Legal Lexikon

Ausländerpolizei


Begriff und rechtliche Grundlagen der Ausländerpolizei

Die Ausländerpolizei bezeichnet staatliche Behörden und organisatorisch abgegrenzte Einheiten, die mit der Überwachung, Durchführung und Durchsetzung des Ausländerrechts betraut sind. Ihre Aufgaben umfassen insbesondere die Kontrolle des Aufenthalts, die Ermittlung und Verfolgung von Rechtsverstößen im Zusammenhang mit dem Ausländerrecht sowie die zwangsweise Durchsetzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen. Die Terminologie und Zuständigkeit der Ausländerpolizei sind im deutschen und österreichischen Recht verankert, während sich die Behörde und der Aufgabenbereich international unterscheiden können.

Begriffsgeschichte und Entwicklung

Historisch wurde der Begriff „Ausländerpolizei“ vor allem im deutschsprachigen Raum verwendet. Im Zuge der Reformen des Ausländerrechts und der europäischen Integration wurde die Bezeichnung zunehmend durch rechtsstaatliche und neutrale Begriffe wie „Ausländerbehörde“ oder „Fremdenbehörde“ ersetzt. Dennoch findet der Ausdruck im Gesetzeswortlaut sowie im behördlichen und rechtswissenschaftlichen Sprachgebrauch weiterhin Verwendung, insbesondere im österreichischen Kontext (z.B. Fremdenpolizei).

Aufgaben und Zuständigkeiten

Aufgabenbereich der Ausländerpolizei

Die Ausländerpolizei ist im Kern für die Überwachung und Durchsetzung aufenthaltsrechtlicher Vorschriften zuständig. Wesentliche Aufgaben umfassen:

  • Kontrolle des Aufenthaltsstatus: Überprüfung, ob Ausländer die für sie geltenden aufenthaltsrechtlichen Vorschriften einhalten
  • Feststellung der Identität: Erfassung und Überprüfung personenbezogener Daten, insbesondere bei Verdacht auf unerlaubten Aufenthalt oder bei Einreise nach Deutschland oder Österreich
  • Unterbindung illegaler Migration: Verhinderung und Aufdeckung des unerlaubten Aufenthalts, der illegalen Ein- und Ausreise oder des Verstoßes gegen aufenthaltsrechtliche Vorschriften
  • Durchsetzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen: Durchführung von Abschiebungen, Zurückweisungen und Ausweisungen nach rechtskräftigen Entscheidungen
  • Unterstützung anderer Behörden: Zusammenarbeit mit Strafverfolgungsbehörden, Ausländerbehörden und Sicherheitsdiensten.

Behördenstruktur in Deutschland

In Deutschland ist der Begriff „Ausländerpolizei“ nicht mehr Teil der offiziellen Behördenbezeichnung, spiegelt sich jedoch im Aufgabenbereich spezifischer Funktionsbereiche innerhalb der Polizei sowie von Ausländerbehörden wider.

  • Polizei: Die Vollzugspolizei wirkt insbesondere bei der Kontrolle der Ein- und Ausreise, bei Festnahmen zur Aufenthaltsbeendigung sowie bei Maßnahmendurchführung nach den §§ 58 ff. AufenthG (Aufenthaltsgesetz) mit.
  • Ausländerbehörden (z.B. auf kommunaler Ebene oder bei Landesdirektionen): Bearbeitung von aufenthaltsrechtlichen Anträgen, Erteilung und Ablehnung von Aufenthaltstiteln, Durchführung ausländerrechtlicher Anordnungen, Vollzug ausländerpolizeilicher Maßnahmen.

Behördenstruktur in Österreich

In Österreich besteht weiterhin eine klassische organisatorische Ausgestaltung der „Fremdenpolizei“, die im Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) geregelt ist. Die Fremdenpolizei ist Teil der Landespolizeidirektionen und wird insbesondere bei

  • Einreiseverweigerungen,
  • Aufenthaltsüberprüfungen,
  • Ausweisungen,
  • Abschiebungen eingesetzt.

Internationale Perspektiven

Je nach Staat übernimmt die „Ausländerpolizei“ unterschiedliche Aufgaben und wird unter verschiedenen Begriffen geführt. In der EU koordiniert die Grenzschutzagentur Frontex internationale Maßnahmen zum Schutz der Außengrenzen, u.a. mit Aufgaben analog zur Ausländerpolizei.

Rechtliche Grundlagen

Deutschland

Aufenthaltsgesetz (AufenthG)

Das Aufenthaltsgesetz (AufenthG) bildet die zentrale Rechtsgrundlage für die aufenthaltsrechtliche Tätigkeit und die Durchführung ausländerpolizeilicher Maßnahmen. Insbesondere umfassen §§ 48 ff. AufenthG die Mitwirkungspflichten von Ausländern, die Befugnisse zur Identitätsfeststellung und zur Durchsetzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen.

Datenerhebung und -übermittlung

Die Ausländerpolizei ist zur Datenerhebung und -übermittlung im erforderlichen Ausmaß berechtigt, insbesondere zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung (§§ 82 ff. AufenthG).

