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Auslandskind


Begriffserklärung: Auslandskind

Der Begriff Auslandskind bezeichnet in rechtlicher Hinsicht ein minderjähriges Kind, das unter bestimmten Voraussetzungen im Ausland geboren wurde oder im Ausland lebt und dessen rechtlicher Status sich zum Beispiel in Bezug auf Staatsangehörigkeit, Abstammung, Unterhalt oder Sorgerecht richtet. Die Definition von Auslandskindern umfasst verschiedene Sachverhalte im deutschen und internationalen Recht, die insbesondere im Zusammenhang mit dem internationalen Familienrecht, dem Staatsangehörigkeitsrecht sowie dem Aufenthaltsrecht relevant werden.


Staatsangehörigkeit und Auslandskind

Die rechtliche Zuordnung eines Kindes, das im Ausland geboren wird oder dessen Eltern im Ausland leben, stellt besondere Anforderungen an das Staatsangehörigkeitsrecht.

Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch Geburt im Ausland (ius sanguinis und ius soli)

Der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch ein im Ausland geborenes Kind richtet sich hauptsächlich nach dem Abstammungsprinzip (ius sanguinis) gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG). Ein Kind erwirbt die deutsche Staatsangehörigkeit durch Geburt, wenn mindestens ein Elternteil zum Zeitpunkt der Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Das Geburtsortprinzip (ius soli) ist im Ausland in der Regel irrelevant, kann aber im Inland (§ 4 Abs. 3 StAG) von Bedeutung sein.

Sonderregelung: Verlust der Staatsangehörigkeit gemäß § 4 Abs. 4 StAG

Gemäß § 4 Abs. 4 StAG verliert ein im Ausland geborenes Kind mit einem deutschen Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn die Eltern nach dem 31. Dezember 1999 im Ausland leben, das Kind dort geboren wurde und der Elternteil nach dem 31. Dezember 1999 ebenfalls im Ausland geboren wurde und seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort hat, es sei denn, das Kind würde sonst staatenlos oder es wird innerhalb eines Jahres nach Geburt für das Kind eine wirksame Anzeige bei der zuständigen Auslandsvertretung erstattet.


Abstammung und Kindschaftsrecht bei Auslandskindern

Die Feststellung der Abstammung (Vaterschaft und Mutterschaft) eines Auslandskindes ist ein zentraler Aspekt des internationalen Kindschaftsrechts.

Feststellung der Vaterschaft

Nach Art. 19 Abs. 1 EGBGB (Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch) bestimmt sich die rechtliche Zuordnung des Kindes zu den Eltern (Abstammung) nach dem Recht des Staates, dem das Kind angehört. Die Anerkennung und Anfechtung der Vaterschaft richtet sich bei im Ausland geborenen Kindern entweder nach dem Recht des Geburtslandes, des Wohnsitzstaates oder des Heimatstaates der Eltern.

Mutterschaft und Leihmutterschaft

Die Mutterschaft eines im Ausland geborenen Kindes ist in Deutschland eindeutig geregelt (§ 1591 BGB): Mutter ist grundsätzlich die Frau, die das Kind geboren hat. Probleme entstehen etwa bei im Ausland abgeschlossenen Leihmutterschaften, die in Deutschland mit familienrechtlichen und völkerrechtlichen Fragestellungen verbunden sein können.


Internationales Sorge- und Umgangsrecht bei Auslandskindern

Sorge- und Umgangsrechtliche Fragen bei Auslandskindern werden oft durch internationale Konventionen und nationale Bestimmungen geregelt.

Anwendbares Recht

Nach Art. 21 EGBGB richtet sich das Sorgerecht für ein Kind grundsätzlich nach dem Recht des Staates, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Eine Ausnahme gilt, wenn das Kind deutscher Staatsangehöriger ist und die Eltern die Anwendung deutschen Rechts wählen.

Haager Kinderschutzübereinkommen

Das Haager Kinderschutzübereinkommen (KSÜ, 1996) regelt Zuständigkeit und anwendbares Recht in internationalen Sorgerechtsangelegenheiten. Ziel ist der Schutz von Kindern, deren Lebenssituation über Staatsgrenzen hinweg reicht.


Auslandsadoption und Auslandskind

Auslandsadoptionen sind einer der häufigsten Kontexte, in denen der Begriff Auslandskind in der Rechtsanwendung auftaucht.

Anerkennung und Wirksamkeit von Auslandsadoptionen

Die Anerkennung ausländischer Adoptionsentscheidungen in Deutschland richtet sich nach den §§ 108, 109 FamFG sowie dem Haager Übereinkommen über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption (HAÜ). Entscheidend ist das Wohl des Kindes sowie die Vermeidung von Kindschaftswidersprüchen.


Aufenthaltsrechtliche Stellung von Auslandskindern

Auch Fragen zum Aufenthaltstitel und Einreiserecht betreffen Auslandskinder in erheblichem Maße.

