Begriff und rechtliche Einordnung der Bandenhehlerei
Die Bandenhehlerei ist ein Straftatbestand des deutschen Strafrechts, der die Beteiligung an bandenmäßig organisierten Hehlereihandlungen unter Strafe stellt. Sie erweitert den strafrechtlichen Schutz vor Vermögensdelikten und dient insbesondere der effektiven Bekämpfung von organisierten, wiederholten Straftaten, bei denen sich die Beteiligten zur fortgesetzten Begehung von Hehlerei in einer Bande zusammenschließen. Die Bandenhehlerei ist insbesondere im Zusammenhang mit der Bekämpfung organisierter Kriminalität und des organisierten Diebstahls sowie Raubes von hoher praktischer Bedeutung.
Gesetzliche Regelung
§ 260 StGB – Bandenhehlerei
Die Bandenhehlerei ist in § 260 des Strafgesetzbuchs (StGB) geregelt. Der Gesetzestext besagt:
„Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Diebstahl oder Raub verbunden hat, unter Mitwirkung eines weiteren Bandenmitglieds eine Hehlerei begeht.“
Verhältnis zu anderen Straftatbeständen
Die Bandenhehlerei ist eine Qualifikation der Hehlerei (§ 259 StGB). Sie knüpft zudem an die Straftaten des Diebstahls (§ 242 StGB), des schweren Diebstahl (§ 243 StGB) und des Raubes (§ 249 StGB) an, da das Hehlereigut aus einer solchen Vortat stammen muss. Die Bandenhehlerei ist eine eigenständige Straftat mit erhöhtem Strafrahmen und sanktioniert das erhöhte Unrecht und die Gefährlichkeit des bandenmäßigen Vorgehens.
Tatbestandsmerkmale der Bandenhehlerei
1. Hehlereihandlung
Im Zentrum steht eine Hehlereihandlung nach § 259 StGB, das heißt, es wird eine Sache, die aus einer rechtswidrigen Tat (insbesondere Diebstahl oder Raub) stammt, in Kenntnis ihrer Herkunft angekauft, sich oder einem Dritten verschafft, abgesetzt oder deren Absetzen oder Absatz vermittelt. Die Strafbarkeit betrifft somit die Verwertung von Diebesgut oder Raubgut nach der Vortat.
2. Bande
Eine Bande ist ein Zusammenschluss von mindestens drei Personen mit dem Willen, künftig für längere Dauer mehrere selbstständige, im Einzelnen noch unbestimmte Straftaten zu begehen. Wesentlich ist dabei der Bandenbezug:
- Der Täter muss ein Bandenmitglied sein.
- Die Hehlereihandlung muss unter Mitwirkung mindestens eines weiteren Bandenmitglieds stattfinden.
- Die Bande muss sich zur Begehung von Diebstahl oder Raub zusammengeschlossen haben.
3. Vortat
Die für die Hehlerei maßgebliche Vortat muss eine durch die Bande begangene Tat sein, nämlich Diebstahl (§ 242 StGB) oder Raub (§ 249 StGB) oder eine dieser Vorschriften entsprechende ausländische Tat.
4. Mitwirkung eines weiteren Bandenmitglieds
Ein wesentliches Qualifikationsmerkmal ist, dass nicht nur ein Bandenmitglied die Tat begeht, sondern mindestens ein weiteres Bandenmitglied an der Ausführung beteiligt ist. Damit soll sichergestellt werden, dass es sich tatsächlich um straftypisch bandenmäßiges Vorgehen handelt.
Rechtsfolgen und Strafmaß
Für die Bandenhehlerei ist ein erhöhter Strafrahmen vorgesehen:
- Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.
Somit handelt es sich um ein Verbrechen (nach § 12 Abs. 1 StGB). Die Qualifikation rechtfertigt sich aus der besonderen Gefährlichkeit und erhöhten kriminellen Energie, die einer bandenmäßig organisierten Hehlerei typischerweise innewohnt.
Zusätzlich ist nach § 73 StGB in vielen Fällen die Einziehung der Taterträge oder Tatmittel möglich.
Abgrenzungen zu anderen Delikten
Einfache Hehlerei (§ 259 StGB)
Die Bandenhehlerei ist von der einfachen Hehlerei zu unterscheiden, die bereits durch den Erwerb oder die Verwertung von rechtswidrig erlangten Sachen erfüllt sein kann. Die Bandenhehlerei setzt jedoch zusätzlich die bandenmäßige Organisation und die Beteiligung eines weiteren Bandenmitglieds an der konkreten Tat voraus.
