Legal Lexikon

Wiki»Bedrohung

Bedrohung


Begriff und rechtlicher Rahmen der Bedrohung

Die Bedrohung ist ein zentraler Tatbestand im deutschen Strafrecht sowie in weiteren Rechtsgebieten. Sie bezeichnet allgemein die Ankündigung eines künftigen Übels gegenüber einer Person, mit dem Ziel, bei dieser Furcht oder Sorge hervorzurufen. Im rechtlichen Kontext ist der Begriff scharf umrissen und unterliegt speziellen gesetzlichen Bestimmungen. Im Folgenden wird die Bedrohung als Straftat, ihre Merkmale, Auslegungen, Sanktionen und Abgrenzungen umfassend dargelegt.


Bedrohung im Strafrecht

Strafgesetzbuch (StGB) – § 241 Bedrohung

Die Grundlage für die strafrechtliche Ahndung von Bedrohung findet sich in § 241 StGB. Hiernach macht sich strafbar, wer einen Menschen mit der Begehung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bedroht.

Tatbestandsvoraussetzungen

  • Tathandlung: Die Bedrohung liegt vor, wenn ein ernsthaftes In-Aussicht-Stellen eines Verbrechens erfolgt. Entscheidend ist, dass bei der betroffenen Person ein Gefühl der Bedrohung oder Furcht entsteht, wobei es auf die tatsächliche Möglichkeit der Tatbegehung grundsätzlich nicht ankommt.
  • Gegenstand der Bedrohung: Die Ankündigung muss sich auf ein Verbrechen richten, das nach deutschem Recht als solches eingestuft ist, also mit einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr (z. B. Mord, Raub, schwere Körperverletzung).
  • Adressat: Die Bedrohung kann sich gegen die betroffene Person selbst oder eine ihr nahestehende Person richten.

Subjektiver Tatbestand

Der Täter muss vorsätzlich handeln. Das bedeutet, er muss wissen, dass seine Äußerung als Ankündigung eines Verbrechens aufgefasst werden kann und dies zumindest billigend in Kauf nehmen.

Rechtswidrigkeit und Schuld

Die Bedrohung ist stets rechtswidrig, sofern keine Rechtfertigungsgründe (z. B. Notwehr) vorliegen. Der Täter muss schuldfähig sein, um bestraft werden zu können.

Strafmaß

Die Bedrohung wird gemäß § 241 Abs. 1 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. In besonders schweren Fällen sind höhere Strafen möglich, insbesondere wenn die Tat öffentlich oder gemeinschaftlich begangen wird (§ 241 Abs. 4 StGB).

Versuch und Rücktritt

Der Versuch der Bedrohung ist in § 241 StGB nicht ausdrücklich unter Strafe gestellt und daher nicht strafbar. Rücktritt ist möglich, solange der bedrohliche Erfolg noch nicht eingetreten ist.


Bedrohung in weiteren Rechtsgebieten

Zivilrecht

Im Zivilrecht kann die Bedrohung als Form der widerrechtlichen Drohung im Sinne des § 123 BGB (Anfechtung wegen Drohung) relevant werden. Hierbei genügt jede ungerechtfertigte Drohung mit einem Übel, um bei der betroffenen Person eine Angst zu erzeugen und dadurch eine Willenserklärung zu erzwingen.

Voraussetzungen

  • Drohung mit einem empfindlichen Übel

Das in Aussicht gestellte Übel muss geeignet sein, den Bedrohten zur Abgabe einer Erklärung zu veranlassen.

  • Widerrechtlichkeit

Die Drohung ist widerrechtlich, wenn das angedrohte Verhalten selbst oder der Zweck nicht erlaubt sind.

Polizeirecht und öffentliches Recht

Im Polizeirecht kann die Bedrohung zur Gefahrenabwehr eine bedeutende Rolle spielen. Die Polizei ist befugt, auf Bedrohungslagen zu reagieren, um drohende Straftaten oder Störungen der öffentlichen Sicherheit abzuwehren.


