Legal Lexikon

Befehl


Begriff des Befehls im rechtlichen Kontext

Der Befehl nimmt im rechtlichen Sinne insbesondere im öffentlichen Recht und im Strafrecht, aber auch in verwaltungsrechtlichen, arbeitsrechtlichen sowie völkerrechtlichen Zusammenhängen eine bedeutende Rolle ein. Ein Befehl stellt eine verbindliche Anweisung oder Weisung dar, die von einer befugten Instanz an eine untergeordnete Person oder Stelle übermittelt wird und deren Ausführung erwartet oder rechtlich eingefordert werden kann. Im rechtlichen Sprachgebrauch unterscheidet sich der Befehl in seiner Ausgestaltung, Wirkung und den Rechtsfolgen je nach Anwendungsbereich.


Abgrenzung: Befehl, Weisung und Verfügung

Rechtsdogmatische Definition

Ein Befehl ist eine einseitig erteilte Anordnung, deren Missachtung regelmäßig mit Sanktionen belegt werden kann. Im Gegensatz zur Weisung, die auch im privatrechtlichen Kontext vorkommt (z. B. im Arbeitsrecht), ist der Begriff „Befehl“ stark von der Existenz hoheitlicher Machtverhältnisse geprägt. Eine Verfügung hingegen ist ein Verwaltungsakt mit Außenwirkung im Verwaltungsrecht, der auf gesetzlicher Grundlage erfolgt, während der Befehl insbesondere im Rahmen von Gehorsamspflichten und Disziplinargefügen Bedeutung erlangt.

Charakteristische Merkmale

  • Verbindlichkeit: Der Befehlsadressat ist zur Ausführung verpflichtet.
  • Hoheitlichkeit: Befugnis zur Befehlsgebung ergibt sich aus öffentlicher Gewalt oder hierarchischem Über- Unterordnungsverhältnis.
  • Androhung unmittelbarer Konsequenzen: Zuwiderhandlungen können zu dienst-, straf- oder disziplinarrechtlichen Maßnahmen führen.

Befehl im Strafrecht

Strafbarkeit der Befehlsverweigerung und Befolgung

Insbesondere im Strafrecht besitzt der Befehl zentrale Bedeutung. Hierbei ist zwischen der Befehlsverweigerung und der Befolgung rechtswidriger Befehle zu unterscheiden.

Strafbarkeit der Befehlsverweigerung (§ 20 Wehrstrafgesetz)

Nach militärischem Strafrecht, insbesondere im Wehrstrafgesetz (WStG), ist die Verweigerung eines rechtmäßigen Befehls strafbar und kann mit Freiheits- oder Geldstrafe geahndet werden. Eine Ausnahme bildet die Verweigerung offensichtlich rechtswidriger Befehle, die nicht befolgt werden dürfen, etwa nach § 11 Abs. 2 Soldatengesetz (SG).

Unrechtmäßige Befehle und das Prinzip der eigenverantwortlichen Prüfung

In Fällen, in denen ein Befehl gegen Strafgesetze oder völkerrechtliche Normen verstößt, ist der Gehorsam verweigert werden. Dies ist etwa in der Regelung des § 11 SG geregelt. Eine Befolgung führt nicht zu einem Rechtfertigungsgrund für die Rechtswidrigkeit einer Tat. Dies gilt vor allem für Befehle zum Kriegverbrechen oder zur Ausführung von Straftaten.


Befehl im Verwaltungsrecht

Hoheitliche Anordnung und deren Rechtsfolgen

Im Verwaltungsrecht stellt ein Befehl eine Form hoheitlicher Handlung dar, häufig in Gestalt von Maßnahmen im öffentlichen Dienstrecht, im Polizeirecht oder in Sicherheitsgesetzen.

Beamtenrechtliche Grundsätze

Dienstvorgesetzte haben nach Beamtenrecht das Recht und die Pflicht, verbindliche Weisungen und Befehle zu erteilen. Befehlsstrukturen dienen der Effizienz und Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung. Die Beamten sind zur Ausführung dienstlicher Anordnungen verpflichtet (§ 35 Beamtenstatusgesetz), es sei denn, der Befehl ist offensichtlich rechtswidrig.

Polizeirechtliche Bedeutung

Im Rahmen der Gefahrenabwehr können Polizeibeamte gegenüber anderen Beamten oder Dritten verbindliche Befehle erteilen. Grundlage ist das jeweilige Polizeigesetz, das Befugnisse, Voraussetzungen und Grenzen des Einschreitens (wie Grundsatz der Verhältnismäßigkeit) regelt.


Befehl im Arbeitsrecht

Anweisung und Direktionsrecht

Im Arbeitsrecht existiert der Befehl als ein Element des Direktionsrechts des Arbeitgebers. Dieser kann Beschäftigten verbindliche Anweisungen zur Ausführung der Arbeitsleistung erteilen. Das Weisungsrecht ist durch Arbeitsvertrag, Gesetz und Tarifvertrag begrenzt.

