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Befähigung zum Richteramt


Befähigung zum Richteramt

Begriffserklärung und rechtliche Einordnung

Die Befähigung zum Richteramt ist ein zentraler Begriff im deutschen Recht und bezeichnet die persönliche und fachliche Qualifikation, die erforderlich ist, um in Deutschland ein richterliches Amt bekleiden zu dürfen. Ihre Voraussetzungen sind im Deutschen Richtergesetz (DRiG) geregelt und stellen sicher, dass Richterinnen und Richter über eine hinreichende rechtliche Ausbildung und charakterliche Eignung verfügen.

Gesetzliche Grundlage

Deutsches Richtergesetz (DRiG)

Die maßgeblichen Bestimmungen zur Befähigung zum Richteramt finden sich in den §§ 5 bis 7 DRiG. Entscheidendes Kriterium ist, dass Bewerberinnen und Bewerber die beiden juristischen Staatsprüfungen erfolgreich bestanden haben.

Wesentliche Voraussetzungen gemäß § 5 DRiG

Nach § 5 Absatz 1 DRiG erlangt die Befähigung zum Richteramt, wer

  • ein Studium der Rechtswissenschaft an einer deutschen Universität
  • die erste juristische Prüfung (früher: erste juristische Staatsprüfung)
  • und den Vorbereitungsdienst (Referendariat)
  • sowie die zweite juristische Staatsprüfung (früher: zweite juristische Staatsprüfung)

erfolgreich abgeschlossen hat.

Ausnahmen und Sonderregelungen

Bestimmte Gleichstellungsregelungen gelten für Abschlüsse aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (§ 112a DRiG). Auch besteht nach Maßgabe von Staatsverträgen mit einzelnen Bundesländern die Möglichkeit, besondere Übergangs- oder Anerkennungsregelungen einzuführen.

Voraussetzungen im Einzelnen

Erstes Staatsexamen

Das erste Staatsexamen bildet den Abschluss eines mindestens vierjährigen Studiums der Rechtswissenschaft an einer staatlich anerkannten deutschen Universität (§ 5 Abs. 1 DRiG). Neben universitären Prüfungsleistungen umfasst die erste Prüfung auch einen staatlichen Prüfungsteil.

Rechtsreferendariat

Im Anschluss an das erste Staatsexamen ist ein zweijähriger Vorbereitungsdienst (Referendariat) zu absolvieren (§ 5 Abs. 2 DRiG). Während dieser praktischen Ausbildungsphase werden Kenntnisse in verschiedenen Rechtsbereichen – unter anderem Zivilrecht, Strafrecht und Verwaltung – durch praktische Stationen und Ausbildung bei Gerichten, Verwaltungsbehörden, Staatsanwaltschaften und Anwaltskanzleien vermittelt.

Zweites Staatsexamen

Mit dem erfolgreichen Abschluss des Rechtsreferendariats folgt die zweite juristische Staatsprüfung (§ 5 Abs. 2 DRiG), die insbesondere die Fähigkeit zur praxisbezogenen juristischen Arbeit prüft. Erst mit Bestehen dieser Prüfung ist die Befähigung zum Richteramt erworben.

Persönliche Eignung

Zusätzlich zu den formalrechtlichen Voraussetzungen ist auch die persönliche Eignung zu prüfen. Diese umfasst insbesondere die charakterliche Integrität, die Fähigkeit zur verantwortungsvollen Amtsführung und das Verbot bestimmter Tätigkeiten während des Vorbereitungsdienstes (§ 7 DRiG).

Bedeutung der Befähigung zum Richteramt

Einstellungsvoraussetzung für den Richterdienst

Die Befähigung zum Richteramt stellt die unabdingbare Voraussetzung für die Übernahme eines Richteramtes auf Lebenszeit sowohl in der ordentlichen Gerichtsbarkeit als auch in der Fachgerichtsbarkeit dar. Sie ist ebenfalls Einstellungsvoraussetzung für zahlreiche staatliche Laufbahnen, darunter die höheren Dienste bei Behörden und Ministerien (zum Beispiel Staatsanwaltschaft).

Bedeutung für den öffentlichen Dienst

Personen mit der Befähigung zum Richteramt erfüllen unter anderem die Zugangsvoraussetzungen für das zweite Einstiegsamt der Laufbahngruppe 2 des allgemeinen Verwaltungsdienstes (ehemals höherer Dienst) und für den Diplomatischen Dienst.

Anerkennung ausländischer Abschlüsse

Anerkennung innerhalb der Europäischen Union

Im Zuge der europäischen Harmonisierung wurde die Anerkennung von juristischen Qualifikationen aus Mitgliedstaaten der EU und vergleichbaren Staaten geregelt. Unter bestimmten Voraussetzungen, insbesondere im Rahmen zusätzlicher Eignungsprüfungen, kann die Befähigung zum Richteramt nach DRiG auch auf Antrag nachgewiesen werden (§ 112a DRiG).

