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Ausführung von Gesetzen


Ausführung von Gesetzen

Die Ausführung von Gesetzen bezeichnet im deutschen Recht die staatliche Tätigkeit der Anwendung, Umsetzung und Durchsetzung der von den gesetzgebenden Organen erlassenen Gesetze durch die vollziehende Gewalt (Exekutive). Die Ausführung von Gesetzen umfasst somit alle organisatorischen, tatsächlichen und rechtlichen Maßnahmen, die zur Realisierung des gesetzgeberischen Willens erforderlich sind. Dieser Begriff spielt insbesondere im Rahmen des Verhältnisses zwischen Bund und Ländern, der Gewaltenteilung und den Prinzipien des Rechtsstaates eine zentrale Rolle.


Begriff und Wesen der Ausführung von Gesetzen

Die Ausführung von Gesetzen ist im deutschen Recht ein zentraler Bestandteil der staatlichen Gewaltenteilung und bezeichnet die hoheitliche Verwaltungstätigkeit gemäß den Vorgaben der Legislative. Sie umfasst das gesamte Verwaltungshandeln einschließlich der Vorbereitung, Durchführung und Vollziehung der Gesetze durch Verwaltungsorgane.

Gesetze sind zunächst abstrakte Regelwerke. Ihre praktische Wirksamkeit entfalten sie erst durch die staatlichen Organe, die ihre Umsetzung überwachen, Anordnungen treffen und für die Einhaltung sorgen. Dabei ist die Ausführung von Gesetzen nicht auf einzelne Verwaltungszweige beschränkt, sondern findet im gesamten Verwaltungsapparat statt, gleichgültig ob im Bereich der Kommunal-, Landes- oder Bundesverwaltung.


Verfassungsrechtliche Grundlagen

Bundesrechtliche Regelungen

Im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland sind die rechtlichen Grundlagen zur Ausführung von Gesetzen in den Artikeln 83 bis 91 geregelt. Nach Artikel 83 GG führen grundsätzlich die Länder die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit aus, sofern das Grundgesetz nicht etwas anderes bestimmt oder zulässt. Die Ausführung von Gesetzen wird damit in föderaler Struktur zwischen Bund und Ländern verteilt.

Artikel 83 GG: Grundsatz der Landesverwaltung

Artikel 83 GG legt fest:
„Die Länder führen die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit aus, soweit das Grundgesetz nichts anderes bestimmt oder zulässt.“
Dies bedeutet, die Ausführung der Gesetze des Bundes liegt primär bei den Landesverwaltungen. Die Bundesverwaltung ist demgegenüber die Ausnahme.

Verwaltungskompetenzen

Das Grundgesetz kennt verschiedene Formen der Gesetzesausführung:

  • Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder als eigene Angelegenheit
  • Bundesauftragsverwaltung nach Artikel 85 GG
  • Bundeseigene Verwaltung nach Artikel 86 GG
  • Bundesunmittelbare Ausführung kraft besonderer bundesgesetzlicher Ermächtigung

Verwaltungshoheit und Bundesaufsicht

Der Bund hat verschiedene Kontroll- und Steuerungsinstrumente im Rahmen der Gesetzesausführung:

  • Rechtsaufsicht: Überprüfung der Gesetzmäßigkeit des Verwaltungshandelns der Länder (Art. 84 Abs. 3 GG)
  • Fachaufsicht: Bei Bundesauftragsverwaltung führt der Bund darüber hinaus auch eine inhaltlich-sachliche Kontrolle (Art. 85 Abs. 4 GG)

Formen der Gesetzesausführung

Eigene Angelegenheit der Länder

Die Länder führen die meisten Bundesgesetze in eigener Verantwortung aus. Sie sind für die Organisation und Durchführung zuständig und üben dabei im Regelfall auch die Auswahl und Weisungsbefugnis gegenüber dem Verwaltungspersonal aus. Die Kontrolle des Bundes beschränkt sich auf die Beachtung der gesetzlichen Vorgaben (Rechtsaufsicht).

