Legal Lexikon

Ausstellungsrecht

Begriff und rechtliche Einordnung

Das Ausstellungsrecht bezeichnet das ausschließliche Recht, ein Werk der bildenden und angewandten Kunst – etwa Gemälde, Skulpturen, Installationen, Fotografien oder Designobjekte – der Öffentlichkeit körperlich zugänglich zu machen, also sichtbar zu präsentieren. Es erfasst die physische Zurschaustellung des Originals oder von Vervielfältigungsstücken in Museen, Galerien, Ausstellungsräumen, auf Messen, bei Kunstvereinen oder vergleichbaren Orten, an denen sich ein Publikum mit dem Werk auseinandersetzen kann. Nicht erfasst sind damit die Vervielfältigung des Werkes, dessen Verbreitung oder die digitale Wiedergabe im Internet; diese Bereiche unterliegen eigenen Rechten und Regeln.

Das Ausstellungsrecht ist Teil des Bündels ausschließlicher Nutzungsrechte, die grundsätzlich der Urheberin oder dem Urheber zustehen und die auf Dritte übertragen oder lizenziert werden können. Es steht neben persönlichkeitsrechtlichen Befugnissen wie dem Recht auf Anerkennung der Urheberschaft und dem Schutz vor entstellenden Veränderungen des Werkes, die auch im Ausstellungskontext Bedeutung haben.

Schutzumfang und Reichweite

Öffentlichkeit und Präsentationsformen

Eine Ausstellung liegt vor, wenn das Werk einem unbestimmten oder größeren, nicht nur privat verbundenen Personenkreis zugänglich gemacht wird. Dazu zählen klassische Ausstellungen, temporäre Präsentationen, Kunstmessen, Schaufensterpräsentationen oder die Aufstellung in öffentlich zugänglichen Räumen. Auch die Präsentation in Foyers, Unternehmenslobbys oder bei Veranstaltungen kann eine Ausstellung darstellen, sofern die Schwelle zur Öffentlichkeit überschritten wird.

Ausstellungen können stationär, temporär, wandern (Tournee- oder Gastspiele) oder in Form kuratierter Reihen stattfinden. Der kuratorische Kontext, die Hängung, Beleuchtung sowie erläuternde Texte und Begleitmedien können rechtliche Folgefragen auslösen, soweit sie Berührungen mit Persönlichkeitsrechten, Markenzeichen, Werktiteln oder Bildnissen Dritter aufweisen.

Abgrenzung zu anderen Rechten

  • Vervielfältigungsrecht: Betrifft die Herstellung von Kopien (z. B. Abzüge, Drucke, Katalogabbildungen). Eine bloße Ausstellung erlaubt keine Reproduktion.
  • Verbreitungsrecht: Regelt das Inverkehrbringen von körperlichen Werkexemplaren (Verkauf, Vermietung, Verleih). Ausstellen ist davon zu trennen.
  • Recht der öffentlichen Zugänglichmachung: Erfasst die Bereitstellung im Internet oder auf sonstigen Netzwerken (digitale Ausstellungen, Livestreams, 3D-Rundgänge). Dies ist kein Ausstellen im körperlichen Sinn.
  • Aufführungs- und Vortragsrechte: Betreffen insbesondere Musik, Film und Literatur. Die physische Präsentation eines Bildwerks fällt nicht darunter.

Eigentum am Werkträger und Ausstellungsrecht

Zwischen dem Eigentum am Werkträger (z. B. am Gemälde) und den Nutzungsrechten am Werk (z. B. Ausstellungs-, Vervielfältigungs-, Zugänglichmachungsrecht) ist zu unterscheiden. Der Erwerb des Originals überträgt nicht automatisch sämtliche Nutzungsrechte. In der Praxis wird dem Eigentümer oder Besitzer eines Originals häufig das Recht zugestanden, dieses in Räumen zu zeigen, ohne damit zugleich Rechte zur Reproduktion oder digitalen Wiedergabe zu erhalten. Abweichende Vereinbarungen können bei Ankaufs- oder Leihverträgen getroffen werden. Unabhängig davon bleiben das Recht auf Namensnennung und der Schutz vor entstellender Veränderung zu beachten.

Bei Vervielfältigungsstücken (z. B. Abgüsse, Drucke, Editionen) ist die Ausstellungsbefugnis regelmäßig vom eingeräumten Nutzungsrecht abhängig. Bei Fotografien und Designobjekten gelten die Grundsätze entsprechend.

