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Ausschluss vom Wahlrecht


Begriff und Allgemeine Bedeutung des Ausschlusses vom Wahlrecht

Der Ausschluss vom Wahlrecht bezeichnet die rechtliche Situation, in der einer Person das aktive und/oder passive Wahlrecht entzogen wird. Dies betrifft das Recht, an politischen Wahlen teilzunehmen (aktives Wahlrecht), sowie das Recht, sich zur Wahl stellen zu dürfen (passives Wahlrecht). Der Ausschluss kann zeitlich befristet oder dauerhaft erfolgen und ist in modernen Demokratien typischerweise eng und gesetzlich definiert, da das Wahlrecht als fundamentales Grundrecht gilt.

Rechtsgrundlagen des Wahlrechtsausschlusses in Deutschland

Verfassungsrechtliche Grundlagen

Das Wahlrecht ist in Deutschland in Art. 38 Grundgesetz (GG) für Bundestagswahlen sowie in den jeweiligen Landesverfassungen für die Landtagswahlen verankert. Es steht grundsätzlich allen deutschen Staatsbürgerinnen und -bürgern, die das Mindestalter erreicht haben, zu. Ein Ausschluss vom Wahlrecht ist nur unter den Voraussetzungen zulässig, die das Gesetz ausdrücklich vorsieht (sog. Gesetzesvorbehalt).

Einfache Gesetzliche Regelungen

Konkretisiert werden die Voraussetzungen für den Ausschluss vom Wahlrecht in den einzelnen Wahlgesetzen:

  • Bundeswahlgesetz (BWG)
  • Europa-Wahlgesetz (EuWG)
  • Landeswahlgesetze
  • Kommunalwahlgesetze

Diese Gesetze legen detailliert fest, unter welchen Umständen das Wahlrecht ausgeschlossen werden kann.

Fallgruppen des Wahlrechtsausschlusses

Ausschluss vom aktiven Wahlrecht

Das aktive Wahlrecht kann laut § 13 BWG insbesondere in folgenden Fällen ausgeschlossen sein:

  • Fehlende Geschäftsfähigkeit (§ 13 Nr. 2 BWG): Personen, für die zur Besorgung aller ihrer Angelegenheiten ein Betreuer bestellt ist (Vollbetreuung), sind vom aktiven Wahlrecht ausgeschlossen. Ausnahmen und Änderungen aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung und Gesetzesreformen sind hierbei zu beachten.
  • Anordnung in Zusammenhang mit Strafurteilen (§ 13 Nr. 3 BWG): Personen, die aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung das Wahlrecht infolge von bestimmten Straftaten (z.B. Wahlfälschung, Hochverrat) verloren haben, sind vom aktiven Wahlrecht ausgeschlossen.
  • Wahlrechtsausschluss im europäischen Kontext (EuWG): Entsprechende Ausschlussregelungen bestehen auch für die Teilnahme an Europawahlen.

Ausschluss vom passiven Wahlrecht

Das passive Wahlrecht kann unter folgenden Voraussetzungen entzogen werden:

  • Wegfall durch strafgerichtliche Verurteilung: Nach § 45 Strafgesetzbuch (StGB) kann das Recht, in öffentliche Ämter gewählt zu werden, bei Verurteilung wegen bestimmter Straftaten entzogen werden. Der Entzug erfolgt in der Regel zeitlich befristet, ist aber im Einzelfall verlängerbar oder dauerhaft.
  • Weitere gesetzliche Ausschlussgründe: Spezifische Ausschlussgründe können je nach Wahlgesetz (z.B. Kommunalwahlgesetz) differieren. Beispielsweise kann das passive Wahlrecht nach bestimmten Disziplinarstrafen für Beamte zeitweise ruhen.

Ausschlussgründe im internationalen Vergleich

Vergleichend bestehen auch in anderen Staaten Regelungen zum Ausschluss vom Wahlrecht, häufig mit Bezug auf Steuerung des Wahlrechts bei strafrechtlichen oder zivilrechtlichen Beeinträchtigungen (z.B. Inhaftierung, Entmündigung, bestimmte Vergehen gegen das Wahlrecht). Das Maß der Einschränkung variiert rechtlich und politisch stark zwischen den Staaten.

