Legal Lexikon

Ausstellungsrecht


Begriff und Definition des Ausstellungsrechts

Das Ausstellungsrecht bezeichnet das zivilrechtliche Recht, ein urheberrechtlich geschütztes Werk öffentlich zur Schau zu stellen oder zugänglich zu machen. Dieses Recht ist insbesondere im Zusammenhang mit Kunstwerken, Fotografien, Zeichnungen, Gemälden, Skulpturen und anderen Werken der bildenden Künste von Bedeutung. Das Ausstellungsrecht ist ein eigenständiges Verwertungsrecht im Sinne des Urheberrechts und zählt zu den sogenannten ausschließlichen Rechten des Urhebers. Es regelt, wer das Recht hat, Originale eines Werkes physisch öffentlich zu zeigen.

Rechtliche Grundlagen

Ausstellungsrecht im Urheberrechtsgesetz

Das Ausstellungsrecht ist in Deutschland rechtlich im Urheberrechtsgesetz (UrhG) geregelt. Zentrale Norm ist § 18 UrhG, der besagt, dass allein der Urheber das Recht hat, das Original eines Werkes der bildenden Künste öffentlich auszustellen.

§ 18 UrhG:

„Das Recht, das Original eines Werkes der bildenden Künste öffentlich auszustellen, steht ausschließlich dem Urheber zu.“

Für Werke der Fotografie ergibt sich das Ausstellungsrecht aus § 18 in Verbindung mit § 19 UrhG sowie für andere Werkarten nach Maßgabe besonderer gesetzlicher Regelungen.

Abgrenzung zu anderen Verwertungsrechten

Das Ausstellungsrecht ist vom Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a UrhG) sowie vom Vorführungs- und Senderecht abzugrenzen. Während das Ausstellungsrecht das Zeigen des physischen Werkes betrifft, beziehen sich die anderen Rechte auf die Übertragung oder Präsentation des Werkes auf Bildschirmen, im Fernsehen oder im Internet. Die Ausstellung eines Originals ist keine öffentliche Wiedergabe im technischen oder digitalen Sinne.

Inhalt und Umfang des Ausstellungsrechts

Gegenstand des Ausstellungsrechts

Das Ausstellungsrecht bezieht sich auf Originale physisch vorhandener Werke insbesondere der bildenden Künste, wie

  • Gemälde,
  • Zeichnungen,
  • Skulpturen,
  • Fotografien,
  • Grafiken,
  • Installationen.

Nicht unter das Ausstellungsrecht fallen in der Regel Vervielfältigungsstücke oder Reproduktionen, soweit es sich nicht selbst um urheberrechtlich geschützte Werke handelt.

Öffentliche Ausstellung

Eine öffentliche Ausstellung liegt vor, wenn das Werk einer unbestimmten Vielzahl von Personen physisch präsentiert wird. Typische Fälle sind Ausstellungen in Museen, Galerien oder anderen öffentlich zugänglichen Räumlichkeiten. Privat ausgestellte Werke (z. B. im eigenen Wohnzimmer) sind nicht erfasst.

Befugnisse des Urhebers

Nur der Urheber kann das Ausstellungsrecht ausüben oder Dritten (z. B. Museen, Galerien) das Recht zur Ausstellung übertragen. Die Übertragung kann durch Vertrag erfolgen – ebendies betrifft häufig Leihverträge, Lizenzverträge oder Schenkungen und Verkäufe unter gleichzeitiger Einräumung oder Einschränkung des Ausstellungsrechts.

Dauer des Ausstellungsrechts

Das Ausstellungsrecht unterliegt wie andere urheberrechtliche Befugnisse dem Ablauf der urheberrechtlichen Schutzfrist. In Deutschland erlischt das Ausstellungsrecht in der Regel 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers (§ 64 UrhG).

