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Bauträgervertrag


Definition und rechtliche Grundlagen des Bauträgervertrags

Der Bauträgervertrag ist ein im deutschen Immobilienrecht und Vertragsrecht verankerter Vertragstyp, der insbesondere beim Erwerb von Neubauimmobilien oder noch zu errichtenden Gebäuden von großer Bedeutung ist. Kennzeichnend für den Bauträgervertrag ist die Verbindung eines Grundstückskaufvertrags mit der Verpflichtung zur Errichtung eines Bauwerks durch den Bauträger. Der Vertrag regelt umfassend Inhalt, Umfang und Modalitäten sowohl der Eigentumsübertragung des Grundstücks als auch der Bauleistungen.

Die gesetzlichen Vorgaben für Bauträgerverträge finden sich insbesondere in den §§ 650u bis 650y des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sowie im Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV). Darüber hinaus sind Vorschriften aus dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) relevant, sofern es sich um Eigentumswohnungen handelt.


Charakteristika und Vertragsbestandteile

Doppelcharakter des Bauträgervertrags

Der Bauträgervertrag ist ein sogenannter Mischvertrag, der Elemente des Grundstückskaufvertrags und des Werkvertrags kombiniert.

  • Kaufvertraglicher Anteil: Übertragung von Immobilieneigentum oder Miteigentumsanteilen an Grundstücken.
  • Werkvertraglicher Anteil: Verpflichtung des Bauträgers zur schlüsselfertigen Herstellung des Bauwerks.

Erforderliche Vertragsinhalte

Wesentliche Inhalte und Regelungspunkte eines Bauträgervertrags sind:

  • Identifizierung der Vertragsparteien: Angaben zum Bauträger und Erwerber
  • Grundstücksbeschreibung: Lage, Katasterdaten, Grundbuchbezeichnung
  • Leistungsbeschreibung: Detailbeschreibung der Bauleistung, Bau- und Ausstattungsstandard, ggf. Baubeschreibung als Anlage
  • Kaufpreis und Zahlungsmodalitäten: Zahlungspläne gemäß MaBV, Fälligkeit von Raten, Sicherheitsleistungen
  • Bauzeit und Übergabetermine: Fristen für Baubeginn, Fertigstellung und Übergabe
  • Mängelrechte und Gewährleistung: Regelungen zu Sachmängeln, Gewährleistungsfristen gemäß § 634a BGB
  • Vormerkung und Absicherung des Käufers: Auflassungsvormerkung zur Sicherung des Eigentumserwerbs im Grundbuch
  • Zustimmung zur Teilungserklärung: Bei Wohnungseigentum Zustimmung zur Gemeinschaftsordnung/des Sondernutzungsrechts
  • Vertragsstrafen: Regelungen für den Fall des Verzugs

Gesetzliche Voraussetzungen und notarielle Beurkundung

Schriftform und notarielle Beurkundungspflicht

Nach § 311b Abs. 1 BGB unterliegen Bauträgerverträge der notariellen Beurkundungspflicht. Die formgerechte Beurkundung sichert Rechtssicherheit für beide Vertragsparteien und ist Voraussetzung für die Wirksamkeit des Vertrags.

Verbraucherschutz und Informationspflichten

Bauträgerverträge unterliegen umfangreichen Informationspflichten. Der Verbraucher muss vor Vertragsschluss ausreichend Gelegenheit zur Prüfung des Vertrags und der wirtschaftlichen Risiken erhalten. Der Notar ist verpflichtet, den Erwerber umfassend zu belehren. Die Vertragsunterlagen müssen dem Erwerber mindestens zwei Wochen vor Beurkundung zur Verfügung gestellt werden (§ 17 Abs. 2a BeurkG).

Vormerkung zur Sicherung des Erwerbers

Zur Absicherung des Erwerbers wird nach Vertragsschluss eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen. Diese schützt vor nachträglichen Verfügungen des Bauträgers über das Grundstück (beispielsweise erneute Verkäufe oder Belastungen).


