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Ausschlussumsätze


Ausschlussumsätze im Umsatzsteuerrecht

Definition und rechtliche Einordnung

Ausschlussumsätze sind Umsätze, die nach den Bestimmungen des deutschen Umsatzsteuergesetzes (UStG) zu einer Einschränkung oder zum Ausschluss des Vorsteuerabzugs führen. Sie sind insbesondere in § 15 Absatz 2 UStG geregelt. Danach kann ein Unternehmer die gezahlte Vorsteuer für bestimmte Vorleistungen nicht abziehen, wenn diese zur Ausführung von sogenannten Ausschlussumsätzen verwendet werden.

Gesetzliche Grundlagen

Umsatzsteuergesetz (UStG)

Die zentrale Rechtsgrundlage für Ausschlussumsätze findet sich in § 15 Abs. 2 und Abs. 3 UStG. Danach sind insbesondere folgende Umsätze vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen:

  • steuerfreie Umsätze (außer die in § 4 Nr. 8 bis 28 UStG aufgeführten unter bestimmten Voraussetzungen)
  • Umsätze, die nach § 4 UStG steuerbefreit sind, es sei denn, sie schließen den Vorsteuerabzug aus

Somit dienen die Regelungen zur Vermeidung eines doppelten Vorteils aus Umsatzsteuerbefreiung und Vorsteuerabzug.

Weitere relevante Normen

Neben § 15 UStG finden sich auch in der Mehrwertsteuersystemrichtlinie der Europäischen Union (MwStSystRL, insbesondere Art. 168 und 169) sowie im Einkommensteuergesetz (EStG) Hinweise und Querverbindungen, insbesondere bei der umsatzsteuerlichen Organschaft und der Behandlung von gemischten Umsätzen.

Typische Beispiele für Ausschlussumsätze

Steuerfreie Umsätze nach § 4 UStG

Zu den Ausschlussumsätzen gehören insbesondere folgende steuerfreie Tätigkeiten:

  • Umsätze aus der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken (§ 4 Nr. 12 UStG)
  • Umsätze aus dem Kreditgeschäft und Versicherungsumsätzen (§ 4 Nr. 8 und 10 UStG)
  • Umsätze eines Arztes, Zahnarztes und anderen Heilberufs (§ 4 Nr. 14 UStG)
  • Umsätze bestimmter Bildungseinrichtungen (§ 4 Nr. 21 und 22 UStG)

Durch die Steuerbefreiung dieser Umsätze wird der Vorsteuerabzug grundsätzlich ausgeschlossen, es sei denn, eine der in § 15 Abs. 3 UStG genannten Ausnahmen greift (z. B. bei Auslandsbezug).

Umsätze im Zusammenhang mit nichtunternehmerischen Tätigkeiten

Auch Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen für Umsätze entfallen, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Unternehmen stehen (z. B. für den privaten Bereich des Unternehmers), berechtigen nicht zum Vorsteuerabzug und fallen ebenfalls unter die Ausschlussumsätze.

Systematische Einordnung und Zweck

Der Ausschluss des Vorsteuerabzugs für bestimmte Umsätze dient der Wahrung der Neutralität des Umsatzsteuerrechts. Unternehmerinnen und Unternehmer sollen nicht in den Genuss eines doppelten steuerlichen Vorteils durch Kombination von Steuerbefreiung und Vorsteuerabzug gelangen. Gleichzeitig trägt die Regelung zur korrekten Besteuerung aller Wertschöpfungsstufen bei, indem sie den Grundsatz der Belastungsneutralität und der Wettbewerbsneutralität schützt.

Vorsteueraufteilung bei gemischter Nutzung

Notwendigkeit der Vorsteueraufteilung

Erbringt ein Unternehmen sowohl umsatzsteuerpflichtige als auch von der Steuer befreite (Ausschluss-)Umsätze, ist eine Aufteilung der Vorsteuerbeträge erforderlich. Nur der auf steuerpflichtige Umsätze entfallende Teil der Vorsteuer darf geltend gemacht werden (§ 15 Abs. 4 UStG).

Methoden der Vorsteueraufteilung

Die Vorsteueraufteilung erfolgt typischerweise nach dem sogenannten Umsatzschlüssel, kann aber auch nach anderen sachgerechten Schlüsseln (Flächenschlüssel, Zeitanteile etc.) vorgenommen werden, sofern diese zu präziseren Ergebnissen führen.