Abgrenzungen zu verwandten Straftatbeständen

Nötigung (§ 240 StGB)

Die Bedrohung überschneidet sich teilweise mit dem Tatbestand der Nötigung, umfasst jedoch einen engeren Kreis an Handlungen. Während die Nötigung stets eine rechtswidrige Gewalt- oder Drohhandlung zur Erzwingung eines bestimmten Verhaltens voraussetzt, ist bei der Bedrohung lediglich das In-Aussicht-Stellen eines Verbrechens tatbestandsrelevant.

Erpressung (§ 253 StGB)

Die Erpressung setzt ebenfalls eine Drohung voraus, geht aber darüber hinaus, da sie die Erlangung eines Vorteils oder Vermögenswertes verlangt.

Beleidigung und Verleumdung

Bedrohung und Beleidigung/Verleumdung unterscheiden sich hinsichtlich des geschützten Rechtsguts: Die Bedrohung schützt die Freiheit des Opfers, wohingegen die Beleidigung die Ehre betrifft.


Strafrechtliche und gesellschaftliche Relevanz der Bedrohung

Die Bedrohung als Straftat zielt auf den Schutz der persönlichen Freiheit, der psychischen Unversehrtheit sowie des gesellschaftlichen Friedens ab. Sie ist regelmäßig Gegenstand staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen und polizeilicher Maßnahmen, insbesondere im Kontext von häuslicher Gewalt, Stalking oder öffentlicher Gewaltandrohung. Die Bedrohung kann mittels gesprochenem und geschriebenem Wort, aber auch durch Gesten oder andere Handlungen erfolgen.


Rechtsprechung und Praxis

Die Auslegung des Begriffs „Bedrohung“ und die Bewertung einzelner Fälle erfolgen durch die Gerichte. Entscheidend ist dabei stets, ob bei objektiver Betrachtung die Ankündigung eines Verbrechens vorliegt und dadurch beim Opfer ein Zustand der Sorge oder Besorgnis hervorgerufen wird. Auch das Internet und soziale Medien sind Gegenstand der Rechtsprechung, insbesondere bei sogenannten Hassbotschaften oder Online-Drohungen.


Übersicht: Relevante Normen und Literatur

  • Strafgesetzbuch (StGB): § 241 (Bedrohung), § 240 (Nötigung), § 253 (Erpressung)
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): § 123 (Widerrechtliche Drohung)
  • Polizeigesetze der Länder (Gefahrenabwehr)
  • Literatur: Kommentierungen zum StGB, Lehrbücher zum Allgemeinen und Besonderen Teil des Strafrechts sowie aktuelle Rechtsprechung

Zusammenfassung

Die Bedrohung ist ein zentraler Begriff des deutschen Strafrechts mit erheblichen Auswirkungen im Zivil- und öffentlichen Recht. Die gesetzliche Regelung schützt sowohl die persönliche Freiheit als auch das Sicherheitsgefühl des Einzelnen in der Gesellschaft. Das Verständnis und die rechtliche Einordnung der Bedrohung sind im Kontext ständiger gesellschaftlicher Entwicklungen und technischer Neuerungen von fortlaufender Bedeutung.

Häufig gestellte Fragen

Wann macht sich jemand wegen einer Bedrohung nach deutschem Recht strafbar?

Eine Strafbarkeit wegen Bedrohung ergibt sich grundsätzlich aus § 241 Strafgesetzbuch (StGB). Dort ist geregelt, dass sich strafbar macht, wer einem Menschen mit der Begehung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens droht. Entscheidend ist, dass tatsächlich mit einem Verbrechen – das heißt, einer rechtswidrigen Tat, die mindestens mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr bedroht ist – gedroht wird. Die Äußerung muss die ernstliche Ankündigung eines solchen Verbrechens erkennen lassen. Gleichgültig ist dabei, ob der Täter die Tat tatsächlich auszuführen beabsichtigt oder sie nur vortäuscht, solange der Bedrohte die Drohung ernst nimmt oder sie zumindest ernst nehmen muss. Außerdem ist zu beachten, dass schon der Versuch, eine Bedrohung auszusprechen, strafbar sein kann und dass der Tatbestand auch erfüllt ist, wenn die Drohung gegenüber einem Dritten ausgesprochen wird, sofern dieser der Person nahe steht.

Welche Strafen sieht das Gesetz für Bedrohung vor?