Ausstellungsrecht bei Erwerb und Weiterveräußerung

Erschöpfungsgrundsatz

Das Ausstellungsrecht unterliegt – anders als das Verbreitungsrecht (§ 17 UrhG) – nicht dem Erschöpfungsgrundsatz. Das bedeutet: Auch nach Verkauf oder Übertragung des physischen Originals bleibt das Ausstellungsrecht beim Urheber. Der Erwerber eines Kunstwerkes erhält nicht automatisch das Recht, dieses öffentlich auszustellen, es sei denn, der Urheber überträgt ihm dieses Recht ausdrücklich.

Gesetzliche Schranken

Ausnahmen vom Ausstellungsrecht können sich aus den Schrankenregelungen des UrhG ergeben, z. B. im Rahmen der Berichterstattung über Tagesereignisse (§ 50 UrhG) oder wegen Zitierfreiheit (§ 51 UrhG). In der Praxis sind diese Schranken bei Ausstellungen jedoch eng auszulegen.

Ausstellungsrecht und Digitalisierung

Digitalisierung und neue Verwertungskanäle

Digitale Ausstellungen oder die Präsentation von Werken im Internet (z. B. als Teil eines Online-Katalogs) fallen nicht unter das klassische Ausstellungsrecht, sondern erfordern gesonderte Nutzungsrechte nach § 19a UrhG (Recht der öffentlichen Zugänglichmachung). Das Ausstellungsrecht bleibt auf das physische Zeigen des Originals beschränkt.

Verhältnis zum Museums- und Galeriebetrieb

Für Museen, Galerien und Sammler ist das Ausstellungsrecht ein zentraler Aspekt bei Erwerb und Nutzung von Kunstwerken. Häufig ist im Zuge von Kauf, Leihgabe oder Schenkung eine Vereinbarung über das Ausstellungsrecht erforderlich. Ohne die ausdrückliche Einräumung des Rechts können Museen das Werk zwar besitzen, nicht aber öffentlich ausstellen.

Rechtsverletzungen und Sanktionen

Unbefugte Ausstellung

Wird ein Werk ohne Zustimmung des Urhebers öffentlich ausgestellt, liegt darin ein Verstoß gegen das Ausstellungsrecht. Der Urheber kann in diesem Fall

  • Unterlassung fordern,
  • Beseitigung verlangen,
  • Schadensersatz geltend machen,
  • ggf. Vernichtung von Plakaten, Ausstellungskatalogen etc. verlangen.

Rechtsgrundlage für Ansprüche ist § 97 UrhG.

Beweislast und Durchsetzung

In Streitfällen muss der Urheber oder Rechteinhaber das Vorliegen einer Verletzung nachweisen. Die Durchsetzung von Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen ist über den Zivilrechtsweg möglich.

Internationale Aspekte

Ausstellungsrecht in anderen Rechtsordnungen

Das Ausstellungsrecht ist in vielen anderen Staaten, insbesondere solchen mit kontinentaleuropäischer Rechtsordnung, ähnlich geregelt. Unterschiede können jedoch im Schutzumfang, in der Dauer des Rechts sowie in der Frage des Erschöpfungsgrundsatzes bestehen. Im angloamerikanischen Recht existiert das Ausstellungsrecht meist nicht als eigenständiges Recht; stattdessen wird die Ausstellung häufig als Teil der „public display“ oder „public performance“ verstanden.

Bedeutung des Welturheberrechtsabkommens

Internationale urheberrechtliche Übereinkommen wie die Berner Übereinkunft und das Welturheberrechtsabkommen (WUA) verlangen einen Mindestschutz für Verwertungsrechte, der jedoch die nationale Ausgestaltung des Ausstellungsrechts grundsätzlich offenlässt.

Fazit und Bedeutung in der Praxis

Das Ausstellungsrecht nimmt einen wichtigen Platz innerhalb des urheberrechtlichen Verwertungssystems ein, insbesondere zum Schutz der Rechte von Kunstschaffenden und der kontrollierten Nutzung ihrer Werke im öffentlichen Raum. Für Kulturinstitutionen, Kunstsammler und Galerien ist es essenziell, das Ausstellungsrecht vertraglich zu regeln, um rechtliche Konflikte zu vermeiden. Angesichts der fortschreitenden Digitalisierung besteht juristisch eine klare Trennung zwischen physischen und digitalen Präsentationsmöglichkeiten.