Anerkennung sonstiger ausländischer Qualifikationen

Für Absolventen aus Nicht-EU-Staaten besteht grundsätzlich keine automatische Anerkennung. In diesen Fällen können besondere Anerkennungs- und Nachqualifizierungsverfahren durch die Justizministerien der Länder vorgesehen werden.

Befähigung zum Richteramt in den Bundesländern

Einheitlichkeit und landesspezifische Regelungen

Die in Deutschland bestehende Einheitlichkeit der Befähigung zum Richteramt garantiert, dass die Anforderungen im gesamten Bundesgebiet übereinstimmen. Dennoch stehen die Justizverwaltungen der Länder in begrenztem Umfang Befugnisse zu, neben den Bundesvorschriften ergänzende Regelungen zu erlassen (z.B. bezüglich Ablauf des Vorbereitungsdienstes und Aufnahmeprüfungen).

Rechtsfolgen und praktische Konsequenzen

Bewerbungs- und Karriereaussichten

Die Befähigung zum Richteramt eröffnet den Zugang zu zahlreichen juristischen Berufen, insbesondere zu den Berufsfeldern Richter, Staatsanwalt und höheren Verwaltungsdienst. Sie ist darüber hinaus auch bei der Einstellung in Organen der Rechtspflege und bestimmten weiteren Behörden Voraussetzung.

Widerruf und Verlust der Befähigung

Mit der Ernennung auf Lebenszeit ist ein Verlust der Befähigung zum Richteramt grundsätzlich nicht mehr möglich. Allerdings führen strafrechtliche Verurteilungen oder grobe Pflichtverletzungen zum Verlust des Dienstverhältnisses, wobei der formale Erwerb der Befähigung als Ausbildungsnachweis fortbesteht.

Befähigung zum Richteramt im historischen Kontext

Die Befähigung zum Richteramt in ihrer heutigen Form geht auf die Reformen der Nachkriegszeit zurück und wurde im Deutschen Richtergesetz von 1972 erstmals bundeseinheitlich geregelt. Durch fortlaufende Rechtsprechung, Gesetzesänderungen und europäische Vorgaben wurde die Regelung stetig an aktuelle Anforderungen angepasst.

Weiterführende Literatur und Quellen

  • Deutsches Richtergesetz (DRiG), insbesondere §§ 5 ff.
  • Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz: Informationen zur juristischen Ausbildung
  • Europäische Anerkennungsrichtlinien für juristische Abschlüsse
  • Landesjustizprüfungsämter und Informationsportale der Justizministerien der Bundesländer

Fazit:
Die Befähigung zum Richteramt ist eine tragende Säule des deutschen Rechtswesens. Sie gewährleistet nicht nur die Qualität und Einheitlichkeit der richterlichen Rechtsprechung, sondern dient auch der Sicherung rechtsstaatlicher Grundsätze im weiteren öffentlichen Dienst. Ihre umfassende gesetzliche Regelung bietet Transparenz und Klarheit über Zugang, Anforderungen und Auswirkungen für alle, die in den höheren juristischen Staatsdienst streben.

Häufig gestellte Fragen

Welche formellen Voraussetzungen müssen für die Befähigung zum Richteramt erfüllt werden?

Zur Erlangung der Befähigung zum Richteramt nach deutschem Recht sind gemäß § 5 Deutsches Richtergesetz (DRiG) sowohl das Bestehen der ersten als auch der zweiten juristischen Staatsprüfung erforderlich. Die erste Prüfung, auch erste juristische Staatsprüfung oder „Staatsexamen“ genannt, schließt das Studium der Rechtswissenschaften an einer Universität ab. Im Anschluss folgt der juristische Vorbereitungsdienst, das sogenannte Referendariat, das in der Regel zwei Jahre dauert und praktische Erfahrungen in verschiedenen juristischen Bereichen (Justiz, Verwaltung, Anwaltschaft, etc.) umfasst. Das Referendariat wird mit der zweiten juristischen Staatsprüfung abgeschlossen. Beide Prüfungen müssen mit mindestens „ausreichend“ bestanden werden, wobei die Bewertungssysteme länderspezifisch leicht variieren können. Alternativ sieht § 5 Abs. 2 DRiG auch vor, dass Absolventen entsprechend gleichwertiger Prüfungen aus anderen EU-Mitgliedstaaten, unter bestimmten Voraussetzungen und nach Anerkennungsprüfungen, als befähigt gelten können.

Ist ein bestimmter Notendurchschnitt für die Befähigung zum Richteramt erforderlich?

