Ausweismissbrauch: Begriff, Bedeutung und rechtlicher Rahmen
Ausweismissbrauch bezeichnet die unbefugte Verwendung eines echten, für eine andere Person ausgestellten Identitätsdokuments oder das Überlassen eines solchen Dokuments zur unbefugten Nutzung. Geschützt wird die Verlässlichkeit der Identitätsfeststellung im öffentlichen und privaten Rechtsverkehr sowie das Vertrauen in staatlich ausgestellte Ausweisdokumente. Anders als bei gefälschten Dokumenten geht es beim Ausweismissbrauch regelmäßig um echte, unveränderte Ausweise, die jedoch von der falschen Person verwendet werden.
Was gilt als Ausweis im rechtlichen Sinn?
Als Ausweis werden amtliche Dokumente verstanden, die zur Feststellung der Identität bestimmt sind. Dazu zählen insbesondere nationale Personalausweise, Reisepässe und vergleichbare behördliche Identitätsnachweise. Ausländische amtliche Identitätsdokumente fallen ebenso darunter, wenn sie hierzulande zur Identitätsprüfung eingesetzt werden. Keine Ausweise in diesem engeren Sinn sind rein private Mitgliedskarten oder Kundenkarten, auch wenn sie ein Foto oder persönliche Daten enthalten.
Tatbestandsmerkmale des Ausweismissbrauchs
Unbefugte Verwendung eines fremden Ausweises
Ausweismissbrauch liegt vor, wenn jemand einen echten Ausweis, der auf eine andere Person ausgestellt ist, verwendet, um sich gegenüber einer prüfenden Stelle als diese Person auszugeben oder um eine Identitätsprüfung zu umgehen. Unbefugt ist die Verwendung insbesondere dann, wenn die Identität der vorlegenden Person geprüft werden soll. Unerheblich ist in der Regel, ob der eigentliche Inhaber damit einverstanden ist.
Überlassen oder Verschaffen zur unbefugten Nutzung
Auch das Überlassen des eigenen Ausweises an Dritte zum Zweck der unbefugten Verwendung ist rechtlich relevant. Wer sein Dokument herausgibt, damit eine andere Person sich damit ausweist, kann sich ebenfalls verantwortlich machen. Das gilt auch für das gezielte Beschaffen eines fremden Ausweises zur späteren unbefugten Verwendung.
Vorsatz, Wissen und Irrtum
Erforderlich ist grundsätzlich, dass die handelnde Person weiß, dass der Ausweis nicht ihr eigener ist, und ihn dennoch zur Täuschung im Rechtsverkehr einsetzen will. Ein bloßes Versehen kann die rechtliche Bewertung verändern, etwa wenn erkennbar ohne Täuschungsabsicht gehandelt wurde. Die Abgrenzung erfolgt nach den Umständen des Einzelfalls.
Gebrauchen gegenüber einer prüfenden Stelle
Rechtlich bedeutsam ist das Vorzeigen oder Einsetzen des Ausweises gegenüber einer Person oder Stelle, die die Identität prüfen soll, etwa bei Behörden, Banken, Transportunternehmen oder Zutrittskontrollen. Bloßes Mitführen ohne Verwendung erfüllt den Kern des Missbrauchs regelmäßig nicht.
Abgrenzung zu anderen Rechtsverstößen
Urkundenfälschung
Beim Ausweismissbrauch wird ein echtes Dokument unbefugt verwendet. Demgegenüber betrifft Urkundenfälschung die Herstellung, Veränderung oder Verwendung unechter oder verfälschter Dokumente. Beide Bereiche können zusammentreffen, etwa wenn ein echter Ausweis zusätzlich manipuliert wird.
Identitätsdiebstahl und Datenmissbrauch
Die missbräuchliche Verwendung von personenbezogenen Daten (Name, Geburtsdatum, Ausweisnummer) ohne körperliches Dokument ist ein eigener Themenbereich. Je nach Vorgehensweise kommen andere Straf- oder Datenschutzverstöße in Betracht, etwa beim Ausfüllen von Online-Anträgen mit fremden Daten.
