Begriff und Bedeutung der Ausgliederung
Die Ausgliederung ist ein zentraler Rechtsbegriff im deutschen Gesellschaftsrecht und bezeichnet einen Vorgang, bei dem ein Unternehmen oder ein Unternehmensteil auf ein anderes Rechtssubjekt übertragen wird. Dies erfolgt im Rahmen von Umstrukturierungen, insbesondere nach den Vorschriften des Umwandlungsgesetzes (UmwG). Im Fokus stehen dabei die Übertragung von Vermögensgegenständen, Rechten und Pflichten, die weitreichende gesetzliche und wirtschaftliche Konsequenzen nach sich zieht.
Rechtliche Grundlagen der Ausgliederung
Ausgliederung nach dem Umwandlungsgesetz (UmwG)
Das Umwandlungsgesetz regelt in Deutschland die verschiedenen Möglichkeiten der Umstrukturierung von Unternehmen. Die Ausgliederung ist in den §§ 123 ff. UmwG normiert und bildet eine eigenständige Umwandlungsform neben der Verschmelzung, der Spaltung und dem Formwechsel. Sie kann als sogenannte Teilspaltung (§ 123 Abs. 2 UmwG) oder Abspaltung (§ 123 Abs. 3 UmwG) erfolgen.
Teilspaltung und Abspaltung
- Teilspaltung: Hier übernimmt die bestehende Gesellschaft einen Teil ihres Vermögens auf eine oder mehrere übernehmende Gesellschaften, wobei alle beteiligten Unternehmen fortbestehen.
- Abspaltung: Einzelne Vermögensbestandteile werden ausgegliedert und auf eine bereits bestehende oder neu gegründete Gesellschaft übertragen.
Übertragene und aufnehmende Rechtsträger
Eine Ausgliederung kann sowohl durch kapital- als auch durch personengesellschaftsrechtliche Gesellschaften erfolgen. Typischerweise tritt der übertragende Rechtsträger als ausgliedernde Einheit auf, während der aufnehmende Rechtsträger die ausgegliederten Vermögenswerte übernimmt.
Voraussetzungen und Verfahren
Ausgliederungsplan und -bericht
Die Ausgliederung bedarf eines detaillierten Ausgliederungsplans, der insbesondere die Zuordnung der zu übertragenden Vermögensgegenstände regelt. Ein Ausgliederungsbericht erläutert die Beweggründe und die angestrebten wirtschaftlichen sowie rechtlichen Ziele.
Zustimmung und Registeranmeldung
Die Ausgliederung erfordert grundsätzlich die Zustimmung der Gesellschafterversammlung des ausgliedernden Unternehmens sowie die Eintragung ins Handelsregister (§§ 125, 128, 130 UmwG).
Rechtsfolgen der Ausgliederung
Vermögensübertragung
Mit Wirksamwerden der Ausgliederung gehen nach dem so genannten Gesamtrechtsnachfolgeprinzip die betroffenen Vermögensteile im Ganzen auf den neuen Rechtsträger über (§ 131 UmwG). Gläubiger, Schuldnerverhältnisse und bestehende Verträge können ebenfalls betroffen sein, insbesondere in Bezug auf Haftungsregelungen und Gewährleistungen.
Arbeitsrechtliche Folgen
Gemäß § 613a BGB findet bei Ausgliederung der Übergang von Arbeitsverhältnissen statt. Die Rechte und Pflichten aus bestehenden Arbeitsverhältnissen gehen auf das übernehmende Unternehmen über, wodurch auch der besondere Kündigungsschutz beachtet werden muss.
Steuerrechtliche Aspekte
Aus steuerlicher Sicht kommt es bei Ausgliederungen auf mögliche Buchwertfortführungen, steuerneutrale Übertragungen oder Besteuerung von stillen Reserven an. Wichtige Regelungen finden sich u.a. im Umwandlungssteuergesetz (UmwStG).
Abgrenzung zu anderen Umwandlungsformen
Verschmelzung
Im Gegensatz zur Verschmelzung, bei der Unternehmen vollständig miteinander verschmolzen werden und mindestens ein beteiligtes Unternehmen erlischt, bleiben bei der Ausgliederung sämtliche beteiligten Gesellschaften bestehen.
Formwechsel
Der Formwechsel beschreibt lediglich den Wechsel der Rechtsform einer Gesellschaft, bei dem deren wirtschaftliche Identität bestehen bleibt. Im Unterschied dazu werden bei einer Ausgliederung Vermögensbestandteile übertragen.
Gläubigerschutz und Rechtsschutz
Gläubiger der ausgliedernden Gesellschaft erhalten nach § 133 UmwG besondere Sicherheiten. Sie haben ein Recht auf Sicherheitsleistung unter bestimmten Voraussetzungen. Zudem können sie unter bestimmten Bedingungen Widerspruch gegen die Ausgliederung erheben.