Kaufpreiszahlung und Sicherungsmechanismen

Staffelung der Kaufpreiszah­lung nach MaBV

Die Makler- und Bauträgerverordnung schreibt eine staffelweise Zahlung des Kaufpreises vor. Zahlungsraten dürfen jeweils nur nach Baufortschritt und entsprechend festgelegter Bautenstände gefordert werden. Ein gängiges Modell nach MaBV ist beispielsweise:

  • 30 % nach Fertigstellung des Rohbaus inklusive Zimmerarbeiten
  • 28 % nach Fertigstellung Dach und Rohinstallation
  • 5 % bei Fassadenfertigstellung
  • 20 % bei Bezugsfertigkeit
  • 2 % nach vollständiger Fertigstellung

Sicherheiten und Schutzmechanismen

Um das Risiko eines Verlusts erheblicher Vorauszahlungen bei Insolvenz des Bauträgers zu verringern, greift folgendes Sicherungsregime:

  • Abschlagszahlungen erfolgen nur nach Baufortschritt und nach Eintragung der Auflassungsvormerkung
  • Fertigstellungs- und Gewährleistungsbürgschaften gemäß § 650m BGB und § 12 MaBV
  • Absicherung durch notarielle Kaufpreisfälligkeitserklärung

Rechte und Pflichten der Vertragsparteien

Pflichten des Bauträgers

  • Herstellung der Immobilie gemäß Baubeschreibung und Plänen
  • Verschaffung des lastenfreien Eigentums (außer der zu übernehmenden Belastungen)
  • Beseitigung von Baumängeln und Nachbesserung
  • Einhaltung von Baufristen und termingerechte Übergabe

Rechte des Erwerbers

  • Anspruch auf mängelfreies Werk nach Bürgerlichem Gesetzbuch
  • Recht auf Eintrag einer Vormerkung im Grundbuch
  • Anspruch auf Eigentumsübertragung nach vollständiger Kaufpreiszahlung
  • Rücktrittsrechte bei schwerwiegenden Vertragsverletzungen des Bauträgers

Mängelrechte und Gewährleistung

Die Mängelrechte des Erwerbers entsprechen grundsätzlich den werkvertraglichen Vorschriften §§ 634 ff. BGB.

  • Nacherfüllung: Anspruch auf Beseitigung festgestellter Mängel
  • Selbstvornahme: Erstattung der Kosten selbst vorgenommener Mangelbeseitigung bei fruchtlosem Ablauf einer Nachfrist
  • Rücktritt und Minderung: Rücktritt vom Vertrag oder Minderung, falls die Herstellung fehlschlägt oder verweigert wird
  • Schadensersatz: Ersatz für durch Mängel verursachte Schäden
  • Gewährleistungsfrist: In der Regel fünf Jahre ab Abnahme des Bauwerks (§ 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB)

Sonderformen und Abgrenzung

Abgrenzung zu anderen Vertragstypen

Der Bauträgervertrag unterscheidet sich vom reinen Bauvertrag dadurch, dass der Erwerber hier nicht bloßer Besteller der Bauleistung, sondern auch Käufer des Grundstücks ist. Beim Bauvertrag ist der Bauherr bereits Eigentümer des Grundstücks.

Bauträgervertrag und Wohnungseigentum

Im Bereich des Wohnungseigentumsrechts kommt dem Bauträgervertrag besondere Bedeutung zu, da der Erwerb von noch zu errichtenden Eigentumswohnungen regelmäßig durch Bauträgerverträge abgewickelt wird. Die Schaffung von Wohnungseigentum erfolgt durch Teilungserklärung, zu deren Inhalt und Akzeptanz der Erwerber verpflichtet wird.


Rechtliche Risiken und Streitpunkte

Hauptstreitpunkte bei Bauträgerverträgen sind häufig:

  • Verzug bei Bauzeit und Übergabeterminen
  • Unzureichende oder fehlerhafte Bauausführung
  • Unklare bzw. unvollständige Baubeschreibungen
  • Verzögerung der Eigentumsumschreibung bei Insolvenz des Bauträgers

Rechtsschutzmöglichkeiten

Erwerber können sich gegen Vertragsverstöße durch Einleitung von Gewährleistungsverfahren, Zurückbehaltung von Zahlungen bis zur Mängelbeseitigung oder unter bestimmten Voraussetzungen durch Rücktritt vom Vertrag schützen. Klagen auf Nacherfüllung oder Schadensersatz sind beim zuständigen Zivilgericht möglich.


