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Bayerisches Oberstes Landesgericht


Bayerisches Oberstes Landesgericht

Das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) ist ein besonderes Gericht in der bayerischen Justizlandschaft und bildet die höchste Entscheidungsinstanz für bestimmte Zivilsachen, Strafsachen und weitere Rechtsgebiete im Land Bayern. Aufgrund seiner einzigartigen historischen Entwicklung und seiner speziellen Kompetenzbereiche nimmt das Gericht einen besonderen Platz sowohl innerhalb des bayerischen Rechtssystems als auch in der gesamten deutschen Gerichtsorganisation ein.


Geschichte des Bayerischen Obersten Landesgerichts

Entstehung und Entwicklung bis zur Auflösung 2005

Das Bayerische Oberste Landesgericht wurde 1948 auf Grundlage der Bayerischen Verfassung und des Gerichtsverfassungsgesetzes eingerichtet. Es war das höchste Gericht des Freistaats Bayern in Zivil-, Straf- und anderen Rechtsstreitigkeiten, die nicht in die Zuständigkeit des Bundesgerichtshofs oder anderer Bundesgerichte fielen. Mit der Neuregelung der Zuständigkeiten und der Justizreform wurde das BayObLG zum 1. Juli 2006 im Zuge eines Bundesgesetzes aufgelöst.

Wiedereinrichtung im Jahr 2018

Mit Inkrafttreten des „Gesetzes zur Wiedereinrichtung des Bayerischen Obersten Landesgerichts“ am 15. September 2018 wurde das Gericht als einziges Oberstes Landesgericht in Deutschland wiederhergestellt. Ziel war es, die bayerische Rechtsprechung zu stärken und eigenständige bayerische Rechtsentwicklung zu fördern.


Organisation und Sitz

Sitz des Gerichts

Das Bayerische Oberste Landesgericht hat seinen Sitz in München. Die Landesregierung kann Außensenate an anderen Orten einrichten.

Aufbau

Das Gericht setzt sich aus mehreren Senaten für Zivil-, Straf- und Bußgeldsachen zusammen. Vorsitz und richterlicher Dienst erfolgen durch Präsidenten, Vizepräsidenten und weitere Berufsrichterinnen sowie Berufsrichter.


Zuständigkeiten und Aufgaben

Zivilsachen

In Zivilsachen fungiert das BayObLG als Revisions- und Rechtsbeschwerdeinstanz. Es ist zuständig in Fällen, in denen nach dem Gesetz eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit von Urteilen der Landgerichte oder Oberlandesgerichte Bayern vorgesehen ist, zum Beispiel in bestimmten Familiensachen oder bei Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

Strafsachen

In Strafsachen ist das BayObLG insbesondere für Revisionen in Fällen zuständig, die landesrechtliche Vorschriften und Ordnungswidrigkeiten betreffen, sofern keine Zuständigkeit des Bundesgerichtshofs besteht. Zudem ist es als Beschwerdeinstanz bei bestimmten Entscheidungen der bayerischen Oberlandesgerichte und Landgerichte tätig.

Bußgeldsachen

Das Gericht entscheidet als Rechtsbeschwerdegericht im Bereich des Ordnungswidrigkeitenrechts, insbesondere in Verkehrsrechtsfragen und bei sonstigen landesrechtlichen Ordnungswidrigkeiten.

Weitere Aufgaben

Das BayObLG übernimmt auch besondere Aufgaben, wie etwa die Entscheidung über Meinungsverschiedenheiten zwischen verschiedenen Gerichten in Bayern (sog. Gerichtsstandsbestimmungen). Ferner kann es in Einzelfällen Vorabentscheidungen zu landesrechtlichen Fragen treffen.


Rechtsgrundlagen

Die rechtliche Grundlage des Bayerischen Obersten Landesgerichts bildet das bayerische Landesgesetz über das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLGEG). Es ergänzt die allgemeinen Vorschriften des deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) und die entsprechenden Prozessordnungen (ZPO, StPO, FamFG, OWiG).


Bedeutung für die Justiz in Bayern und Deutschland

Das BayObLG hat eine herausragende Funktion bei der Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung innerhalb des Freistaats Bayern. Da es deutschlandweit das einzige Oberste Landesgericht ist, hat es eine besondere Signalwirkung und trägt zur rechtsstaatlichen Kontrolle der Justiz bei. Es fördert zudem die Fortentwicklung des bayerischen Landesrechts.