Bedeutung und Grenzen des Wahlrechtsausschlusses

Verfassungsrechtliche Schranken

Der Wahlrechtsausschluss bedarf einer klaren gesetzlichen Grundlage und muss verhältnismäßig sein. Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts haben mehrfach die engen Grenzen für den Verlust des Wahlrechts bestätigt, insbesondere wenn es um Menschen mit Behinderung geht. Die Rechtsprechung stellt darauf ab, dass das Wahlrecht einen besonders hohen Stellenwert im demokratischen Staatswesen hat.

Aktuelle Entwicklungen und Reformen

Im Lichte internationaler Verpflichtungen (z.B. UN-Behindertenrechtskonvention) und nationaler Gerichtsentscheidungen wurden in den vergangenen Jahren Wahlrechtsausschlüsse, vor allem für Menschen mit Behinderungen, überprüft und teilweise aufgehoben. So wurde etwa 2019 mit einer Änderung des Bundeswahlgesetzes der pauschale Wahlrechtsausschluss für vollbetreute Menschen weitgehend abgeschafft.

Rechtsfolgen des Ausschlusses vom Wahlrecht

Verwaltungsverfahren

Der Ausschluss wird regelmäßig automatisch auf Basis amtlicher Register und gerichtlicher Entscheidungen festgestellt. Betroffene Personen können gegen die Eintragung als wahlrechtsausgeschlossene Person Rechtsmittel einlegen.

Wiedererlangung des Wahlrechts

Nach Ablauf einer Sperrfrist oder Wegfall des Ausschlussgrundes (z.B. nach Beendigung der Wahlrechtsverwirkung) wird das Wahlrecht automatisch oder auf Antrag wiederhergestellt. Die Einzelheiten richten sich nach dem jeweiligen Wahlgesetz.

Zusammenfassung

Der Ausschluss vom Wahlrecht ist eine gravierende Einschränkung eines grundlegenden demokratischen Rechts. Er ist in Deutschland und den meisten demokratischen Staaten nur unter engen, gesetzlich klar geregelten Voraussetzungen zulässig. Im Mittelpunkt stehen dabei der Schutz der Funktionsfähigkeit der demokratischen Ordnung und der Schutz vor Missbrauch des Wahlrechts. Gesetzliche Neuregelungen und aktuelle Entwicklungen zeigen, dass der verfassungsrechtliche Schutz des Wahlrechts und die Begrenzung von Ausschlüssen fortlaufend angepasst werden, um eine größtmögliche gesellschaftliche Teilhabe zu gewährleisten.

Häufig gestellte Fragen

Wer kann vom Wahlrecht ausgeschlossen werden?

Vom Wahlrecht können in Deutschland bestimmte Personen durch gesetzliche Regelungen ausgeschlossen werden. Die maßgeblichen Regelungen dazu finden sich insbesondere im Grundgesetz (Art. 38 Abs. 2 GG) sowie in den jeweiligen Wahlgesetzen, wie dem Bundeswahlgesetz (§ 13 BWahlG), den Landeswahlgesetzen und den Kommunalwahlgesetzen. Nach § 13 BWahlG sind Personen ausgeschlossen, denen das Wahlrecht durch Richterspruch entzogen wurde, beispielsweise weil sie das Grundrecht auf Wahlen gemäß Art. 18 GG verwirkt haben oder wegen einer speziellen strafrechtlichen Verurteilung. Ebenfalls ausgeschlossen sind Personen, die unter vollständiger Betreuung im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches (§ 1896, 1899 BGB) in allen Angelegenheiten stehen oder sich aufgrund einer strafgerichtlichen Anordnung in einem psychiatrischen Krankenhaus befinden. Damit ist der Ausschluss vom Wahlrecht explizit und abschließend gesetzlich geregelt und bedarf stets einer förmlichen Anordnung.

Aus welchen Gründen erfolgt ein Ausschluss vom Wahlrecht?

