbegrenzung

Viele Vorschriften der Beförderungsverträge sehen Haftungsausschlüsse oder -begrenzungen vor, insbesondere bei unvermeidbaren Ereignissen oder eigenem Verschulden des Beförderungsnehmers/Absenders. Eine vertragliche Erweiterung der Haftung des Beförderers ist möglich, eine Einschränkung dagegen oft ausgeschlossen.

Besonderheiten und Sonderregelungen

Allgemeine Geschäftsbedingungen und Tarifbestimmungen

Im Massenverkehr kommen regelmäßig Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), Tarifordnungen und Beförderungsbedingungen zur Anwendung. Diese regeln zum Beispiel die Kündigungsmodalitäten, den Ausschluss von der Beförderung, Rechte bei Verspätung, Entschädigungsregelungen, Versicherungen und Ausschlüsse.

Rücktritt, Kündigung und Stornierung

Je nach Vertragstyp und geltenden AGB besteht ein Recht auf Rücktritt, Kündigung oder Widerruf. Die Bedingungen hierfür (zum Beispiel Fristen, Erstattungsmodalitäten) sind abhängig von der Art der Beförderung und den geltenden gesetzlichen Vorschriften sowie den jeweiligen Geschäftsbedingungen.

Internationale Beförderungsverträge

Beim grenzüberschreitenden Verkehr gelten internationale Abkommen vorrangig oder ergänzend zum nationalen Recht. Dazu zählen etwa das Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR), das Montrealer Übereinkommen (Luftverkehr), das Budapester Übereinkommen (Binnenschiffahrt) sowie Regelungen der Europäischen Union zur Fahrgastrechten.

Ende und Abwicklung des Beförderungsvertrags

Der Beförderungsvertrag endet regelmäßig mit vollständiger Durchführung der vereinbarten Leistung, also mit Transport und Übergabe am Zielort. Unter Umständen endet der Vertrag auch durch Kündigung, Rücktritt oder andere auflösende Ereignisse (zum Beispiel Ausschluss von der Beförderung). Im Anschluss bestehen noch etwaige Nebenpflichten wie Schadensersatzforderungen, Nachweispflichten oder Rückgabepflichten.

Bedeutung in der Praxis

Der Beförderungsvertrag ist maßgeblich für den Personen- und Güterverkehr und regelt die rechtlichen Beziehungen zwischen Verkehrsunternehmen und deren Kunden. Eine genaue Kenntnis der jeweiligen Vertragstypen, Haftungsregelungen und Sondervorschriften ist wesentlich zur Durchsetzung der eigenen Rechte und zur Minimierung rechtlicher Risiken.

Literaturverweise

  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
  • Handelsgesetzbuch (HGB)
  • Personenbeförderungsgesetz (PBefG)
  • Luftverkehrsgesetz (LuftVG)
  • CMR-Übereinkommen
  • Montrealer Übereinkommen
  • Allgemeine Beförderungsbedingungen der Bahnunternehmen und Airlines

Dieser Artikel gibt einen umfassenden Überblick über den Beförderungsvertrag, seine rechtlichen Grundlagen und Schwerpunkte im nationalen und internationalen Rechtssystem.

Häufig gestellte Fragen

Welche Pflichten hat der Frachtführer gemäß Beförderungsvertrag?

Der Frachtführer ist im Rahmen eines Beförderungsvertrags gesetzlich dazu verpflichtet, das ihm übergebene Gut ordnungsgemäß und innerhalb der vereinbarten Frist an den Bestimmungsort zu transportieren und dort an den Empfänger abzuliefern. Zu diesen Hauptleistungspflichten zählt insbesondere die unbeschadete und vollständige Lieferung des Gutes, wobei der Frachtführer dafür Sorge tragen muss, dass das Gut während des Transports keinem Verlust oder keiner Beschädigung ausgesetzt ist. Darüber hinaus obliegt es dem Frachtführer, das Gut zu übernehmen und für eine sachgerechte Verwahrung sowie Be- und Entladung zu sorgen, sofern dies nicht ausdrücklich dem Absender vertraglich auferlegt wurde. Ebenfalls müssen sämtliche gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben zu Ladungssicherung, Transportmitteln und -wegen beachtet werden. Sollte der Frachtführer seinen Pflichten ganz oder teilweise nicht nachkommen, haftet er in der Regel verschuldensunabhängig für eingetretene Schäden, es sei denn, er kann beweisen, dass der Schaden durch ein unabwendbares Ereignis oder höhere Gewalt verursacht wurde.

Welche Rechte und Mitwirkungspflichten hat der Absender im Beförderungsvertrag?

Der Absender ist verpflichtet, dem Frachtführer das Gut in einem transportfähigen Zustand zu übergeben sowie alle notwendigen Dokumente und Angaben bereitzustellen, die für die Durchführung des Transports erforderlich sind, wie etwa Adressdaten, besondere Handhabungshinweise, Gefahrgutangaben oder Zollpapiere. Zudem muss der Absender die Transportkosten sowie eventuell vereinbarte Nebenkosten entrichten. Demgegenüber steht dem Absender das Recht zu, die ordnungsgemäße und sichere Durchführung der Beförderung einzufordern sowie Schadensersatz geltend zu machen, sofern der Frachtführer gegen seine Pflichten verstößt und dem Gut ein Schaden entsteht. Darüber hinaus kann der Absender bis zum Zeitpunkt der Ablieferung des Gutes über dieses verfügen, etwa indem er Anweisung zur Umleitung oder Rückgabe erteilt, solange diese Weisungen dem Frachtführer zumutbar sind und keine vertraglichen Vereinbarungen entgegenstehen.

