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Ausländerstrafen


Begriff und Einordnung von Ausländerstrafen

Der Begriff Ausländerstrafen bezeichnet im deutschen Recht die strafrechtlichen Sanktionen, die gegenüber Personen verhängt werden, die weder die deutsche Staatsangehörigkeit noch die eines anderen EU-Mitgliedstaates besitzen. Die Anwendung und Durchsetzung dieser Strafen ist durch eine Vielzahl besonderer Rechtsnormen und rechtlicher Rahmenbedingungen geprägt. Im weiteren Sinne bezieht sich der Begriff auch auf sämtliche rechtlichen Folgen strafbaren Verhaltens von Ausländern, einschließlich Nebenfolgen wie Ausweisung, Abschiebung und aufenthaltsrechtliche Konsequenzen.

Rechtsgrundlagen der Ausländerstrafen

Strafrechtliche Sanktionen

Auch nichtdeutschen Staatsangehörigen sind im Rahmen der allgemeinen Strafgesetzgebung der Bundesrepublik Deutschland strafbar, sofern sie sich im Inland aufhalten oder die Vorschriften eine Anwendbarkeit im Ausland vorsehen (vgl. § 3 ff. Strafgesetzbuch – StGB). Hierbei finden sämtliche im StGB und in Nebengesetzen geregelten Strafen Anwendung, insbesondere:

  • Freiheitsstrafe
  • Geldstrafe
  • Nebenstrafen und Nebenfolgen gemäß §§ 44 ff. StGB

Besonderheiten bei Anwendung auf Ausländer

Ausländerrechtliche Nebenfolgen

Eine entscheidende Besonderheit bei Ausländerstrafen ist das Zusammenspiel von Strafrecht und Ausländerrecht. Strafbare Handlungen können folgende ausländerrechtliche Maßnahmen nach sich ziehen:

  • Ausweisung: Gemäß § 53 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) muss die zuständige Ausländerbehörde bei bestimmten Straftatbeständen zwingend oder regelhaft die Ausweisung anordnen.
  • Abschiebung: Im Fall einer vollziehbaren Ausweisung erfolgt die Abschiebung des betreffenden Ausländers (§§ 58 ff. AufenthG).
  • Verlust der Aufenthaltserlaubnis: Nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG erlischt die Aufenthaltserlaubnis mit dem Eintritt einer Ausweisung.
  • Einreisesperre: Unter bestimmten Umständen kann eine Wiedereinreisesperre verfügt werden.

Der Ausgang eines Strafverfahrens ist daher für ausländische Personen in Deutschland oftmals mit erheblichen Folgen für den weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet verbunden.

Strafverfolgung und internationale Aspekte

Im Rahmen von Ausländerstrafen sind auch Aspekte des internationalen und europäischen Strafverfahrensrechts zu berücksichtigen, etwa bei Auslieferungs- oder Rechtshilfeverfahren. Die Verfolgung und Vollstreckung von Strafen gegen Ausländer erfolgt dabei auf Basis bilateraler und multilateraler Abkommen.

Strafzumessung und Bewährung bei Ausländerverurteilungen

Wirkungen der Strafzumessung

Die deutsche Rechtsprechung verlangt, dass bei der Strafzumessung keine Diskriminierung aufgrund der Nationalität erfolgt. Dennoch können migrationsrechtliche Folgen (wie drohende Ausweisung) im Rahmen der Strafzumessung als strafmildernder oder strafschärfender Umstand berücksichtigt werden, sofern sie konkret und unmittelbar aus der Verurteilung resultieren (§ 46 StGB).

Besonderheiten bei der Strafaussetzung zur Bewährung

Auch bei der Bewährungsentscheidung nach §§ 56 ff. StGB findet eine Abwägung migrationsspezifischer Umstände statt. Ob und inwiefern Haftvermeidung anzustreben ist, richtet sich nach den Chancen auf Integration sowie dem öffentlichen Interesse am Schutz vor weiteren Straftaten.