Siehe auch:

  • Urheberrecht
  • Nutzungsrecht
  • Verbreitungsrecht
  • Öffentliches Zugänglichmachen
  • Museumsgesetzgebung

Literaturhinweis:

  • Schricker/Loewenheim: Urheberrecht. Kommentar. 6. Auflage
  • Wandtke/Bullinger: Urheberrecht. Kommentar. 6. Auflage
  • Dreier/Schulze: Urheberrechtsgesetz. Kommentar. 7. Auflage

Häufig gestellte Fragen

Welche Rechte müssen beim Ausstellen von Kunstwerken beachtet werden?

Beim Ausstellen von Kunstwerken müssen insbesondere Urheberrechte und gegebenenfalls Leistungsschutzrechte berücksichtigt werden. Das primäre Ausstellungsrecht steht gemäß § 18 UrhG grundsätzlich dem Urheber, also dem Künstler, zu. Für jede erstmalige öffentliche Ausstellung eines bislang nicht veröffentlichten Werkes ist die ausdrückliche Zustimmung des Urhebers erforderlich. Bei bereits veröffentlichten Werken kann sich das Ausstellungsrecht mit anderen Nutzungsrechten überschneiden, wobei wiederum die vertragliche Regelung zwischen dem Urheber und dem ausstellenden Museum, Kunstverein oder einer Galerie maßgeblich ist. Hinzu kommen mögliche Persönlichkeitsrechte des Künstlers, wie das Recht auf Namensnennung (§ 13 UrhG) oder Schutz vor Entstellung (§ 14 UrhG) des Werkes, die auch während und im Rahmen von Ausstellungen zu wahren sind. Werden Kunstwerke von Dritten ausgeliehen oder erworben, sind immer die jeweiligen Nutzungsrechte und Vereinbarungen zu prüfen, da eine Präsentation ohne ausreichende Rechteeinräumung zu Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen führen kann.

Dürfen Fotografien von ausgestellten Kunstwerken angefertigt und veröffentlicht werden?

Das Anfertigen von Fotografien ausgestellter Werke unterliegt sowohl den urheberrechtlichen Vorschriften als auch dem Hausrecht der ausstellenden Institution. Wenn ein ausgestelltes Werk urheberrechtlich geschützt ist, dürfen davon grundsätzlich nur mit Zustimmung des Urhebers oder Rechteinhabers Fotografien angefertigt und veröffentlicht werden (§ 19a UrhG – Recht der öffentlichen Zugänglichmachung). Ist das Werk gemeinfrei, etwa weil die Schutzfrist abgelaufen ist, kann das Hausrecht der Ausstellung grundsätzlich die Anfertigung von Fotos verbieten oder Beschränkungen vorsehen. Für Werke im öffentlichen Raum gilt unter Umständen die sogenannte Panoramafreiheit (§ 59 UrhG), die jedoch für Werke in Innenräumen (Museen, Galerien) nicht anwendbar ist. Auch das Veröffentlichen von Fotos z.B. im Internet ohne entsprechende Erlaubnis kann urheberrechtliche Ansprüche (Unterlassung, Abmahnung, Schadensersatz) auslösen.

Welche Haftungsrisiken bestehen für den Veranstalter einer Ausstellung?