Zwangsmaßnahmen

Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs, insbesondere bei Abschiebemaßnahmen (§§ 58 ff. AufenthG), unterliegen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und stehen unter richterlicher Kontrolle.

Österreich

Fremdenpolizeigesetz (FPG)

Das Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) regelt umfassend Aufgaben, Befugnisse und Verfahren der Fremdenpolizei. Zu den rechtlichen Schwerpunkten zählen insbesondere:

  • Durchführung von Rückkehrentscheidungen
  • Erlassung und Vollziehung von verpflichtenden Rückkehrentscheidungen
  • Sicherstellung von Identitätsdokumenten
  • Untersuchungshaft („Schubhaft“) im Rahmen der Aufenthaltsbeendigung

Sicherheits- und Überwachungsmaßnahmen

Die Fremdenpolizei ist befugt, Identitätskontrollen und Aufenthaltsüberprüfungen durchzuführen, einschließlich wohnraumbezogener Maßnahmen zur Feststellung unerlaubten Aufenthalts. Auch der Einsatz von Überwachungs- und Kommunikationsmitteln unterliegt gesetzlichen Schranken.

Verfahren und Rechtsschutz

Aufenthaltsrechtliche Maßnahmen und deren Vollzug

Maßnahmen der Ausländerpolizei, insbesondere Aufenthaltsbeendigung, Abschiebung und Zurückschiebung, erfolgen auf Grundlage eines Verwaltungsverfahrens und bedürfen regelmäßig einer schriftlichen und begründeten Anordnung der zuständigen Behörde. Der Vollzug erfolgt im Regelfall im Zusammenwirken mit der Polizeibehörde.

Rechtsschutzmöglichkeiten

Betroffene Personen haben grundsätzlich das Recht, gegen behördliche Maßnahmen der Ausländerpolizei

  • Widerspruch oder Beschwerde einzulegen (Deutschland: Rechtsbehelfsverfahren, Österreich: Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht)
  • Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz oder aufschiebende Wirkung zu stellen, insbesondere zur Verhinderung unrechtmäßiger Abschiebungen

Das gerichtliche Verfahren gewährleistet die Überprüfung der Rechtmäßigkeit Maßnahmen und den Schutz elementarer Grundrechte.

Datenschutz und Menschenrechte

Maßnahmen der Ausländerpolizei müssen stets in Einklang mit den europäischen und nationalen Datenschutzvorgaben sowie den menschenrechtlichen Vorgaben, insbesondere der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und der EU-Grundrechtecharta, umgesetzt werden. Insbesondere gilt:

  • Verbot der Diskriminierung aufgrund von Herkunft, Religion oder Ethnie,
  • Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bei Überwachungs- und Zwangsmaßnahmen,
  • Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK),
  • Berücksichtigung der Kindeswohlinteressen bei ausländerpolizeilichen Maßnahmen.

Zusammenarbeit und Informationsaustausch

Die Ausländerpolizei arbeitet eng mit anderen Behörden, internationalen Organisationen und dem Europäischen Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) zusammen. Informationen werden im Rahmen des Schengen-Informationssystems (SIS) und weiterer Register auf rechtlicher Grundlage übermittelt und verarbeitet.

Kritik und Reformansätze

Die Tätigkeit der Ausländerpolizei steht häufig im Fokus gesellschaftlicher und politischer Debatten zu Themen wie Migration, Integration, Menschenrechtsschutz und staatlicher Souveränität. Kritisiert werden teilweise die Durchführung von Abschiebungen, der Umgang mit schutzbedürftigen Personen sowie die Anwendung von Zwangsmaßnahmen.

Auf europäischer Ebene erfolgen fortlaufend Reformen, um die Standards zu harmonisieren, Transparenz zu stärken und die rechtsstaatliche Kontrolle über alle Maßnahmen im Bereich des Ausländerrechts und der Einwanderung zu gewährleisten.


Dieser Artikel beschreibt sachlich und umfassend die Aufgaben, Grundlagen und rechtlichen Rahmenbedingungen der Ausländerpolizei im deutschen und österreichischen Rechtssystem. Alle Angaben entsprechen dem Stand der Gesetzgebung bis Juni 2024.

Häufig gestellte Fragen

Welche Zuständigkeiten hat die Ausländerpolizei in Deutschland?

Die Ausländerpolizei ist eine aufenthaltsrechtlich spezialisierte Behörde oder Funktionseinheit innerhalb der Polizei, die primär für die Überwachung und Durchsetzung aufenthaltsrechtlicher Bestimmungen zuständig ist. Im rechtlichen Kontext teilt sich ihre Zuständigkeit in mehrere Bereiche auf: Kontrolle des legalen Aufenthaltsstatus von ausländischen Staatsangehörigen, Überwachung von aufenthaltsrechtlichen Beschränkungen und Ausreisepflichten sowie Vollzug von Abschiebungsmaßnahmen. Sie arbeitet eng mit den Ausländerbehörden sowie anderen Sicherheitsbehörden zusammen. Grundlage für ihr Handeln bilden das Aufenthaltsgesetz (AufenthG), das Freizügigkeitsgesetz/EU, das Asylgesetz sowie entsprechende Verordnungen und Verwaltungsvorschriften. Die Ausländerpolizei ist unter anderem berechtigt, Identitätskontrollen durchzuführen, Aufenthaltstitel zu überprüfen und im Bedarfsfall Freiheitsentziehungen zur Vorbereitung von Abschiebungen oder Zurückweisungen anzuordnen.

