Legal Lexikon

Auspandrecht


Begriff und rechtliche Einordnung des Auspandrechts

Das Auspandrecht ist ein rechtlicher Begriff, der insbesondere im Kontext des Gesellschaftsrechts Anwendung findet. Es handelt sich dabei um das Recht eines Gesellschafters, aus einer bestehenden Gesellschaft auszuscheiden und dabei eine Abfindung für den aufgegebenen Gesellschaftsanteil zu verlangen. Das Auspandrecht steht sowohl in engem Zusammenhang mit gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen als auch mit wirtschaftlichen und vermögensrechtlichen Interessen der Beteiligten.

Im deutschen Recht ist das Auspandrecht insbesondere im Zusammenhang mit Personengesellschaften, aber auch bei Kapitalgesellschaften relevant. Seine genaue Ausgestaltung, die Voraussetzungen für seine Ausübung sowie die Berechnung der Abfindung richten sich nach dem Gesellschaftsvertrag, den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften und der einschlägigen Rechtsprechung.


Historische Entwicklung des Auspandrechts

Das Auspandrecht hat sich historisch in der Rechtsprechung und Literatur als Gegenstück zum Einziehung- oder Hinauswurfverfahren entwickelt. Es dient dem Interessenausgleich zwischen der Gesellschaft und dem einzelnen Gesellschafter, ermöglicht aber auch die Anpassung der Gesellschaftsstruktur an veränderte persönliche oder wirtschaftliche Verhältnisse.


Rechtsquellen und gesetzliche Grundlagen

Personengesellschaften

Beim Auspandrecht von Personengesellschaften, etwa der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), der Offenen Handelsgesellschaft (OHG) und der Kommanditgesellschaft (KG), findet sich eine gesetzliche Grundlage insbesondere in den §§ 723 ff. BGB sowie in analogen Vorschriften des Handelsgesetzbuches (HGB). Das Gesetz erlaubt hier unter bestimmten Voraussetzungen die Kündigung der Gesellschaft und damit das Ausscheiden eines Gesellschafters gegen Abfindung.

Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)

  • § 723 BGB: Gekündigte GbR erlischt, Auszahlung des Anteils an den Ausscheidenden
  • Teilkündigung ist in der Praxis ebenso anerkannt und führt zum Ausscheiden des Gesellschafters gegen Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens

Offene Handelsgesellschaft (OHG) / Kommanditgesellschaft (KG)

  • §§ 131, 161 II HGB: Regeln die Möglichkeiten der Kündigung und die Folgen für Vermögen und Anteilsrechte

Kapitalgesellschaften

Für Kapitalgesellschaften wie der GmbH oder der Aktiengesellschaft (AG) sieht das Gesetz kein originäres Auspandrecht vor. Das Ausscheiden eines Gesellschafters erfolgt dort gemäß Gesellschaftsvertrag oder nach besonderen gesetzlichen Regelungen (z.B. Kaduzierung bei Nichtleistung der Einlage).

Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)

  • Das GmbH-Gesetz kennt kein gesetzliches Auspandrecht. Die Aufnahme des Rechts auf Austritt und Abfindung kann aber vertraglich vereinbart werden (vgl. § 34 GmbHG i.V.m. Gesellschaftsvertrag).

Aktiengesellschaft (AG)

  • Das AktG sieht eine Ausscheidungsmöglichkeit grundsätzlich nicht vor. Ein etwaiges Recht muss im Einzelfall satzungsmäßig geregelt werden.

Voraussetzungen und Ausübung des Auspandrechts

Das Auspandrecht setzt regelmäßig voraus, dass dem betreffenden Gesellschafter der Verbleib in der Gesellschaft aus wichtigen oder im Vertrag definierten Gründen nicht (mehr) zumutbar ist. Die Ausübung erfolgt meist durch eine formgebundene Erklärung gegenüber der Gesellschaft oder den Gesellschaftern.