§ 241 StGB sieht für die Bedrohung mit einem Verbrechen eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe vor. Handelt es sich bei dem Opfer um eine der in § 241 Absatz 4 StGB genannten besonderen Personengruppen, wie beispielsweise Angehörige des öffentlichen Dienstes oder Mandatsträger, oder steht die Bedrohung im Zusammenhang mit deren beruflicher Tätigkeit, kann die Strafe auf Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe erhöht werden. Die genaue Strafhöhe wird von den Gerichten im Einzelfall unter Berücksichtigung der Umstände, des Ausmaßes der Bedrohung sowie des Vorlebens des Täters festgesetzt. Nebenstrafen und Maßregeln der Besserung und Sicherung, wie etwa ein Kontakt- oder Näherungsverbot, können hinzukommen.

Welche Rolle spielt die Ernsthaftigkeit der Drohung im Strafverfahren?

Für eine Strafbarkeit muss die Drohung als ernst gemeint erscheinen. Das Gericht prüft, ob die Ankündigung nach dem objektiven Empfängerhorizont geeignet war, beim Bedrohten ernstliche Furcht hervorzurufen. Es genügt, wenn der durchschnittliche Empfänger die Drohung ernst nimmt, unabhängig davon, ob der Täter subjektiv tatsächlich bereit ist, die angedrohte Tat zu begehen. Bloße Unmutsäußerungen, Übertreibungen oder Scherze fallen nicht unter den Straftatbestand, sofern sie nicht als ernst gemeinte Drohung verstanden werden konnten. Entscheidend ist hierbei stets die Perspektive des Bedrohten und der Umstände der Äußerung (etwa Tonfall, Situation, Beziehung der Beteiligten).

Ist eine Anzeige wegen Bedrohung zwingend für die Strafverfolgung?

Bedrohung ist ein sogenanntes Offizialdelikt. Das bedeutet, dass die Strafverfolgungsbehörden wie Polizei und Staatsanwaltschaft von Amts wegen eingreifen, sobald sie Kenntnis von einer strafbaren Bedrohung erhalten. Eine Anzeige durch das Opfer ist nicht zwingend erforderlich, wird jedoch in der Praxis häufig benötigt, damit die Ermittlungsbehörden aktiv werden können. Selbst wenn das Opfer später auf eine Strafverfolgung verzichten möchte, sind Polizei und Staatsanwaltschaft grundsätzlich verpflichtet, das Verfahren weiterzuführen, sofern keine besonderen Gründe dagegen sprechen.

Kann eine Bedrohung auch in digitalen Medien (z.B. per WhatsApp, E-Mail) strafbar sein?

Ja, der Tatbestand der Bedrohung ist technikneutral und gilt unabhängig von der Kommunikationsform. Drohungen, die per SMS, E-Mail, Messenger oder über Online-Plattformen ausgesprochen werden, erfüllen gleichermaßen die Voraussetzungen des § 241 StGB wie mündliche Äußerungen oder schriftliche Briefe. Auch hier muss es sich um die Ankündigung eines Verbrechens handeln, das nach den Umständen des Einzelfalls als ernst gemeint erscheint. In der digitalen Kommunikation kann zudem durch eine fortlaufende oder wiederholte Kontaktaufnahme – etwa im Rahmen des sogenannten Cyberstalkings – eine zusätzliche Strafbarkeit nach § 238 StGB (Nachstellung) bestehen.

Wie unterscheidet sich der Begriff der Bedrohung von Nötigung oder Beleidigung im Strafrecht?

Die Bedrohung nach § 241 StGB fokussiert sich auf die ernsthafte Ankündigung eines Verbrechens gegen das Opfer oder nahestehende Personen. Die Nötigung nach § 240 StGB hingegen verlangt, dass der Täter das Opfer „mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel“ zu einem bestimmten Verhalten zwingt. Die Drohung in diesem Zusammenhang muss kein Verbrechen, sondern lediglich ein „empfindliches Übel“ betreffen. Die Beleidigung (§ 185 StGB) wiederum stellt ehrverletzende Äußerungen unter Strafe, unabhängig von einer Androhung zukünftiger Handlungen. In der Praxis überschneiden sich die Tatbestände jedoch häufig und können – je nach Ausgestaltung der Tat – kumulativ zur Anwendung kommen.