Nutzung und Lizenzierung

Das Ausstellungsrecht kann als einfaches (nicht ausschließliches) oder ausschließliches Recht eingeräumt werden. Typische Parameter einer Lizenz sind:

  • Gegenstand: genaue Bezeichnung der Werke und Werkexemplare
  • Umfang: Art der Präsentation, Stationen, Zahl der Ausstellungsorte, kuratorische Nutzung
  • Zeit: Laufzeit, Auf- und Abbauphasen, Vor- und Nachlauf für Werbung
  • Gebiet: geografische Reichweite, auch bei Wanderausstellungen
  • Vergütung: Ausstellungsvergütung, etwaige Wiederholungstatbestände
  • Nennung: Form der Urheberbenennung und Credits
  • Integrität: Umgang mit Adaptionen, Rahmung, Beleuchtung und Raumsituationen
  • Nebenrechte: Nutzung von Abbildungen in Katalogen, Plakaten, Presse, Social Media

Verwertungsgesellschaften können eine Rolle spielen, insbesondere bei kollektiv lizenzierten Bildnutzungen für Kataloge, Plakate oder Presseunterlagen. Unterlizenzierungen (etwa bei Kooperationsausstellungen) bedürfen einer ausdrücklichen Grundlage.

Leihgaben und institutionelle Praxis

Leihverträge regeln üblicherweise: Identität und Zustand des Werkes, Konservierung, Klima- und Sicherheitsstandards, Transport, Verpackung, Versicherung, Zoll- und Exportfragen, Zustimmungsbedarfe für Hängung und Präsentationskonzept, Dokumentation, Reproduktionsrechte für Katalog und Kommunikation, Leihdauer, Rückgabe, Haftung bei Beschädigung. Bei grenzüberschreitenden Leihgaben können öffentlich-rechtliche Schutzmechanismen und Immunitätszusicherungen für Kulturgüter in Betracht kommen. Das Hausrecht von Museen kann Foto- und Filmaufnahmen der Besucher regeln, unabhängig von urheberrechtlichen Schranken.

Schranken und Ausnahmen

Das Ausstellungsrecht kann gesetzlichen Schranken unterliegen, die eng auszulegen sind. Von Bedeutung sind insbesondere:

  • Berichterstattung über Tagesereignisse: Abbildungen eines Werkes im Rahmen aktueller Ereignisse können zulässig sein, soweit der Berichterstattungszweck dies erfordert.
  • Zitatrecht: Bildzitate kommen nur in funktionaler Auseinandersetzung mit dem Werk in Betracht, nicht als bloße Illustration.
  • Panoramafreiheit: Werke, die sich dauerhaft im öffentlichen Raum befinden, dürfen unter bestimmten Voraussetzungen von öffentlichen Wegen aus abgebildet werden; dies betrifft die Anfertigung und Verwertung von Fotografien, nicht die Ausstellung des Originals.
  • Zufällige Beiwerke: Unwesentliche Werkteile, die beiläufig in einem anderen Bild erscheinen, können privilegiert sein.
  • Bildungs- und Wissenschaftskontexte: Bestimmte Nutzungen durch Einrichtungen des Kultur- und Bildungssektors können erleichtert sein, bleiben aber in Umfang und Zweckbindung beschränkt.

Schranken wirken nicht grenzenlos; sie sind zweckgebunden und berühren regelmäßig weder das Recht auf Namensnennung noch den Schutz vor entstellenden Veränderungen.

Rechtsfolgen bei Verletzungen

Wer ohne erforderliche Rechte öffentlich ausstellt oder ausstellungsbezogene Nebenhandlungen vornimmt (z. B. unzulässige Reproduktionen für Kataloge oder digitale Vorschaubilder), kann auf Unterlassung, Beseitigung rechtswidriger Zustände, Auskunft und Schadensersatz in Anspruch genommen werden. Neben dem unmittelbaren Veranstalter kommen je nach Mitwirkung auch andere Beteiligte in Betracht. Zudem können Ansprüche auf Nennung der Urheberschaft und auf Abhilfe bei Beeinträchtigungen der Werkintegrität bestehen.

Besondere Konstellationen

Digitale und virtuelle Ausstellungen

Virtuelle Rundgänge, Livestreams von Ausstellungsräumen, 3D-Scans oder hochauflösende Bilddarstellungen betreffen regelmäßig das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung und das Vervielfältigungsrecht. Sie sind vom rein körperlichen Ausstellen getrennt zu beurteilen. Reproduktionen gemeinfreier Werke können je nach Art der Aufnahme eigene Schutzrechte auslösen (insbesondere einfache Lichtbildrechte), die unabhängig vom Ablauf des urheberrechtlichen Schutzes am Original bestehen können.