Der Veranstalter einer Ausstellung trägt eine Vielzahl rechtlicher Risiken. Aus urheberrechtlicher Sicht haftet der Aussteller, wenn Kunstwerke ohne die erforderlichen Rechte öffentlich präsentiert werden. Bei Verletzung des Ausstellungsrechts oder anderer urheberrechtlicher Befugnisse drohen Unterlassungsansprüche, Schadensersatzforderungen sowie unter Umständen strafrechtliche Konsequenzen (§§ 106 ff. UrhG). Des Weiteren bestehen Haftungsrisiken aus dem Leihverkehr: Bei Beschädigung, Verlust oder Diebstahl von ausgestellten Werken können zivilrechtliche Schadensersatzansprüche der Leihgeber geltend gemacht werden. Zudem treffen den Veranstalter Sorgfalts- und Verkehrssicherungspflichten, etwa hinsichtlich der Aufstellung und Präsentation der Werke, sodass bei Personenschäden Ansprüche gegen den Veranstalter entstehen können. Entsprechende (Leih-)Verträge sollten daher detaillierte Regelungen zu Haftung, Versicherung und Sicherungsmaßnahmen enthalten.

Ist für die öffentliche Wiedergabe von Begleitmaterialien zur Ausstellung (z.B. Kataloge, Audioguides) eine gesonderte Genehmigung nötig?

Ja, für Begleitmaterialien ist oftmals eine eigenständige urheberrechtliche Lizenzierung notwendig. Die Präsentation oder Vervielfältigung von Abbildungen der Kunstwerke im Ausstellungskatalog, auf Plakaten, in digitalen Medien oder Audioguides stellt eine Nutzungshandlung dar, die in der Regel nicht automatisch mit dem Ausstellungsrecht abgegolten ist. Die verschiedenen Nutzungsarten (z.B. Print, Online, Audio/Video) müssen klar von den Rechteinhabern – dies können Künstler, Nachlassverwalter, Verwertungsgesellschaften oder Agenturen sein – eingeräumt werden. Verträge und rechtliche Bestimmungen sind dabei sorgfältig zu prüfen, um Verletzungen von Bildrechten, Leistungsschutzrechten der Sprecher oder Rechte an Werktexten zu vermeiden.

Welche urheberrechtlichen Fristen sind beim Ausstellungsrecht zu beachten?

Im deutschen Urheberrecht gilt grundsätzlich eine Schutzfrist von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers (§ 64 UrhG). Bis zum Ablauf dieser Frist genießen sowohl das Werk als auch daraus abgeleitete Rechte, wie das Ausstellungsrecht (§ 18 UrhG), Schutz. Erst mit Ablauf der Frist wird das Werk gemeinfrei, wodurch jedermann das Werk ausstellen darf, ohne den Urheber oder Rechtsnachfolger um Erlaubnis zu bitten. Ausnahmen oder abweichende Fristen können jedoch für Lichtbildwerke, Werkarten mit mehreren Urhebern oder bestimmte Leistungsschutzrechte (z.B. Fotografen, Ausstellerfotos) greifen. Zu berücksichtigen ist zudem, dass Rechte an Begleitmaterialien (Katalogtexte, Fotografien der Werke etc.) jeweils eigenen Schutzfristen und Rechtsinhabern unterliegen.

Wie unterscheiden sich das Ausstellungsrecht und das Verbreitungsrecht?

Das Ausstellungsrecht berechtigt zur erstmaligen öffentlichen Ausstellung eines bisher nicht öffentlich gezeigten physischen Originals eines Kunstwerkes (§ 18 UrhG). Das Verbreitungsrecht (§ 17 UrhG) bezieht sich hingegen auf die Weitergabe des physischen Werks an die Öffentlichkeit, insbesondere durch Verkauf, Vermietung oder Verleih. Während das Ausstellungsrecht es erlaubt, ein Werk einer Vielzahl von Betrachtern zugleich zugänglich zu machen, umfasst das Verbreitungsrecht die Weitergabe des Originals oder von Vervielfältigungsstücken. In Vertragsgestaltungen muss daher klar geregelt werden, ob und in welchem Umfang beide Rechte übertragen oder lizenziert werden. Eine Ausstellung ohne ausdrückliche Einräumung des Verbreitungsrechts ist denkbar, umgekehrt berechtigt die Überlassung des Verbreitungsrechts aber nicht automatisch zum Ausstellen des Werks.