Falsche Personalien
Die bloße falsche Namensangabe ohne Einsatz eines Ausweises ist rechtlich anders zu beurteilen. Sie kann für sich genommen sanktioniert sein, unterscheidet sich jedoch vom Ausweismissbrauch, der das Benutzen eines echten amtlichen Ausweises voraussetzt.
Kopien, Scans und digitale Abbildungen
Die Verwendung von Kopien, Fotos oder Scans eines Ausweises zur Identitätsbestätigung ist nur in engen rechtlichen Grenzen zulässig. Der missbräuchliche Einsatz solcher Abbildungen kann andere Rechtsverstöße berühren, etwa im Zusammenhang mit Daten- oder Computerstraftaten. Der klassische Ausweismissbrauch erfasst primär das unbefugte Gebrauchen des originalen amtlichen Dokuments.
Typische Erscheinungsformen
- Vorzeigen eines fremden Ausweises an Einlasskontrollen, um Alters- oder Zutrittsvorgaben zu umgehen
- Abholung von Paketen oder Einschreiben unter Vorlage eines fremden Ausweises
- Registrierungen bei Banken, Mobilfunkanbietern oder für digitale Dienste unter Nutzung eines fremden Ausweises
- Verwendung eines fremden Ausweises bei Prüfungen, behördlichen Terminen oder Kontrollen
- Ausweisen an Grenzen oder in Verkehrsmitteln mit einem auf eine andere Person ausgestellten Dokument
Beteiligte und Verantwortlichkeit
Verantwortlich ist zum einen die Person, die den fremden Ausweis unbefugt gebraucht. Zum anderen kann auch der Ausweisinhaber verantwortlich sein, wenn er sein Dokument mit dem Ziel herausgibt, dass es eine andere Person zur Identitätsverschleierung nutzt. Je nach Abstimmung und Beitrag kommen auch Formen gemeinsamer Begehung in Betracht. Unternehmen oder Einrichtungen, die die Identität prüfen, werden hingegen nicht automatisch Teil der Verantwortlichkeit; ihre Rolle liegt in der Kontrolle, nicht in der Tatbegehung.
Rechtsfolgen und Sanktionen
Ausweismissbrauch ist in der Regel ein strafbares Verhalten, das mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe geahndet werden kann. Der genaue Rahmen richtet sich nach der Schwere des Einzelfalls, etwa nach Ziel und Auswirkungen des Missbrauchs sowie nach Vorbelastungen. Mögliche Nebenfolgen sind die Einziehung des missbrauchten Dokuments und Eintragungen im Register. Kommt es im Zuge des Missbrauchs zu weiteren Täuschungen oder Vermögensschäden, können zusätzliche Delikte hinzutreten, was die Sanktion erhöht.
Konkurrenzen mit anderen Rechtsverstößen
Ausweismissbrauch tritt häufig zusammen mit anderen Verhaltensweisen auf, etwa Betrug, Urkundenfälschung, Datenstraftaten oder Verstößen gegen ausländer- oder melderechtliche Pflichten. Die Abgrenzung erfolgt danach, ob zusätzlich ein Dokument verfälscht wurde, ob Vermögensvorteile erlangt wurden oder ob besondere Schutzgesetze betroffen sind. In solchen Fällen werden die einzelnen Taten rechtlich zueinander in Beziehung gesetzt, was sich auf die Gesamtbewertung auswirkt.
Jugendliche und Heranwachsende
Bei Minderjährigen oder Heranwachsenden kommt ein besonderes Sanktionssystem zur Anwendung, das die persönliche Entwicklung in den Vordergrund stellt. Gleichwohl bleibt Ausweismissbrauch auch in diesem Rahmen ein ernstzunehmendes Fehlverhalten, das zu förmlichen Maßnahmen führen kann.
