Begriff und Definition der beschränkten Ausschreibung
Die beschränkte Ausschreibung ist ein zentrales Vergabeverfahren im öffentlichen Auftragswesen, das insbesondere im deutschen und europäischen Vergaberecht detailliert geregelt ist. Sie stellt eine Form der Ausschreibung dar, bei der nicht – wie bei der öffentlichen Ausschreibung – eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmen zur Angebotsabgabe aufgefordert wird, sondern nur ausgewählte Unternehmen. Die beschränkte Ausschreibung ist dadurch gekennzeichnet, dass ein öffentlicher Auftraggeber gezielt Unternehmen auswählt und nur diese zur Teilnahme am Wettbewerb auffordert. Die gesetzlichen Grundlagen für beschränkte Ausschreibungen finden sich im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), der Vergabeverordnung (VgV), der Unterschwellenvergabeordnung (UVgO), der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A) sowie weiteren einschlägigen Vorschriften.
Rechtliche Grundlagen
Gesetzliche Regelungen
GWB, VgV und UVgO
Im Vergaberecht gilt grundsätzlich der Vorrang der öffentlichen Ausschreibung. Beschränkte Ausschreibungen sind dem öffentlichen Wettbewerb nur nachgeordnet zulässig. Die Voraussetzungen für die Wahl der beschränkten Ausschreibung ohne öffentlichen Teilnahmewettbewerb sind in:
- § 14 VgV (Vergabeverordnung)
- § 8 UVgO (Unterschwellenvergabeordnung)
- § 3a VOB/A (Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen „A“)
geregelt. Eine beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb ist seit der Novellierung auch für große Teile der vergebenen Aufträge unterhalb der EU-Schwellenwerte vorgesehen.
EU-Vergaberecht
Im europäischen Vergaberecht werden vergleichbare Verfahren als „nichtoffenes Verfahren“ bezeichnet. Im Rahmen der VO (EU) 2016/24 und der Richtlinie 2014/24/EU ist vorgesehen, dass öffentliche Auftraggeber Unternehmen zunächst zu einem Teilnahmewettbewerb auffordern und im Anschluss qualifizierte Unternehmen zu Angeboten einladen.
Typen beschränkter Ausschreibungen
Mit Teilnahmewettbewerb
Bei einer beschränkten Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb werden zunächst eine unbestimmte Anzahl von Unternehmen öffentlich zur Abgabe von Teilnahmeanträgen aufgefordert. Nach Auswertung der Bewerbungen werden geeignete Unternehmen zur Angebotsabgabe eingeladen. Dieses Verfahren dient der Auswahl der leistungsfähigsten Bieter bei Wahrung des Wettbewerbs.
Ohne Teilnahmewettbewerb
Die beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb erfolgt, wenn ein unmittelbarer Wettbewerb aus besonderen Gründen verzichtbar erscheint. Öffentliche Auftraggeber fordern ausgewählte, als leistungsfähig angesehene Unternehmen direkt zur Angebotsabgabe auf. Die Voraussetzungen hierzu sind durch hohe vergaberechtliche Hürden geprägt.
Voraussetzungen und Anwendungsbereiche
Zulässigkeit
Eine beschränkte Ausschreibung ist insbesondere dann zulässig, wenn:
- die Leistung nur von einem begrenzten Kreis von Unternehmen zuverlässig erfüllt werden kann,
- eine öffentliche Ausschreibung kein wirtschaftliches Ergebnis verspricht oder
- die geschätzte Auftragssumme bestimmte Wertgrenzen (Schwellenwerte) nicht überschreitet.
Die genaue Begrenzung und die Voraussetzungen können je nach anzuwendender Rechtsgrundlage und Bundesland abweichen. Über den Grund der Zulässigkeit der beschränkten Ausschreibung sowie die Auswahl der Unternehmen besteht Dokumentationspflicht (§ 30 UVgO, § 8 VOB/A).
Wertgrenzen
Für freihändige und beschränkte Vergaben ohne Teilnahmewettbewerb legen die Bundesländer teilweise unterschiedliche Wertgrenzen fest. Diese werden regelmäßig angepasst und richten sich nach den Erfordernissen des Haushalts-, Wettbewerbs- und Transparenzgebotes.
Unterschwellenbereich
Im Unterschwellenbereich sieht die UVgO für Liefer- und Dienstleistungsaufträge die Anwendung der beschränkten Ausschreibung ab bestimmten Beträgen vor. Die VOB/A (Abschnitt 1) regelt die Anwendung für Bauleistungen.
Oberschwellenbereich
Im Oberschwellenbereich, also bei Erreichen der EU-Schwellenwerte, ist das nichtoffene Verfahren die Parallele zur beschränkten Ausschreibung und deckt sich in vielen Details mit diesen.