Ausländerstrafen und das Prinzip der Nichtdiskriminierung

Diskriminierungsverbot und Gleichbehandlungsgrundsatz

Das Grundgesetz (Art. 3 GG) gewährleistet den Anspruch auf Gleichbehandlung vor dem Gesetz. Eine nationale oder ethnische Zugehörigkeit darf bei der Rechtsanwendung keine Rolle spielen. Die Anforderungen des Diskriminierungsverbots erstrecken sich auch auf die Verhängung und Vollstreckung von Strafen. Die Kontrolle durch das Bundesverfassungsgericht und internationale Gerichte (z.B. EGMR) sichert die Beachtung dieses Grundsatzes.

Praktische Auswirkungen und Rechtsschutz

Rechtsschutz im Straf- und Ausländerverfahren

Ausländische Personen haben Anspruch auf rechtliches Gehör und können gegen strafrechtliche Urteile sowie ausländerrechtliche Maßnahmen (z.B. Ausweisungsverfügung) den Rechtsweg beschreiten (§§ 296 ff. Strafprozessordnung – StPO, §§ 68 ff. Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).

Auswirkungen auf den weiteren Aufenthalt

Neben den unmittelbaren strafrechtlichen Sanktionen haben Ausländerstrafen weitreichende Konsequenzen auf Rechte und Pflichten im Aufenthaltsrecht, auf Sozialleistungen und auf künftige Anträge auf Einbürgerung.

Zusammenfassung und Bedeutung

Ausländerstrafen umfassen nicht allein die eigentliche Sanktion im strafrechtlichen Sinne, sondern auch die daraus resultierenden aufenthaltsrechtlichen und verwaltungsrechtlichen Konsequenzen. Durch die enge Verzahnung von Strafrecht und Ausländerrecht ist der Bereich besonders vielschichtig. Das deutsche Recht stellt dabei sicher, dass trotz der spezifischen Regelungen für Nichtdeutsche keine Diskriminierung erfolgt und der Rechtsschutz in vollem Umfang gewährleistet ist. Die Praxis zeigt jedoch, dass wegen der gravierenden Folgen von Ausländerstrafen eine sorgfältige Beachtung aller Verfahrens- und Schutzvorschriften unverzichtbar ist.

Häufig gestellte Fragen

Können ausländische Straftaten bei Entscheidungen deutscher Gerichte berücksichtigt werden?

Ja, ausländische Straftaten können in bestimmten Fällen bei gerichtlichen Entscheidungen in Deutschland legal berücksichtigt werden. Beispielsweise ist dies beim Ausspruch einer Gesamtstrafe nach § 55 StGB möglich, wenn eine erkennbare Verbindung zwischen der im Ausland begangenen und der im Inland abgeurteilten Straftat besteht. Ebenso können bei der Strafzumessung frühere, im Ausland begangene Delikte berücksichtigt werden, sofern sie im Bundeszentralregister eingetragen oder auf andere Weise nachgewiesen sind. Bei Ausweisungen nach dem Aufenthaltsgesetz spielen ausländische Verurteilungen eine zentrale Rolle, sofern die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind. Allerdings gilt der Legalitätsgrundsatz; der genaue rechtliche Rahmen richtet sich immer nach den nationalen Vorschriften und dem anzuwendenden internationalen Recht.

Wirkt sich eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht auf den Aufenthaltsstatus aus?

Eine ausländische Verurteilung kann schwerwiegende Auswirkungen auf den Aufenthaltsstatus einer Person in Deutschland haben. Nach den §§ 53 ff. AufenthG (Ausweisung) ist eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe ab einer bestimmten Dauer regelmäßig ein gewichtiger Ausweisungsgrund. Dies gilt insbesondere, wenn es sich um ein rechtskräftiges Urteil handelt und die Straftat auch nach deutschem Recht strafbar wäre (Prinzip der beiderseitigen Strafbarkeit). Bei besonders schweren Verbrechen oder wiederholten Delikten kann die Ausweisung zwingend sein. Allerdings erfolgt stets eine Einzelfallprüfung unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und möglicher Schutzrechte, insbesondere bei gut integrierten Ausländern oder solchen mit besonderem Schutzstatus.

Wie erfolgt die Vollstreckung ausländischer Urteile in Deutschland?