Grenzen der Bindung

Arbeitnehmende sind grundsätzlich zur Befolgung rechtmäßiger Anordnungen verpflichtet. Sittenwidrige, strafbare oder gesundheitsgefährdende Befehle müssen nicht befolgt werden. Die Verweigerung kann im Ausnahmefall das Arbeitsverhältnis jedoch nicht gefährden, sofern legitime Gründe vorliegen.


Befehl im Völkerrecht

Militärische Befehle und Befehlshaberhaftung

Im Völkerrecht ist das Prinzip der Befehlskette in militärischen Strukturen zentral, insbesondere mit Blick auf die Befehlshaberhaftung (command responsibility). Kommandeure können für von ihnen befohlene oder zugelassene Völkerrechtsverletzungen haftbar gemacht werden. Die Nichtbefolgung offensichtlich rechtswidriger Befehle ist in den völkerrechtlichen Statuten kodifiziert (z. B. Art. 33 Rom-Statut des Internationalen Strafgerichtshofs).


Rechtsfolgen fehlerhafter oder rechtswidriger Befehle

Nichtigkeit und Anfechtbarkeit

Ein rechtswidriger Befehl ist in der Regel nichtig und kann keine rechtmäßige Gehorsamspflicht auslösen. In der Praxis kann die Befolgung eines rechtswidrigen Befehls sowohl zum Haftungsanspruch des Befehlserteilenden als auch zu Sanktionen gegen den Ausführenden führen.

Schadensersatz und Disziplinarmaßnahmen

Bei durch die Befolgung rechtswidriger Befehle verursachten Schäden kommen zivilrechtliche Regressansprüche, dienstrechtliche Disziplinarmaßnahmen sowie strafrechtliche Sanktionen in Betracht.


Zusammenfassung

Der Begriff des Befehls im rechtlichen Kontext kennzeichnet eine verbindliche, einseitige Anordnung, die vom Empfänger auszuführen ist. Die rechtliche Bindung an einen Befehl ist abhängig vom jeweiligen Rechtsgebiet, der Rechtmäßigkeit der Anordnung und dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis. Eine besondere Bedeutung kommt der Kontrolle der Rechtmäßigkeit des Befehls zu, insbesondere zur Vermeidung von Rechtsverletzungen im Verwaltungs-, Straf-, Arbeits- und Völkerrecht. Die Nichtbefolgung oder die Ausführung rechtswidriger Befehle zieht weitreichende rechtliche Konsequenzen nach sich und unterliegt strengen Regulierungen.


Literaturhinweise

  • Schenke, Verwaltungsrecht I, Grundkurs im öffentlichen Recht, 10. Auflage
  • Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil, 5. Auflage
  • Ipsen, Völkerrecht, 19. Auflage

Diese Übersichtsseite bietet einen umfassenden Einblick in die rechtlichen Aspekte des Begriffs „Befehl“ und dient als fundierte Grundlage für die thematische Vertiefung im jeweiligen Rechtsgebiet.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist befugt, im rechtlichen Kontext einen Befehl zu erteilen?

Im rechtlichen Zusammenhang können Befehle grundsätzlich nur von Personen oder Institutionen erteilt werden, die hierzu durch Gesetz, Rechtsverordnung oder auf Grundlage einer durch Rechtsnorm verliehenen Autorität ausdrücklich ermächtigt sind. Dies betrifft beispielsweise Amtsträger in besonderen Funktionen, wie etwa Vorgesetzte in den Streitkräften (§ 2 SG – Soldatengesetz), Polizeibeamte im Rahmen ihrer dienstlichen Aufgaben (§ 36 PolG), sowie Richterinnen und Richter, wenn sie im Rahmen gerichtlicher Verfahren Anordnungen (verbindliche Befehle) treffen. Auch private Arbeitsverhältnisse fallen unter einen Sonderbereich: Der Arbeitgeber ist gemäß § 106 GewO (Direktionsrecht) befugt, Arbeitsanweisungen (umgangssprachlich teils als Befehl bezeichnet) zu erteilen. Entscheidend ist die rechtliche Einbettung in eine hierarchische oder institutionelle Ordnung, wobei die Reichweite und das Ausmaß der Befehlskompetenz durch spezifische Vorschriften oder im Rahmen vertraglicher Regelungen begrenzt und ausgestaltet werden. Ohne eine solche Grundlage ist die Erteilung von Befehlen im Rechtsverkehr grundsätzlich unzulässig oder sogar rechtswidrig.

Welche rechtlichen Grenzen bestehen für einen Befehl?

Befehle unterliegen vielfältigen rechtlichen Begrenzungen, die sich sowohl aus einfachen Gesetzen als auch aus Verfassungsgrundsätzen ergeben. Ein Befehl darf grundsätzlich keine Anordnung zu rechtswidrigen Handlungen enthalten; das sogenannte Verbot des „Befehls zur rechtswidrigen Tat“ ist unter anderem in § 11 StGB kodifiziert, wonach die Ausführung eines erkennbar rechtswidrigen Befehls weder den Gehorsamspflichtigen exkulpiert noch die Tat rechtfertigt. Darüber hinaus gelten allgemeine Schranken wie das Übermaßverbot, das Willkürverbot und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere wenn Grundrechte der Beteiligten betroffen sind. Zudem ist für spezifische Bereiche, etwa im Arbeitsrecht, geregelt, dass Befehle nur „nach billigem Ermessen“ (§ 106 Satz 1 GewO) erfolgen dürfen. Verstöße gegen diese Schranken können dienstrechtliche, strafrechtliche oder zivilrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, insbesondere bei Missbrauch der Befehlsgewalt.