Regelmäßig anerkannte Gründe für das Auspandrecht

  • Nachhaltende und tiefgreifende Störungen im Gesellschafterverhältnis
  • Verletzung wesentlicher gesellschaftlicher Pflichten durch andere Gesellschafter
  • Unzumutbare Interessenskonflikte oder Rechtsverletzungen
  • Vertraglich bestimmte Austrittsrechte (z.B. bei Erreichen eines bestimmten Alters, Krankheit oder finanzieller Notlage)

Rechtsfolgen des Ausscheidens

Das Auspandrecht führt mit wirksamer Erklärung grundsätzlich zur Beendigung der Gesellschafterstellung. Hinterbliebene persönliche und vermögensrechtliche Beziehungen werden nach gesellschaftsrechtlichen Vorschriften abgewickelt.

Abfindungsansprüche

Dem ausscheidenden Gesellschafter steht ein Abfindungsanspruch zu. Dessen Höhe bestimmt sich nach dem tatsächlichen Verkehrswert des Anteils zum Zeitpunkt des Ausscheidens, es sei denn, der Gesellschaftsvertrag sieht eine andere Regelung vor. Die genaue Berechnung ist regelmäßig Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten, da sie nach wirtschaftlichen und rechtlichen Gesichtspunkten erfolgt.

Fortführung der Gesellschaft

  • Bei Personengesellschaften ist die Fortführung nach Ausscheiden durch die übrigen Gesellschafter in der Regel zulässig, sofern der Gesellschaftsvertrag keine abweichende Regelung trifft.
  • Bei Kapitalgesellschaften ist das Ausscheiden von Gesellschaftsanteilen mit der Übertragung desselben verbunden, da keine persönliche Bindung an die Gesellschaft besteht wie bei der Personengesellschaft.

Beschränktes und unbeschränktes Auspandrecht

Das Auspandrecht kann gesellschaftsvertraglich sowohl als unbeschränktes wie auch als beschränktes Recht ausgestaltet werden.

Unbeschränktes Auspandrecht

  • Ermöglicht das jederzeitige Ausscheiden gegen Abfindung aus beliebigem Grund – im deutschen Gesellschaftsrecht jedoch eher unüblich.

Beschränktes Auspandrecht

  • Das Auspandrecht ist in den meisten Fällen auf wichtige Gründe oder auf bestimmte im Vertrag definierte Situationen beschränkt. Hier genießen die Interessen der Gesellschaft und der übrigen Gesellschafter Vorrang.

Ausschluss und Modifikation des Auspandrechts

Der Gesellschaftsvertrag kann das Auspandrecht völlig ausschließen, beschränken oder modifizieren; allerdings sind missbräuchliche Beschränkungen oder Gestaltungen, die einem faktischen Aussperren gleichkommen, mit den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht vereinbar und im Streitfall einer gerichtlichen Kontrolle unterworfen.


Steuerliche und insolvenzrechtliche Aspekte

Das Ausscheiden eines Gesellschafters löst regelmäßig steuerliche Konsequenzen aus, insbesondere hinsichtlich etwaiger stiller Reserven oder Veräußerungsgewinne. Auch in der Insolvenz der Gesellschaft oder des Gesellschafters sind Besonderheiten des Auspandrechts zu beachten.


Rechtsprechung und Praxisbeispiele

Die Rechtsprechung hat das Auspandrecht in zahlreichen Urteilen konkretisiert, insbesondere in Bezug auf die Voraussetzungen der Ausübung, die angemessene Höhe und die Modalitäten der Abfindung sowie die fortlaufenden Pflichten und möglichen Nachhaftungen des ausscheidenden Gesellschafters.


Zusammenfassung

Das Auspandrecht ist ein zentrales Element des Gesellschaftsrechts, das den Interessenausgleich zwischen der Gesellschaft und ausscheidenden Gesellschaftern regelt. Es betrifft die Möglichkeit, aus einer Gesellschaft gegen Abfindung auszutreten und ist primär im Personengesellschaftsrecht verankert, kann aber auch bei Kapitalgesellschaften durch individuelle Regelungen von Bedeutung sein. Die rechtsgeschäftliche Ausgestaltung, die wirtschaftlichen Effekte und die formalen Voraussetzungen sind komplex und stets an den jeweiligen Gesellschaftsvertrag sowie die gesetzlichen Vorgaben gebunden. Besondere Bedeutung kommt dem Abfindungsanspruch und der Fortführung der Gesellschaft zu. Das Auspandrecht gewährleistet Anpassungsfähigkeit der Gesellschaftsstruktur und schützt zugleich die legitimen Interessen der Gesellschafter.