Ausgliederung im Konzernrecht
In Unternehmensgruppen und Konzernstrukturen ermöglichen Ausgliederungen eine zielgerichtete Reorganisation von Geschäftsbereichen, beispielsweise durch Übertragungen von Sparten in eigenständige Tochterunternehmen. Darüber hinaus erleichtert die Ausgliederung strategische Partnerschaften oder Betriebsveräußerungen.
Bedeutung der Ausgliederung in der Praxis
Ausgliederungen sind ein zentrales Instrument zur Optimierung von Unternehmensstrukturen, zur Trennung von Geschäftsbereichen, zur Finanzierung oder zur Vorbereitung von Unternehmensverkäufen und Fusionen. Sie ermöglichen Flexibilität und Anpassungsfähigkeit in einem sich stetig wandelnden wirtschaftlichen Umfeld.
Schlussbemerkung
Die Ausgliederung ist ein komplexer rechtlicher Vorgang, der umfassende Auswirkungen auf die beteiligten Gesellschaften, deren Gläubiger und Arbeitnehmer sowie auf steuerrechtliche und gesellschaftsrechtliche Gegebenheiten hat. Eine sorgfältige Planung und Durchführung nach den gesetzlichen Vorgaben ist für eine rechtssichere und erfolgreiche Umsetzung unerlässlich.
Häufig gestellte Fragen
Welche gesetzlichen Vorschriften müssen bei einer Ausgliederung nach deutschem Recht beachtet werden?
Bei einer Ausgliederung nach deutschem Recht, insbesondere nach den Vorschriften des Umwandlungsgesetzes (UmwG), sind diverse gesetzliche Regelungen zu beachten. Die Ausgliederung ist eine besondere Form der Umwandlung, bei der Vermögensteile eines Unternehmens auf eine bestehende oder neu zu gründende Gesellschaft übertragen werden. Entscheidend sind hierbei die §§ 123 ff. UmwG. Zentrale Aspekte betreffen die Ausgliederungsfähigkeit des Vermögens, die Mitteilungspflichten gegenüber dem Registergericht gemäß § 130 UmwG, die Ausarbeitung und Vorlage eines Ausgliederungs- und Übernahmevertrages, sowie die Offenlegung und Prüfung durch unabhängige Sachverständige (§§ 125 ff. UmwG). Zudem müssen arbeitsrechtliche Vorschriften wie § 613a BGB und gegebenenfalls Mitbestimmungsaspekte berücksichtigt werden. Die Ausgliederung bedarf regelmäßig der notariellen Beurkundung und wird erst mit Eintragung im Handelsregister wirksam. Abhängig von der Gesellschaftsform können zusätzliche Anforderungen, etwa bzgl. der Gläubigerschutzrechte oder der Mitbestimmung nach Drittelbeteiligungsgesetz und Mitbestimmungsgesetz, bestehen.
Welche Rechte haben Arbeitnehmer bei einer Ausgliederung nach deutschem Recht?
Arbeitnehmerrechte sind bei einer Ausgliederung durch § 613a BGB besonders geschützt. Diese Vorschrift regelt den Übergang von Arbeitsverhältnissen auf den übernehmenden Rechtsträger. Dabei gehen alle bestehenden Arbeitsverhältnisse automatisch mit allen Rechten und Pflichten auf die neue Gesellschaft über, sofern der Betrieb oder Betriebsteil im Zuge der Ausgliederung übergeht. Arbeitnehmer müssen mindestens einen Monat vor dem Wirksamwerden umfassend informiert werden, insbesondere über den Zeitpunkt und Grund des Übergangs, die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen sowie die geplanten Maßnahmen im Hinblick auf die Arbeitnehmer. Sie haben ein Widerspruchsrecht gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses, welches innerhalb eines Monats nach Zugang der Information auszuüben ist. Darüber hinaus gelten Beteiligungsrechte des Betriebsrats sowie ggf. Mitbestimmungsrechte auf Unternehmensebene nach BetrVG, Drittelbeteiligungsgesetz und Mitbestimmungsgesetz.
Was müssen Gläubiger bei einer Ausgliederung beachten und welche Schutzmechanismen gibt es?