Welche rechtlichen Folgen hat die Missachtung eines rechtmäßigen Befehls?

Die Nichtbefolgung eines rechtmäßigen Befehls kann unterschiedliche rechtliche Folgen nach sich ziehen, je nachdem, in welchem Rechtsgebiet und in welchem Verhältnis der Befehl erteilt wurde. Im Strafrecht und Disziplinarrecht, vor allem im Bereich des öffentlichen Dienstes und des Militärs, drohen bei Befehlsverweigerung Disziplinarmaßnahmen, Geldstrafen oder unter Umständen Freiheitsstrafen, beispielsweise nach § 20 WStG (Wehrstrafgesetz). Im Arbeitsrecht können die Missachtung betrieblicher Weisungen (Direktionsrecht) eine Abmahnung, eine ordentliche oder sogar fristlose Kündigung nach sich ziehen. In allen Fällen muss jedoch sichergestellt werden, dass der betreffende Befehl tatsächlich rechtmäßig war, andernfalls kann eine Sanktionierung unzulässig sein. Auch ist in jedem Fall eine angemessene Prüfung und Gewichtung etwaiger Gewissenskonflikte oder entgegenstehender Rechte vorzunehmen.

Welche Rechtsmittel stehen gegen einen Befehl zur Verfügung?

Gegen behördliche oder dienstliche Befehle bestehen verschiedene Rechtsmittel, je nach Rechtsgebiet. Im öffentlichen Dienst, etwa bei Beamten oder Soldaten, ist die förmliche Beschwerde oder ein Widerspruch gegen Befehle vorgesehen (§§ 17 ff. WBO – Wehrbeschwerdeordnung, § 54 BeamtStG). Wird der Befehl von einer Verwaltungsbehörde erlassen, kann dagegen in der Regel Widerspruch und, im Falle der Ablehnung, eine Anfechtungsklage vor den Verwaltungsgerichten erhoben werden. Im Arbeitsrecht ist es Arbeitnehmern möglich, sich gegen unzulässige Arbeitsanweisungen zunächst intern – etwa durch Einschaltung des Betriebsrates – und gegebenenfalls durch Klage vor dem Arbeitsgericht zur Wehr zu setzen. Bei einer Strafbarkeit, die durch Befolgung eines Befehls droht, besteht zudem das Recht, die Befolgung zu verweigern und sich an zuständige Stellen zu wenden oder (in Extremfällen) Strafanzeige zu erstatten.

Wann wird ein Befehl im rechtlichen Sinn als nichtig angesehen?

Ein Befehl ist im rechtlichen Sinne grundsätzlich dann nichtig, wenn er eindeutig gegen geltendes Recht, die guten Sitten oder zwingende Vorschriften verstößt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Befehl eine Straftat, eine Ordnungswidrigkeit oder eine schwerwiegende Verletzung von Grundrechten fordert. Darüber hinaus fehlt einem Befehl die rechtliche Wirksamkeit, wenn er durch eine hierzu nicht berechtigte Person ergangen ist oder Formvorschriften, die für seine Gültigkeit vorgeschrieben sind, nicht beachtet wurden. Im Bereich des öffentlichen Dienstrechts ist explizit geregelt, dass Befehle, die gegen das Gesetz oder gegen Vertrag, Dienstverpflichtungen oder Anordnungen verstoßen, als nichtig anzusehen sind und keine Bindungswirkung haben (vgl. § 11 Abs. 1 SG). Die Verweigerung eines solchen Befehls ist dann nicht nur rechtmäßig, sondern kann unter Umständen sogar dienstrechtlich geboten sein.

Wie unterscheidet sich der Begriff „Befehl“ im rechtlichen Kontext vom allgemeinen Sprachgebrauch?

Im allgemeinen Sprachgebrauch werden unter einem Befehl häufig sämtliche Aufforderungen, Weisungen oder Anordnungen zusammengefasst. Rechtlich hingegen ist ein Befehl ein sehr präzise definierter Akt, der meist eine Anordnung im Rahmen eines Über- und Unterordnungsverhältnisses mit einseitiger Verbindlichkeit beschreibt. Nur dann, wenn der Befehlsgeber durch Gesetz, Vorschrift oder autorisierte Position zur Befehlsgebung befugt ist und der Befehl aufgrund dieses Unterordnungsverhältnisses erfolgt, handelt es sich rechtlich tatsächlich um einen Befehl. Viele Alltagsanweisungen (wie zum Beispiel Aufforderungen im privaten Umfeld) erfüllen diese Voraussetzungen hingegen nicht und haben keine rechtliche Bindungswirkung. Im Rechtsverkehr ist daher präzise zwischen rechtlichen Befehlen und unverbindlichen Aufforderungen zu unterscheiden.