Verfahrensablauf
Auswahl der Unternehmen
Die Auswahl der Unternehmen, die zur Angebotsabgabe aufgefordert werden, erfolgt nach festgelegten Kriterien. Ziel ist es, geeignete und leistungsfähige Unternehmen einzuladen. Bei wiederholten Ausschreibungen sollte eine Rotation gewährleistet sein, um alle potenziellen Unternehmen zu berücksichtigen und Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden.
Einladung und Angebotsabgabe
Nur die vorausgewählten Unternehmen erhalten eine Aufforderung zur Angebotsabgabe. Die Fristen für die Angebotsabgabe entsprechen den Vorgaben aus den Vergabevorschriften und müssen ausreichend bemessen sein, um einen echten Wettbewerb zu gewährleisten.
Transparenz und Dokumentation
Der Auftraggeber ist verpflichtet, den Auswahlprozess transparent und nachvollziehbar zu dokumentieren. Dies umfasst die Gründe für die Wahl des Verfahrens, die Auswahl der Teilnehmer sowie den gesamten Ablauf der beschränkten Ausschreibung.
Rechtsschutz und Nachprüfungsverfahren
Unterlegene Unternehmen können sich bei Verdacht auf Rechtsverstöße im Vergabeverfahren an Nachprüfungsstellen wenden (Vergabekammern, bei höheren Auftragswerten dann Oberlandesgericht). Die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens ist insbesondere dann möglich, wenn die Auswahl der Unternehmen oder die Verfahrenswahl als rechtswidrig angesehen wird.
Vor- und Nachteile
Vorteile
- Effizienz und Zeitersparnis bei überschaubaren oder spezialisierten Aufträgen
- Gezielte Auswahl leistungsfähiger Unternehmen erhöht Qualität und Erfolgsaussichten
- Wahrung des Wettbewerbs durch regelmäßige Durchführung von Auswahlverfahren (bei mit Teilnahmewettbewerb)
- Geringerer administrativer Aufwand im Vergleich zur öffentlichen Ausschreibung
Nachteile
- Eingeschränkter Wettbewerb, Gefahr der Bevorzugung bestimmter Marktteilnehmer
- Anforderungen an Objektivität, Transparenz und Dokumentation sind hoch
- Risiko der Monopolisierung durch wiederholte Auswahl gleicher Unternehmen
Bedeutung für das Vergabewesen
Die beschränkte Ausschreibung ist ein bedeutendes Instrument der öffentlichen Beschaffung. Sie ermöglicht es Auftraggebern, bei Einhaltung strenger vergaberechtlicher Voraussetzungen effizient und zielgerichtet Leistungen am Markt zu beschaffen. Ihre Anwendung ist eng an die Einhaltung der Grundsätze von Wettbewerb, Transparenz, Gleichbehandlung und Nachvollziehbarkeit gebunden.
Literatur
- Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)
- Vergabeverordnung (VgV)
- Unterschwellenvergabeordnung (UVgO)
- Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A)
- Richtlinie 2014/24/EU
Hinweis: Die dargestellten rechtlichen Inhalte dienen ausschließlich der allgemeinen Information über die beschränkte Ausschreibung und ersetzen keine individuelle Rechtsberatung.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für die Durchführung einer beschränkten Ausschreibung vorliegen?
Im deutschen Vergaberecht, insbesondere nach der Vergabeverordnung (VgV), der Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) sowie geltenden haushaltsrechtlichen Vorgaben, ist die beschränkte Ausschreibung als Ausnahme zur öffentlichen Ausschreibung geregelt. Rechtlich zulässig ist sie unter anderem, wenn die Leistung nach ihrer Eigenart nur von einem beschränkten Kreis von Unternehmen in angemessener Weise ausgeführt werden kann oder wenn eine öffentliche Ausschreibung keinen wirtschaftlichen Sinn ergibt, etwa bei besonders dringlichen Vorhaben oder bei sehr kleinerem Leistungsumfang. In diesen Fällen ist eine hinreichende Dokumentation der Gründe für die Beschränkung der Wettbewerbsteilnahme zwingend erforderlich. Die Auswahl der Unternehmen muss nach einem transparenten und diskriminierungsfreien Verfahren erfolgen. Zudem bestehen für die Wahl der beschränkten Ausschreibung strenge Prüf- und Begründungspflichten, damit eine eventuelle Überprüfung durch Aufsichtsbehörden oder Nachprüfungsinstanzen Bestand hat.
Inwiefern sind Transparenz- und Gleichbehandlungsgrundsätze bei der beschränkten Ausschreibung zu berücksichtigen?
Auch bei der beschränkten Ausschreibung gelten die Grundsätze von Transparenz und Gleichbehandlung gemäß dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und der VgV bzw. UVgO. Dies bedeutet, dass alle eingeladenen Unternehmen die gleichen Informationen zu den Ausschreibungsbedingungen, technischen Specs und Wertungskriterien erhalten müssen. Die Auswahl der zur Angebotsabgabe aufzufordernden Unternehmen muss nach sachlichen, nachvollziehbaren und dokumentierten Kriterien erfolgen. Verstoßen Auftraggeber gegen diese Grundsätze, etwa durch willkürliche Auswahl oder durch bevorzugte Behandlung bestimmter Unternehmen, besteht für benachteiligte Bieter die Möglichkeit eines Nachprüfungsverfahrens.