Die Vollstreckung ausländischer Strafurteile in Deutschland ist im Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) geregelt. Grundsätzlich ist ein deutsches Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahren erforderlich, bei dem deutsche Gerichte prüfen, ob die Vollstreckung nach deutschen Maßstäben sinnvoll ist und ob das ausländische Urteil auf einer rechtstaatlichen Grundlage ergangen ist. Wichtige Voraussetzungen sind eine wechselseitige Vereinbarung (z. B. im Rahmen der EU) und die sog. doppelte Strafbarkeit, das heißt, die Tat muss auch nach deutschem Recht strafbar sein. Die konkrete Ausgestaltung, etwa die Anpassung der Strafe an deutsches Recht, obliegt den zuständigen Behörden.

Haben Ausländer in deutschen Strafverfahren die gleichen Rechte wie deutsche Beschuldigte?

Ja, Ausländer genießen als Beschuldigte in deutschen Strafverfahren die gleichen prozessualen Rechte wie Deutsche. Dazu zählen das Recht auf einen Anwalt, das Recht auf Übersetzung und Dolmetscher, das Recht auf Information über die Rechte und das Recht auf ein faires Verfahren (Art. 6 EMRK). Zudem können sie in ihrer Muttersprache kommunizieren, sofern Verständigungsschwierigkeiten vorliegen. Soweit das Verfahren Auswirkungen auf aufenthaltsrechtliche Belange haben kann, ist besondere Sensibilisierung und Beratung durch spezialisierte Anwälte ratsam. Das Gericht achtet im Übrigen auf die Wahrung der Menschenrechte gemäß Grundgesetz und EMRK.

Welche Auswirkungen haben Ausländerstrafen auf Einbürgerungsverfahren?

Vorstrafen, auch solche aus dem Ausland, wirken sich entscheidend auf Einbürgerungsverfahren aus. Nach § 12a StAG ist eine Einbürgerung regelmäßig ausgeschlossen, wenn der Antragsteller wegen einer Straftat verurteilt wurde. Dazu zählen auch ausländische Verurteilungen, soweit die Tat nach deutschem Recht strafbar wäre und eine Mindeststrafe überschritten wird. Das zuständige Einbürgerungsamt prüft sorgfältig, ob ein Ausnahmefall vorliegt (z. B. Bagatelldelikte oder Verurteilungen im Ausland, die in Deutschland nicht strafbar wären). In Zweifelsfällen erfolgt eine Einzelfallprüfung unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des Einbürgerungsrechts.

Unter welchen Umständen erfolgt ein Austausch über ausländische Vorstrafen?

Der Austausch von Vorstrafen zwischen Staaten erfolgt auf Grundlage völkerrechtlicher Vereinbarungen, insbesondere im Rahmend es europäischen Informationssystems über Strafregister (ECRIS) sowie über INTERPOL oder bilaterale Abkommen. Die erhaltenen Informationen werden in das Bundeszentralregister eingetragen, sofern sie den rechtlichen Anforderungen genügen. Voraussetzung ist in der Regel, dass eine rechtskräftige Verurteilung vorliegt und die Tat auch nach deutschem Recht strafbar ist (doppelte Strafbarkeit). Die Daten unterliegen dabei dem Datenschutzrecht und dürfen nur für bestimmte Zwecke verwendet werden.

Welche Rolle spielt die doppelte Strafbarkeit bei der Berücksichtigung ausländischer Straftaten?

Die doppelte Strafbarkeit ist ein zentrales Kriterium für die Berücksichtigung ausländischer Straftaten. Sie besagt, dass eine im Ausland begangene und geahndete Tat nur dann im deutschen Rechtsraum rechtlich relevant sein kann, wenn sie auch nach deutschem Recht als Straftat qualifiziert würde. Dies betrifft insbesondere die Eintragung ins Bundeszentralregister, die Vollstreckung ausländischer Urteile sowie ausländerrechtliche Entscheidungen (z. B. Ausweisung, Aufenthaltsbeendigung, Einbürgerung). Der Grundsatz dient dem Schutz vor willkürlicher Strafverfolgung und sorgt für einheitliche und gerechte Bewertung transnationaler Rechtsfolgen.