Welche rechtlichen Mittel stehen der Ausländerpolizei zur Durchführung von Abschiebungen zur Verfügung?

Die Ausländerpolizei ist ermächtigt, auf Grundlage eines vollziehbaren Abschiebungsbescheides Maßnahmen zur zwangsweisen Aufenthaltsbeendigung durchzuführen. Hierzu zählen das Zuführen der abzuschiebenden Person zum Flughafen oder Grenzübergang, die Durchsetzung des unmittelbaren Zwanges durch Anwendung von körperlicher Gewalt und die Nutzung von technischen Hilfsmitteln, wenn eine freiwillige Ausreise nicht erfolgt. Voraussetzung ist stets, dass sämtliche rechtlichen Voraussetzungen, wie das Bestehen eines vollziehbaren Ausreisebescheids und das Fehlen von Abschiebungshindernissen wie Krankheit oder ein laufendes Asylverfahren, erfüllt sind. Die Durchsetzung erfolgt gemäß §§ 58 ff. Aufenthaltsgesetz und unter Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien wie Verhältnismäßigkeit und richterlicher Kontrolle bei längerfristigen Freiheitsentziehungen.

Unter welchen Voraussetzungen darf die Ausländerpolizei eine Person in Gewahrsam nehmen?

Der Ausreisegewahrsam sowie die Sicherungshaft zur Vorbereitung einer Abschiebung sind gemäß § 62 AufenthG zulässig, wenn konkrete Anhaltspunkte vorliegen, dass sich die Person der Abschiebung entziehen will, etwa bei Fluchtgefahr oder konkreten Hinweisen auf Untertauchen. Die Anordnung von Haft muss durch einen Richter erfolgen (richterlicher Haftbefehl), außer in engen Ausnahmefällen des vorläufigen Festhaltens (bis zur richterlichen Entscheidung). Die Dauer des Gewahrsams ist zeitlich begrenzt und unterliegt strengen rechtsstaatlichen Mindestanforderungen. Betroffene sind über ihre Rechte aufzuklären, erhalten Zugang zu anwaltlicher Hilfe und müssen menschenwürdig untergebracht werden.

In welchem Umfang darf die Ausländerpolizei die Wohnung einer/s Ausländerin/Ausländers durchsuchen?

Die Wohnung darf von der Ausländerpolizei nur dann betreten und durchsucht werden, wenn dies zur Durchsetzung einer Abschiebung erforderlich ist und der Verdacht besteht, dass sich die betroffene Person dort aufhält. Hierfür ist gemäß Art. 13 Abs. 2 GG eine richterliche Anordnung erforderlich, außer bei Gefahr im Verzug. Die Durchsuchung ist auch durch § 58 AufenthG sowie durch landesrechtliche Polizeigesetze weiter geregelt. Die Maßnahme muss verhältnismäßig sein und sollte möglichst schonend erfolgen; Unbeteiligte sollen nicht beeinträchtigt werden, und es dürfen nur die zur Erreichung des Zweckes erforderlichen Räume betreten werden.

Können Maßnahmen der Ausländerpolizei rechtlich angefochten werden?

Ja, sämtliche Maßnahmen der Ausländerpolizei unterliegen der gerichtlichen Kontrolle. Betroffene Personen können gegen aufenthaltsbeendende Maßnahmen wie Abschiebungsverfügungen, Zwangsmaßnahmen oder Freiheitsentziehungen Rechtsmittel einlegen. Hierzu zählen insbesondere die Anfechtungsklage oder der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim zuständigen Verwaltungsgericht. Bei akuter Freiheitsentziehung kann die Haft überprüft und ggf. aufgehoben werden. Des Weiteren sind die Polizei und Ausländerbehörden verpflichtet, über bestehende Rechtsbehelfe und die Möglichkeit der anwaltlichen Vertretung zu informieren.

Welche Zusammenarbeit besteht zwischen Ausländerpolizei und Ausländerbehörde?

Die Ausländerpolizei agiert eng abgestimmt mit der jeweils zuständigen Ausländerbehörde. Während letztere für Verfahren, Entscheidungen zu Aufenthaltstiteln, Duldungen und Ausreiseaufforderungen zuständig ist, setzt die Ausländerpolizei diese Entscheidungen – beispielsweise durch Abschiebung oder Zwangsmaßnahmen – operativ um. Die Polizei leistet zudem Vollzugshilfe bei Durchsuchungen oder Festnahmen, wenn die Ausländerbehörde dies beantragt. Beide Behörden tauschen Informationen über aufenthaltsrechtlich relevante Sachverhalte aus und arbeiten im Rahmen gemeinsamer Strategien zur Gefahrenabwehr und Kriminalitätsbekämpfung zusammen, wobei stets Vorgaben des Datenschutzes und der Verhältnismäßigkeit beachtet werden.