Zusammensetzung des Gerichts

Richterinnen und Richter

Die Besetzung erfolgt durch Berufsrichterinnen und Berufsrichter mit nachgewiesener Erfahrung und Qualifikation. Das Präsidium bestimmt die Verteilung der Geschäfte und die Zusammensetzung der Spruchkörper (Senate).

Spruchkörper

Das Gericht ist in Zivil-, Straf- und Bußgeldsenate sowie erforderliche Hilfssenate unterteilt, deren genaue Zahl und Besetzung sich nach dem Geschäftsverteilungsplan richten.


Verfahren vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht

Einlegung von Rechtsmitteln

Das BayObLG nimmt insbesondere Revisionen, Rechtsbeschwerden und Beschwerden entgegen. Für die Zulässigkeit der Rechtsmittel sind die jeweiligen Prozessordnungen maßgeblich, die neben materiellrechtlichen und formellen Voraussetzungen auch Fragen der Beschwerdefähigkeit regeln.

Verfahrensablauf und Entscheidung

Nach Einreichung eines zulässigen Rechtsmittels wird die Sache durch den zuständigen Senat geprüft und über den weiteren Fortgang entschieden. Die Verhandlung erfolgt in mündlicher Verhandlung oder im schriftlichen Verfahren.

Bindungswirkung

Entscheidungen des BayObLG binden die nachgeordneten Gerichte im Freistaat Bayern und haben damit eine weitreichende Steuerungswirkung auf die praktische Rechtsanwendung.


Kritische Würdigung und Diskussion

Die Wiedereinrichtung des Bayerischen Obersten Landesgerichts wurde kontrovers diskutiert. Befürworter betonen die Stärkung des Föderalismus und der dezentralen Justizkompetenz, während Kritiker eine überregionale Vereinheitlichung der Rechtsprechung bevorzugen. In der Praxis hat das BayObLG bislang maßgeblich zur Klärung landesrechtlicher Fragen beigetragen.


Literatur und weiterführende Informationen

  • Gesetz über das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLGEG)
  • Offizielle Webseite des Bayerischen Obersten Landesgerichts: Justiz Bayern – BayObLG
  • Gerichtsverfassungsgesetz (GVG)

Fazit

Das Bayerische Oberste Landesgericht ist ein einzigartiges Organ der bayerischen Gerichtsbarkeit, das zentrale Aufgaben innerhalb der Zivil-, Straf- und Bußgeldverfahren mit landesrechtlichem Bezug erfüllt. Es gewährleistet eine einheitliche Auslegung und Anwendung des bayerischen Rechts, fördert die Weiterentwicklung des Landesrechts und hat somit große Bedeutung für die Rechtssicherheit und Rechtsfortbildung im Freistaat Bayern.

Häufig gestellte Fragen

Welche Aufgaben hat das Bayerische Oberste Landesgericht?

Das Bayerische Oberste Landesgericht dient als oberstes Gericht im Freistaat Bayern für bestimmte Fachgerichtsbarkeiten und besitzt dabei vor allem Revisions- und Rechtsbeschwerdekompetenzen. Seine Aufgabe besteht vornehmlich darin, für eine einheitliche Rechtsprechung der bayerischen Gerichte in den von ihm bearbeiteten Rechtsgebieten zu sorgen. Dies umfasst insbesondere Verfahren des bayerischen Landesrechts – etwa Vergaberecht, Wettbewerbsrecht oder Angelegenheiten des Wirtschaftsstrafrechts nach bayerischem Landesrecht. Ein weiteres Aufgabenfeld ist die Entscheidung in Rechtsstreitigkeiten zwischen Gerichten des Freistaats Bayern, insbesondere in Zuständigkeitsstreitfragen. Darüber hinaus ist das Bayerische Oberste Landesgericht für bestimmte Fälle der Normenkontrolle zuständig und kann in Einzelfällen Rechtsfragen zur Wahrung der Rechtseinheit verbindlich entscheiden.

In welchen Verfahrensarten entscheidet das Bayerische Oberste Landesgericht?

Das Bayerische Oberste Landesgericht tritt vor allem in Straf-, Bußgeld-, Zivil- und bestimmten öffentlich-rechtlichen Verfahren als Revisions- oder Rechtsbeschwerdeinstanz auf. Besonders bedeutsam ist die Zuständigkeit im Bereich der Strafgerichte, beispielsweise bei Revisionen gegen Urteile der Landgerichte, wenn ein unmittelbarer Bezug zum bayerischen Landesrecht besteht. Im Bereich des Ordnungswidrigkeitenrechts fungiert das Gericht ebenfalls als Rechtsbeschwerdeinstanz. Aus dem zivilrechtlichen Bereich obliegen dem Gericht insbesondere Streitigkeiten im Wettbewerbsrecht (z.B. nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb), sofern ein bayerischer Bezug vorliegt. Daneben entscheidet es über Rechtsbehelfe für Angelegenheiten der Notare und im Bereich des Vergaberechts.