Folgen bei unzutreffender Berücksichtigung

Die unberechtigte Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs für Vorleistungen, die für Ausschlussumsätze verwendet werden, kann zu erheblichen steuerlichen Nachforderungen und Zinsbelastungen führen. Darüber hinaus sind gegebenenfalls steuerstrafrechtliche Konsequenzen nicht ausgeschlossen.

Sonderfälle und Ausnahmen

Option zur Umsatzsteuerpflicht

Nach § 9 UStG besteht für bestimmte steuerfreie Umsätze (z. B. Vermietung und Verpachtung) die Möglichkeit, zur Umsatzsteuer zu optieren. In diesem Fall entfällt die Qualifikation als Ausschlussumsatz, wodurch der volle Vorsteuerabzug gewährt wird.

Leistungen mit Auslandsbezug

Erbringt ein Unternehmen Umsätze, die im Ausland steuerpflichtig wären (beispielsweise Ausfuhrlieferungen oder innergemeinschaftliche Lieferungen), liegt regelmäßig kein Ausschlussumsatz vor. In diesen Fällen ist der Vorsteuerabzug weiterhin zulässig.

Rechtsprechung und Verwaltungspraxis

Detaillierte Auslegungen und Konkretisierungen zu Ausschlussumsätzen finden sich regelmäßig in Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) und in Verwaltungsanweisungen, insbesondere in den Umsatzsteuer-Anwendungserläuterungen (UStAE) der Finanzverwaltung. Dort werden komplexe Praxisfälle (z. B. gemischt genutzte Immobilien, Holdinggesellschaften) erläutert.

Bedeutung in der Praxis

Die korrekte Abgrenzung und Behandlung von Ausschlussumsätzen ist für Unternehmen von erheblicher Bedeutung, um die richtigen umsatzsteuerlichen Konsequenzen zu ziehen und finanzielle Risiken zu vermeiden. Insbesondere bei neuen Geschäftsvorfällen, Branchenwechseln oder betrieblichen Umstrukturierungen sollte auf die steuerliche Einordnung besonderer Wert gelegt werden.


Siehe auch

Literatur und weiterführende Quellen

  • Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE)
  • Bundesfinanzministerium: Schreiben zur Vorsteueraufteilung
  • Kommentar zum Umsatzsteuergesetz, jeweils aktuelle Auflage

Häufig gestellte Fragen

Welche Umsätze gelten nach § 4 UStG als sogenannte Ausschlussumsätze?

Ausschlussumsätze sind solche Umsätze, für die der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 UStG ausgeschlossen ist. Das deutsche Umsatzsteuergesetz (§ 4 UStG) regelt, welche Lieferungen und sonstigen Leistungen unter bestimmten Bedingungen von der Umsatzsteuer befreit sind, dazu gehören beispielsweise Umsätze aus der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken, Umsätze aus bestimmten Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, Umsätze im Zusammenhang mit Versicherungsleistungen, sowie Umsätze von Finanzdienstleistungen wie die Gewährung und Vermittlung von Krediten oder die Verwaltung von Investmentvermögen. Für diese steuerfreien Umsätze besteht grundsätzlich kein Recht auf Vorsteuerabzug – sie werden folglich als Ausschlussumsätze bezeichnet. Der Ausschluss bezieht sich regelmäßig auf sämtliche dem Umsatz zurechenbaren Vorsteuern, sodass Unternehmen, die ausschließlich oder überwiegend solche Umsätze tätigen, nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind.

Wie wirkt sich die Einstufung als Ausschlussumsatz auf den Vorsteuerabzug aus?