Für Gläubiger bestehen bei einer Ausgliederung besondere Schutzvorschriften, die in den §§ 125-133 UmwG geregelt sind. Einer der wichtigsten Mechanismen ist das sogenannte Gläubigeraufrufverfahren: Die Gesellschaft, deren Vermögen teilweise ausgegliedert wird, muss ihre Gläubiger im Rahmen eines öffentlichen Aufrufs über die Ausgliederung informieren. Gläubiger haben daraufhin das Recht, Sicherheiten zu verlangen, falls sie durch die Ausgliederung benachteiligt werden könnten. Darüber hinaus besteht eine Gesamtschuldnerschaft zwischen der übertragenden und der übernehmenden Gesellschaft hinsichtlich der übernommenen Verbindlichkeiten (§ 133 UmwG), sodass Gläubiger bis zu fünf Jahre nach dem Wirksamwerden der Ausgliederung einen gerichtlichen Anspruch sichern können.
Welche Register- und Publizitätspflichten bestehen bei einer Ausgliederung?
Im Zuge der Ausgliederung sind ausführliche Registerpflichten zu erfüllen. Nach § 130 UmwG ist der Ausgliederungsvertrag oder -plan der jeweils betroffenen Gesellschaft zur Eintragung beim Handelsregister einzureichen. Die geplante Ausgliederung muss mindestens einen Monat vor der Anmeldung durch Bekanntmachung im Bundesanzeiger veröffentlicht werden; dabei sind alle wesentlichen Unterlagen (Verträge, Ausgliederungsbericht, Übernahmeerklärung, Prüfberichte, Beschlüsse) auszulegen und zur Einsicht bereitzuhalten. Erst nach Ablauf der Veröffentlichungspflicht kann die Eintragung in das Handelsregister erfolgen, durch die die Ausgliederung ihre rechtliche Wirksamkeit erlangt. Dies dient dem Schutz von Gläubigern und anderen Beteiligten.
Wie wirkt sich eine Ausgliederung auf bestehende Verträge aus?
Bestehende Verträge gehen im Regelfall mit dem ausgegliederten Vermögen auf den übernehmenden Rechtsträger über, sofern dies im Ausgliederungsvertrag oder -plan entsprechend geregelt ist und die Verträge einer solchen Übertragung grundsätzlich zugänglich sind. Dies betrifft insbesondere Verträge, die als Bestandteil des auszugliedernden Unternehmensteils gelten. Einschränkungen können sich jedoch aus sogenannten „change of control“-Klauseln ergeben, die in manchen Verträgen eine Zustimmungspflicht des Vertragspartners vorsehen. Nicht übertragbare Rechte und Verpflichtungen sowie solche, die explizit personengebunden sind, bleiben hiervon unberührt. Für Grundstücksrechte, gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Vermögenspositionen ist gegebenenfalls eine eigene Umschreibung oder Anpassung notwendig.
Welche Mitbestimmungsrechte muss der Arbeitgeber bei einer Ausgliederung beachten?
Die Ausgliederung kann weitreichende Konsequenzen für die betriebliche und unternehmerische Mitbestimmung haben. Zum einen müssen die Beteiligungsrechte des Betriebsrats gemäß Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) berücksichtigt werden, insbesondere Informations- und Anhörungsrechte hinsichtlich der geplanten Maßnahmen. Je nach Größe und Struktur des betroffenen Unternehmens sowie der ausgegliederten Gesellschaft können zudem die Mitbestimmungsrechte auf Unternehmensebene nach dem Mitbestimmungsgesetz oder Drittelbeteiligungsgesetz einschlägig sein. Änderungen der Unternehmensstruktur im Rahmen der Ausgliederung können eine Neuordnung von Aufsichtsratsmandaten oder eine Neuwahl des Betriebsrats erforderlich machen. Bei grenzüberschreitenden Ausgliederungen ist zusätzlich das SEBG (Gesetz über die Beteiligung der Arbeitnehmer in einer Europäischen Gesellschaft) zu beachten.
In welchen Fällen ist eine Zustimmung der Gesellschafterversammlung erforderlich?
Die Zustimmung der Gesellschafterversammlung ist immer dann gesetzlich vorgeschrieben, wenn es sich um sogenannte Grundlagengeschäfte handelt, wozu eine Ausgliederung regelmäßig zählt. Bei einer GmbH ist nach § 53 Abs. 1 GmbHG sowie den einschlägigen Vorschriften des UmwG ein zustimmender Gesellschafterbeschluss mit einer qualifizierten Mehrheit (mindestens 75 % der abgegebenen Stimmen) erforderlich. Ebenso ist bei einer AG ein Beschluss der Hauptversammlung mit einer qualifizierten Mehrheit gemäß §§ 179a, 293, 327a AktG in Verbindung mit den Umwandlungsregeln zu fassen. Trifft die Ausgliederung auf weitere Gesellschaftsformen wie Personengesellschaften zu, sind auch dort die gesellschaftsrechtlichen Zustimmungserfordernisse zu prüfen, die sich meist aus dem Gesellschaftsvertrag ergeben.