Bundesauftragsverwaltung

Bei besonders bedeutsamen oder einheitlich zu regelnden Angelegenheiten sieht das Grundgesetz die sogenannte Bundesauftragsverwaltung vor. Hierbei führen die Länder die Bundesgesetze „im Auftrag des Bundes“ aus. Der Bund besitzt umfangreichere Weisungsrechte bis hin zur Fachaufsicht, das heißt, er kann Verwaltungsgeschäfte im Einzelnen vorgeben und kontrollieren (Beispiele: Bundesfernstraßenverwaltung, Bundesimmissionsschutz).

Bundeseigene Verwaltung

Eine unmittelbare Gesetzesausführung durch Bundesbehörden erfolgt nur in ausdrücklich bestimmten Fällen (Art. 86 GG), etwa durch Bundesministerien, das Bundeskriminalamt oder das Kraftfahrt-Bundesamt. Hier führt der Bund die Gesetze durch eigene Behörden aus.


Maßnahmen im Rahmen der Gesetzesausführung

Gesetzesanwendung

Die Gesetzesanwendung umfasst sämtliche Tätigkeiten der Verwaltung, um abstrakte Normen auf den Einzelfall zu übertragen. Dazu zählen Verwaltungsakte, Realakte sowie schlicht hoheitliche Handlungen.

Durchsetzung und Vollstreckung

Die Durchsetzung der Gesetze beinhaltet auch die zwangsweise Durchsetzung staatlicher Anordnungen, wie etwa im Fall der Verwaltungsvollstreckung nach den jeweiligen Verwaltungsvollstreckungsgesetzen der Länder bzw. des Bundes.


Rechtsschutz bei der Gesetzesausführung

Die Ausführung von Gesetzen unterliegt der Kontrolle der Gerichte. Bürger haben die Möglichkeit, gegen Maßnahmen und Entscheidungen im Rahmen der Gesetzesanwendung den Verwaltungsrechtsweg zu beschreiten. Gerichte prüfen dabei insbesondere die Rechtmäßigkeit der Verwaltungshandlungen sowie die Einhaltung der verfassungsrechtlichen Vorgaben.


Bedeutung im System der Gewaltenteilung

Die strikte Trennung zwischen Gesetzgebung und Vollziehung ist ein zentrales Merkmal des Rechtsstaates. Die Ausführung von Gesetzen dient einerseits der Umsetzung des demokratietheoretischen Willensbildungsprozesses, andererseits der Wahrung der Bindung der Exekutive an Gesetz und Recht (Legalitätsprinzip, Art. 20 Abs. 3 GG).


Internationale Aspekte

Auch in anderen föderal strukturierten Staaten existieren vergleichbare Regelungen zur Ausführung von Gesetzen. Hierzu werden in der Regel die verwaltungsmäßige Tätigkeit und deren Kontrolle auf vergleichbare Art und Weise geregelt, wobei die Aufteilung zwischen zentralen und dezentralen Verwaltungseinheiten variiert.


Fazit

Die Ausführung von Gesetzen stellt die zentrale Schnittstelle zwischen dem abstrakten Regelungswerk der Gesetzgebung und der konkreten Wirkung staatlichen Handelns im Alltag dar. Ihre Organisation, Kontrolle und rechtliche Ausgestaltung ist wesentliches Element der föderalen Ordnung, der Gewaltenteilung und des Rechtsstaates.


Weiterführende Normen und Literatur

  • Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Art. 20, 83 ff.
  • Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)
  • Verwaltungsvollstreckungsgesetze der Länder und des Bundes

Siehe auch

  • Gewaltenteilung
  • Bundesstaatlichkeit
  • Bundesauftragsverwaltung
  • Gesetzesanwendung
  • Rechtsaufsicht
  • Fachaufsicht

Häufig gestellte Fragen

Wer ist für die Ausführung von Gesetzen im föderalen System Deutschlands zuständig?