Bandendiebstahl und Bandenraub
Die Bandenhehlerei ist zu trennen vom Bandendiebstahl (§ 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB) und Bandenraub (§ 250 Abs. 1 Nr. 2 StGB), bei denen das Ausführen der Eigentums- oder Gewaltdelikte im Vordergrund steht. Die Bandenhehlerei knüpft dagegen an die nachgelagerte Vermarktung an.
Versuch und Beteiligung
Der Versuch der Bandenhehlerei ist nach allgemeiner Ansicht strafbar (§ 260 Abs. 2 i. V. m. § 23 StGB). Gleiches gilt für die Teilnahmeformen Mittäterschaft und Beihilfe gemäß den allgemeinen Regeln des Strafrechts.
Bedeutung in der Praxis
Die Bandenhehlerei spielt in der Praxis insbesondere dort eine Rolle, wo organisierte Gruppen zielgerichtet Diebesgut oder Raubgut systematisch weiterveräußern oder in den Verkehr bringen. Häufig finden sich derartige Konstellationen beispielsweise im Bereich des Kfz-Diebstahls, der organisierten Lageraufbrüche oder im Handel mit hochwertigen technischen Geräten, Fahrrädern, Baumaschinen und Werkzeugen.
Besonderheiten der Strafverfolgung
Ermittlung und Beweisführung
Wegen des typischerweise organisierten Vorgehens stellt die Tatbestandsverwirklichung hohe Anforderungen an die Ermittlungs- und Beweisarbeit der Strafverfolgungsbehörden. Insbesondere muss die bandenmäßige Organisation nachgewiesen werden, was häufig umfangreiche Observationen, Überwachungsmaßnahmen und Auswertungen von Telekommunikationsdaten erfordert.
Verjährungsfrist
Für die Bandenhehlerei gilt die regelmäßige Verjährungsfrist für Verbrechen von zehn Jahren (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 StGB).
Verhältnis zum Ausland und internationale Dimension
Da Bandenhehlerei häufig im Zusammenhang mit grenzüberschreitender Kriminalität steht, ist das Delikt auch im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit von Bedeutung. Deutsche Gerichte sind nach den allgemeinen Regeln des internationalen Strafrechts (§§ 3 ff. StGB) zur Ahndung auch von im Ausland begangenen Taten zuständig, sofern ein Bezug zum Inland besteht.
Zusammenfassung
Die Bandenhehlerei ist ein eigenständiger Qualifikationstatbestand der Hehlerei im deutschen Strafrecht. Sie dient der besonders wirksamen Bekämpfung von organisierten Formen der Hehlerei, indem sie den Zusammenschluss mehrerer Täter mit dem Ziel der fortgesetzten Begehung von Diebstahl- oder Raubhehlerei unter strengere Sanktionen stellt. Der Straftatbestand ist von hoher praktischer Bedeutung im Kampf gegen die organisierte Kriminalität und stellt eine besondere Herausforderung für die Strafverfolgungsorgane dar.
Weiterführende Rechtsnormen und Literatur
- § 259 StGB – Hehlerei
- § 260 StGB – Bandenhehlerei
- § 244 StGB – Besonders schwerer Fall des Diebstahls
- § 249 StGB – Raub
- § 250 StGB – Schwerer Raub
- § 73 StGB – Einziehung
Für eine weitergehende wissenschaftliche Vertiefung bieten sich aktuelle Kommentare zum StGB, wie der „Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch“ oder der „Leipziger Kommentar“ an.
Häufig gestellte Fragen
Welche Strafen drohen bei einer Verurteilung wegen Bandenhehlerei?
Bei einer Verurteilung wegen Bandenhehlerei sieht das deutsche Strafgesetzbuch (StGB) im § 260a eine besonders schwere Strafe vor, da das Handeln in einer Bande als strafschärfend gewertet wird. Die Mindeststrafe beträgt hier ein Jahr Freiheitsstrafe, es handelt sich demnach um ein Verbrechen. Das Höchstmaß kann – im besonders schweren Fall oder wenn schon weitere Delikte dazukommen – bis zu zehn Jahre Freiheitsstrafe betragen. Eine Geldstrafe ist explizit nicht vorgesehen. Bei der Strafzumessung kommt es auch auf die individuellen Tatbeiträge der Bandenmitglieder, das Ausmaß der Schäden, die konkret von der Bande verübten Taten und, sofern relevant, strafmildernde oder -schärfende Aspekte wie Vorstrafen oder Reue an. Die Bandenhehlerei wird wesentlich schärfer geahndet als die „einfache“ Hehlerei, weil der Gesetzgeber eine erhöhte kriminelle Energie und eine erhöhte Gefahr für die Allgemeinheit annimmt.
Wann gilt ein Zusammenschluss als „Bande“ im Sinne der Bandenhehlerei?