Gesetzlich ist im Deutschen Richtergesetz kein Mindestnotenschnitt festgelegt. Es wird lediglich ein erfolgreiches Bestehen beider juristischer Prüfungen gefordert. In der Praxis verlangt allerdings die Bewerbung auf eine Richterstelle meist Prädikatsexamina, das heißt einen Abschluss mit mindestens „vollbefriedigend“ in beiden Staatsexamina. Dies ist jedoch keine formelle, sondern eine tatsächliche Zugangsvorbedingung, da die Anzahl der Bewerber mit entsprechend hohen Noten sehr groß ist und viele Bundesländer sowie Gerichtszweige hohe Leistungsvoraussetzungen stellen. Die endgültige Entscheidung über die Einstellung liegt im Ermessen der zuständigen Justizverwaltungen.

Können im Ausland erbrachte juristische Abschlüsse für die Befähigung zum Richteramt anerkannt werden?

Ja, unter bestimmten Voraussetzungen regelt § 112a DRiG die Anerkennung von juristischen Abschlüssen aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union, des Europäischen Wirtschaftsraums und der Schweiz. Die Anerkennung erfolgt dann, wenn die Ausbildung und Prüfung gleichwertig sind. In der Regel ist das Bestehen einer Eignungsprüfung notwendig, in der die Kenntnisse des deutschen Rechts nachzuweisen sind. Die Entscheidung über die Anerkennung trifft die zuständige Landesjustizverwaltung. Über die Anerkennung außereuropäischer Abschlüsse entscheidet das jeweilige Bundesland meist restriktiver, wobei regelmäßig umfangreiche Zusatzprüfungen oder ein vollständiges Studium in Deutschland verlangt werden.

Welche Rolle spielt das Referendariat für die Befähigung zum Richteramt?

Das Referendariat ist ein zentraler Bestandteil des juristischen Vorbereitungsdienstes und Voraussetzung für die Befähigung zum Richteramt. Es dauert in der Regel zwei Jahre und vermittelt praxisorientierte Kenntnisse in verschiedenen Stationen, wie Gerichten, Staatsanwaltschaften, Verwaltungsbehörden und bei Rechtsanwälten. Ziel ist es, die im Studium erworbenen theoretischen Kenntnisse in der Praxis anzuwenden und vielfältige Einblicke in die unterschiedlichen juristischen Tätigkeitsfelder zu ermöglichen. Die erfolgreiche Ableistung des Referendariats ist Voraussetzung für die Zulassung zur zweiten juristischen Staatsprüfung und bildet somit eine unabdingbare Voraussetzung für die im DRiG geforderte fachliche Befähigung zum Richteramt.

Muss die Befähigung zum Richteramt auch für andere juristische Berufe vorliegen?

Die Befähigung zum Richteramt ist nicht nur für die Einstellung als Richter erforderlich, sondern auch für andere juristische Berufe im öffentlichen Dienst. Hierzu zählen insbesondere die Berufe als Staatsanwalt, Assessor in der Verwaltung oder als Notar (in bestimmten Bundesländern). Auch für eine Tätigkeit als Rechtsanwalt ist die Befähigung zum Richteramt Voraussetzung, wobei in diesem Fall vor allem die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nach der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) maßgeblich ist.

Gibt es Ausnahmeregelungen von der formalen Befähigung zum Richteramt?

Das DRiG sieht nur in sehr begrenztem Rahmen Ausnahmen vor. So kann nach § 7 Abs. 2 DRiG in seltenen Ausnahmefällen, z. B. bei herausragenden wissenschaftlichen Leistungen im Bereich der Rechtswissenschaft, auf die zweite juristische Staatsprüfung verzichtet werden. Die praktische Relevanz dieser Vorschrift ist jedoch sehr gering, weil die Anforderungen extrem hoch und die Ausnahme sehr eng auszulegen sind. Grundsätzlich ist für die Berufung zum Richter im regulären Dienstweg das Bestehen beider gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen ohne Ausnahme erforderlich.

Wer entscheidet über die Anerkennung der Befähigung zum Richteramt?

Die Zuständigkeit liegt bei den jeweils zuständigen Landesjustizverwaltungen, üblicherweise beim Justizministerium des jeweiligen Bundeslandes. Bei Bewerbern mit im Ausland erworbenen Befähigungen prüft und entscheidet diese Stelle, ob die Voraussetzungen nach DRiG oder den jeweiligen Anerkennungsvorschriften erfüllt sind. Im Falle von Streitigkeiten können gerichtliche Rechtsbehelfe gegen die Entscheidung eingelegt werden. Innerhalb Deutschlands erfolgt die Feststellung der Befähigung in der Regel automatisch durch das Bestehen der beiden erforderlichen Staatsexamina.