Die Ausführung von Gesetzen unterliegt im föderalen System Deutschlands einer klaren Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern. Nach Artikel 30 und 83 des Grundgesetzes sind grundsätzlich die Länder für die Ausführung der Bundesgesetze als eigene Angelegenheit verantwortlich, sofern das Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zulässt. Dies bedeutet, dass die Landesbehörden und Landesverwaltungen maßgeblich Aufgaben wie die Erteilung von Genehmigungen, die Erhebung von Steuern oder die Überwachung bestimmter Normen durchführen. Es gibt jedoch Ausnahmen: Kommt die sogenannte Bundesauftragsverwaltung (Art. 85 GG) zum Tragen, so führen die Länder Bundesgesetze im Auftrag des Bundes und unter Fachaufsicht aus. In bestimmten Bereichen kann der Bund zudem eigene Behörden errichten und Gesetze durch eigene Verwaltung (Bundesverwaltung, Art. 86 GG) vollziehen. Dieses differenzierte System dient der Machtbalance und der Verwaltungsnähe zu den Bürgern.

Welche rechtlichen Anforderungen bestehen an die konkrete Gesetzesausführung?

Die Gesetzesausführung ist aus rechtsstaatlichen Prinzipien an eine Vielzahl von Anforderungen gebunden. Zentral ist hierbei das Gesetzmäßigkeitsprinzip, wonach die Exekutive (Verwaltung, Gerichte, Polizei) ohne rechtliche Grundlage keine Maßnahmen ergreifen darf und bestehende Gesetze weder über- noch unterschreiten darf. Weitere Voraussetzungen sind das Bestimmtheitsgebot (Gesetze müssen klar und bestimmt sein), das Verhältnismäßigkeitsprinzip (Maßnahmen dürfen nicht weiter als nötig in Grundrechte eingreifen) sowie das Willkürverbot (keine sachfremden Erwägungen, Gleichbehandlungsgebot). Zudem müssen bei der Gesetzesausführung Verfahrensvorschriften eingehalten werden, z.B. Anhörungsrechte Betroffener, Rechtsmittelmöglichkeiten und genaue Zuständigkeitsregelungen. Die Kontrolle der Gesetzesausführung erfolgt letztlich durch die Verwaltungsgerichtsbarkeit und ggf. durch Bundes- bzw. Landesrechnungshöfe.

Wie wird die Einhaltung der Gesetze bei der Ausführung überwacht und sichergestellt?

Die Überwachung der Gesetzesausführung findet auf mehreren Ebenen statt. Zunächst sind Dienstaufsicht und Fachaufsicht durch vorgesetzte Behörden bzw. Ministerien zentrale Kontrollinstrumente innerhalb der Verwaltung. Dabei prüft die Fachaufsicht nicht nur die Rechtmäßigkeit, sondern auch die Zweckmäßigkeit des Verwaltungshandelns, sofern der Verwaltung ein Ermessen zusteht. Auf Bundesebene kann bei der Bundesauftragsverwaltung der Bund Weisungen für die Ausführung erteilen und Maßnahmen kontrollieren. Daneben gewährleisten externe Kontrollinstanzen wie die Verwaltungsgerichte, dass Bürger und betroffene Parteien den Rechtsweg beschreiten können, sollten sie sich durch Akte der Gesetzesausführung in ihren Rechten verletzt sehen. Innerhalb des parlamentarischen Systems kontrollieren zudem die Parlamente durch Anfragen, Untersuchungsausschüsse oder den Bundes-/Landesrechnungshof die Gesetzesausführung in finanzieller und sachlicher Hinsicht.

In welchen Fällen kann der Bund unmittelbar die Gesetzesausführung übernehmen?