Welche Dokumentationspflichten bestehen bei der Durchführung einer beschränkten Ausschreibung?
Bei einer beschränkten Ausschreibung verlangt das Vergaberecht eine sorgfältige, schriftliche Dokumentation, um die Nachvollziehbarkeit aller Vergabeentscheidungen sicherzustellen (vgl. § 8 VgV, § 6 UVgO). Dazu gehören insbesondere die Begründung der Wahl des Vergabeverfahrens, die Auswahl- und Eignungskriterien, die Gründe für die Auswahl einzelner Bieter sowie das Verfahren der Angebotsauswertung und -wertung. Die Dokumentation muss so gestaltet sein, dass sich sowohl interne Prüfinstanzen als auch eventuell externe Nachprüfungsinstanzen einen umfassenden Überblick über den Vergabeprozess verschaffen können. Fehler oder Lücken in der Vergabedokumentation können zur Unwirksamkeit des Vertrags und zu Schadensersatzforderungen führen.
Welche rechtlichen Möglichkeiten zum Rechtsschutz haben Unternehmer bei der beschränkten Ausschreibung?
Unternehmen, die sich durch die Auswahlentscheidung oder durch den Ablauf der beschränkten Ausschreibung benachteiligt fühlen, haben je nach Auftragswert verschiedene Rechtsschutzmöglichkeiten. Bei EU-weiten Aufträgen können sie nach § 160 GWB bei der Vergabekammer Nachprüfungsantrag stellen. Im Unterschwellenbereich besteht regelmäßig die Möglichkeit der Rüge gegenüber dem Auftraggeber und, abhängig von Landesrecht, gegebenenfalls weitere Maßnahmen. Rechtsschutz ist jedoch nur dann erfolgversprechend, wenn eine Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften glaubhaft gemacht wird; hierzu zählen beispielsweise unzureichende Dokumentation, fehlerhafte Bieterauswahl oder Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes.
Welche Fristen sind im Zusammenhang mit beschränkten Ausschreibungen zu beachten?
Im Rahmen beschränkter Ausschreibungen müssen sowohl Fristen für die Angebotsabgabe als auch für das Nachreichen von Unterlagen und die Mitteilung der Zuschlagsentscheidung berücksichtigt werden. Die Mindestfristen richten sich nach den jeweils anwendbaren Regelungen, etwa der VgV, UVgO oder VOB/A. In der Regel sind die Fristen bei beschränkten Ausschreibungen kürzer als bei öffentlichen Ausschreibungen, müssen aber stets angemessen sein, um den Bietern eine sorgfältige Angebotserstellung zu ermöglichen. Darüber hinaus gelten Fristen für etwaige Rügen und Rechtsmittel. Die Nichtbeachtung von Fristen kann zum Ausschluss des Angebots oder zum Verlust des Rechtsschutzes führen.
Wie erfolgt die Auswahl der Unternehmen, die zur Angebotsabgabe aufgefordert werden?
Die Auswahl der Unternehmen im Rahmen einer beschränkten Ausschreibung unterliegt rechtlichen Vorgaben, die sicherstellen sollen, dass ein fairer Wettbewerb entsteht. Grundsätzlich muss der Auftraggeber einen möglichst breiten Bieterkreis ansprechen, beispielsweise durch die Führung von Bieterdatenbanken oder die Auswertung von Interessenbekundungsverfahren. Die Auswahl muss anhand objektiver, vorab dokumentierter Eignungs- und Auswahlkriterien erfolgen, etwa nach Erfahrungen, Referenzen oder Leistungsfähigkeit der Unternehmen. Eine diskriminierungsfreie und transparente Auswahl ist zwingend durchzuführen und nachzuweisen. Die willkürliche oder willensgesteuerte Auswahl einzelner Unternehmen verstößt gegen geltendes Vergaberecht und kann zu Nachprüfungsverfahren führen.
Unterliegen beschränkte Ausschreibungen besonderen öffentlich-rechtlichen Kontrollmechanismen?
Ja, beschränkte Ausschreibungen unterliegen spezifischen Kontrollmechanismen durch interne und externe Instanzen. Interne Prüfungen erfolgen durch die jeweiligen Vergabestellen, die über die ordnungsgemäße Verfahrensdurchführung und die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben wachen. Extern sind Prüfungen durch Rechnungsprüfungsämter, Vergabekammern und Gerichte möglich. Diese Instanzen überprüfen insbesondere die korrekte Anwendung der Ausnahmetatbestände, die ordnungsgemäße Dokumentation und die Einhaltung von Wettbewerbs- und Gleichbehandlungsgrundsätzen. Verstöße werden gegebenenfalls sanktioniert, z. B. durch Nachprüfungsanordnungen oder Schadensersatzforderungen.