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Ausfuhrlieferungen

Ausfuhrlieferungen: Begriff, Bedeutung und Einordnung

Ausfuhrlieferungen sind Lieferungen von Waren aus dem Inland in ein Gebiet außerhalb der Europäischen Union. In der umsatzsteuerlichen Systematik handelt es sich um eine Form der steuerfreien Lieferung, sofern bestimmte sachliche und formelle Voraussetzungen erfüllt werden. Ausfuhrlieferungen sind von innergemeinschaftlichen Lieferungen abzugrenzen, die innerhalb der Europäischen Union stattfinden. Zusätzlich berühren Ausfuhrlieferungen regelmäßig Zoll- und außenwirtschaftsrechtliche Regelungen, die eigenständig neben die umsatzsteuerliche Behandlung treten.

Abgrenzung im Steuer- und Zollrecht

Umsatzsteuerliche Einordnung

Umsatzsteuerlich steht bei Ausfuhrlieferungen die tatsächliche Verbringung eines körperlichen Gegenstands in ein Drittlandsgebiet im Vordergrund. Die Steuerbefreiung setzt voraus, dass die Ware das Gebiet der Europäischen Union physisch verlässt und dies ordnungsgemäß nachgewiesen wird. Die Lieferung muss einem unternehmerischen Umsatz zugeordnet sein.

Zoll- und außenwirtschaftsrechtliche Einordnung

Zollrechtlich ist die Ware zum Ausfuhrverfahren anzumelden. Parallel gelten außenwirtschaftsrechtliche Vorschriften, die je nach Art des Guts und dem Bestimmungsland Genehmigungspflichten oder Verbote vorsehen können. Diese Regelungen sind von der umsatzsteuerlichen Behandlung unabhängig, wirken sich jedoch faktisch auf die Durchführung und Nachweisführung aus.

Tatbestandsmerkmale einer Ausfuhrlieferung

Lieferung eines Gegenstands

Erforderlich ist die Verschaffung der Verfügungsmacht an einem körperlichen Gegenstand. Nicht erfasst sind reine Dienstleistungen; bei Werklieferungen ist die Abgrenzung nach dem wirtschaftlichen Schwerpunkt vorzunehmen.

Gelangen des Gegenstands in ein Drittland

Die Ware muss das Zollgebiet der Europäischen Union verlassen und in ein Drittland verbracht werden. Maßgeblich ist das tatsächliche Verlassen der Union, nicht lediglich die Absicht hierzu.

Transport oder Versendung

Es wird zwischen zwei Grundformen unterschieden: Wird die Ware durch den liefernden Unternehmer oder in dessen Auftrag ausgeführt, handelt es sich um eine direkte Ausfuhr. Erfolgt die Ausfuhr durch den Abnehmer oder in dessen Auftrag, liegt eine indirekte Ausfuhr vor. Beide Varianten sind grundsätzlich begünstigt, erfordern jedoch jeweils passende Nachweise.

Zuordnung zum Unternehmen

Die Lieferung muss im Rahmen des Unternehmens erfolgen. Privatverkäufe fallen nicht unter die steuerbefreiten Ausfuhrlieferungen.

Steuerbefreiung und ihre Voraussetzungen

Steuerbefreiung mit Vorsteuerabzug

Ausfuhrlieferungen sind bei Vorliegen aller Voraussetzungen steuerfrei; der Vorsteuerabzug bleibt dabei grundsätzlich erhalten. Damit unterscheidet sich die Behandlung von nicht begünstigten Umsätzen, bei denen der Vorsteuerabzug ausgeschlossen sein kann.

Zeitliche Anforderungen

Die maßgeblichen Nachweise müssen innerhalb einer angemessenen Frist erbracht werden. Dazu zählt insbesondere der Nachweis des tatsächlichen Verlassens des Unionsgebiets.

Beleg- und Buchnachweis

Neben den Belegen, die die Ausfuhr dokumentieren, ist eine ordnungsgemäße buchmäßige Erfassung erforderlich. Inhalt und Detaillierungsgrad richten sich nach der konkreten Liefer- und Transportkonstellation.