Häufig gestellte Fragen

Welche gesetzlichen Grundlagen regeln das Auspandrecht in Deutschland?

Das Auspandrecht ist im deutschen Gesellschaftsrecht insbesondere im Aktiengesetz (AktG) geregelt. Es handelt sich um das Recht eines Aktionärs, eine ursprünglich beschränkte Treuhand- oder Interimsbeteiligung in eine echte, vollwertige Mitgliedschaft an der Gesellschaft – also in eine unmittelbare Aktieninhaberschaft – umzuwandeln. Die wichtigsten gesetzlichen Vorschriften dazu finden sich vor allem in den §§ 68 ff. AktG. Darüber hinaus sind Regelungen zum Auspandrecht auch in Satzungen, in Verwahrverträgen und mitunter in Investmentgesetzbüchern zu beachten. Das Auspandrecht ist eindeutig vom Übertragungsrecht und vom Umwandlungsrecht abzugrenzen. Entscheidend ist, dass durch die Ausübung des Auspandrechts die formelle Stellung des Aktionärs verändert wird, ohne dass eine materielle Veränderung des Aktienbesitzes eintritt. Die praktische Relevanz des Auspandrechts wird insbesondere bei der Depotverwahrung oder im Zusammenhang mit Treuhandkonstrukten deutlich.

Welche praktischen Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit ein Aktionär sein Auspandrecht ausüben kann?

Für die Ausübung des Auspandrechts ist vorausgesetzt, dass die Beteiligung bislang lediglich als Treuhand-, Interims- oder Depotbeteiligung geführt wird und dem Begünstigten das Recht auf Ausbuchung und eigene Eintragung eingeräumt wurde. Voraussetzung ist regelmäßig, dass der Aktionär selbst alle zur Identifikation erforderlichen Unterlagen einreicht, um den satzungsmäßigen und gesetzlichen Anforderungen zu genügen. Der Antrag auf Ausbuchung muss ordnungsgemäß beim Verwahrer bzw. bei der ausgebenden Stelle gestellt werden, oft unter Beteiligung einer depotführenden Bank. Die Gesellschaft oder deren Registerstelle prüft daraufhin, ob alle rechtlichen Voraussetzungen – etwa im Hinblick auf Legitimationsanforderungen wie Name, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit und Steuerinformationen – erfüllt sind. Ferner darf kein gesetzliches oder vertragliches Veräußerungs- oder Verfügungsverbot entgegenstehen, und es dürfen keine aktienrechtlichen Erwerbsbeschränkungen oder Insiderhandelsverbote verletzt werden.

Welche rechtlichen Wirkungen hat die Ausübung des Auspandrechts für den bisherigen Treuhänder und den Auspandierenden?

Durch Ausübung des Auspandrechts wird der Auspandierende – auf Antrag und nach erfolgreicher Prüfung – unmittelbar ins Aktienregister der Gesellschaft eingetragen und ist somit als Aktionär mit sämtlichen Mitgliedschaftsrechten gegenüber der Gesellschaft legitimiert. Für den bisherigen Treuhänder endet die Mitwirkungspflicht oder das Stimmrecht im Regelfall, sofern diese ausschließlich auf dem Treuhandverhältnis beruhte. Die gesellschaftsrechtlichen Mitgliedschaftsrechte (Stimm-, Informations-, Teilnahme-, Dividendenrechte) stehen ab der Eintragung nun dem Auspandierenden umfassend und uneingeschränkt zu. Die Beziehungen zwischen Treuhänder und Treugeber – also vertragliche Nebenabreden, Haftung oder etwaige Rückvergütungen – bleiben hiervon unberührt, es sei denn, sie werden durch die Ausbuchung oder die neue Inhaberschaft beeinflusst.