Der Bund kann die unmittelbare Ausführung von Gesetzen nach Artikel 86 GG dort übernehmen, wo das Grundgesetz dies ausdrücklich vorsieht. Typische Bereiche sind die Bundesverwaltung mit eigenen Behörden, etwa im Auswärtigen Dienst (Diplomatischer Dienst), im Bereich der Bundesfinanzverwaltung (Zoll), der Bundespolizei und der Bundeswehrverwaltung. Daneben bestehen Sonderregelungen für bestimmte föderale Aufgaben, etwa beim Eisenbahnwesen oder dem Patentwesen, wo das Gesetz aus Gründen der Einheitlichkeit und Effektivität direkt durch Bundesbehörden ausgeführt wird. Außerhalb dieser enumerativ (abschließend) geregelten Bereiche ist eine unmittelbare Bundesverwaltung nicht zulässig; stattdessen ist grundsätzlich die Ausführung Bundesgesetzen Sache der Länder.

Wie erfolgt die Umsetzung von Landesgesetzen und wie unterscheidet sich diese von der Ausführung von Bundesgesetzen?

Die Umsetzung von Landesgesetzen erfolgt ausschließlich durch die Landesverwaltung, da diese Gesetze vom jeweiligen Landesgesetzgeber erlassen wurden und sich nur auf dessen Hoheitsbereich erstrecken. Die organisatorischen und prozeduralen Modalitäten richten sich dabei nach den jeweiligen Verfassungs- und Verwaltungsgesetzen des entsprechenden Bundeslandes. Im Gegensatz dazu sieht das Grundgesetz bei der Ausführung von Bundesgesetzen den Vorrang der Länder vor, lässt jedoch je nach Gesetz sowie bundesstaatlicher Interessenlage auch eine Bundesauftragsverwaltung oder eine unmittelbare Bundesverwaltung zu. Landesgesetze unterliegen darüber hinaus nicht der Aufsicht durch den Bund, sondern nur der landesinternen Kontrolle durch Landesrechnungshof und -parlament.

Welche rechtlichen Konsequenzen hat eine fehlerhafte oder nicht erfolgte Gesetzesausführung?

Eine fehlerhafte oder unterlassene Gesetzesausführung hat unterschiedliche rechtliche Konsequenzen, je nach Art und Schwere des Verstoßes. Fehlerhafte Verwaltungsakte können durch Widerspruchs- und Klageverfahren von Betroffenen angefochten werden; bei Rechtsverletzung besteht ein Anspruch auf Rückgängigmachung, Schadensersatz oder erneute Entscheidung. Behörden können von Aufsichtsbehörden zur korrekten Anwendung angehalten werden, im Extremfall kann die Nichtausführung von Gesetzen eine Rechtsaufsicht des Bundes gegenüber den Ländern nach sich ziehen (z.B. Bund-Länder-Finanzausgleich). Im öffentlichen Dienstrecht können individuelle Pflichtverletzungen zu Disziplinar- oder gar Strafverfahren gegen verantwortliche Amtsträger führen. In politischen Systemen kann zudem die politische Verantwortlichkeit von Regierungsmitgliedern (Misstrauensvotum, Abberufung) betroffen sein.

Gibt es Spielraum für Ermessensentscheidungen bei der Gesetzesausführung?

Ja, bei der Ausführung von Gesetzen sieht das Verwaltungsrecht den Behörden häufig ein sogenanntes Ermessen vor, etwa in Form des Auswahlermessens (welche Maßnahme) oder des Entschließungsermessens (ob überhaupt gehandelt wird). Dieser Handlungsspielraum ist jedoch rechtlich begrenzt: Die Verwaltung muss ihr Ermessen sachgerecht und verhältnismäßig ausüben, Ermessensmissbrauch (z.B. willkürliche, sachfremde oder unvertretbare Entscheidungen) ist verboten. Die gerichtliche Überprüfung erstreckt sich darauf, ob das Ermessen erkannt, die gesetzlichen Grenzen beachtet und die Ermessensausübung dokumentiert wurde. Vorgaben zum Ermessen sind im Einzelgesetz (z. B. „kann“, „darf“ statt „muss“) sowie in allgemeinen Verwaltungsvorschriften geregelt.