Für die Annahme einer Bande im Sinne des Strafrechts genügt nicht jede bloße Gruppenbildung. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) ist eine Bande ein Zusammenschluss von mindestens drei Personen, die sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbstständige, im Einzelnen noch ungewisse, Straftaten – hier konkret: Hehlereitaten – zu begehen. Es geht also nicht um eine einmalige Tat, sondern um eine auf eine gewisse Dauer angelegte Zusammenarbeit im Sinne einer arbeitsteiligen Kriminalitätsstruktur. Maßgeblich ist dabei nicht die organisatorische Ausgestaltung wie ein „fester Verein“, sondern die gemeinsame Absprache, künftig in wechselnder Beteiligung Straftaten zu begehen.
Kann auch derjenige bestraft werden, der nur einen untergeordneten Beitrag zur Bandenhehlerei leistet?
Ja, im Strafrecht wird grundsätzlich jedes Bandenmitglied bestraft, unabhängig davon, wie maßgeblich der eigene Tatbeitrag ist. Es reicht aus, dass der Betreffende Teil der Bande ist und mit dem Vorsatz handelt, auch in Zukunft weitere Hehlereitaten der Bande zu begünstigen. Der Umfang und die Art der Beteiligung können bei der Strafzumessung berücksichtigt werden, führen aber nicht zum Wegfall der strafrechtlichen Verantwortlichkeit. Der klassische „Logistiker“ oder z.B. ein „Kurier“ innerhalb der Bande macht sich ebenso wegen Bandenhehlerei strafbar wie die sogenannten „Kerntäter“.
Welche Rolle spielt der Vorsatz bei der Bandenhehlerei?
Vorsatz ist ein zentrales Tatbestandsmerkmal. Bei der Bandenhehlerei muss der Täter nicht nur vorsätzlich bezüglich der Hehlerei handeln (also wissen, dass der Gegenstand aus einer Straftat herrührt und dennoch annehmen, verkaufen oder absetzen), sondern auch bezüglich des Zusammenwirkens innerhalb einer Bande. Dazu gehört das Bewusstsein, dass es sich um eine auf Dauer angelegte kriminelle Vereinigung handelt, deren Ziel die wiederholte gemeinschaftliche Begehung von Hehlereitaten ist. Ein unbeabsichtigtes oder fahrlässiges Mitwirken an einer Hehlerei kann nicht als Bandenhehlerei gewertet werden.
Welche Unterschiede bestehen zwischen Hehlerei, gewerbsmäßiger Hehlerei und Bandenhehlerei?
Hehlerei (§ 259 StGB) betrifft die Unterstützung der Verwertung rechtswidrig erlangter Sachen aus einer Vortat, beispielsweise Diebstahl. Die „gewerbsmäßige Hehlerei“ (§ 260 StGB) liegt vor, wenn der Täter sich hieraus eine fortlaufende Einkommensquelle verschaffen möchte; sie wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Die Bandenhehlerei (§ 260a StGB) ist die qualifizierte Form, bei der mindestens drei Personen als Bande agieren und die Straftaten arbeitsteilig begehen, was regelmäßig mit höheren Mindeststrafen verbunden ist (ab einem Jahr, da Verbrechenstatbestand).
Ist eine Versuchsstrafbarkeit bei Bandenhehlerei möglich?
Ja, der Versuch der Bandenhehlerei ist nach § 260a Abs. 3 i.V.m. § 260 Abs. 5 StGB ausdrücklich strafbar. Bereits das Ansetzen zur Tat (etwa das vereinbarte Abholen einer gestohlenen Ware durch die Bande, auch wenn es am Ende nicht zum Erwerb des Hehlgutes kommt) kann als strafbarer Versuch gewertet werden. Die Strafandrohung reduziert sich zwar im Bereich des Versuchs oftmals, aber auch hier droht in der Regel eine erhebliche Freiheitsstrafe, je nach Einzelfall und Rücktrittsmöglichkeiten des Täters.
Gibt es besondere Verjährungsfristen für Bandenhehlerei?
Die Verjährungsfrist berechnet sich nach dem Höchstmaß der angedrohten Strafe. Bei Bandenhehlerei, die mit einer Höchststrafe von mindestens zehn Jahren geahndet wird, beträgt die Verjährungsfrist gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 3 StGB in der Regel zehn Jahre. Das heißt, nach Ablauf dieser Zeit kann eine Strafverfolgung nicht mehr erfolgen. Im Einzelfall kann die Frist durch verfahrensrechtliche Maßnahmen, etwa durch die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens oder richterliche Beschlüsse, unterbrochen werden, wodurch sie erneut zu laufen beginnt.