Ein Ausschluss vom Wahlrecht erfolgt im Wesentlichen aus Gründen, die die Fähigkeit oder Integrität des Wahlbeteiligten betreffen. Zu den häufigsten Gründen zählen gerichtliche Entscheidungen, bei denen das Wahlrecht als Nebenfolge richterlich entzogen wird, sowie bestimmte Betreuungsfälle, in denen eine umfassende Betreuung in allen Angelegenheiten angeordnet wurde. Der Gesetzgeber verfolgt hierbei den Zweck, die Integrität und die Funktionsfähigkeit des demokratischen Wahlakts zu schützen, indem Personen, die aufgrund einer schweren Straftat oder einer chronischen Unfähigkeit zur eigenständigen Willensbildung nicht in der Lage sind, an Wahlen teilzunehmen, ausgeschlossen werden. Eine Entziehung auf rein administrativem Wege, ohne richterliche Entscheidung, ist unzulässig.

Welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen gegen einen Ausschluss vom Wahlrecht?

Gegen einen Ausschluss vom Wahlrecht bestehen rechtsstaatliche Kontrollmechanismen. Betroffene können gegen eine gerichtliche Entscheidung, durch die ihnen das Wahlrecht entzogen wurde, Rechtsmittel einlegen, etwa Berufung oder Revision gemäß den allgemeinen Prozessordnungen (z.B. Strafprozessordnung, Zivilprozessordnung). Im Falle einer Betreuung kann gegen den entsprechenden Betreuungsbeschluss beim zuständigen Amtsgericht Beschwerde eingelegt werden. Darüber hinaus ist die Wahlprüfungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht möglich, wenn jemand zu Unrecht am Urnengang gehindert wurde. Diese Rechtsmittel dienen der Wahrung des Grundrechts auf Partizipation und sichern einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz im Sinne von Art. 19 Abs. 4 GG.

Gilt der Ausschluss vom Wahlrecht zeitlich unbegrenzt oder bestehen Wiedererlangungsmöglichkeiten?

Der Ausschluss vom Wahlrecht ist grundsätzlich nicht unbegrenzt und hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Im Falle einer richterlichen Entscheidung, etwa bei Entziehung des Wahlrechts als strafrechtliche Nebenfolge, gilt der Ausschluss, solange die im Urteil festgelegten Bedingungen erfüllt sind oder bis eine entsprechende gerichtliche Neubewertung vorgenommen wird. Bei einer umfassenden Betreuung endet der Ausschluss mit dem Wegfall der gerichtlich angeordneten Betreuung, also sobald diese aufgehoben oder eingeschränkt wird. Es bestehen daher Möglichkeiten, das Wahlrecht wiederzuerlangen, beispielsweise durch Wiedererteilung im Anschluss an eine erfolgreiche Rehabilitation oder Aufhebung der betreuungsrechtlichen Maßnahme.

Welche Auswirkungen hat der Ausschluss vom Wahlrecht auf andere staatsbürgerliche Rechte?

Der Ausschluss vom Wahlrecht bezieht sich ausschließlich auf die aktive und passive Wahlteilnahme; also auf das Recht zu wählen und gewählt zu werden. Andere staatsbürgerliche Rechte – wie etwa das Recht auf Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit oder das Petitionrecht – bleiben hiervon grundsätzlich unberührt. Ein Wahlrechtsausschluss stellt somit keine generelle Einschränkung der Bürgerrechte dar, sondern betrifft ausschließlich die unmittelbar mit der Wahl verbundenen Rechte und Pflichten.

Wie wird sichergestellt, dass ein Wahlrechtsausschluss nicht willkürlich erfolgt?

Der Ausschluss vom Wahlrecht ist in Deutschland gesetzlich klar geregelt und kann ausschließlich aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Vorschriften sowie nach gerichtlicher Entscheidung erfolgen. Dies verhindert, dass Verwaltungsbehörden oder andere nicht-gerichtliche Stellen eigenmächtig über einen Wahlrechtsausschluss bestimmen können. Darüber hinaus bestehen umfassende gerichtliche Kontroll- und Korrekturmöglichkeiten, die einen effektiven Rechtsschutz gewährleisten. Der verfassungsrechtliche Grundsatz der Gleichheit der Wahl und des allgemeinen Wahlrechts gebietet es, den Ausschluss eng zu begrenzen und willkürliche Maßnahmen auszuschließen.