Nachweise und Dokumentation

Ausfuhrnachweise

Zentrale Nachweise sind zollamtliche Ausfuhrbelege, wie etwa der elektronische Ausgangsvermerk aus dem Ausfuhrverfahren. Ergänzend kommen Beförderungs- oder Versandpapiere, Handelsrechnungen und sonstige Transportdokumente in Betracht, aus denen sich der Weg der Ware nachvollziehen lässt.

Besonderheiten bei indirekter Ausfuhr

Bei Ausfuhr durch den Abnehmer sind regelmäßig zusätzliche Nachweise erforderlich, die die Ausfuhrverantwortung des Abnehmers und das Verlassen der Union belegen. Dazu zählen insbesondere Versand- und Empfangsnachweise.

Elektronische Verfahren

Die Abwicklung erfolgt vielfach über elektronische Systeme der Zollverwaltung. Die dadurch erzeugten Bestätigungen dienen als entscheidende Belege für den Ausgang der Ware aus dem Unionsgebiet.

Reiseverkehr

Für Ausfuhren im persönlichen Reisegepäck gelten besondere Nachweisformen, die an den Grenzausgang anknüpfen und eine Abfertigungsbestätigung vorsehen können.

Typische Konstellationen

Ketten- und Reihengeschäfte

Bei mehreren aufeinanderfolgenden Lieferungen mit nur einer Warenbewegung ist die Zuordnung der bewegten Lieferung entscheidend. Nur diejenige Lieferung, der die Warenbewegung zugerechnet wird, kann als Ausfuhrlieferung steuerbefreit sein. Die vertraglichen Absprachen und tatsächlichen Transportabläufe sind dabei maßgeblich.

Konsignationslager im Drittland

Wird Ware in ein Konsignationslager außerhalb der Union verbracht, ist zu differenzieren, ob bereits bei der Verbringung eine Lieferung vorliegt oder erst bei Entnahme durch den Abnehmer. Die umsatzsteuerliche Beurteilung hängt von Besitz- und Gefahrübergang sowie den vertraglichen Regelungen ab.

Werklieferungen und Lohnveredelung

Bei Werkleistungen mit Beistellungen oder Veredelungen ist zu prüfen, ob eine Lieferung übergeht und ob die bearbeitete Ware das Unionsgebiet verlässt. Davon hängt ab, ob eine Ausfuhrlieferung vorliegt oder ob eine Dienstleistung mit eigenständigen Orts- und Steuerregeln gegeben ist.

Sondergebiete und territoriale Besonderheiten

Europäische und nationale Sondergebiete

Einige Gebiete sind umsatzsteuerlich oder zollrechtlich gesondert zu behandeln. Je nach Einordnung kann die Verbringung dorthin als Ausfuhr gelten. Maßgeblich ist die steuerliche und zollrechtliche Zugehörigkeit des Zielgebiets, nicht allein die politische Zugehörigkeit.

Rechtsfolgen bei Fehlern und Risiken

Wegfall der Steuerbefreiung

Werden die Voraussetzungen der Ausfuhrlieferung nicht erfüllt oder die erforderlichen Nachweise nicht oder nicht rechtzeitig erbracht, entfällt die Steuerbefreiung. Die Lieferung wird dann grundsätzlich steuerpflichtig behandelt.

Berichtigung und Nachbelastung

Eine spätere Vorlage von geeigneten Nachweisen kann die umsatzsteuerliche Behandlung beeinflussen. Ohne taugliche Nachweise kommen Steuernachbelastungen und Zinsfolgen in Betracht.

Haftungsrisiken in der Lieferkette

Unklare Rollenverteilungen bei Transport und Ausfuhr, unzutreffende Lieferbedingungen oder widersprüchliche Dokumente können zu abweichenden Zurechnungen und damit zu steuerlichen und zollrechtlichen Risiken führen.