Einreise und Aufenthalt

Nach deutschem Aufenthaltsgesetz (AufenthG) können minderjährige im Ausland geborene Kinder deutscher oder外国ischer Herkunft ein Aufenthaltsrecht durch Familiennachzug (§ 32 AufenthG) erhalten. Wenn das Kind Deutscher ist, kann es nach Art. 116 GG nach Deutschland einreisen und sich dort aufhalten.


Unterhaltsrechtliche Aspekte bei Auslandskindern

Der Kindesunterhalt für im Ausland lebende oder geborene Kinder bestimmt sich regelmäßig nach internationalen Übereinkommen, insbesondere dem Haager Unterhaltsübereinkommen von 2007 und dem Unterhaltsverfahrensgesetz.


Sozialrechtliche und kindbezogene Leistungen für Auslandskinder

Für Auslandskinder können unter bestimmten Voraussetzungen kindbezogene Sozialleistungen wie das deutsche Kindergeld (§ 62 ff. EStG) oder das Elterngeld (§ 1 BEEG) in Betracht kommen. Anspruchsberechtigt sind in der Regel deutsche Staatsangehörige oder in Deutschland sozialversicherungspflichtig tätige Eltern, unabhängig vom gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes, soweit dies durch EU-Recht oder bilaterale Abkommen eröffnet wird.


Schutzmaßnahmen und Kinderrechte bei Auslandskindern

Im Fokus stehen internationale Kinderschutzmaßnahmen sowie die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention, die in den meisten Fällen auch Auslandskinder schützt. Maßnahmen greifen insbesondere bei Menschenhandel, Kindesentziehung oder Missbrauchsverdacht.


Sonderfälle: Kindesentziehung und Rückführung von Auslandskindern

Ein wesentliches Problemfeld stellt die grenzüberschreitende Kindesentziehung dar, insbesondere zwischen verschiedenen Staaten mit unterschiedlichen Rechtsordnungen. Die Rückführung regelt im Wesentlichen das Haager Kindesentführungsübereinkommen von 1980, das rasche Verfahren und die Wiederherstellung des Status quo vor der Entziehung vorsieht.


Literaturverweis und weiterführende Rechtsgrundlagen

  • Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG)
  • Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB)
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
  • Aufenthaltsgesetz (AufenthG)
  • FamFG – Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit
  • Haager Übereinkommen im Bereich Kinderschutz, Kindesentführung, Unterhalt und Adoption

Zusammenfassung

Der Begriff Auslandskind umfasst zahlreiche rechtliche Aspekte des internationalen Familienrechts, des Staatsangehörigkeitsrechts, des Aufenthaltsrechts sowie des Sozialrechts. In den meisten Fällen handelt es sich um Kinder, deren Lebenssituation durch Auslandsgeburten, binationales Elternhaus, interkulturelle Adoptionen oder internationale Sorgerechtskonflikte geprägt ist. Rechtliche Regeln und internationale Abkommen sorgen dafür, dass der Schutz, die Zugehörigkeit und die Rechte von Auslandskindern sowohl auf nationaler wie auch auf internationaler Ebene gewahrt bleiben.

Häufig gestellte Fragen

Gilt das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht automatisch für Auslandskinder?

Für sogenannte Auslandskinder – das sind Kinder deutscher Staatsangehöriger, die im Ausland geboren werden – gilt das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht grundsätzlich nur dann automatisch, wenn mindestens ein Elternteil zum Zeitpunkt der Geburt im Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit ist. Allerdings besteht seit Inkrafttreten des Staatsangehörigkeitsrechtsreformgesetzes (StAG) am 1. Januar 2000 eine besondere Regelung nach § 4 Abs. 4 StAG: Kinder, die im Ausland geboren werden und deren deutscher Elternteil selbst bereits im Ausland geboren wurde und nach dem 31. Dezember 1999 geboren ist, erwerben die deutsche Staatsangehörigkeit nur, wenn innerhalb eines Jahres die Geburt dem zuständigen deutschen Standesamt angezeigt wird. Versäumt man diese Frist, verliert das Kind das Recht auf Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch Geburt. Damit soll eine dauerhafte Weitergabe der deutschen Staatsangehörigkeit im Ausland über Generationen hinweg ohne Inlandsbezug vermieden werden.

Welche Rechte und Pflichten haben Auslandskinder hinsichtlich der Meldepflicht in Deutschland?

Nach deutschem Meldegesetz besteht für im Ausland geborene Kinder keine allgemeine Meldepflicht in Deutschland, solange sie keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland begründen. Ebenso wenig besteht eine Verpflichtung, eine deutsche Geburtsurkunde oder eine Eintragung ins Geburtenregister ohne konkreten Bezug zum Inland zu beantragen. Es kann jedoch ratsam sein, zur Wahrung von staatsangehörigkeitsrechtlichen Ansprüchen oder zur Erlangung deutscher Reisedokumente eine Nachbeurkundung der Geburt beim zuständigen deutschen Standesamt vornehmen zu lassen. Hierbei handelt es sich um ein reines Antragsrecht und um keine Pflicht.