Der Vorsteuerabzug ist nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ausgeschlossen, wenn Leistungen für Umsätze verwendet werden, die nach § 4 Nr. 8 bis 28 UStG steuerfrei sind. Das bedeutet, dass für Eingangsleistungen, die mit Ausschlussumsätzen zusammenhängen, keine Vorsteuererstattung geltend gemacht werden kann. Die Einstufung eines Umsatzes als Ausschlussumsatz ist daher wesentlich für die Berechnung der abziehbaren Vorsteuer im Unternehmen. Ist nicht vollständig erkennbar, für welchen Umsatz eine Eingangsleistung verwendet wird – etwa weil ein Unternehmen sowohl steuerpflichtige als auch steuerfreie Umsätze ausführt – sind die Vorsteuern mittels einer sachgerechten Aufteilung (z. B. nach dem Umsatz- oder Flächenverhältnis) zuzuordnen. Lediglich für die steuerpflichtigen Umsätze bleibt das Recht auf Vorsteuerabzug erhalten.

Gibt es Ausnahmen, bei denen für Ausschlussumsätze dennoch ein Vorsteuerabzug möglich ist?

Ja, das Umsatzsteuergesetz sieht insbesondere mit § 9 UStG die Möglichkeit der sogenannten Option zur Steuerpflicht vor. Danach können Steuerpflichtige, die ansonsten ausschließlich steuerfreie (und damit vom Vorsteuerabzug ausgeschlossene) Umsätze erbringen würden, in bestimmten Fällen durch Erklärung gegenüber dem Finanzamt zur Umsatzsteuerpflicht optieren. Dieser Optionstatbestand gilt jedoch nicht für alle Ausschlussumsätze, sondern nur für bestimmte in § 4 Nr. 8 Buchstabe a bis g, Nr. 9 Buchstabe a und Nr. 12 Satz 1 UStG genannte Umsätze. Wird die Option ausgeübt, unterliegen die Umsätze der Umsatzsteuer und der Vorsteuerabzug ist insoweit zulässig. Eine Rücknahme der Option ist jedoch grundsätzlich nur mit Wirkung für die Zukunft möglich.

Wie ist bei gemischt genutzten Eingangsleistungen im Zusammenhang mit Ausschlussumsätzen verfahren?

Werden Eingangsleistungen sowohl für steuerpflichtige als auch für steuerfreie (Ausschluss-)Umsätze verwendet (sog. gemischte Nutzung), ist gemäß § 15 Abs. 4 UStG eine sachgerechte Aufteilung der Vorsteuer vorzunehmen. Die Aufteilung erfolgt regelmäßig nach dem Verhältnis der Umsätze, für die zum Vorsteuerabzug berechtigt bzw. nicht berechtigt ist. Alternativ können auch andere sachgerechte Schlüssel, etwa nach Flächen oder Arbeitszeit, angewendet werden, sofern diese zu einer präziseren Zuordnung führen. Ziel ist stets eine zutreffende Aufteilung entsprechend der tatsächlichen Verwendungsanteile.

Welche Melde- und Nachweispflichten bestehen im Zusammenhang mit Ausschlussumsätzen?

Unternehmen, die sowohl steuerpflichtige als auch Ausschlussumsätze tätigen, müssen im Rahmen ihrer Umsatzsteuervoranmeldungen und Umsatzsteuerjahreserklärungen eine genaue Aufteilung und Dokumentation ihrer Umsätze vornehmen. Die ausschlussrelevanten Umsätze sind in den entsprechenden Feldern der Steuerformulare anzugeben. Zudem sollten sämtliche zugrundeliegenden Geschäftsvorfälle, insbesondere im Bereich der Option zur Steuerpflicht nach § 9 UStG, sorgfältig nachgewiesen und dokumentiert werden, da das Finanzamt diese im Rahmen von Betriebsprüfungen oder Nachschauen regelmäßig überprüft.

Welche Risiken bestehen im Falle einer fehlerhaften Handhabung von Ausschlussumsätzen?

Ein fehlerhafter Umgang mit Ausschlussumsätzen, etwa durch unberechtigten Vorsteuerabzug oder fehlerhafte Dokumentation, kann schwerwiegende umsatzsteuerliche Folgen haben. Dazu zählen insbesondere Nachforderungsbescheide des Finanzamtes, die Rückforderung zu Unrecht gezogener Vorsteuerbeträge zuzüglich Zinsen (§ 233a AO) sowie im Einzelfall auch steuerstrafrechtliche Konsequenzen bei vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verstößen. Unternehmen sind deshalb gut beraten, ihre Geschäftsvorfälle regelmäßig auf die zutreffende Einordnung und Abgrenzung von (Ausschluss-)Umsätzen zu prüfen.