Welche Haftungsregelungen gelten im Beförderungsvertrag bei Güterschäden oder Verlust?

Der Frachtführer haftet grundsätzlich verschuldensunabhängig für Verlust und Beschädigung des Gutes, die zwischen der Übernahme und der Ablieferung entstehen, wobei die Haftung in der Regel gesetzlich begrenzt ist (zum Beispiel nach deutschem Handelsgesetzbuch, HGB, auf einen bestimmten Betrag je Kilogramm Rohgewicht der Sendung, es sei denn, ein höherer Wert wurde deklariert oder eine spezielle Versicherung abgeschlossen). Ausgenommen von der Haftung sind Fälle von höherer Gewalt, kriegsbedingte Ereignisse, besondere Risiken der von Absender gewählten Transportart oder mangelhafte Verpackung durch den Absender. Die Haftungsbegrenzung fällt gänzlich weg, wenn der Schaden auf grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz des Frachtführers oder seines Personals zurückzuführen ist. Ansprüche müssen innerhalb der im Beförderungsvertrag oder Kraft Gesetz festgelegten Fristen schriftlich geltend gemacht werden.

Welche formalen Anforderungen bestehen an den Beförderungsvertrag?

Für einen wirksamen Abschluss eines Beförderungsvertrags ist grundsätzlich keine besondere Form erforderlich, sodass dieser sowohl schriftlich, mündlich als auch konkludent (durch schlüssiges Verhalten) geschlossen werden kann. In der Praxis wird jedoch häufig ein Frachtbrief als Transportdokument erstellt, welcher zwar aus Beweisgründen ratsam, rechtlich aber nicht zwingend erforderlich ist. Der Frachtbrief enthält typischerweise Angaben zum Absender, Empfänger, Frachtführer, Art und Beschaffenheit des Gutes sowie besondere Handhabungsanweisungen. Insbesondere im internationalen Transportwesen, etwa bei grenzüberschreitenden Straßentransporten nach CMR (Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr), ist der Frachtbrief obligatorisch und übernimmt wichtige Beweisfunktionen.

Wie können Störungen wie Lieferverzug oder Leistungsverweigerung im Rahmen des Beförderungsvertrags behandelt werden?

Kommt es im Rahmen eines Beförderungsvertrags zu Störungen wie Lieferverzug oder Leistungsverweigerung durch den Frachtführer, stehen dem Absender verschiedene gesetzliche und vertragliche Rechte zur Verfügung. Bei Verzug kann der Absender auf die Einhaltung einer Nachfrist bestehen, Schadenersatz wegen Verzögerung verlangen oder unter Umständen – sofern von gesetzlicher Seite anerkannt – vom Vertrag zurücktreten oder die Beförderung durch Dritte vornehmen lassen. Für Leistungsverweigerungen, etwa durch das Nichterscheinen des Frachtführers, besteht die Möglichkeit auf Ersatz der Mehraufwendungen, die für die Ersatzzustellung eines anderen Transporteurs anfallen. Voraussetzung ist jeweils, dass der Absender seine Mitwirkungspflichten erfüllt hat und der Frachtführer die Verzögerung oder Leistungsverweigerung zu vertreten hat.

Welche Rolle spielt die Versicherung im Rahmen des Beförderungsvertrags?

Im Rahmen eines Beförderungsvertrags kann sowohl der Absender als auch der Frachtführer eine Transportversicherung für das zu befördernde Gut abschließen. Dies ist insbesondere dann ratsam, wenn der Wert des Transportgutes die gesetzlich geregelten Haftungsgrenzen des Frachtführers übersteigt oder besondere Risiken bestehen. Die Versicherung dient dazu, Schäden abzusichern, die nicht oder nicht vollständig von der Haftung des Frachtführers abgedeckt werden. Der Abschluss einer solchen Versicherung ist freiwillig, kann aber vertraglich zwischen den Parteien vereinbart werden. Bei internationalen Transporten können besondere Versicherungszertifikate (wie etwa die CMR-Versicherung) erforderlich sein.

Unter welchen Voraussetzungen kann ein Beförderungsvertrag gekündigt oder storniert werden?

Ein Beförderungsvertrag kann von beiden Vertragsparteien grundsätzlich unter Einhaltung gesetzlicher oder vertraglich vereinbarter Kündigungs- oder Stornofristen vor Transportbeginn gekündigt werden. Die Folgen einer Kündigung richten sich nach dem Zeitpunkt und den Gründen der Beendigung: Erfolgt die Kündigung vor Übernahme des Gutes, können dem Frachtführer nach §§ 415 ff. HGB Aufwendungen und entgangene Fracht ersetzt werden. Nach Übernahme des Gutes ist eine außerordentliche Kündigung nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes zulässig, etwa bei Vertragsverletzungen, Zahlungsunfähigkeit oder unvorhersehbaren Ereignissen, die die Durchführung des Transports unmöglich machen. Die genauen Rechte und Pflichten im Stornierungsfall sollten vertraglich geregelt werden, da andernfalls die gesetzlichen Vorgaben greifen.