Wie ist das Bayerische Oberste Landesgericht organisatorisch aufgebaut?

Organisatorisch gliedert sich das Bayerische Oberste Landesgericht in mehrere Senate. Jeder Senat ist für bestimmte Rechtsgebiete zuständig, zum Beispiel Strafsenate oder Zivilsenate. Die genaue Geschäftsverteilung wird regelmäßig durch den Präsidenten des Gerichts festgelegt. An der Spitze des Bayerischen Obersten Landesgerichts steht der Präsident oder die Präsidentin. Die Richterinnen und Richter werden in einigen Fällen direkt vom Landtag gewählt bzw. auf Lebenszeit ernannt und sind nur dem Gesetz unterworfen. Die Geschäftsstelle und weitere Serviceeinrichtungen unterstützen die rechtsprechende Tätigkeit organisatorisch.

Welche Rechtsmittel sind am Bayerischen Obersten Landesgericht zulässig?

Das Bayerische Oberste Landesgericht wird in der Regel nicht als Tatsacheninstanz tätig, sondern prüft Rechtsfragen im Wege der Revision, der Rechtsbeschwerde oder im Rahmen von Anträgen auf gerichtliche Entscheidungen. Zulässig sind insbesondere Rechtsmittel wie Revisionen gegen Entscheidungen der bayerischen Oberlandesgerichte in Strafsachen mit besonderem bayerischen Bezug, Verfassungsbeschwerden gegen bayerische Normen auf Landesebene (sofern vorgesehen) und Rechtsbeschwerden in bestimmten Bußgeldsachen. Die Zulässigkeit der jeweiligen Rechtsmittel richtet sich nach den Vorschriften der jeweiligen Verfahrensordnungen (z.B. Strafprozessordnung, Zivilprozessordnung, Verwaltungsgerichtsordnung).

Wie wirkt sich die Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichts auf andere bayerische Gerichte aus?

Die Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts haben Leitbildfunktion für alle Gerichte des Freistaats Bayern in den betreffenden Rechtsgebieten. Die untergeordneten Gerichte sind zwar formal nicht an die Urteile gebunden, folgen jedoch in der Praxis den Entscheidungen zur Sicherstellung einer einheitlichen Rechtsprechung. Insbesondere in norminterpretierenden Grundsatzentscheidungen, die häufig auf wiederkehrende Fragestellungen abzielen, wird das Bayerische Oberste Landesgericht als maßgebliche Instanz angesehen. Bei widersprechender Rechtsprechung anderer bayerischer Gerichte kann es durch seine Entscheidungen für Rechtsklarheit und Rechtssicherheit sorgen.

In welchen Fällen ist das Bayerische Oberste Landesgericht eine letzte Instanz?

Das Bayerische Oberste Landesgericht ist insbesondere dann die letztinstanzliche Entscheidungsinstanz, wenn Bundesrecht die Zuständigkeit nicht dem Bundesgerichtshof oder einem anderen Bundesgericht zuweist und es sich um reines bayerisches Landesrecht handelt. Klassische Fälle sind Normenkontrollverfahren zu bayerischen Rechtsnormen und bestimmte Straf- sowie Bußgeldverfahren mit ausschließlich landesrechtlichem Hintergrund. Auch bei Zuständigkeitsstreitigkeiten zwischen bayerischen Gerichten entscheidet das Bayerische Oberste Landesgericht letztinstanzlich. Entscheidungen des Gerichts sind in diesen Fällen abschließend und können nicht weiter mit ordentlichen Rechtsmitteln angefochten werden.

Wie wird das Bayerische Oberste Landesgericht personell besetzt?

Die Mitglieder des Bayerischen Obersten Landesgerichts werden nach dem Bayerischen Richtergesetz ernannt. Die Ernennung erfolgt durch den Bayerischen Ministerpräsidenten nach Wahl durch den Landtag beziehungsweise entsprechende Vorschläge des Justizministeriums. Die Richterinnen und Richter müssen die Befähigung zum Richteramt besitzen und zeichnen sich häufig durch langjährige Erfahrung in der Rechtsprechung oder Verwaltung der bayerischen Justiz aus. Für besondere Verfahren werden teils auch hauptamtliche und nebenamtliche Richter eingesetzt, wobei auf die Einhaltung höchster Qualifikations- und Unparteilichkeitsstandards Wert gelegt wird.