Werke im öffentlichen Raum

Werke, die dauerhaft im öffentlichen Raum installiert sind, können fotografiert und unter bestimmten Voraussetzungen verwertet werden. Wird ein solches Werk jedoch in Innenräumen oder temporär gezeigt, greifen die Regeln des Ausstellungsrechts. Die Versetzung oder vorübergehende Entfernung eines Werkes kann Berührungspunkte mit Persönlichkeitsrechten der Urheberin oder des Urhebers haben, wenn dadurch der Werkcharakter maßgeblich verändert wird.

Persönlichkeitsrechte und Kontext

Ausstellungen berühren häufig das Recht auf Namensnennung und den Schutz gegen entstellende Veränderungen. Dazu zählen Fragen der Zuschreibung, der Kontextualisierung, der Rahmung, der Beleuchtung oder der Platzierung in einer Weise, die den Werkcharakter beeinträchtigen kann. Bei Werken, die Personen abbilden, kann zusätzlich das Recht am eigenen Bild und der Schutz von Kennzeichen und Marken betroffen sein.

Institutionelle Rahmenbedingungen

Kulturelle Einrichtungen operieren in einem Geflecht privatrechtlicher und öffentlich-rechtlicher Regeln. Dazu zählen Genehmigungen für Aus- und Einfuhr von Kulturgütern, staatliche Schutzprogramme für Leihgaben aus dem Ausland, Versicherungsrahmen und Standards der Leihverkehrspraxis. Diese Regelungen wirken ergänzend zum Ausstellungsrecht und beeinflussen, unter welchen Bedingungen Werke zu Ausstellungszwecken transportiert und gezeigt werden können.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was umfasst das Ausstellungsrecht genau?

Es umfasst die öffentliche, körperliche Präsentation eines Werkes der bildenden oder angewandten Kunst, also dessen Sichtbarmachung vor Publikum. Nicht umfasst sind die Herstellung von Kopien, die Verbreitung von Werkexemplaren oder die digitale Bereitstellung im Netz; hierfür bestehen eigene Rechte.

Darf der Eigentümer eines Kunstwerks es ohne Zustimmung ausstellen?

Der Eigentümer oder Inhaber des Originals kann es in der Praxis vielfach zeigen, insbesondere in dafür vorgesehenen Räumen. Diese Befugnis erstreckt sich jedoch nicht auf Reproduktionen, digitale Wiedergaben oder werbliche Nutzungen. Abweichungen können sich aus individuellen Erwerbs- oder Leihvereinbarungen ergeben.

Worin unterscheidet sich das Ausstellungsrecht vom Recht der öffentlichen Zugänglichmachung?

Ausstellen betrifft die physische Präsentation an einem Ort, während die öffentliche Zugänglichmachung die digitale Bereitstellung umfasst, etwa auf Websites, in virtuellen Rundgängen oder per Streaming. Beide Rechte bestehen selbständig und sind gesondert zu beurteilen.

Welche Rolle spielen Bildrechte für Ausstellungskataloge und Werbung?

Für Kataloge, Plakate, Flyer, Pressebilder und Social-Media-Beiträge werden regelmäßig Vervielfältigungs- und Wiedergaberechte benötigt. Diese Nutzungen sind vom reinen Ausstellen getrennt und bedürfen einer eigenen rechtlichen Grundlage, auch wenn sie die Ausstellung begleiten.

Gibt es Ausnahmen, etwa für Berichterstattung oder Panoramafreiheit?

Ja, bestimmte Schranken können Abbildungen eines Werkes zulassen, etwa im Rahmen der Berichterstattung über aktuelle Ereignisse, als Bildzitat oder bei der Panoramafreiheit für dauerhaft im öffentlichen Raum befindliche Werke. Diese Ausnahmen sind zweckgebunden und eng auszulegen.

Welche Ansprüche kommen bei Verletzungen des Ausstellungsrechts in Betracht?

In Betracht kommen Unterlassung, Beseitigung, Auskunft und Schadensersatz. Außerdem können Ansprüche auf korrekte Urheberbenennung sowie auf Abhilfe bei Beeinträchtigungen der Werkintegrität bestehen.

Welche Besonderheiten gelten bei digitalen und virtuellen Ausstellungen?

Virtuelle Rundgänge, hochauflösende Abbildungen und 3D-Modelle betreffen typischerweise die öffentliche Zugänglichmachung und das Vervielfältigungsrecht. Sie sind rechtlich vom körperlichen Ausstellen getrennt und bedürfen eigenständiger Rechte.