Welche Nachweise müssen für die Beantragung eines deutschen Passes für ein Auslandskind erbracht werden?

Für die Ausstellung eines deutschen Reisepasses für im Ausland geborene Kinder ist erforderlich, dass die Abstammung des Kindes von einem deutschen Elternteil zweifelsfrei nachgewiesen wird. Das erfolgt grundsätzlich über amtliche Urkunden, in der Regel durch die Vorlage der Geburtsurkunde (mit beglaubigter Übersetzung) und der Nachweise über die deutsche Staatsangehörigkeit des betreffenden Elternteils (z.B. deutscher Reisepass oder Staatsangehörigkeitsausweis). In besonderen Fällen kann darüber hinaus eine Geburtsanzeige nach § 4 Abs. 4 Satz 2 StAG verlangt werden. Liegen Zweifel an der Identität oder Abstammung des Kindes oder an der Rechtmäßigkeit der Vorbildungen vor, behalten sich Passbehörden das Recht vor, weitergehende Nachweise oder Dokumente einzufordern.

Haben Auslandskinder einen Anspruch auf Kindergeld aus Deutschland?

Nach geltendem deutschem Recht ist der Anspruch auf Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) oder dem Einkommensteuergesetz (EStG) in aller Regel an den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des anspruchsberechtigten Elternteils in Deutschland gebunden. Auslandskinder mit ausschließlich ausländischem Wohnsitz erhalten grundsätzlich kein Kindergeld aus Deutschland, es sei denn, die Eltern sind weiterhin in Deutschland unbeschränkt einkommenssteuerpflichtig (z.B. als Grenzgänger oder bei vorübergehender Entsendung ins Ausland). Ausnahmen davon sind restriktiv gehandhabt und setzen detaillierte rechtliche Prüfungen voraus.

Unterliegen Auslandskinder der Wehrpflicht oder Ersatzdienstpflicht in Deutschland?

Seit der Aussetzung der Wehrpflicht in Deutschland im Jahr 2011 unterliegen generell weder In- noch Auslandskinder der Verpflichtung zur Ableistung eines Wehr- oder Ersatzdienstes. Allerdings kann im Falle der Reaktivierung des Wehrpflichtgesetzes (§ 1 WPflG) die Frage neu zu bewerten sein: Faktisch können im Ausland aufgewachsene, aber deutsche Staatsangehörige grundsätzlich dennoch wehrpflichtig sein, wenn sie ihren Wohnsitz nach Deutschland verlegen oder keinen dauerhaften Aufenthalt im Ausland nachweisen können. Im Ernstfall müsste ein Rückkehrer aus dem Ausland prüfen, ob zur jeweiligen Sachlage eine Meldepflicht oder eine Wehrpflicht besteht.

Können Auslandskinder Ansprüche auf Erbfolge in Deutschland geltend machen?

Im Prinzip steht Auslandskindern, sofern sie nach deutschem Recht als eheliche oder gesetzliche Nachkommen anerkannt sind, das Erbrecht nach deutschem Recht zu. Maßgeblich ist das deutsche Erbrecht, solange der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte oder deutsches Recht von Anwendungswegen der Europäischen Erbrechtsverordnung (EuErbVO) maßgeblich ist. Allerdings kann das Auffinden und die Absicherung der Ansprüche schwieriger sein, insbesondere wenn der Erbe seinen Wohnsitz ausschließlich im Ausland hat. Die Geltendmachung der Erbrechte setzt zumeist eine amtlich verbriefte Feststellung der Staatsangehörigkeit und des Verwandtschaftsverhältnisses voraus.

Welche schulischen und studienrechtlichen Ansprüche haben Auslandskinder bei einer Rückkehr nach Deutschland?

Kinder deutscher Staatsangehöriger, die im Ausland geboren und aufgewachsen sind, genießen bei Rückkehr nach Deutschland grundsätzlich Zugang zu allen öffentlichen Bildungseinrichtungen und Hochschulen, sofern sie über die erforderlichen schulischen Voraussetzungen verfügen. Dabei wird die im Ausland erworbene Schulbildung auf Gleichwertigkeit geprüft; gegebenenfalls sind Anpassungsmaßnahmen (z.B. Sprachkurse, Schuljahrswiederholung) erforderlich. Besonders bedeutsam ist dabei die Anerkennung von ausländischen Schulabschlüssen und Zeugnissen, welche nach den jeweiligen landesrechtlichen Regelungen vorgenommen wird. Im Hochschulbereich gelten die Vorschriften der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (ZAB) im Rahmen der Kultusministerkonferenz, die die Anerkennung und Gleichstellung von ausländischen Abschlüssen regelt.