Gibt es Fristen für die Ausübung des Auspandrechts?

Das Aktiengesetz sieht keine grundsätzlichen Fristen für die Ausübung des Auspandrechts vor, es sei denn, sie werden explizit satzungsmäßig geregelt oder ergeben sich aus dem Depot- oder Treuhandvertrag. Allerdings kann sich aus dem jeweiligen Vertragsverhältnis oder – etwa im Kapitalmarktbereich – aus spezialgesetzlichen Vorgaben eine Notwendigkeit zur zeitnahen Geltendmachung ergeben. In der Praxis können bestimmte Umsetzungsschritte, wie die Eintragung ins Aktienregister, Bearbeitungszeiten unterliegen. Ist das Auspandrecht als Gestaltungsrecht ausgestaltet, ist es regelmäßig sogleich nach Erklärung und Antragstellung wirksam; Relevant sind aber Ausschlussfristen, die sich aus Vertragskonstruktionen ergeben können oder wenn Hauptversammlungen anstehen, bei denen Stimm- oder Teilnahmerechte betroffen wären.

Muss das Auspandrecht notariell beurkundet oder anderweitig formal beglaubigt werden?

Eine notarielle Beurkundung ist für die Ausübung des Auspandrechts nach deutschem Recht grundsätzlich nicht erforderlich. Die Ausübung erfolgt in der Regel durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Verwahrer, der depotführenden Bank oder – im Falle vinkulierter Namensaktien – direkt gegenüber der Gesellschaft oder deren Registerstelle. Allerdings muss die Identität des Auspandierenden durch geeignete Unterlagen (z. B. Ausweisdokumente, Nachweis des Depot- oder Treuhandverhältnisses) nachgewiesen werden. In besonderen Fällen, etwa bei bedeutenden Übertragungen im Rahmen großer Treuhandkonstrukte, können jedoch zusätzliche Beglaubigungen, etwa juristische Legalisationen bei internationalen Beteiligungsverhältnissen, erforderlich sein.

Können Rechtsstreitigkeiten über das Auspandrecht auftreten und wie werden diese gelöst?

Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit dem Auspandrecht sind möglich, beispielsweise wenn ein Treuhänder oder ein Verwahrer die Eintragung verweigert oder wenn satzungsmäßige Einschränkungen zur Anwendung kommen. In solchen Fällen stehen dem betroffenen Aktionär grundsätzlich zivilrechtliche Klagemöglichkeiten offen. Nach § 246 AktG kann etwa der Antrag auf Berichtigung des Aktienregisters gestellt werden, außerdem kann nach allgemeinen Grundsätzen Unterlassung, Leistung oder Schadensersatz begehrt werden. Zuständig sind die ordentlichen Gerichte, i.d.R. das Landgericht. Ist das Auspandrecht explizit im Vertrag geregelt, kommen häufig Schiedsgerichte oder Schlichtungsstellen zur Anwendung, sofern dies vereinbart wurde.

Welche steuerlichen Aspekte sind im Zusammenhang mit dem Auspandrecht zu beachten?

Durch die Ausübung des Auspandrechts erfolgt grundsätzlich keine Veräußerung oder Übertragung im steuerlichen Sinne, sodass keine unmittelbaren steuerlichen Folgen (wie Spekulationsgewinne) ausgelöst werden. Allerdings kann das Auspandrecht dann steuerlich relevant werden, wenn dadurch der wahre wirtschaftliche Eigentümer erstmals offenbart wird, etwa weil dieser zuvor verdeckt über eine Treuhandkonstruktion beteiligt war. In solchen Fällen entstehen Anzeigepflichten nach dem Geldwäschegesetz und möglicherweise nach dem Außenwirtschaftsrecht. Zudem wird durch die Ausbuchung und Eintragung im Register die steuerliche Erfassung für laufende Kapitalerträge (z. B. Dividenden) auf den Auspandierenden als neuen Registerinhaber umgestellt. Besondere Beachtung verdient die Thematik bei grenzüberschreitenden Sachverhalten, da sich hier abweichende nationale Besteuerungsregeln ergeben können.