Beziehung zu Exportkontrolle und Sanktionen

Güterlisten und Genehmigungspflichten

Für bestimmte Güter gelten Genehmigungserfordernisse, die unabhängig von der umsatzsteuerlichen Einordnung bestehen. Dies betrifft insbesondere sicherheitsrelevante, militärische oder sogenannte Dual-Use-Güter.

Embargos und Sanktionsmaßnahmen

Lieferungen in bestimmte Länder oder an gelistete Personen können verboten oder genehmigungspflichtig sein. Solche Maßnahmen haben unmittelbaren Einfluss auf die Zulässigkeit der Ausfuhrlieferung und die Durchführbarkeit der Ausfuhrformalitäten.

Verhältnis zu Dienstleistungen

Ausfuhrlieferungen betreffen die Lieferung von Gegenständen. Dienstleistungen unterliegen abweichenden Orts- und Steuerregeln. Ein bloßer Transport oder die bloße Vermittlung begründet für sich keine Ausfuhrlieferung, kann aber im Zusammenhang mit einer Ausfuhrlieferung stehen.

Begriff im internationalen Kontext

International wird für vergleichbare Sachverhalte häufig von steuerlichen Nullsätzen oder Befreiungen gesprochen. Inhaltlich geht es um die Entlastung exportierter Waren von inländischer Umsatzsteuer, um die Wettbewerbsneutralität im Außenhandel zu sichern. Die konkreten Nachweis- und Dokumentationsanforderungen unterscheiden sich jedoch je nach Rechtsordnung.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was versteht man unter einer Ausfuhrlieferung?

Eine Ausfuhrlieferung ist die Lieferung eines körperlichen Gegenstands aus dem Inland in ein Gebiet außerhalb der Europäischen Union, bei der die Ware das Unionsgebiet tatsächlich verlässt und dies nachweisbar ist. Sie ist bei Vorliegen aller Voraussetzungen steuerfrei.

Worin unterscheidet sich die Ausfuhrlieferung von der innergemeinschaftlichen Lieferung?

Die Ausfuhrlieferung führt in ein Drittlandsgebiet außerhalb der Europäischen Union, während die innergemeinschaftliche Lieferung zwischen Mitgliedstaaten stattfindet. Beide sind bei Erfüllung ihrer jeweiligen Voraussetzungen steuerfrei, erfordern jedoch unterschiedliche Nachweise und folgen unterschiedlichen Regelungen.

Welche Voraussetzungen müssen für die Steuerbefreiung einer Ausfuhrlieferung vorliegen?

Erforderlich sind eine Lieferung im Rahmen eines Unternehmens, das tatsächliche Verlassen des Unionsgebiets durch die Ware und geeignete Belege, die den Transport oder die Versendung ins Drittland dokumentieren. Zudem ist eine ordnungsgemäße buchmäßige Erfassung erforderlich.

Welche Nachweise werden typischerweise anerkannt?

Im Mittelpunkt steht der zollamtliche Nachweis des Ausgangs der Ware aus der Union, ergänzt um Transport- und Versanddokumente sowie Handelsunterlagen, aus denen sich der Weg der Ware und die Lieferkette nachvollziehen lassen.

Wie werden indirekte Ausfuhren behandelt?

Bei indirekten Ausfuhren veranlasst der Abnehmer die Ausfuhr. Auch diese Lieferungen können steuerfrei sein, wenn das Verlassen der Union und die Lieferbeziehung durch geeignete Dokumente eindeutig belegt sind.

Welche Rolle spielen Zoll- und Exportkontrollvorschriften?

Sie regeln die Zulässigkeit der Ausfuhr und die Abfertigung. Genehmigungspflichten, Güterlisten und Embargoregelungen können die Durchführung der Ausfuhrlieferung beeinflussen und sind eigenständig neben der umsatzsteuerlichen Behandlung zu beachten.

Was passiert, wenn die erforderlichen Nachweise fehlen?

Fehlen taugliche oder fristgerechte Nachweise, entfällt die Steuerbefreiung regelmäßig. Die Lieferung gilt dann als steuerpflichtig; daraus können Nachforderungen und Verzinsung folgen.