Fazit

Der Bauträgervertrag stellt einen komplexen und umfangreich geregelten Vertragstyp im deutschen Immobilienrecht dar, der dem Erwerber umfangreiche Schutzrechte gewährt, aber auch Verpflichtungen und Risiken birgt. Die notarielle Beurkundung bildet das zentrale Element der Vertragsgestaltung und -abwicklung. Umfangreiche gesetzliche Regelungen sorgen für eine ausgewogene Interessenwahrnehmung beim Erwerb von noch zu errichtenden Immobilien- sowohl für den Bauträger als auch für den Erwerber. Eine sorgfältige Prüfung und Abwicklung des Bauträgervertrags ist wesentlich für einen rechtssicheren und erfolgreichen Immobilienerwerb im Neubausegment.


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Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Prüfungen sind vor Unterzeichnung eines Bauträgervertrags zu beachten?

Vor der Unterzeichnung eines Bauträgervertrags ist es zwingend erforderlich, den Vertragsentwurf im Hinblick auf die Einhaltung sämtlicher gesetzlicher Vorschriften sorgfältig zu prüfen. Dies betrifft insbesondere die Vorgaben des § 650u BGB, nach denen der Vertrag bestimmte Mindestinhalte, wie eine genaue Baubeschreibung, Angaben zu Baufristen, Zahlungspläne nach Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV), Sicherheiten, das Datum der Fertigstellung sowie Regelungen zu Abnahme und Gewährleistung enthalten muss. Ferner ist zu kontrollieren, ob die im Vertrag bezeichneten Bau- und Leistungsbeschreibungen eindeutig sind und ob Abweichungen und Nachträge transparent geregelt werden. Sollte die notarielle Beurkundung noch ausstehen, so besteht ein gesetzliches Recht auf eine Prüfungsfrist von mindestens zwei Wochen vor dem Notartermin. Es wird empfohlen, bereits in dieser Zeit rechtliche Beratung durch einen im Immobilienrecht spezialisierten Anwalt einzuholen, um unklare oder für den Erwerber nachteilige Klauseln frühzeitig zu identifizieren und gegebenenfalls nachverhandeln zu können.

Wie ist die rechtliche Bindung an den Bauträgervertrag vor und nach der notariellen Beurkundung geregelt?

Erst mit der notariellen Beurkundung wird ein Bauträgervertrag rechtswirksam und entfaltet Bindungswirkung für beide Vertragsparteien. Davor handelt es sich bei etwaigen Vertragsanbahnungen oder Vorverträgen regelmäßig lediglich um unverbindliche Absichtserklärungen, sofern nicht explizit eine notarielle Vorvereinbarung getroffen wurde. Gemäß § 311b Abs. 1 BGB bedarf jeder Vertrag, der die Verpflichtung zur Übertragung von Eigentum an einem Grundstück enthält, der notariellen Form. Verstöße gegen dieses Formerfordernis führen zur Nichtigkeit des Vertrags. Nach erfolgter Beurkundung ist der Erwerber an die im Vertrag getroffenen Regelungen gebunden. Ein Rücktritt ist dann nur noch unter bestimmten im Vertrag festgelegten oder gesetzlich vorgesehenen Gründen möglich, etwa im Falle erheblicher Mängel, Nichterfüllung des Bauträgers oder vereinbarter Rücktrittsklauseln.

Welche rechtlichen Sicherheiten bestehen für den Erwerber im Bauträgervertrag?

Zum Schutz des Erwerbers schreibt die Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV) zwingende rechtliche Sicherungsmechanismen vor. Zentral ist hierbei die Pflicht des Bauträgers, die Zahlung des Kauf- und Werkpreises des Erwerbers durch einen sogenannten „vereinbarten Zahlungsplan“ abzusichern, der nur Zahlungen nach Baufortschritt erlaubt. Darüber hinaus ist der Bauträger verpflichtet, dem Erwerber eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch einzuräumen, um sicherzustellen, dass keine Verfügungen am Grundstück zu Lasten des Erwerbers vorgenommen werden. Ferner bestehen Ansprüche auf mängelfreie Erstellung des Bauwerks nach den Gewährleistungsbestimmungen des BGB (§§ 634 ff.), wobei insbesondere die fünfjährige Gewährleistungsfrist zu beachten ist. Auch der Schutz vor Insolvenz des Bauträgers wird durch Sicherungsmodelle, wie die Auskehrung des Kaufpreises erst gegen Nachweis bestimmter Voraussetzungen (Unbedenklichkeitsbescheinigung, Versicherung, Fertigstellungsnachweis), gewährleistet.