Internationaler Bezug
Der unbefugte Gebrauch ausländischer amtlicher Ausweise ist ebenfalls erfasst, wenn er im Inland gegenüber prüfenden Stellen erfolgt. Umgekehrt kann die missbräuchliche Verwendung in anderen Staaten eigene rechtliche Folgen auslösen. Maßgeblich sind dann die dortigen Vorschriften sowie internationale Zuständigkeits- und Zusammenarbeitstatbestände.
Verjährung
Die Verfolgung unterliegt zeitlichen Grenzen. Die Frist richtet sich nach der rechtlichen Einordnung als Vergehen und beginnt grundsätzlich mit der Tatbeendigung. Werden weitere Delikte verwirklicht, können sich daraus abweichende Fristen ergeben.
Elektronische Identitätsnachweise
Auch die missbräuchliche Nutzung elektronischer Identitätsfunktionen (etwa Online-Ausweisfunktionen) kann rechtlich bedeutsam sein. Je nach Konstellation kommen neben dem klassischen Ausweismissbrauch spezielle Vorschriften über den Umgang mit elektronischen Identitätsmitteln und Zugangsdaten hinzu.
Häufig gestellte Fragen zum Ausweismissbrauch
Was genau versteht man unter Ausweismissbrauch?
Gemeint ist der unbefugte Gebrauch eines echten, auf eine andere Person ausgestellten Ausweises oder das Überlassen eines solchen Dokuments zur unbefugten Nutzung, um gegenüber prüfenden Stellen eine falsche Identität vorzutäuschen.
Ist das Einverständnis des Ausweisinhabers von Bedeutung?
Das Einverständnis des Ausweisinhabers ändert regelmäßig nichts daran, dass die Nutzung unbefugt ist, wenn die Identität der vorlegenden Person geprüft werden soll. Beide Seiten können rechtlich verantwortlich sein.
Reicht das bloße Mitführen eines fremden Ausweises für eine Strafbarkeit aus?
Allein das Mitführen ohne Einsatz gegenüber einer prüfenden Stelle genügt in der Regel nicht. Entscheidend ist das unbefugte Gebrauchen, also das Vorzeigen oder Einsetzen zur Identitätsprüfung.
Fallen Kopien oder Handy-Fotos eines Ausweises auch unter Ausweismissbrauch?
Der klassische Ausweismissbrauch betrifft vor allem das Originaldokument. Die missbräuchliche Verwendung von Kopien oder Scans kann jedoch andere Rechtsverstöße auslösen, etwa im Bereich des Daten- oder Computerstrafrechts.
Welche Sanktionen sind bei Ausweismissbrauch möglich?
Möglich sind Geld- oder Freiheitsstrafen, abhängig von Schwere und Umständen des Einzelfalls. Zusätzlich kommen Nebenfolgen wie die Einziehung des Dokuments oder Registereinträge in Betracht.
Spielt die Absicht eine Rolle?
Erforderlich ist grundsätzlich ein vorsätzliches Handeln, also das Wissen um die Fremdheit des Ausweises und der Wille, ihn unbefugt zur Täuschung zu verwenden. Ein bloßes Versehen kann die rechtliche Bewertung verändern.
Kann auch derjenige belangt werden, der den Ausweis weitergibt?
Ja. Wer sein Dokument mit dem Ziel überlässt, dass eine andere Person sich damit ausweist, kann ebenfalls verantwortlich sein, auch wenn die nutzende Person der eigentliche Vorteilszieher ist.
Wie verhält sich Ausweismissbrauch zu Betrug oder Urkundenfälschung?
Ausweismissbrauch kann eigenständig vorliegen. Werden zusätzlich Vermögensvorteile erschlichen oder Dokumente verfälscht, können Betrug oder Urkundenfälschung hinzukommen, was die Gesamtbewertung verschärfen kann.