Wann besteht ein Rücktrittsrecht vom Bauträgervertrag?

Ein Rücktrittsrecht vom Bauträgervertrag ist im deutschen Recht nicht generell vorgesehen, sondern hängt entweder von gesetzlichen Sonderfällen oder ausdrücklich im Vertrag geregelten Rücktrittsklauseln ab. Gesetzlich kann der Erwerber beispielsweise nach § 323 BGB bei erheblicher Pflichtverletzung des Bauträgers, wie etwa schwerwiegendem Verzug oder gravierenden Baumängeln, zurücktreten. Weitere Rücktrittsrechte können durch Vereinbarung von auflösenden Bedingungen oder speziellen Regelungen im Vertrag geschaffen werden, etwa bei Nichtgewährung einer Finanzierung oder bei Nichterfüllung bestimmter behördlicher Voraussetzungen. Der Rücktritt ist stets durch den Erwerber unter Einhaltung bestimmter Formvorschriften schriftlich zu erklären und kann mitunter Schadensersatzansprüche nach sich ziehen.

Wie sind Bauzeit und Fertigstellung rechtlich geregelt?

Die Bauzeit und der Fertigstellungstermin müssen im Bauträgervertrag detailliert festgelegt sein, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden. Hierzu empfiehlt sich die Vereinbarung eines festen Fertigstellungstermins oder zumindest von klar definierten Fristen, welche für den Beginn und die Übergabe der Immobilie gelten. Im Falle von Verzögerungen können vertragliche Regelungen zu Vertragsstrafen im Sinne des § 340 BGB aufgenommen werden. Fehlt eine explizite Regelung, gilt eine Fertigstellung „innerhalb angemessener Zeit“. Der Bauträger schuldet die rechtzeitige Fertigstellung, und bei unangemessener Verzögerung entstehen dem Erwerber Ansprüche auf Schadensersatz oder gegebenenfalls ein Recht zur außerordentlichen Kündigung.

Welche Besonderheiten gelten für den Zahlungsplan gemäß MaBV?

Der Zahlungsplan nach MaBV (§ 3 Abs. 2 MaBV) regelt, in welchen Intervallen und bei Erreichen welcher Bautenstände der Erwerber Zahlungen an den Bauträger leisten darf. Die jeweiligen Abschlagszahlungen sind zwingend an nachprüfbare Baufortschritte gebunden, wie etwa Erdarbeiten, Fertigstellung des Rohbaus, Dach, Fenster, Innenausbau etc. Die Höhe der einzelnen Raten ist gesetzlich limitiert und darf bestimmte Prozentsätze des Gesamtpreises nicht überschreiten. Zweck dieser Bestimmungen ist die Verhinderung von Vorleistungen des Erwerbers, die im Falle einer Bauträgerinsolvenz zu einem Totalverlust führen könnten. Die nicht ordnungsgemäße Gestaltung des Zahlungsplans durch den Bauträger kann zur Unwirksamkeit entsprechender Zahlungsforderungen führen.

Wie ist die rechtliche Abnahme des Bauwerks geregelt?

Die Abnahme stellt einen wesentlichen rechtlichen Meilenstein im Bauträgervertrag dar. Mit der (förmlichen) Abnahme bestätigt der Erwerber dem Bauträger, dass die Bauleistungen im Wesentlichen vertragsgemäß erbracht wurden und übernimmt damit das Werk mit allen Rechten und Pflichten. Im Regelfall wird hierfür ein gemeinsamer Abnahmetermin vereinbart, bei dem etwaige Mängel dokumentiert und ein schriftliches Abnahmeprotokoll erstellt werden. Mit Abnahme beginnt die gesetzliche Gewährleistungsfrist. Kommt es zur Abnahmeverweigerung, so muss der Erwerber diese aufgrund gravierender, dokumentierter Mängel begründen. Wird das Werk trotz Kenntnis von Mängeln in Besitz genommen und genutzt, gilt dies im Normalfall als konkludente Abnahme. Einbehalte dürfen im Falle bestehender Mängel vertraglich geregelt werden, um die nachträgliche Beseitigung sicherzustellen.